Der April, der weiß nicht, was er will? Nun, auf das Wetter bezogen mag das stimmen, was dagegen die Wahl zum Buch des Monats angeht, könnte es nicht klarer sein! In diesem Monat möchten wir euch daher ein Buch vorstellen, in dem es ähnlich unberechenbar zugeht: Das Gesicht im Eis (The Face in the Frost) von John Bellairs (ISBN 978-3-924959-79-1). Im Original bereits 1969 in den USA erschienen, von Autoren wie Ursula K. Le Guin oder Lin Carter mit Lob überschüttet, schaffte es die deutsche Übersetzung erst 2009 zu uns. Angeregt durch einen großen Fan und gleichzeitig den Illustrator der deutschen Ausgabe, Alexander Uhde, erschien das Buch bei der Edition Phantasia in einer limitierten Ausgabe mit Sammlerwert. Dazu später mehr, fangen wir vorne an.
Prospero und Roger Bacon sind Zauberer. Schrullige Zauberer, die in verschiedenen Königreichen leben und durch eine langjährige Freundschaft verbunden sind. Im Zentrum der Geschichte stehen diese beiden alten Herren, die mit der unerwarteten Aufgabe konfrontiert werden, die Quelle einer großen magischen Bedrohung aufzuspüren und diese, selbstverständlich, zu beseitigen. Im Verlaufe der Geschichte begegnet der Leser vorlauten Spiegeln, Kutschen, die aus Kohlrabi gemacht sind, Umhängen die einem im dunklen Keller auflauern, Miniatur-Zauberern samt Miniatur-Schiff, mumifizierten Tieren, schmelzenden Städten und Seelen, die in ihren eigenen Gräbern gefangen sind.
Das Gesicht im Eis ist so humorvoll, wie es manchmal auch unheimlich ist. Ein Buch, das entgegen des ersten Eindrucks zwar auch von Kindern gelesen werden kann, näher betrachtet aber doch eher an das Erwachsenenpublikum gerichtet ist. Politische Auseinandersetzungen, Intrigen, Morde und eine Vergangenheit, die einen einholt, sind hier zu erwarten.
Neben der unterhaltsamen Geschichte hat die deutsche Ausgabe noch einiges mehr zu bieten.
Jedes Kapitel wird von einer farbenfrohen und verzaubernden Illustration bereichert. Kleine Illustrationen und farbige Schmuckinitialen zieren die Buchseiten und den Textanfang.
Es gibt einen illustrierten Schutzumschlag, ebenfalls farbig bedrucktes Vorsatzpapier mit stimmungsvoll passender Karte, Zierskizzen und einen stabil verarbeiteten Schuber mit Leineneinband. Gedruckt ist das Ganze auf altweißem Papier. 250 der Exemplare wurden vom Illustrator signiert. Wer Glück hat, erwischt vielleicht noch eines dieser signierten Exemplare.
Pingelig, wie die Verfasserin dieser Buchempfehlung ist, gibt es bei all der Begeisterung allerdings auch ein paar Kleinigkeiten, die es zu kritisieren gilt, und da sie teilweise auf persönlichen Erfahrungen beruhen, lasst mich kurz persönlich werden. 😉
Als ehemalige Kommilitonin des Illustrators hatte ich das Glück, die Illustrationen aus dem Buch während ihrer Entstehung und in ihrer fertigen Pracht bewundern zu dürfen. Von den leuchtenden Farben der Bilder geht in dem Buch leider einiges verloren. Angesichts des Buchpreises hätte ich mir hier gewünscht, die Illustrationen auf Bilderdruckpapier zu sehen, statt auf dem sonst sehr schönen altweißen Naturpapier. Auch der gelbe Schuber und Einband wollen nicht so recht zu dem frostigen Titel passen. Hier hätte ich ein schlichtes Weiß oder einen Blauton passender gefunden. Zumal der Schutzumschlag in Blautönen gehalten ist und sich mit dem Schuber farblich beißt. Den Kauf des Buches bereue ich deswegen jedoch nicht, und wer sich Buchsammler nennt, sollte Das Gesicht im Eis nicht ungesehen verschmähen. Edition Phantasia hat hier trotz der kleinen Abzüge ein wunderbares Gesamtwerk geschaffen, wie ich es mir viel öfter wünschen würde.
Wer die Geschichte lieber im Original genießen möchte, kann dies ebenfalls problemlos tun. Es gibt Re-Prints (leider recht lieblos aufgemacht) und vereinzelt auch noch ältere Ausgaben mit einer ebenfalls ansprechenden Coverillustration von Carl Lundgren, zu beziehen über Antiquariate oder Privatanbieter.
Für Fans von Bellairs lohnt sich auch die Anschaffung des aktuellen Sammelbandes Magic Mirrors. Neben anderen Geschichten des Autors ist hier auch The Face in the Frost sowie The Dolphin Cross enthalten – der leider nicht mehr vollendete Anfang einer Fortsetzung zu The Face in the Frost.
Die Edition Phantasia hat da eine schöne Geschichte noch schöner verpackt. Die Illustrationen finde ich auch wunderbar und passend zur Gechichte. Sie verbreiten ein Flair, das die Geschichte “unterstützt” und nicht in eine andere Richtung lenkt. Zudem beeinflussen sie nicht die eigene Phantasie und die dazugehörigen Bilder im Kopf. Auch die Aufmachung an sich ist toll. Schuber, Fadenheftung, gutes Papier… Ich hätte gerne mehr davon, auch wenn der Gelbeutel sowas nicht oft verträgt. Schön, dass das Buch hier vorgestellt wurde. Es ist wirklich mehr als einen Blick wert.
Also, bis auf den gelben Schuber stimmt bei dem Buch wirklich alles.
Ich kann das Buch und gerade die Illustrationen nur empfehlen.
*Seufz*
Mehr davon in deutschen Landen!