Bibliotheka Phantastika Posts

neue Rezensionen:
Empire in Black and Gold (Adrian Tchaikovsky) rezensiert von mistkaeferl
The Wise Man’s Fear (Patrick Rothfuss) rezensiert von Wulfila

neues Portrait:
Markus Heitz portraitiert von Fremdling

aus der alten BP umgezogene Rezensionen:

Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär (Walter Moers) rezensiert von Sam
Fahrenheit 451 (Ray Bradbury) rezensiert von Sam
Der Gejagte (Wolfgang Hohlbein) rezensiert von Sam
Das Regenbogen-Schwert (Simon R. Green) rezensiert von Sam
Der Runenbrecher (Mark Anthony) rezensiert von Sam

Neue Inhalte

Das Gesicht im EisDer April, der weiß nicht, was er will? Nun, auf das Wetter bezogen mag das stimmen, was dagegen die Wahl zum Buch des Monats angeht, könnte es nicht klarer sein! In diesem Monat möchten wir euch daher ein Buch vorstellen, in dem es ähnlich unberechenbar zugeht: Das Gesicht im Eis (The Face in the Frost) von John Bellairs (ISBN 978-3-924959-79-1). Im Original bereits 1969 in den USA erschienen, von Autoren wie Ursula K. Le Guin oder Lin Carter mit Lob überschüttet, schaffte es die deutsche Übersetzung erst 2009 zu uns. Angeregt durch einen großen Fan und gleichzeitig den Illustrator der deutschen Ausgabe, Alexander Uhde, erschien das Buch bei der Edition Phantasia in einer limitierten Ausgabe mit Sammlerwert. Dazu später mehr, fangen wir vorne an.

Prospero und Roger Bacon sind Zauberer. Schrullige Zauberer, die in verschiedenen Königreichen leben und durch eine langjährige Freundschaft verbunden sind. Im Zentrum der Geschichte stehen diese beiden alten Herren, die mit der unerwarteten Aufgabe konfrontiert werden, die Quelle einer großen magischen Bedrohung aufzuspüren und diese, selbstverständlich, zu beseitigen. Im Verlaufe der Geschichte begegnet der Leser vorlauten Spiegeln, Kutschen, die aus Kohlrabi gemacht sind, Umhängen die einem im dunklen Keller auflauern, Miniatur-Zauberern samt Miniatur-Schiff, mumifizierten Tieren, schmelzenden Städten und Seelen, die in ihren eigenen Gräbern gefangen sind.

Illustration aus dem Buch
© Alexander Uhde/ Edition Phantasia

Das Gesicht im Eis ist so humorvoll, wie es manchmal auch unheimlich ist. Ein Buch, das entgegen des ersten Eindrucks zwar auch von Kindern gelesen werden kann, näher betrachtet aber doch eher an das Erwachsenenpublikum gerichtet ist. Politische Auseinandersetzungen, Intrigen, Morde und eine Vergangenheit, die einen einholt, sind hier zu erwarten.

Neben der unterhaltsamen Geschichte hat die deutsche Ausgabe noch einiges mehr zu bieten.
Jedes Kapitel wird von einer farbenfrohen und verzaubernden Illustration bereichert. Kleine Illustrationen und farbige Schmuckinitialen zieren die Buchseiten und den Textanfang.

Illustration aus dem Buch
© Alexander Uhde/ Edition Phantasia

Es gibt einen illustrierten Schutzumschlag, ebenfalls farbig bedrucktes Vorsatzpapier mit stimmungsvoll passender Karte, Zierskizzen und einen stabil verarbeiteten Schuber mit Leineneinband. Gedruckt ist das Ganze auf altweißem Papier. 250 der Exemplare wurden vom Illustrator signiert. Wer Glück hat, erwischt vielleicht noch eines dieser signierten Exemplare.

Pingelig, wie die Verfasserin dieser Buchempfehlung ist, gibt es bei all der Begeisterung allerdings auch ein paar Kleinigkeiten, die es zu kritisieren gilt, und da sie teilweise auf persönlichen Erfahrungen beruhen, lasst mich kurz persönlich werden. 😉

Illustration aus dem Buch
© Alexander Uhde/ Edition Phantasia

Als ehemalige Kommilitonin des Illustrators hatte ich das Glück, die Illustrationen aus dem Buch während ihrer Entstehung und in ihrer fertigen Pracht bewundern zu dürfen. Von den leuchtenden Farben der Bilder geht in dem Buch leider einiges verloren. Angesichts des Buchpreises hätte ich mir hier gewünscht, die Illustrationen auf Bilderdruckpapier zu sehen, statt auf dem sonst sehr schönen altweißen Naturpapier. Auch der gelbe Schuber und Einband wollen nicht so recht zu dem frostigen Titel passen. Hier hätte ich ein schlichtes Weiß oder einen Blauton passender gefunden. Zumal der Schutzumschlag in Blautönen gehalten ist und sich mit dem Schuber farblich beißt. Den Kauf des Buches bereue ich deswegen jedoch nicht, und wer sich Buchsammler nennt, sollte Das Gesicht im Eis nicht ungesehen verschmähen. Edition Phantasia hat hier trotz der kleinen Abzüge ein wunderbares Gesamtwerk geschaffen, wie ich es mir viel öfter wünschen würde.

The Face in the Frost

Wer die Geschichte lieber im Original genießen möchte, kann dies ebenfalls problemlos tun. Es gibt Re-Prints (leider recht lieblos aufgemacht) und vereinzelt auch noch ältere Ausgaben mit einer ebenfalls ansprechenden Coverillustration von Carl Lundgren, zu beziehen über Antiquariate oder Privatanbieter.
Für Fans von Bellairs lohnt sich auch die Anschaffung des aktuellen Sammelbandes Magic Mirrors. Neben anderen Geschichten des Autors ist hier auch The Face in the Frost sowie The Dolphin Cross enthalten – der leider nicht mehr vollendete Anfang einer Fortsetzung zu The Face in the Frost.

Buch des Monats

Lobgesang von Ken ScholesFür uns Übersetzer ergibt sich manchmal die glückliche Fügung, daß wir an Romanen arbeiten können, die uns restlos begeistern (auch dann noch, wenn wir sie mehrmals durchgekaut und sie uns haargenau angeschaut haben). In solchen Fällen möchten wir unseren LeserInnen eine besondere Empfehlung aussprechen – natürlich immer unter der Prämisse, daß wir nicht ganz unvoreingenommen sind.

Den Start unserer Reihe mit Übersetzer-Empfehlungen mache ich mit Lobgesang, dem im März frisch erschienenen zweiten Band der Legende von Isaak. (ISBN 978-3-442-26673-9)

Für die Zerstörung von Windwir, der Stadt des Wissens, wurde am Ende von Sündenfall ein Schuldiger hingerichtet, aber damit ist das Verbrechen längst nicht aufgeklärt. Und in der Tat stehen die Benannten Lande, zerrüttet und ihrer Führung beraubt, vor weiteren finsteren Machenschaften: Unbekannte, unbesiegbare Attentäter metzeln in der Nacht des Ehrenfestes von Rudolfos Erstgeborenem seine Gäste dahin. Ein Metallmann, der am Rande der Mahlenden Ödlande mit einer seltsamen Botschaft für den Verborgenen Papst Petronus auftaucht, gibt weitere Rätsel auf, während Fürst Tam sich mit seiner Familie auf die Suche nach dem wahren Feind macht …

Bei Ken Scholes hatte ich am zweiten Band noch mehr Freude als am ersten, denn der Autor legt beim zweiten Besuch seiner postapokalyptischen Welt, in der messerschwingende Frauenhelden neben bücherschreibenden Metallmännern stehen, ehemalige Mönche auf der politischen Bühne glänzen, und dornenreiche Irrgärten den Weg zur Wahrheit versperren, noch einmal eine Schippe von allem drauf, was im ersten Band schon gut war.
Nicht nur die bisher noch überschaubaren Grenzen der Welt erweitern sich, wenn man eine Expedition in die Mahlenden Ödlande begleitet – in die vernarbten Ruinen einer weit entwickelten Zivilisation –, oder mit der Eisernen Armada in die unerforschten Gewässer des Südens segelt. Auch die Charaktere offenbaren ihre ganze Tiefe (sogar ein paar neue Protagonisten gesellen sich zur Schar) und sind teilweise dank der psychologischen Lehre der Franziner zu erstaunlicher Selbstanalyse fähig. Plump wird es dabei aber nicht, denn Ken Scholes ist ein Autor, der in vielerlei Hinsicht darauf vertraut, daß seine Leser selbst Schlüsse ziehen.
Dazu paßt auch, daß die Geschichte besonders Lesern Spaß machen dürfte, die gerne miträtseln oder sich ausmalen, was hinter den vielen Geheimnissen stecken könnte, die es rund um die finsteren Manipulationen und Angriffe zu klären gilt. Es bleibt aber trotzdem eine ausgewogene Mischung aus politischen Intrigen und Abenteuern, diesmal auch mit einigen düsteren Elementen, die einem an die Nieren gehen können.
Die Stärken des ersten Bandes sind dabei in allen Belangen erhalten geblieben: Die schnellen Abschnitte, die ein akzentuiertes Schlaglicht auf Wendepunkte werfen, die vielen überraschenden Umbrüche und die anspruchsvollen Themen, die Die Legende von Isaak zu einer lohnenden Fantasy-Saga für erwachsene Leser machen, die auch gerne Charaktere verfolgen, deren Coming of Age schon ein paar Jährchen zurückliegt. Schuld und Sühne, Mythenbildung, Glaube und Wissen – um diese Dinge kreist Lobgesang und zeigt mit seiner bunt-melancholischen Welt, daß die Hinweise auf Jack Vance nach dem ersten Band nicht ganz ungerechtfertigt waren.

zur Empfehlung von Band 1: Sündenfall
zur Buchinformation mit Leseprobe: Lobgesang
zu unserem Diskussionsthread: Ken Scholes im Forum

Zettelkasten

neue Rezensionen:
Die Bruderschaft des Talisman (Clifford D. Simak) rezensiert von mistkaeferl
Das Wörterbuch des Viktor Vau (Gerd Ruebenstrunk) rezensiert von Colophonius

neues Portrait:
Joanne K. Rowling portraitiert von moyashi

aus der alten BP umgezogene Rezensionen:

Drachenzorn (Naomi Novik) rezensiert von Sam
Das dunkle Fort (Simon R. Green) rezensiert von Sam
Krieg der Engel (Wolfgang und Heike Hohlbein) rezensiert von Sam
Der Preis der Zukunft (Dave Duncan) rezensiert von Sam
Die Schiffe von Merior (Janny Wurts) rezensiert von Sam

Neue Inhalte

Sieht man den Punkt vor lauter Lettern nicht mehr, müssen Bilder her. Bilder, die im Text stehen könnten, ohne zu stören – Bilder von Büchern. Mit Begeisterung fing ich an, für die Bibliotheka Phantastika im improvisierten Heimstudio die Schätze aus aller Herren Schränke, das Rascheln der Seiten und so mancherlei offenes Ende abzulichten.
Doch was als kleines Fotoprojekt für die Bibliotheka begann, wurde für mich bald zum großen Faszinosum. Ich hatte das Gefühl, sehr stark ausgeprägte Persönlichkeiten vor der Linse zu haben: während der eine Band sich durch Geduld und Beharrlichkeit auszeichnete, konnte so manches Taschenbuch die Seiten nicht stillhalten. Manche Bücher schüchterten mich ein, manche waren eingeschüchtert. Deshalb nahm ich am vergangenen Dienstag nur meine elf vertrautesten Regalkameraden mit in den nahegelegenen Park, um dort die letzten Bilder für mein Fotoprojekt aufzunehmen.
Das nachfolgende Interview entstand während des Fotoshootings und ist das Erste einer Reihe von Gesprächen.

F.: Herzlich Willkommen! Ich freue mich, Sie hier zu treffen!

B.: Vielen Dank.
Die Seiten des Buches rascheln.

F.: Nehmen Sie doch Platz. Sind sie nervös?

B.: Ein wenig. Ich stand noch nie vor der Kamera.

F.: Das verwundert mich, Sie haben doch die Idealmaße: 28 x 20 x 5, Sie wiegen perfekte 900 Gramm. Und Ihre 41 Jahre sieht man Ihnen wunderbar an.

B.: Aber meine knittrigen Kanten … Die Zeit im Regal, wissen Sie? Und die Kinderhände…

F.: Vorm Ausbleichen ist keiner gefeit, glauben Sie mir. Aber erzählen Sie doch etwas über sich, bevor wir beginnen!

B: Sehr gern. Ich erzähle eigentlich sehr gut. (Pause)
Nicht lange, nachdem ich dem Dunkel der Druckerpresse entflohen war, wurde ich auch sogleich dem bequemen – aber etwas langweiligen – Platz im Regal des örtlichen Bücherladens entrissen. Ich hatte es mir dort gerade gemütlich gemacht. Wenn man jung ist, hat man das Gefühl, von allen gelesen werden zu wollen, wissen Sie? Doch als mich tatsächlich eine Kinderhand nahm und zur Kasse brachte – zwei kleine Rotzbengel hatten ihre letzten Pfennige zusammengeklaubt –, konnte ich es nicht richtig fassen.

F.: Ein Wendepunkt in Ihrem Leben?

B.: Zweifelsohne, auch wenn die beiden Brüder mich noch für eine Nacht wieder zurück ins Regal stellen mussten. Es fehlten zwei Groschen, die ihr Vater jedoch am nächsten Tag vorbeibrachte. Meine Zeit im Buchladen war also tatsächlich vorbei.
Zuhause angekommen, wurde ich mit mächtiger Geheimnistuerei auf einen Schreibtisch gelegt, und der ältere Bruder schrieb mit einer dicken Kugelschreibermine einige Worte auf meine zweite Seite. Er musste sich sehr konzentriert haben, ich erinnere mich noch heute daran, wie die Spitze seiner Zunge im Mundwinkel festzuklemmen schien. (Pause)
Das nächste, woran ich mich erinnern kann, war eine unbestimmte Zeit, die ich in Geschenkpapier eingewickelt hinter einem Schrank verbrachte. Ich hörte nur die aufgeregten Stimmen dreier Kinder, die in dem Zimmer tobten. Eines Tages jedoch wurde ich hervorgezerrt – davon die Schramme auf dem Rücken – und wurde der Schwester der beiden überreicht. Ihre Geburtstagfeier war bunter als alles, was ich bisher gesehen hatte. Zu diesem Zeitpunkt war ich ein Jahr alt.

F.: Und Sie waren kein unbeschriebenes Blatt mehr.

B.: Das war ich wohl nie. Doch diese Zeit war wunderbar, trotz der klebrigen Kinderfinger auf meinen Seiten. Ich habe viel gesehen von der Welt. Picknick im Grünen, zwischen grauen Häusern, Urlaubsfahrten nach Ungarn und nach Rumänien, ich war dabei. Einmal geriet ich in die Finger eines Grenzbeamten. Das war der schlimmste Moment meines Lebens.

F.: Wie haben Sie reagiert?

B.: Die Kinder reagierten, bevor ich es tun konnte. Vielleicht hatten sie das gelernt, als sie in meinen Seiten blätterten … – ich weiß es nicht. Doch sie zogen mich aus den ruppigen Händen des Beamten, und dem darauf folgenden Geräusch und der plötzliche Nässe auf meinem Einband zu urteilen, steckte eines der Kinder dem Mann die Zunge heraus.

F.: Eine Heldentat!

B.: Ich kann Ihnen nur zustimmen.

F.: Sie reisten mit der Familie durch die Hohe Tatra, und als die Mauer fiel, waren Sie sogar ein Wochenende an der Ostsee.

B.: Der Salzgeruch hängt noch immer an mir.

F.: Bald jedoch begann eine ruhige Zeit für Sie: Sie zogen in das Kinderbücherregal, während –

B.: Klassiker. Ins Klassikerregal.

F.: Verzeihung. Sie zogen ins Klassikerregal, während ihre Besitzer immer größer und älter wurden.

B.: Sie denken vielleicht, das wäre eine traurige Zeit gewesen. Doch im Gegenteil, es war sehr spannend: das kleine Mädchen wurde groß, sie lernte einen Mann kennen, sie zog von Zuhause aus und nahm mich mit.
Und obwohl ich langsam in ein Alter kam, wo die Aussicht auf ein unbeschwertes und unbewegtes Leben in einem der oberen Regalfächer stetig an Reiz gewann, gab es schon nach einigen Jahren erneut klebrige Finger, die an meinen Seiten zerrten. Wieder drei Kinder, wieder zwei Jungen und ein Mädchen.

F.: War es ein schönes Gefühl, wieder gelesen zu werden?

B.: Ja. Doch auch ich werde nicht jünger, und die Drei tobten lebhaft herum. Glücklicherweise gab es noch viele andere meiner Art in den Regalen. Ich erinnere mich an Jim Knopf. Netter Kerl.

F.: Haben Sie noch Kontakt?

B.: Ja, er steht im Regal gegenüber. (Kurze Pause)
Es ist sehr seltsam, doch der Lauf der Dinge schlug wieder einen bekannten Weg ein. Erneut wurde ich, später, als die Kinder groß waren, an das Mädchen weitergeben. Bei ihr lebe ich nun seit drei Jahren.

F.: Bei mir.

B.: Ja, richtig.

F.: Ich hoffe, Sie fühlen sich hier wohl?

B.: Ich befinde mich in bester Gesellschaft.

Nur hier draußen, hier ist es etwas kühl, und der Wind blättert so schnell in meinen Seiten, dass ich es für ausgeschlossen halte, dass er tatsächlich liest. Bei dieser Geschwindigkeit kann er bestenfalls die Illustrationen betrachten.

F.: Höchst bedauerlich.

B.: Und jetzt werde ich selbst zur Illustration, zum Bild. Das ist ein befremdlicher Gedanke. Ich kann mir ein Kunstwerk ohne Buchstaben nicht vorstellen. Es macht mich nervös.

F.: Wie wäre es, wenn Sie den Betrachtern eine Geschichte erzählen? Ihre Geschichte.

B.: Ja, Sie haben Recht. Im Erzählen bin ich eigentlich sehr gut. Sie haben sicher schon von den Windmühlen gehört? (Räuspert sich) In einem Dorfe der spanischen Landschaft La Mancha lebte einst ein Edler, der eine Lanze und einen alten Schild besaß, …

Gekürztes Interview. Die Fragen stellte die Fotografin.

Die Ausstellung ars legendi – „die Kunst des Lesens“ – ist vom 22.  März bis zum 27. April in Dresden zu sehen.

Zettelkasten

In unserem Portrait-Bereich wollen wir Euch die Persönlichkeiten aus dem Bereich der Phantastik näher bringen, die uns wichtig sind. Da Portraits aber leider nicht auf Bäumen wachsen, setzen wir uns also hin und erstellen sie Beitrag für Beitrag von Hand.

Als großer Fan der Bilder von Charles Vess beschloss ich, mich an seinem Portrait zu versuchen. Schon allein der Entschluss kostete mich einiges an Überwindung. Würde ich einen Text zustande bringen, der länger als 3 Zeilen ist? Würde er in den Augen des EAB bestehen können? Und würde es überhaupt jemanden interessieren? Fragen über Fragen und jede Menge Unsicherheit.
Ich versuchte es trotzdem.

Da Charles Vess ein Meister des Stiftes und des Pinsels ist, wollte ich in dem Portrait auch einige seiner Bilder unterbringen. Und in meinem ersten Portrait, wollte ich natürlich alles richtig machen. Also wollte ich erst einmal bei ihm anfragen, ob ich Fotos und Bilder von seiner Web-Seite benutzen darf. Ich fasste mir ein Herz und schrieb eine eMail.
So weit der Plan, aber so einfach war die Sache dann auch wieder nicht, denn auf seiner gesamten Webseite gab es keine Kontaktmöglichkeit. Kein Impressum, kein Besucherbuch, keine eMail-Adresse. Und einfach unter einem seiner Blogeinträge die Frage als völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Kommentar zu hinterlassen fand ich auch doof. Nach einiger Suche wurde ich aber in den Weiten des Web fündig und die eMail ging auf den Weg.

Once & Future King von Charles Vess
© Charles Vess

Das Ergebnis überraschte mich: nicht nur, dass ich innerhalb weniger Stunden eine Antwort erhielt – nein, diese war auch noch positiv und äußerst nett! Er schickte sogar eines seiner neuesten Werke mit, extra für mich! Mein Fan-Girl-Herz schlug höher und ich fühlte mich ein wenig wie ein Teenie, dessen angebeteter Star das Kuscheltier gefangen hatte und dies auch noch schön fand!

Ich setzte  mich nun also mit frischem Mut und Elan hin und nach 4 Tagen(!) Recherche und Text schreiben und Bilder einbauen und den Text wieder verwerfen und wieder neu schreiben und nochmal von vorn beginnen… Ihr kennt das Video oder?

Aber irgendwann bin ich dann doch fertig geworden…

Zettelkasten

neue Rezensionen:
A Conspiracy of Kings (Megan Whalen Turner) rezensiert von Wulfila
Sündenfall (Ken Scholes) rezensiert von Colophonius
Wastelands (John Joseph Adams, Herausgeber) rezensiert von mistkaeferl

neue Portraits:
Diana Wynne Jones portraitiert von moyashi
Charles Vess portraitiert von Elora

aus der alten BP umgezogene Rezensionen:

The Destroyer Goddess (Laura Resnick) rezensiert von Sam
Die Drachen (Julia Conrad) rezensiert von Sam
Elfenhügel (Raymond Feist) rezensiert von Sam
Eldest (Christopher Paolini) rezensiert von Sam
Prince Caspian (C.S. Lewis) rezensiert von Sam

Neue Inhalte

Da keiner von uns gerne ein Buch in die Hand nimmt, für dessen Cover man sich im Bus schämen muß, und leider gerade Fantasy-Cover überproportional häufig Anlaß genau dafür geben, wollen wir euch – als kleiner Gegentrend, als Anregung, als Demonstration, wie es auch geht – immer wieder eine Auswahl unserer Lieblinge vorstellen.
Davon hätten wir gerne mehr …

Tales of the Perilous Realm – J.R.R. Tolkien
erschienen 2008, Künstler: Alan Lee
Tales of the Perilous Realm von J. R. R. Tolkien
Um Tolkien zu zitieren: “Gute Drachen sind rar”, auch und vor allem auf Covern, und so hat mich auf den ersten Blick vor allem dieses schöne Exemplar hier angesprochen. Aber Alan Lees Wiedergabe einer Szene aus Farmer Giles of Ham, die er in eine erlesene Landschaftsdarstellung einbettet, ist weit mehr als eine gelungene Illustration. Die Kombination einer realitätsnahen, auch in der Farbgebung jede Übertreibung meidenden Darstellungsweise spiegelt auf visueller Ebene sehr gut die Mischung aus Authentizität und Sagenstimmung wider, die Tolkiens Werke auszeichnet. (Wulfila)

The Affinity Bridge – George Mann
erschienen 2008, Künstlerin: Emma Barnes
The Affinity Bridge von George Mann
Ein Buch, das ich nicht gelesen habe, dessen Cover mir aber regelmäßig die Augen übergehen lässt. Dabei beeindrucken mich vor allem die dahinter stehende Idee, ein historisches Werbeplakat zum Vorbild zu nehmen und die Detailverliebtheit, mit der diese umgesetzt wurde – man beachte etwa die kleinen Schlagzeilen am Rand. Dadurch wird verhindert, dass – im Gegensatz zu anderen Steampunk-Covern – ein an sich schönes Bild mit einer unpassenden Typographie verunziert wird und Text und Motiv wunderbar harmonieren. Außerdem variiert es die sonst zumeist realistisch über’s Cover schwebenden Luftschiffe. (Fremdling)

Blade of Tyshalle – Matthew Woodring Stover
erschienen 2001, Künstler: Dave McKean
Blade of Tyshalle Matthew Woodring Stover
Nach der ersten visuellen Umsetzung des Helden Caine auf dem Vorgängerband Heroes Die, die man auch mit viel Wohlwollen nicht als gelungen bezeichnen kann, ist Dave McKeans Darstellung des “dunklen Prinzen des Chaos” geradezu eine Offenbarung: Farbgebung, Dynamik und die Messer als Blickfänger geben eine Vorahnung von der Action, die zwischen den Buchdeckeln wartet, und McKeans Stil, der von der klassischen Fantasy-Illustration meilenweit entfernt ist, transportiert mühelos die Atmosphäre von Stovers wildem SF-und-Fantasy-Reigen. (mistkaeferl)

The Shadow of the Torturer – Gene Wolfe
erschienen 1981, Künstler: Bruce Pennington
The Shadow of the Torturer von Gene Wolfe
Wie man hier sehr schön sehen kann, hat es auch schon in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Kapuzenmännchen auf Titelbildern gegeben. Bruce Penningtons Bild mag auf den ersten Blick generisch wirken, doch seine Darstellung Severians, der mit Terminus Est auf dem Rücken Nessus verlässt, hat nichts von der Glätte, die man heutzutage bei so vielen Kapuzenmännchencovern findet, und es transportiert soviel Atmosphäre – vor allem, wenn man das komplette Wraparound sieht -, dass es für mich immer zu den Highlights zählen wird. (gero)

Der Königsschlüssel – Boris Koch
erschienen 2009, Künstler: Dirk Schulz
Der Königsschlüssel von Boris Koch
Warum dieses Cover? Die Wahl ist mir wirklich schwer gefallen. Es gibt Cover mit schönen bis wahnsinnig tollen Illustrationen, es gibt welche mit guten typografischen Lösungen, selten gibt es welche, wo beides harmonisch miteinander verbunden ist. Der Königsschlüssel zeigt im Vergleich vielleicht nicht die Illustration des Jahrhunderts, aber die Gesamtumsetzung von Bild und Text macht dieses Cover für mich zu einem Beispiel dafür, wie man beides geschickt miteinander verbinden kann, ohne dass das eine das andere übertrumpft oder erschlägt. Wie schön könnten unsere Bücher sein, wenn man das immer versuchen würde! (moyashi)

The Two Towers – J.R.R. Tolkien
erschienen 2005, Künstler: J.R.R. Tolkien
The Two Towers von J.R.R. Tolkien
Reduzierte, symbolhaftige Farbigkeit, eine unaufdringliche und dadurch stilvolle Typo und eine grafisch äußerst spannungsvolle Umsetzung des Buchtitels durch den Autor höchstpersönlich: ein Cover, auf dem jeder Pinsel- und Pixelstrich sitzt. Nicht alles, was Gold ist, glänzt! (Colophonius)

Scriptorium

Wie bereits im ersten Teil angekündigt, werde ich hier in unregelmäßigen Abständen über unser kleines Play-By-(E)Mail-Experiment berichten.
Ein erstes Fazit nach 4 Wochen Testspiel kann ich schon verkünden. Das Spiel per Mail ist definitiv anders als am Tisch in gemütlicher Runde.

Was ich selber erst mal nicht vermutet hatte: Auch hier spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Wenn ein Spieler, sei es bedingt durch Beruf, Familie oder andere Dinge nicht antwortet, hängt das Spiel auch hier. Wobei hier parallel ablaufende Handlungen noch stärker eine Rolle spielen, als dies am Tisch der Fall ist. Wenn Spieler 1 sich dazu entschließt, den Nachmittag in der Herberge zu bleiben, Spieler 2 aber los zieht und die Stadt erkundet, hängt nun die gesamte zeitlich Folge von Spieler 2 ab. Kommen von diesem keine Aktionen, bremst dies Spieler 1 gnadenlos aus.

Auf der anderen Seite hat diese Spielweise den Vorteil, dass solche Bremsen lange nicht so ins Gewicht fallen, wie dies bei herkömmlicher Spielweise der Fall ist. Wenn jemand am Spieltisch zum Zuhören/Warten verbannt ist, tritt oft schnell eine Langweile ein, mitunter gar ein gewisser “Quengel-Effekt”. (Was nicht böse gemeint sein soll, immerhin hat man sich getroffen um aktiv zu spielen, und nicht einer Geschichte zu zuhören.)

Und noch eines hat mich überrascht: Die zu investierende Zeit/Arbeit erscheint mir größer als beim herkömmlichen Spielen. Szenen, die man in wenigen Minuten vorgelesen und erzählt hat, muss man nun in mühevoller Arbeit in die Tastatur klimpern. Dieses dauert oftmals länger, als man selber glaubt. (Und nein, ich habe leider nie das 10-Finger-System gelernt, obwohl ich schon recht schnell tippen kann.)

Nun aber genug gejammert und weg von den negativen, hin zu den positiven Dingen:
Wie schon im ersten Teil angerissen, hat man bei dieser Spielweise einfach mehr Zeit, auf die Aktionen der Spieler zu antworten und so die Aktionen und Reaktionen länger zu überdenken, bzw. besser an die Spieler und ihre Figuren anzupassen. Ebenso kann man Aktionen mit den Spielern machen, die nur für sie bestimmt sind, ohne Leute aus dem Raum zu schicken oder selber mit der einen Person mal den Raum zu verlassen.

Ein großer Vorteil ist auch, dass man musikalische oder visuelle Untermalung auch mal eben aus dem Ärmel schütteln kann. Am Spieltisch in der Runde dürfte ein “Moment – ich google/bing/suche mal eben ein Bild dazu.” eher störend wirken. Beim Spiel per Mail bekommen die Mitspieler davon ja nichts mit.

Ebenso ist es viel einfacher, die einzelnen Szenen genauer an die Mitspieler anzupassen. In unserer ersten großen Kampfszene konnte ich genau diesen Kampf viel plastischer beschreiben, als mir dies normalerweise möglich ist. Ich musste ja selber die Kämpfe auswürfeln und kannte dementsprechend denn Verlauf schon komplett im Vorhinein. Das hat natürlich den Vorteil, dass man das Hin und Her, Angreifen und Verteidigen, Treffen und Getroffenwerden deutlich intensiver und weitaus farbiger schildern kann.

Mein nächstes Experiment wird sein, “hängende” Handlungen von Mitspielern aktiver zu gestalten. Dabei werde ich darum bitten, mir nur den groben Handlungsrahmen der Figur vom Spieler vorgeben zu lassen und die Spiel-Sitzung aus Meistersicht weiter zu beschreiben und voran zu treiben. Ob dies nun eine gute oder schlechte Idee ist, weiß ich noch nicht. Aber dafür ist so ein Experiment ja schließlich da.

Über den Tellerrand

Drachenfels von Jack YeovilVorhang auf für unser Buch des Monats im März! Die Requisiten von Drachenfels erkennt man sofort: Die gemischte Abenteurergruppe um den Helden Prinz Oswald, den bösen Zauberer Constant Drachenfels, der mit seinen schwarzen Künsten den Landstrich tyrannisiert, und die finstere Burg, die schwer erreichbar in den einsamen Graubergen liegt. Die Kulisse ist die Rollenspielwelt Warhammer, und beauftragt, den epischen Kampf zwischen den Gefährten und dem Schurken zu inszenieren, wurde Jack Yeovil (ein Pseudonym von Kim Newman, zuletzt mit Die Vampire auf dem deutschen Markt präsent), der aus dem Rollenspielstoff, der mit dem finalen Kampf gegen Drachenfels beginnt, einen ganz anderen Bühnenzauber extrahiert hat:

25 Jahre nach dem Sieg über Drachenfels sitzt Detlef Sierck, der berühmte Dramatiker, nach einer Pechsträhne im Schuldturm, und scheint das große Los gezogen zu haben, als ihn der gefeierte Held und angehende Kurfürst Oswald freikauft. Er heuert Sierck an, um das beeindruckendste Schauspiel aller Zeiten zu schreiben und zu inszenieren: Den Sturz von Drachenfels. Mit einer ausgesuchten Truppe, der sich zur Unterstützung auch die überlebenden Helden des Abenteuers anschließen, wird die Uraufführung vor dem Adel des Reiches in originaler Kulisse – den Ruinen von Burg Drachenfels – vorbereitet. Doch die Inszenierung scheint vom Unglück verfolgt, denn bald häufen sich die Unfälle und mysteriösen Vorkommnisse. Zwischen den früheren Helden, die mit Ausnahme von Oswald und der schönen Vampirin Genevieve Dieudonné im Laufe der Zeit einige Blessuren erlitten haben, und den Theaterleuten entwickelt sich eine angespannte Atmosphäre, während der Termin der Uraufführung näherrückt und sich das Unheil merklich zusammenbraut.

Yeovil erzählt die Geschichte, die gekonnt auf einem schmalen Grat balanciert, mit herrlich ulkiger Situationskomik, rührenden Charaktermomenten und durchaus auch brutalem Gemetzel (Warhammer bleibt Warhammer, auch bei einer Theateraufführung 😉 ). Genüßlich garniert der Autor seinen Roman mit Einsprengseln aus Film- und Theaterkultur – heute würde man so eine tour de force vielleicht als “König Lear und Graf Dracula” verkaufen. Drachenfels ist allerdings trotzdem keine Komödie, sondern nutzt den ironischen Humor, um die vielen düsteren Szenen auszugleichen. Vor allem die Schicksale der ehemaligen Helden, die oft mehr schlecht als recht von ihrem gestrigen Ruhm zehren, lassen einen immer wieder schwer schlucken.
Am ehesten vergleichbar in Stimmung und der Balance zwischen Humor und Ernst, aber auch in der düsteren und trotzdem prall-bunten Welt ist Drachenfels vielleicht mit den Geralt-Romanen von Andrzej Sapkowski.

Wer neugierig auf die deutsche Ausgabe von Drachenfels (ISBN 3-453-10950-3) geworden ist, muß sich an das Antiquariat seines Vertrauens wenden, denn der Roman ist seit einiger Zeit nicht mehr lieferbar. Die englische Ausgabe gibt es entweder als Reprint des Einzel-Romans (ISBN 978-0-743-41170-7) oder im Sammelband The Vampire Genevieve (ISBN 978-1-844-16244-4), der gleich sämtliche Warhammer-Abenteuer von Yeovil bietet.

Buch des Monats