Fernab der Buchwelt wollen wir euch heute mal etwas ganz anderes vorstellen: ein Computer-/Videospiel! Limbo hat inzwischen die Hälfte unseres Teams in seinen Bann gezogen und uns derart gut unterhalten, dass wir unser Erlebnis mit diesem kurzweiligen Spiel nur zu gerne mit euch teilen möchten.
In einem düsteren Wald erwacht ein kleiner Junge in einer schlichten schwarzweißen Welt. Nur anhand der Spielebeschreibung erfährt der Spieler, dass der Junge auf der Suche nach seiner Schwester ist und dafür in den Limbus eintritt. Es gibt darüber hinaus keinen wirklichen Plot in Limbo. Bei diesem Spiel ist der Weg das Ziel, und der Weg ist ausgesprochen tückisch.
Was man nun schon unschwer am Trailer erkennen dürfte, ist, dass es sich hierbei keinesfalls um ein lustiges Jump’n’Run Spiel für junges Publikum handelt. In Wahrheit ist Limbo ein ziemlich makaber-gruseliges Spielerlebnis. Überall lauern Bewegungen im Hintergrund, die oft nur im Augenwinkel wahrgenommen werden. Neblige Konturen, schwarze Schattenrisse, glühende Augen in der Dunkelheit … das ist nur die optisch ungewöhnliche Basis dieses Spiels, das sich nicht für komplizierte Spielegrafiken oder -mechaniken interessiert, in der scherenschnittartigen Optik dafür aber der eigenen Vorstellung umso mehr Raum lässt. Hinzu kommen recht grausame Todesarten unserer Spielfigur, die mal zerquetscht und mal ertränkt wird, deren Gehirn auch mal von seltsam leuchtenden Parasiten gekapert wird, die unseren Körper dazu zwingen, von einer Klippe zu springen. Die Todesarten sind abwechslungsreich und zahlreich, aber allesamt plötzlich. Eine Lebensanzeige o.ä. sucht man hier vergeblich, wer einen Fehler macht, stirbt und startet ein kleines Stück vor der Stelle des letzten Todes. Die größte Gefahr droht anhand der vielen Rätsel, denen sich der Spieler stellen muss. Versagen führt unvermeidlich zu einem dieser grausamen Tode, und es ist praktisch unmöglich, alle Rätsel gleich beim ersten Anlauf zu lösen, denn die erfordern kreatives Denken und nicht selten mehrfache Versuche. Trotzdem benötigt man eigentlich keine hohe Frustrationstoleranz für Limbo, denn das Herumprobieren macht Spaß und das reduzierte Umfeld stellt bei genauem Hinschauen immer die richtigen Hinweise bereit, die einen letztlich weiterbringen.
Der Spieler steuert seine Figur oft ahnungslos durch die düstere Landschaft, begleitet von unheimlichen Geräuschen. Die beinahe völlige Abwesenheit musikalischer Untermalung stellt sich dabei überraschend vorteilhaft heraus, denn so werden die Geräusche des Waldes, der Höhlen und aller anderen Kulissen viel deutlicher hervorgehoben und kriechen einem direkt unter die Haut. Dabei findet der Großteil der Geschichte im eigenen Kopf statt, ob man nun gegen mechanische Spinnen oder die Schwerkraft kämpft, denn sowohl optisch als auch erzählerisch zieht Limbo grandiosen Nutzen aus allem, was man nicht sieht (und nicht hört), und in diesen negativen Raum kippt man allerlei eigene gruslige Vorstellungen und Erklärungen hinein, die sich bei einer derart morbiden Kindergeschichte flugs einstellen.
Limbo ist ein atmosphärisch sehr starkes Spiel mit einer leicht zu erlernenden Steuerung, die keiner Erklärung bedarf, kommt nicht von einer großen Spielefirma und überzeugt anders als die meisten hochgezüchteten Mainstreamgames durch eine innovative Spielidee und ein rundes Konzept – und besonders bei Dunkelheit und Stille entfaltet das Spiel seine einmalige Gänsehautatmosphäre.
Erhältlich ist es für PC, Mac, PS3 oder XBox.
Warum verbringt man so viele Stunden mit einem Spiel, dass man in der Zeit gut und gerne 20 Romane hätte lesen können?
In Spielen kann man genauso wie in Büchern grandiosen Geschichten begegnen, und Skyrim ist sozusagen der Leviathan unter den Fantasy-Spielen, das Äquivalent zur mehrbändigen Saga, in die man abtaucht und aus der man im besten Fall Einiges mitnimmt. Vordergründig widersetzt es sich aktuellen Spieletrends, es gibt auch in diesem fünften Teil der Elder-Scrolls-Reihe beharrlicherweise keinen Mehrspielermodus, keine Cut-scenes, und der primär angebotene rote Faden ist eine klassische Heldengeschichte, bei der der Spieler oder die Spielerin sein/ihr Schicksal zu erfüllen hat. Dem Erfolg hat das aber keinen Abbruch getan, und das völlig zurecht: Wäre diese Heldenreise im eisigen Norden ein Roman, würde man immer noch ein Kapitel lesen, auf der nächsten Seite ein neues Wunder entdecken und sich behaglich ins Sofa kuscheln, wenn der aufflammende Bürgerkrieg und das gnadenlose, wilde Land dunkle Untertöne in die Saga einbringen.
Aurora borealis - die beste Beleuchtung zum Abenteuern
Der rote Faden der Hauptgeschichte ist dabei nur eine grobe Richtlinie: an jeder Ecke gibt es Einladungen, den Pfad zu verlassen, und so schreibt jeder Held seine eigene Geschichte. Ob er sich als Vogelfreier mit himmelhohem Kopfgeld durch Skyrim metzelt oder als Gutmensch, -ork oder -elf sogar soweit geht, Handzettel für den Tempel von Mara, der Göttin der Liebe, zu verteilen, bleibt jedem selbst überlassen. Jede Geschichte ist individuell, jede Entscheidung definiert den Helden ein Stückchen mehr.
Das macht, wenn man SpielerInnentypen betrachtet, Skyrim eher zu einem Genuss für Leute, die gerne in einer gut simulierten Welt eintauchen, als für solche, die grandiosen Gegenständen und guten Werten hinterherjagen. Die Weltschöpfung kann sich sehen lassen und würde neben epischen Fantasyromanen mit langen Glossaren eine gute Figur machen – die Elder-Scrolls-Reihe blickt mittlerweile auf eine lange Geschichte zurück, und dieses Gefühl von Geschichtlichkeit kann im Spiel auch glaubhaft vermittelt werden. Man trifft sowohl auf die (ideologisch verfälschte) Überlieferung von Ereignissen, an denen man als SpielerIn der vorhergehenden Teile selbst beteiligt war, als auch auf etliche Hinweise, wie die Lücken zwischen den Spielen zu füllen sind. Skyrim belohnt Neugierde, Entdeckergeist, Ideenreichtum. Man wird immer wieder auf verschiedenste Lösungswege für Aufgaben stoßen, wenn man experimentierfreudig ist, genau hinsieht und zwischen den Zeilen liest. Nur selten werden die Entscheidungen forciert, auf dem Silbertablett präsentiert oder führen zu einer prägnanten Gabelung in zwei alternative Stränge wie beim Bürgerkrieg, bei dem man die Wahl zwischen einer prinzipienlosen Diktatur und vaterlandstreuen Rassisten hat (oder die Bande einfach sich selbst überlassen kann). Meistens entscheidet man sich für Tun oder Nichttun und bekommt Entscheidungshilfen, wenn man den Gesprächen lauscht oder die Dinge genau unter die Lupe nimmt.
Die Geschichten stecken häufig in den Details, in gefundenen Notizen, verlassenen Lagerplätzen, kleinen Dramen am Straßenrand und großen an den Höfen. Man stößt auf liebevoll ausgearbeitete Szenen und Einzelheiten, die keine größere (spieltechnische) Relevanz haben, als eine kleine Geschichte zu erzählen, doch die Summe dieser Geschichten macht Skyrim zu einer so lebendigen, vielfältig erfahrbaren Welt.
Wem das noch nicht genügt, der kann sogar im Spiel eine Leseratte sein – es gibt Unmengen von Büchern in Skyrim, und einige davon hätten beinahe eine bp-Rezension verdient, so gerne blättert man sich durch. Kolb and the Dragon ist ein waschechtes Abenteuerspielbuch, bei dem man sich entscheidet, wie es weitergehen soll, und dann zur richtigen Seite gelenkt wird. Das bretonische Kochbuch Uncommon Taste bietet erbaulich geschilderte Rezepte und ist sogar signiert erhältlich. Legend of Krately House ist ein grusliges Theaterstück, bei dem es einem eiskalt den Rücken hinunterläuft. Glücklicherweise kann man ein Haus mit Bücherregal kaufen, um diese Schätze aufzubewahren, auch wenn einem – ein Problem, das merkwürdig vertraut wirkt – der Regalplatz allzu schnell ausgeht.
Wenn man das Buch zuschlägt und das Lagerfeuer verlässt, geht das Abenteuer erst los. Vor allem in den Hauptquesten warten interessante Wendungen und inspirierte Dialoge, die von großartigen Sprechern synchronisiert wurden (in der Voice-Cast findet man z.B. Max von Sydow oder Claudia Christian – auch die deutsche Synchronisation ist gelungen, von einigen Ausnahmen wie den Bardenliedern einmal abgesehen). Und nicht nur die Hauptrollen sind perfekt besetzt: Allerorten kommentieren meist charmante und gut informierte Wachen das Weltgeschehen und mit der Zeit auch die Heldenlaufbahn, überhaupt reagiert die Umwelt sehr lebendig auf die Ereignisse, die sich abspielen. Und wenn man gerade nichts besseres zu tun hat und die Lektüre alle ist, kann man immer noch den Pilgerpfad auf den höchsten Gipfel nehmen und dem Anführer eines Ordens, der den Einsatz der Stimme vervollkommnet hat, zuhören. Er könnte dabei auch aus dem bretonischen Kochbuch vorlesen, es wäre trotzdem ein Ereignis.
Ein schönes Paar! Im Tempel von Mara werden auch gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen.
Als besonderer Bonus ist Skyrim auch noch erfreulich unsexistisch, sowohl beim Aussehen der Figuren als auch in der Welt herrscht Gleichstellung und es ist eine wahre Freude, wie wenig das Geschlecht zum Thema gemacht wird. Das macht gerade für Spielerinnen viel her und stellt die kognitive Dissonanz ab, die man sonst beim Spielen häufig verspürt.
Wie es sich auch für einen epischen Fantasyroman gehören würde, ist einer der Hauptdarsteller von Skyrim das Land selbst. Und ganz besonders der Himmel – noch nie war Wolkengucken in einem Spiel schöner: Das Farbenspiel von Sonnenuntergängen über dem Eismeer, die klare Luft nach einem Schneesturm, das Nordlicht über der Tundra.
Man begegnet Kriegerpoeten, mit denen man die verlorenen Teile der (in Stabreimen gedichteten!) Edda wiederbeschafft, kann der Stadtwache beim Aufspüren eines Serienmörders zur Hand gehen (und mitunter grandios danebenliegen bei der Auflösung), macht besser einen großen Bogen um Riesen mit ihren wohlbehüteten Mammutherden, fiebert beim ersten Drachenkampf mit wie nur selten vor dem Bildschirm, und wird sich beim Abschluss der Hauptquest ein wenig fühlen, als wäre man gerade einer nordischen Saga entstiegen.
Habe ich mehr erlebt als in 20 Büchern? Die Frage stellt sich nicht und war letztlich nur ein müßiges Zahlenspiel für diesen Artikel, denn das Erleben in Spielen ist trotz der Parallelen ein anderes als in Romanen, und das Erleben in Skyrim ein anderes als in anderen Spielen, die keine so offene und riesige Welt bieten. Wenn man epische Fantasy mag, durchdachte und liebevolle Details schätzt und das Interesse mitbringt, die unzähligen Geschichten der Welt selbst zu erkunden und zu ergründen – und sich für Drachen erwärmen kann –, wird man lange Freude an Skyrim haben und eine Menge Bücher weniger lesen 😉 .
Für alle, die längst wissen, was es mit „Sky above, Voice within“ auf sich hat oder für die ich mit diesem Artikel ohnehin nur Cliffracer nach Ald’ruhn getragen habe, gibt es als Schmankerl noch ein wenig Dovahkiin-Alltag im untenstehenden Filmchen, und zweiValentinskarten, zu denen man auch als Verächter des Herzchenkommerzes nicht Nein sagen kann. Mond über Solitude oder Drache über Whiterun bieten genug romantisches Flair, um sich vor allem nach einem zu sehnen – einem weiteren Ausflug nach Skyrim.
Vor einiger Zeit haben wir uns gefragt, wie es um die Beziehung zwischen Videospielen und Büchern bestellt ist. Eine neue und ausgesprochen kreative Verbindung zwischen den beiden Medien hat die Künstlerin A.J. Hateley hergestellt. In ihrem Blog hat sie im Rahmen ihres Projekts “Thirty Days of Videogaming” eine Reihe von Buchcovern veröffentlicht, die von älteren und zeitgenössischen Spielen, viele davon Klassiker, inspiriert sind.
Die Cover sind allerdings selten einfach mit dem Namen des Spiels betitelt, vielmehr sind darauf mehrere Anspielungen auf die Inspirationsquelle versteckt, sodass man es auch als Hommage sehen kann.
Das ermöglicht mir außerdem ein kleines Ratespiel daraus zu machen. Wer erkennt die Spiele, die nicht schon im Covertitel auftauchen? Im Link neben dem Cover ist jeweils die Lösung versteckt.
Eines gleich vorweg: Dieser Blogeintrag ist ein Experiment. Ein Experiment insofern, als dass ich hier nur ein paar Fragen in den Raum werfe, auf die ich selbst keine befriedigende Antwort geben kann. Es ist also ein bewusst/notgedrungen “unfertiger” Blogeintrag. Wenn euch zu diesem Thema etwas einfällt, dann schreibt es doch bitte in den Kommentaren.
Stories, Welten, Motive und inzwischen auch Autoren wandern durch verschiedene Medien. Was als Buch begann, kann als Film wiederkehren oder als Comic oder der Weg verläuft umgekehrt. Bei Videospielen scheint die Beziehung aber sehr einseitig zu verlaufen: Bücher liefern unter anderem den Hintergrund (etwa die Stalker-Reihe, der Picknick am Wegesrand zugrundeliegt), oft auch gemeinsam mit der Story (Metro 2033, The Witcher, die Spiele im Herr der Ringe-Universum) oder auch Marken (etwa Tom Clancy’s oder Clive Barker’s).
Die Frage, die sich mir gestellt hat, ist: Bleibt die Beziehung zwischen Buch und Game eine einseitige oder können auch Einflüsse ausgemacht werden, die von den virtuellen Welten „zurück“ in die gedruckten fließen? Denn schließlich müssen die angeeigneten Stoffe transformiert werden, um den Anforderungen von Computerspielen zu genügen, etwa im Zusammenwirken von Narrativ und Spielmechanik.
Die Beantwortung dieser Frage ist schwierig, denn Videospiele sind an sich schon ein sehr eklektizistisches Medium, das sich etwa bei der Inszenierung sowohl an Filmen, als auch an Comics orientieren kann, wie etwa das jüngste Beispiel A New Beginningzeigt. Gleichzeitig hat sich auch bei den Büchern filmisches Erzählen durchgesetzt, sodass es schwierig ist, eindeutige Verbindungslinien vom Game-Sektor zu den Fantasyromanen zu ziehen.
Umgekehrt fließen Setting und Story aus Games aber auch wieder zurück auf den Printmarkt, etwa in Form von Tie-ins. Die Autoren, die solche Romane verfassen, bilden allerdings eine sehr geschlossene Gruppe, die sich beinahe ausschließlich nur Tie-ins zu verschiedenen Marken widmet. Gleichermaßen hat sie wohl nur die Spieler des entsprechenden Titels zur Zielgruppe. Es finden sich aber doch einige Beispiele für bekanntere Genre-Autoren mit Verbindungen zu Videospielen. So verfasste etwa Greg Keyes einen Roman im The Elder Scrolls-Universum und die Story zum SF-Shooter Crysis 2 stammt aus der Feder Richard Morgans – beides übrigens Szenarien, die ohne Buchvorlage entstanden sind. Wie die jüngste Partnerschaft zwischen Randomhouse und dem Publisher THQ zeigt, ist man bemüht, Marken auf möglichst vielen Medien zu vermarkten. Wenn sich Spiele auf anderen Medien breit machen, scheint dies bisher also eher eine Merchandising-Angelegenheit zu sein.
Jüngst haben düstere Weltentwürfe, die in der Fantasyliteratur schon länger Erfolge feiern, auch in großen Fantasy-Rollenspielen Einzug gehalten, wie etwa Dragon Age oder The Witcher zeigen, die klar ein düster-brutales oder ambivalentes Weltbild entwerfen. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Spielfiguren: Der wenn schon nicht namen-, so doch zumeist erinnerungslose – und damit ziemlich unbedarfte – Held gerät zunehmend ins Hintertreffen. Stattdessen wird die Vergangenheit der eigenen Spielfigur bedeutender, indem man sie sich etwa selbst erspielt, wie in den Origin-Stories aus Dragon Age: Origins, oder indem man mehr oder weniger ständig damit konfrontiert wird, wie etwa in The Witcher.
Der Einfluss einer Form des Spielens auf die Fantasyliteratur ist sicher unbestritten: Pen & Paper-RPGs. Mehrere Autoren haben ihre Karriere in dieser Szene begonnen. Deren Queststruktur liegt auch der Spielmechanik der Computer-Rollenspiele zugrunde, sodass sich auch hier wiederum keine direkten Verbindungslinien zwischen Games und Fantasyliteratur ergeben, und die Pen & Paper-Rollenspiele haben sicher den Vorteil, dass man darin selbst als Erzähler tätig werden kann.
Das Hauptproblem bleibt jedoch, dass sich das zentrale Element eines Videospiels kaum auf ein Buch übertragen lässt, nämlich die Interaktivität. Könnte man Markus Heitz’ Versuch, Abenteuer-Spielbücher wiederzubeleben, mit der Bedeutung, die Videospielen in der Popkultur inzwischen erlangt haben, in Verbindung bringen? Schließlich ist dies eine Möglichkeit, genau an diesem Punkt anzusetzen und Bücher interaktiv zu machen.
Noch lässt sich also nicht genau sagen, ob Computerspiele Einfluss auf Fantasyliteratur haben. Die Verbindungen zwischen diesen beiden Medien existieren bisher eher oberflächlich, indem Marken auf möglichst vielen Medien beworben und vermarktet werden. Ob und wie sich dieser Trend längerfristig auswirken wird, muss an dieser Stelle leider unbeantwortet bleiben.
Wie bereits im ersten Teil angekündigt, werde ich hier in unregelmäßigen Abständen über unser kleines Play-By-(E)Mail-Experiment berichten.
Ein erstes Fazit nach 4 Wochen Testspiel kann ich schon verkünden. Das Spiel per Mail ist definitiv anders als am Tisch in gemütlicher Runde.
Was ich selber erst mal nicht vermutet hatte: Auch hier spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Wenn ein Spieler, sei es bedingt durch Beruf, Familie oder andere Dinge nicht antwortet, hängt das Spiel auch hier. Wobei hier parallel ablaufende Handlungen noch stärker eine Rolle spielen, als dies am Tisch der Fall ist. Wenn Spieler 1 sich dazu entschließt, den Nachmittag in der Herberge zu bleiben, Spieler 2 aber los zieht und die Stadt erkundet, hängt nun die gesamte zeitlich Folge von Spieler 2 ab. Kommen von diesem keine Aktionen, bremst dies Spieler 1 gnadenlos aus.
Auf der anderen Seite hat diese Spielweise den Vorteil, dass solche Bremsen lange nicht so ins Gewicht fallen, wie dies bei herkömmlicher Spielweise der Fall ist. Wenn jemand am Spieltisch zum Zuhören/Warten verbannt ist, tritt oft schnell eine Langweile ein, mitunter gar ein gewisser “Quengel-Effekt”. (Was nicht böse gemeint sein soll, immerhin hat man sich getroffen um aktiv zu spielen, und nicht einer Geschichte zu zuhören.)
Und noch eines hat mich überrascht: Die zu investierende Zeit/Arbeit erscheint mir größer als beim herkömmlichen Spielen. Szenen, die man in wenigen Minuten vorgelesen und erzählt hat, muss man nun in mühevoller Arbeit in die Tastatur klimpern. Dieses dauert oftmals länger, als man selber glaubt. (Und nein, ich habe leider nie das 10-Finger-System gelernt, obwohl ich schon recht schnell tippen kann.)
Nun aber genug gejammert und weg von den negativen, hin zu den positiven Dingen:
Wie schon im ersten Teil angerissen, hat man bei dieser Spielweise einfach mehr Zeit, auf die Aktionen der Spieler zu antworten und so die Aktionen und Reaktionen länger zu überdenken, bzw. besser an die Spieler und ihre Figuren anzupassen. Ebenso kann man Aktionen mit den Spielern machen, die nur für sie bestimmt sind, ohne Leute aus dem Raum zu schicken oder selber mit der einen Person mal den Raum zu verlassen.
Ein großer Vorteil ist auch, dass man musikalische oder visuelle Untermalung auch mal eben aus dem Ärmel schütteln kann. Am Spieltisch in der Runde dürfte ein “Moment – ich google/bing/suche mal eben ein Bild dazu.” eher störend wirken. Beim Spiel per Mail bekommen die Mitspieler davon ja nichts mit.
Ebenso ist es viel einfacher, die einzelnen Szenen genauer an die Mitspieler anzupassen. In unserer ersten großen Kampfszene konnte ich genau diesen Kampf viel plastischer beschreiben, als mir dies normalerweise möglich ist. Ich musste ja selber die Kämpfe auswürfeln und kannte dementsprechend denn Verlauf schon komplett im Vorhinein. Das hat natürlich den Vorteil, dass man das Hin und Her, Angreifen und Verteidigen, Treffen und Getroffenwerden deutlich intensiver und weitaus farbiger schildern kann.
Mein nächstes Experiment wird sein, “hängende” Handlungen von Mitspielern aktiver zu gestalten. Dabei werde ich darum bitten, mir nur den groben Handlungsrahmen der Figur vom Spieler vorgeben zu lassen und die Spiel-Sitzung aus Meistersicht weiter zu beschreiben und voran zu treiben. Ob dies nun eine gute oder schlechte Idee ist, weiß ich noch nicht. Aber dafür ist so ein Experiment ja schließlich da.
Viele Freunde der Phantastik frönen zugleich einem anderen phantastischen (im wahrsten Sinne des Wortes) Hobby: Dem Rollenspiel.
Nur ist es leider so, das im Laufe der Jahre vermehrt ein Problem auftritt.
Hat uns damals zu Schulzeiten oder während der Ausbildung das Geld gefehlt, um den mannigfaltigen Ausstoß der Verlage zu kaufen, lesen und spielen, so ist es heute eher doch das Problem der Zeit.
Früher konnte man nur selektiv die ganzen Abenteuer und Zusatzbände kaufen. Es gab genau EINEN Regelband in der Gruppe, und auch die anderen Zusatzbände wurden von Hand zu Hand weitergereicht. Innerhalb weniger Tage sahen diese auch entsprechend aus, irgendwo zwischen leicht zerfleddert und einer speckigen Loseblatt-Sammlung. Dieses Problem ist heute aus der Welt, dafür tritt ein anderes zu Tage.
Heute hat man alle möglichen Regelsysteme, Erweiterungen und Abenteuer quasi unberührt im Regal stehen, dafür hat aber zumindest meine Gruppe eher das Problem, einen Termin zu finden, an dem alle können. Beruf und private Verpflichtungen machen es schwer, selbst einmal in der Woche zusammen zu finden. Dazu kommen Feiertage, Geburtstage, Krankheiten und andere Kleinigkeiten, die Woche auf Woche erneut das (Zusammen-)Spielen erschweren.
So kommt es, dass der Stapel an “unbespielten” Abenteuern aus der DSA-Reihe (Von Warhammer, Pathfinder oder kleineren Systemen fange ich gar nicht erst an) über die Jahre beharrlich größer wird. Um diesem Entgegen zu wirken, haben zwei meiner Mitspieler und ich beschlossen, ein Experiment zu wagen: PB(E)M.
Ergo werden wir also demnächst den Kontinent Aventurien auf schriftlichem Wege unsicher machen. Keiner von uns hat damit Erfahrung und wir sind gespannt, wie das ganze laufen wird. Über Fallstricke, Unterschiede zum Spielen am Tisch und allgemeine Erfahrungen zum Thema werde ich in unregelmäßigen Abständen hier berichten. Schon jetzt kristallisiert sich heraus, dass die Interaktion am Spieltisch einerseits fehlt, dafür die Spieler freier und entspannter an ihren Aktionen feilen können. Es wird also spannend werden. Falls jemand aus der Leserschaft schon Erfahrungen damit hat, würde ich mich über Meinungen dazu in den Kommentaren freuen.