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Wie ein Hauch von Eis von Peter JamesUnser Buch des Monats im August entführt über die Genregrenzen zu Science Fiction und Horror. 1995 erschien der auch als Techno-Thriller bezeichnete Roman Wie ein Hauch von Eis (Original: Host; 1993) von Autor Peter James.

Der erfolgreiche Wissenschaftler Joe Messenger ist überzeugt davon, Menschen unsterblich machen zu können. Die kryogene Konservierung des Menschen ist schon lange bekannt, doch Joe will einen Schritt weitergehen und forscht nach einer Methode, den Verstand eines Menschen in einen Computer mit biologischen Nerven-/Gehirnzellen herunterzuladen. Seine Forschung befindet sich an einem toten Punkt, als eine neue Studentin zu seiner Assistentin wird. Mit ihrer Hilfe gelingt Joe der lang ersehnte Durchbruch, doch was er damit erschafft, entpuppt sich als sein persönlicher Alptraum, der nicht nur ihn, sondern auch seine Familie in Lebensgefahr bringt und den Wahnsinn und Schrecken des menschlichen Verstandes offenlegt.
Man muss darauf gefasst sein, sich hier und da mit Unbehagen umzublicken und sich während der Lektüre zu fragen: würde ich mich in diesem Szenario für Leben oder Tod entscheiden? Denn trotz der beinahe phantastischen Vorstellung des Ganzen scheint Peter James’ Vision nicht völlig undenkbar, und es ist wohl eher eine Frage der Zeit, bis die Realität einen Joe Messenger hervorbringen wird.

Wie ein Hauch von Eis ist ein spannend geschriebener Roman, der sich im Verlauf der Handlung immer weiter steigert. Der Leser durchlebt mit Joe Messenger eine in der Gegenwart spielende Reise, die in der Normalität beginnt und in futuristischem Horror endet; von der Suche nach einem Segen für die Menschheit, über die Entdeckung der Lösung, bis hin zum Erkennen, welche Gefahr diese neue Entdeckung in sich birgt, wird Joe zum Gejagten seiner eigenen Erfindung. Deren scheinbar unaufhaltsame Allmacht lauert bald hinter jedem Bit und Byte, hinter jeder Ampel und jeder Telefonverbindung.

Obwohl der Roman aufgrund seines Alters inzwischen natürlich überholt ist, was manch technisches Detail angeht, ist es doch vor allem die Folge von Joes Entdeckung und nicht die Technik selber, die einem von Anfang bis Ende eine Gänsehaut beschert und daher, wenn man das ein oder andere Auge zukneift, auch 20 Jahre später noch genauso gut funktioniert wie 1993.

Für Liebhaber von Romanen, in denen es auch einmal eher technisch als magisch zugehen darf, ist Wie ein Hauch von Eis vor allem wegen der unheimlichen und realitätsnahen Atmosphäre zu empfehlen. Die inhaltliche Richtung dieses Buchs erinnert an Serien wie The Outer Limits oder Tales from the Darkside und dürfte dem bekennenden Geek/Nerd Herzklopfen bereiten. Leider scheinen solche Erzählungen ein wenig aus der Mode geraten zu sein oder zumindest keinen Anreiz mehr für Autoren und Fernsehsender zu bieten.

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Wie ein Hauch von Eis
(ISBN: 978-3442081257; Goldmann, 1995) ist leider nur noch antiquarisch zu bekommen. Wer es sich zutraut, kann das englische Original Host (ISBN: 978-0752837451; zuletzt neu aufgelegt bei Orion im Dez. 2000) dagegen noch problemlos im Neuzustand erhalten.

Buch des Monats

Cover von Elric von Michael MoorcockIn The Dreaming City kehrt Elric als rechtmäßiger Thronanwärter in die letzte verbliebene Stadt des einst mächtigen Reiches von Melniboné zurück. Allerdings nicht um den Thron zu beanspruchen, sondern an der Spitze einer Seeräuberarmada und von Rachedurst getrieben. In While the Gods Laugh begibt sich Elric auf die Suche nach einem Buch der Alten Götter, um mehr über die Götter und sein Schicksal in der Welt zu erfahren. Dabei stellen sich ihm nicht nur allerhand phantastische Ungeheuer in den Weg, sondern er lernt auch seinen künftigen Side-kick Mondmatt (im Original Moonglum) von Elwher kennen. Rachsucht treibt den Prinzen von Melniboné in Stealer of Souls dazu, sich einem Komplott gegen den Händler Nikorn anzuschließen, denn dieser beherbergt einen Zauberer, mit dem Elric noch eine Rechnung zu begleichen hat. In Kings in Darkness begeben sich Elric und Mondmatt ins Reich der körperlich und geistig versehrten Orgians, wo sie sich auch noch mit Untoten herumschlagen müssen, dabei aber eine ganz besondere Bekanntschaft machen. In The Caravan of Forgotten Dreams wird Elrics lang ersehnter Friede durch eine sengende Barbarenhorde gestört, deren Anführer sich für einen mächtigen Zauberer hält. In Stormbringer schließlich entspinnt sich der alles entscheidende Kampf zwischen den Mächten der Ordnung und des Chaos.

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(Fantasy-)Comics haben recht häufig ein mit zusammengebissenen Zähnen verschmerzbares Problem: Brüste. Proportionen. Frauenrollen, die oft nicht weit über sexualisiertes Dekomaterial hinauskommen.
Ihr gähnt – schon wieder ein Gender-Artikel bei bp? Mitnichten, das war nur ein Einstieg, um euch, nachdem wir hin und wieder schon Empfehlungen und Rezis zum Comicbereich eingeschmuggelt haben, die Welt der Webcomis schmackhaft zu machen. Denn unter diesen oft sehr professionell erstellten, z.T. auch vom Medium Comicalbum an eine Darstellung im Browser angepassten Comic-Erzählungen gibt es eine Menge Veröffentlichungen, die auf dem traditionellen Weg ziemlich sicher durch das Raster aus Klischees und angenommenen Mainstream-Wünschen gefallen wären.
Unter anderem gibt es einen im Vergleich zur sonst männerdominierten Comic-Szene hohen Anteil an Künstlerinnen, und mit einer solchen wollen wir in die Materie einsteigen.

Widdershins von Kate Ashwin ist ein launiger Abenteuercomic mit magischen Einsprengseln, der in mehreren locker verbundenen Episoden erzählt wird und um das Örtchen Widdershins mit seiner magischen Universität kreist. Der Comic lebt von der Chemie zwischen seinen Hauptfiguren – in der ersten Story Sleight of Hand sind das die robuste Ermittlerin Harriet Barber und der verhinderte Magier mit dem kleinen Charakterfehler Sid. Im England der 1830er jagen sie zwielichtigen Gestalten und magischen Artefakten hinterher (oder werden von ersteren gejagt), machen sich gegenseitig die Hölle heiß und sind doch von den spezifischen Talenten des jeweils anderen abhängig. In Harriets Fall ist das Kampfkraft und Witz, während Sid eher mit Taschenspielertricks als mit echter Magie glänzt. Dass Harry auch zeichnerisch eher ein Charakterkopf als ein Comic-Model ist, macht das Ganze noch wunderbarer, und ihr trockener Humor sorgt für kurzweilige Rededuelle mit ihrem Sidekick. Dieser geht durch seine unbekümmerte Natur und seine Begabung als Performance-Künstler neben Harry übrigens keineswegs unter.
Auch Heinrich und Mal, die beiden Landstreicher, die die zweite Geschichte No Rest for the Wicked bestreiten, sind ein dynamisches Duo, das durch interessante Nebenfiguren ergänzt wird und sich in einer etwas komplexeren Handlung behaupten muss, wobei Ashwin auch auf originelle Erzählmethoden zurückgreift.
Fürs Abenteuerflair sorgt der Schauplatz – beim England des 19. Jahrhunderts glänzen wahrscheinlich schon die Augen der Steampunk-Fans, allerdings hält sich Widdershins mit Luftschiffen und Goggles angenehm zurück und würzt das historische Setting stattdessen mit feinster Magie. Ansonsten bleibt das Setting historisch und nutzt etwa die Einweihung neuer Eisenbahnstrecken, um Ambiente zu schaffen.
Widdershins 1 von Kate AshwinMan darf gespannt sein, ob sich Sids & Harrys und Mals & Heinrichs Wege noch öfter kreuzen und wie lange ihre gegen den Strich gebürsteten Abenteuer weitergehen – Ashwins letzter Webcomic, das fantasylastigere und zeichnerisch anfangs nicht ganz so ausgefeilte Darken, war ein über acht Jahre geführtes Projekt. Wer Spaß mit gediegenen, augenzwinkernden Abenteuern mit Frauenpower und magischen Missgeschicken haben will, sollte mal bei Widdershins vorbeischauen – neben der kostenlosen Onlineausgabe ist der erste Teil inzwischen auch in Buchform erschienen, eine Fortsetzung gibt es i.d.R. dreimal wöchentlich.

Eselsohr Über den Tellerrand

The Battle of the Labyrinth von Rick RiordanDie Lage spitzt sich zu. Percy, Annabeth, Grover und Tyson bleibt keine große Verschnaufpause, denn ihr Erzfeind Luke hat einen neuen Plan, um das Camp Half-Blood zu vernichten und so den Weg zur Eroberung des Olymp freizumachen. Mit seiner Armee aus Monstern und Halbgöttern plant Luke durch das unterirdische Labyrinth in das Camp einzufallen. Doch unsere Helden scheuen natürlich wieder keine Gefahren, um Freunde und Götter zu verteidigen, stürzen sich mutig in das sagenumwobene Labyrinth des Minotauren und treffen auf Gegner, die stärker sind als alles bisher da gewesene.

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Bibliotheka Phantastika erinnert an Rosemary Sutcliff, die heute vor 20 Jahren starb. Obwohl die 1920 in Surrey geborene Sutcliff schon sehr früh an Arthritis erkrankte und dadurch zeitlebens starken Beeinträchtigungen ausgesetzt war, entwickeltSword at Sunset von Rosemary Sutcliffe sie sich zu einer ungeheuer produktiven Autorin vor allem historischer Romane,  die überwiegend als Jugendbücher kategorisiert werden, aber dank der darin behandelten durchaus anspruchsvollen Themen und der genauen Recherche der geschichtlichen Hintergründe auch für erwachsene Leser reizvoll sind. Die größte Popularität genießen dabei wohl drei Bände ihrer Reihe um Angehörige der Familie Aquila im römischen Britannien, The Eagle of the Ninth (1954, dt. Der Adler der neunten Legion, 2011 unter demselben Titel mit abgewandelter Handlung verfilmt), The Silver Branch (1957, dt. Der silberne Zweig) und The Lantern Bearers (1959, dt. Die Fackelträger bzw. Drachenschiffe drohen am Horizont).

Doch Sutcliffs Romane stehen trotz ihrer festen Verwurzelung in tatsächlichen historischen Epochen in vielerlei Hinsicht der Fantasy näher, als man auf den ersten Blick vermuten könnte, und das nicht nur, weil sie durch ihre Schilderung fremdartiger, aber sehr authentisch und glaubwürdig erscheinender Lebenswelten etwas leisten, das man sich auch von guter Phantastik erhofft. So treten z.B. immer wieder Figuren auf, bei denen man zumindest vermuten kann, dass sie über magische oder hellseherische Fähigkeiten verfügen, wie etwa die eindrucksvoll geschilderte weise Frau Ancret in Knight’s Fee (1960, dt. Randal der Ritter). Darüber hinaus gewinnt man den Eindruck, dass bestimmte Deutungsmuster, die gerade in Sutcliffs Romanen zur Vor- und Frühgeschichte Großbritanniens immer wieder aufscheinen, stark der Mythenforschung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts verpflichtet sind. Zu denken wäre hier etwa an James Frazers The Golden Bough. A Study in Magic and Religion (1890; dt. Der Goldene Zweig. Eine Studie über Magie und Religion), aus dem insbesondere das Motiv der sakral aufgeladenen (Selbst-)Opferung des Herrschers für das Gemeinwohl in Sutcliffs Geschichten eingeflossen sein könnte.

Auch vom Stoff her fantasynah sind schließlich Sutcliffs Sagennacherzählungen, von denen ihre mehrbändige Variante der Artussage, The Sword and the Circle (1981), The Light Beyond the Forest (1979) und The Road to Camlann (1981; auch als Sammelband The King Arthur Trilogy, dt. König Artus und die Abenteuer der Ritter von der Tafelrunde) am Bekanntesten sein dürfte. Mit dem charmanten Bilderbuch The Minstrel and the Dragon Pup (1993) liegt aus ihrer Feder auch noch eine echte Fantasygeschichte für Kinder vor.

Sutcliffs entscheidender Beitrag zum Genre kann jedoch in ihrer Gestaltung des Artusstoffs für erwachsene Leser, Sword at Sunset (1963, bisher keine deutsche Übersetzung), gesehen werden. Vordergründig handelt es sich auch bei der Geschichte des romano-britischen Kriegsherrn Artos, der als Ich-Erzähler im Angesicht des Todes auf sein Leben zurückblickt, um einen historischen Roman, der zudem als direkte Fortsetzung von The Lantern Bearers gelesen werden kann. Doch während die Artussage hier abseits jeder Tafelrundenromantik auf einen durchaus realistisch erscheinenden Kern um den Abwehrkampf der überwiegend keltisch und römisch geprägten Bevölkerung gegen die angelsächsischen Eroberer  zurückgeführt wird, lässt Sutcliff zugleich mehrfach offen, ob nicht doch Übernatürliches im Spiel ist. Dem Leser steht es frei, selbst zu entscheiden, ob er die geschilderten Vorzeichen, Flüche und Prophezeiungen nur als Teil des Weltbilds einer spätantiken Gesellschaft sehen oder ihnen tatsächlich ein Eigenleben zubilligen möchte. Gesteigert wird das Verwirrspiel noch durch die Tatsache, dass der Ich-Erzähler durchaus reflektiert mit solchen Deutungen umzugehen weiß und spätestens im letzten Kapitel, das mit seinem Titel The Corn King die Mythen um Opferung und Wiederkehr des sakralen Königs evoziert, selbst gehörig dazu beiträgt, die eigene Legende erst zu schaffen.

Für alle Leser, die Freude daran haben, sich auch mit den der klassischen Fantasy benachbarten Gebieten zu befassen, hat Sutcliff also nach wie vor einiges zu bieten und sollte nicht in Vergessenheit geraten.

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Hounded von Kevin HearneAtticus O’Sullivan, vermutlich der letzte echte Druide, hat die letzten 2000 Jahre damit zugebracht vor einem recht aufgebrachten keltischen Gott zu flüchten, dem er das magische Schwert Fragaragh – The Answerer entwendet hat. Nachdem sich der Druide in der Wüste Arizonas niedergelassen und einen okkulten Buchladen eröffnet hat, dauert es nicht lange, bis ebenjener Gott ihn aufspürt und dem Druiden das Leben schwer macht. Atticus wäre jedoch nicht Atticus, wenn er neben seinem Charme und seinem Sinn für Humor nicht auch ein paar ordentliche Kräfte zur Verteidigung hätte.

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Jeder von uns hat sie, die dunklen Geheimnisse unserer abgebrochenen Bücher. Manchmal kann das breite Publikum noch so begeistert von einem Werk sein, man selbst gehört dann zu dieser kleinen Minderheit, die ungewollt gegen den Strom schwimmt.
Hier kommen nun die fünf bisher dunkelsten Kapitel meiner verschmähten Bücher, deren Schreibstil oder Inhalt mich derart langweilte, dass ich es trotz eisernem Willen nicht geschafft habe, sie komplett zu lesen:

1. Die Chroniken von Narnia – C.S. Lewis
Die Chroniken von Narnia von C.S. LewisEin Klassiker der Fantasy, der für mich leider trotzdem ungenießbar war. Da hier der religiöse Unterton viel zu aufdringlich und der Schreibstil eindeutig eher etwas für Kinder ist, habe ich es hier nicht über 30 Seiten hinaus geschafft. Viel mehr kann ich dazu gar nicht sagen, die Grundidee fand ich immer recht interessant und ich habe mir als Kind die damals populäre Verfilmung angesehen (ich glaube es war eine von BBC produzierte Serie), von der ich damals sehr begeistert war. Vermutlich muss man einfach Kind sein, um die Die Chroniken von Narnia wirklich genießen zu können.

1. Dracula – Bram Stoker
Dracula von Bram StokerDracula! Der bissigste aller Vampire und Meister der Gänsehaut! Was hat man nicht schon alles an Geschichten und Filmen über Dracula gesehen und banges Herzklopfen erlebt, wenn sich der durstige Blutsauger durch die Schatten der Nacht bewegt und seine Fänge in den Hals seines unschuldigen Opfers schlägt. Lange bevor man das erste Mal von dem eigentlichen Buch erfährt, kennt man Dracula und sein Wesen schon in- und auswendig und hat ihn als Verkörperung der Furcht vor der Dunkelheit verinnerlicht. Welche Freude ist es dann die Romanvorlage für all die abgespaltenen Versionen von anderen Autoren und Filmemachern in die Finger zu nehmen und sich unter der Bettdecke auf das vermutlich unheimlichste aller Vampirbücher zu freuen. Wie groß die Enttäuschung, wenn man dann feststellt, dass alles ganz anders ist. Gruselig? – Fehlanzeige. Eine seichte Sammlung von Tagebucheinträgen verschiedener involvierter Personen, die weder logisch denken, noch unheimlich oder atmosphärisch wirkungsvoll schildern, was hier geschieht, trifft es da schon eher. Besonders enttäuschend war nicht nur Dracula selbst, sondern auch Van Hellsing, der mehr wie ein begriffsstutziger Tattergreis wirkt, anstatt wie ein Vampirjäger mit Vorbildfunktion.
Zu seiner Zeit war Dracula sicher neu und faszinierend, nach heutigem Stand allerdings konnte mich dieses Buch nicht beeindrucken und musste aufgrund akuten Gähnens nach der Hälfte abgebrochen werden.

3. Die Glasbücher der Traumfresser – Gordon Dahlquist
Die Glasbücher der Traumfresser von Gordon DahlquistEin Buch mit vielversprechenden Ansätzen. Da haben wir ein viktorianisches Setting, einen Hauch von Traumnovelle mit geheimen Maskenbällen einer verschwörerischen Geheimorganisation und eine kleine Gruppe von gänzlich unterschiedlichen Menschen, die zu Verbündeten werden, um die Welt zu retten. Nicht zu vergessen die todschicke Aufmachung dieses Buches, dessen Kapitel einzeln gebunden und in einem Schuber kombiniert wurden.
Doch Die Glasbücher der Traumfresser begannen schnell meine Träume und die Hoffnung zu fressen, es würde noch besser werden. Mit seiner unmöglichen Zahl an langen Fluren, Gängen, Korridoren, nicht nachvollziehbaren Beweggründen, immer wiederkehrenden Seidenunterhöschen und einem fehlenden Sinn dahinter oder wenigstens einem Anzeichen dafür worauf das Buch überhaupt hinaus will, haben die Glasbücher meine Erwartungen bestmöglich unerfüllt gelassen und wurden im vorletzten Kapitel endgültig als nicht zu retten eingestuft.

4. Der Hobbit oder hin und zurück – J.R.R. Tolkien
Der Hobbit oder hin und zurück von J.R.R. TolkienNoch ein Meilenstein der Fantasy, der meinem gnadenlosen Urteil zum Opfer gefallen ist. J.R.R. Tolkien scheint nicht mein Autor zu sein. Nachdem ich es als Teenager mit Silmarillion schon versucht hatte und gescheitert bin, mich später ein halbes Jahr durch den ersten Band des Herr der Ringe gequält hatte, musste sich nun zuletzt auch der Hobbit meiner Mittelerde-Abneigung geschlagen geben. Ich weiß nicht genau, woran es liegt, dass ich mit diesem Urvater der Fantasy nicht zurecht komme. Ein damaliger Freund sagte einmal zu mir: »Tolkien war für manche eben doch mehr Professor als Autor«. Ich glaube das beschreibt es für mich sehr gut, denn ich finde seine Texte irgendwie trocken und leblos. Wulfila hat da in ihrem Blogbeitrag neulich etwas geschrieben, was mich u.a. sehr stark an meine Tolkienversuche denken ließ: ich lese und erfahre gerne Dinge über Tolkiens Bücher und die darin erschaffene Welt. Das macht mir Spaß und formt Bilder vor meinem geistigen Auge. Doch die Bücher selbst zu lesen, gestaltet sich leider als Qual, obwohl ich die umfangreichen Ideen des Autors beeindruckend finde und schätze, was er für das Genre der Fantasy geleistet hat.

5. Die 13 1/2 Leben des Käpt’n Blaubär – Walter Moers
Cover des Buches "Die 13 1/2 Leben des Käpt'n Blaubär" von Walter MoersAch Walter, deine Geschichten! Als Fan seiner Illustrationen, die ich mit diesem eigenen Stil einfach immer herrlich und amüsant anzusehen finde, dachte ich mir, lies doch einmal das Buch! Gesagt, getan und abgebrochen. Moers’ erzählerischer Humor trifft meinen Geschmack leider gar nicht. Was ich an seinen Illustrationen liebe, wirkt in seinen Texten zu albern und bemüht lustig. Da schaue ich mir eben weiter die Bilder an, erfreue mich an den absurd witzigen Szenen, die dort dargestellt werden und lese auch hier lieber über Zamonien, als in Zamonien.
Die Stadt der Träumenden Bücher fand ich übrigens wieder sehr ansprechend zu lesen.

Zettelkasten

Nachdem Hezhi, Prinzessin von Nhol, gemeinsam mit Perkar und dem Schamanen Brother Horse aus dem Einflussgebiet des Großen Flußgottes fliehen konnte und sich in Sicherheit wähnt, sammelt dieser gerade erst seine Kräfte: Ghe, von den Toten auferstanden und mehr Geist als Mensch, wird zur mächtigsten Waffe seines Herren.
Angesichts dieser Gefahr verbündet sich Hezhi mit dem Gott Karak, der Krähe, um den Flußgott für immer zu besiegen, und bald wird es unmöglich, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden …

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Archie Weller, der heute 55 Jahre alt wird. Nachdem der erste, im Jahre 1981 veröffentlichte Roman The Day of the Dog des am 13. Juli 1957 in Subiaco im australischen Bundesstaat Westaustralien geborenen Archie Irving Kirkwood Weller noch autobiographische Bezüge aufwies und tief in die Lebenswelt der von ihrer ursprünglichen Lebensweise entfremdeten und an und in der Kultur des Weißen Mannes scheiternden Aborigines und Aborigine-Mischlinge eintauchte (und unter dem Titel Blackfellas auch verfilmt wurde), wandte er sich mit Land of the Golden Clouds (1998) einem postapokalyptischen Setting zu.
Schauplatz des unter dem Titel Der Mondredner (2000) auch auf Deutsch erschienenen Romans ist ein von den Verheerungen eines 3000 Jahre zurückliegenden Atomkriegs gezeichnetes Australien, in dem die wenigen Überlebenden Land of the Golden Clouds von Archie Wellerunterschiedliche Möglichkeiten gefunden haben, sich an die harten Lebensbedingungen anzupassen. Dabei leiden die an der Oberfläche lebenden, einander nicht unbedingt freundlich gesinnten Stämme, die sich in die wenigen nicht verstrahlten oder zur Wüste gewordenen Landstriche zurückgezogen haben, unter den nächtlichen Überfällen der unterirdisch lebenden, hellhäutigen und kannibalischen Nightstalkers. Und zwar so sehr, dass Red Mond Star Light, der Anführer des den Mond anbetenden kriegerischen Stammes der Ilkari, die Chance nutzt, die sich ihm durch die Begegnung mit der abtrünnigen Nightstalkerin S’shony bietet, und zusammen mit einer rasch wachsenden Schar von Gefährten aufbricht, den als King of the Bats bezeichneten Herrscher der Nightstalker zu töten.
Auch wenn es zunächst so klingt, als wären Plot und Setting des Romans dem Handbuch für Genre-Autoren entnommen, besitzt Land of the Golden Clouds einen eigentümlichen Reiz – und geht letztlich über einen typischen Unterhaltungsroman deutlich hinaus. Denn die größte Aufgabe, die Red Mond Star Light und seine Mitstreiter und Mitstreiterinnen zu bewältigen haben, liegt nicht in der Durchquerung eines verwüsteten Kontinents oder der Vernichtung eines bösen, dunklen Herrschers, sondern darin, sich gegenseitig in ihrem Anderssein zu akzeptieren. Was in Anbetracht der sehr unterschiedlichen Gruppen, die sich nach und nach an der Queste beteiligen (darunter beispielsweise eine Gruppe Jamaikaner, die per Flugzeug gekommen sind – andernorts scheint der Atomkrieg nicht stattgefunden oder deutlich geringere Spuren zurückgelassen zu haben – und immer mal wieder Robert Nesta Marley zitieren, einen in ihrem Land hoch geachteteten Propheten; oder auch die Cricketeers), alles andere als leicht ist. Darüber hinaus ist auch eine über den zwischenmenschlichen Aspekt hinausgehende politische Lesart des Romans nicht nur möglich, sondern angesichts vieler Anspielungen auf die Gegenwart recht naheliegend (wobei manche dieser Anspielungen in Anbetracht der verstrichenen Zeitspanne schon etwas gezwungen wirken). Letztlich sollte man tatsächlich vor allem an solchen Themen und Fragestellungen oder Anspielungen Interesse haben, denn was vordergründige Spannung angeht, hat Land of the Golden Clouds deutlich weniger zu bieten als die meisten anderen Post-Doomsday-Romane, und zwar bis zum in dieser Hinsicht folgerichtig antiklimaktischen Ende.

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Wenn man sich einmal entschlossen hat, “damals war das halt so” hinter sich zu lassen und nach Gründen für die sexistische Darstellung in Game of Thrones forscht, kommen vor allem zwei Gesichtspunkte zum Vorschein:
Zunächst entsprechen die Darstellung der (Frauen-)Körper, wie sich auch an ihrer modernen Idealisierung zeigt, und die Rollenverteilung einem (angenommenen) ZuschauerInnenwunsch. Dass dieses Sex-sells-Argument ein Stück weit unter die banal scheinende Oberfläche reicht, lässt sich auch aus dem Umstand schließen, dass die in den Romanen von George R.R. Martin häufigen Vergewaltigungsszenen in der Verfilmung größtenteils ausgespart wurden: Man soll beim dargestellten Sex also nicht in die gedankliche Bredouille kommen, sondern es soll eindeutig gefallen, was da gezeigt wird.
Des weiteren dienen sexistische Grundhaltung, Sprache und die häufige Darstellung von Sex und Prostitution (und darüber hinaus natürlich auch die Gewaltdarstellung) dem Konstituieren eines Labels “für Erwachsene”, was wiederum durchaus im Sinne eines Qualitätskriteriums verwendet wird, wie unter anderem Zitate zur geschnittenen Fassung, die im deutschen Fernsehen lief, zeigen* (auch wenn es natürlich höchst unterschiedliche Gründe gibt, gegen eine solche Fassung zu sein).
Die Ursachen sind also – in heutigen Zeiten eigentlich eine Binsenweisheit – bei Marketingüberlegungen und aktuellen Sehgewohnheiten zu suchen, was aber keinen Mitwirkenden daran hindert, zu behaupten, das alles wäre nur für unseren modernen Blick so bedenklich und früher völlig normal gewesen.

Die auf allen Ebenen fehlende Relevanz dieses Arguments – und nicht zuletzt die Tatsache, dass es auch anders funktioniert, wie wir im Vorläufer dieses Beitrags anhand von Hunger Games erläutert haben, oder wie es z.B. auf dem Games-Sektor das herrlich unsexistische Skyrim schafft – führt unweigerlich zu der Frage, weshalb sich MacherInnen und KonsumentInnen (die etwas zum Erfolg führen können oder auch nicht) für den Sexismus entscheiden. Lautet die Antwort auf ZuschauerInnenseite (wie etwa auch bei der Diskussion in unserem Forum häufig gehört), “weil es trotzdem gut ist”, dann sollte die Unmutsbekundung eigentlich heilige KonsumentInnenpflicht sein. Denn dann ist der oben postulierte ZuschauerInnenwunsch tatsächlich nur angenommen, und wir wollen eigentlich schon längst eine andere Geschichte hören als die westlich-patriarchal-heteronormative, die uns mehrheitlich immer noch und immer wieder erzählt wird.
Dazu wäre es allerdings nötig, die Verwendung von Sexismus und traditionellen Geschlechterrollen als konstitutives Element der Erzählung und Teil eines größeren Narrativs (an-)zu erkennen – als etwas, das man genauso wie den Spannungsbogen oder die Dynamik einer Geschichte aus dem konkreten Kontext herauslösen und kritisieren kann, und es nicht als Teil eines kaum hinterfragten Default-Blickwinkels als normal, Geschmackssache oder in seiner universellen Gültigkeit für Erzählkontexte nicht kritisierbar anzusehen.

Genauso sehr sollten wir unsere Definition von “erwachsener Fantasy” einer Prüfung unterziehen. Es grenzt ans Lächerliche, dass Game of Thrones sein Erwachsenengütesiegel aus Sexismus und Gewaltszenen bezieht, während die womöglich wirklich “erwachsenen” Inhalte der Serie, etwa ihre hohe Komplexität, in eben jenen schwülen Sexszenen versteckt werden müssen, um vom anspruchsvollen Publikum überhaupt goutiert werden zu können.

Kann man also die nächste Game-of-Thrones-DVD gar nicht oder nur mit einem schlechten Gewissen in den Player schieben? Das sicher nicht: Das phantastische Genre bietet theoretisch eine riesige Bandbreite an Settings – zwischen Game of Thrones und Hunger Games und auch jenseits der beiden ist jede Menge Platz, und an jedem dieser Orte können gute, erlebenswerte Geschichten stattfinden. Unter der Übermacht sexistischer Settings, die gerade in unserem Genre auffallend ist, lohnt sich aber die Frage, warum uns etwas gefällt, was damit kolportiert wird und welchen Normen sich eine Erzählung beugt – und nicht zuletzt, wo bei der Begründung dieser Normen Nebelkerzen geworfen werden. Und wir sollten überlegen, ob wir unsere Wahrnehmung von erwachsenen Stoffen wirklich an die letztlich nichtssagenden Kriterien des Jugendschutzes koppeln wollen, oder ob wir uns nicht um eine substantiellere Definition bemühen sollten.

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  • *”Wenn Ihr mich fragt, sind das alles so kleine Szenen, die einen riesengroßen Teil an Flair und Charme der Serie ausmachen. Irgendwie, wenn man sich die deutsche geschnittene Version anschaut, wirkt Game of Thrones “kindlicher” als “hemmungslos brutal” und erwachsen. Was die Serie zweifelsohne ist, oder zumindest laut Roman Autor George R.R. Martin sein soll, “Game of Thrones ist Fantasy für Erwachsene”.” [aus einem Schnittbericht auf serien-load.de]

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