Bibliotheka Phantastika Posts

Vor einiger Zeit haben wir uns gefragt, wie es um die Beziehung zwischen Videospielen und Büchern bestellt ist. Eine neue und ausgesprochen kreative Verbindung zwischen den beiden Medien hat die Künstlerin A.J. Hateley hergestellt. In ihrem Blog hat sie im Rahmen ihres Projekts “Thirty Days of Videogaming” eine Reihe von Buchcovern veröffentlicht, die von älteren und zeitgenössischen Spielen, viele davon Klassiker, inspiriert sind.

Die Cover sind allerdings selten einfach mit dem Namen des Spiels betitelt, vielmehr sind darauf mehrere Anspielungen auf die Inspirationsquelle versteckt, sodass man es auch als Hommage sehen kann.

Das ermöglicht mir außerdem ein kleines Ratespiel daraus zu machen. Wer erkennt die Spiele, die nicht schon im Covertitel auftauchen? Im Link neben dem Cover ist jeweils die Lösung versteckt.

1. Deadly Premonition

Deadly Premonition © A. J. Hateley

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2. Schematics Series Three: Deathclow Gauntlet

Schematics Series Three: Deathclow Gauntlet © A. J. Hateley

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3. ED-E, My Love

ED-E, My Love © A. J. Hateley

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4. Fauna of the Kanto Region

Fauna of the Kanto Region © A. J. Hateley

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5. Genetic Lifeform and Disc Operating System

Genetic Lifeform and Disc Operating System © A. J. Hateley

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6. Green Influenza: Protect and Survive

Green Influenza: Protect and Survive © A. J. Hateley

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7. In the Darkness of Shadow Moses

In the Darkness of Shadow Moses © A. J. Hateley

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8. Midgar Computer Railway Sectors 0-8

Midgar Computer Railway Sectors 0-8 © A. J. Hateley

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9. O Cara Mia, Addio

O Cara Mia, Addio © A. J. Hateley

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10. Super Mario Land

Super Mario Land © A. J. Hateley

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11. The Forbidden Land

The Forbidden Land © A. J. Hateley

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12. The House of Upside Down

The House of Upside Down © A. J. Hateley

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13. The Secret Life of Headcrabs

The Secret Life of Headcrabs © A. J. Hateley

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14. The Wonderful End of the World

The Wonderful End of the World © A. J. Hateley

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15. Into the Whispering Wood

Into the Whispering Wood © A. J. Hateley

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16. In Limbo

In Limbo © A. J. Hateley

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Über den Tellerrand

Neue Inhalte

Zum 125. Geburtstag von Pierre Benoit
Bibliotheka Phantastika erinnert an Pierre Benoit, der am 16. Juli 1886 im südfranzösischen Albi geboren wurde (heute somit seinen 125. Geburtstag feiern würde), und der sich – beginnend mit seinem Erstling Koenigsmark (1918) – in seiner Heimat einen Namen als Verfasser vor exotischer Kulisse spielender Abenteuerromane gemacht hat. Die exotischste all dieser Kulissen hat er in seinem zweiten Roman L’Atlantide (1919) verwendet: ein inmitten einer unwegsamen nordafrikanischen Felslandschaft verborgenes Überbleibsel des alten Atlantis mitsamt seiner Herrscherin, Königin Antinea. Der Roman, in dem die Abenteuer der beiden französischen Offiziere André de Saint-Avit und Jean Morhange geschildert werden, die auf der Suche nach in der Wüste verschollenen Kameraden von einem Targi ins Ahaggar-Gebirge geführt werden und dort im Innern eines hohlen Berges in einem unheimlichen Palast der ebenso betörenden wie tödlichen Königin Antinea begegnen – eine Begegnung, die für einen der beiden fatale Konsequenzen hat –, war auf Anhieb ein Erfolg bei Kritik und Leserschaft (Benoit erhielt für ihn den Grand Prix du Roman der Académie français) und wurde in fünfzehn Sprachen übersetzt. Ein Wermutstropfen war allerdings ein Artikel, den der Kritiker Henry Magden im Oktober 1919 in einem literarischen Magazin veröffentlichte, und in dem er Benoit vorwarf, Henry Rider Haggards She und The Yellow God plagiiert zu haben. Benoit strengte daraufhin eine Verleumdungsklage an – und verlor. Inwieweit die Vorwürfe berechtigt sind, d.h. ob Benoit Haggards Romane gekannt hat oder überhaupt kennen konnte und ob die zweifellos vorhandenen Parallelen mehr als oberflächliche Ähnlichkeiten sind, ist eine Frage, die jeder Leser und jede Leserin für sich selbst beantworten muss. Unabhängig davon ist L’Atlantide ein interessanter Beitrag zum Subgenre der lost race novels und wartet nicht nur mit einer weiteren Femme fatale (die von diesem Genre anscheinend magisch angezogen werden) sondern auch einer originellen Theorie über den Untergang bzw. Verbleib von Atlantis auf. L’Atlantide blieb Benoits erfolgreichstes und bekanntestes Werk, erschien unter den Titeln Atlantis (1920) bzw. Die Königin von Atlantis (1987) bzw. Die letzte Königin von Atlantis (2005) ebenso wie viele andere Romane des Autors auch auf Deutsch und wurde mehrfach verfilmt, u.a. 1932 als Die Herrin von Atlantis vom österreichischen Regisseur Georg Wilhelm Pabst. Trotzdem blieb es sein einziger Ausflug in die Phantastik inmitten der stattlichen Zahl von fast 50 Abenteuerromanen, die er bis zu seinem Tod am 3. März 1962 insgesamt verfasst hat.

Zum 60. Geburtstag von Esther M. Friesner
Bibliotheka Phantastika gratuliert Esther M. Friesner (eigentlich Esther Mona Friesner-Stutzman), die heute ihren 60. Geburtstag feiert. Friesner (geboren am 16. Juli 1951) begann Anfang der 80er Jahre zunächst SF-Stories zu schreiben, ehe sie sich mit ihrem ersten Roman Mustapha and His Wise Dog (1985), der (häufig humoristischen) Fantasy zuwandte, der sie seither von wenigen Ausnahmen abgesehen auch die Treue gehalten hat. Ihr Erstling bildet den Auftakt der vierteiligen Chronicles of the Twelve Kingdoms (1985-89), in denen die Abenteuer des Titelhelden geschildert werden, der anfangs als Ausgestoßener nur von seinem treuen Hund begleitet durch die Welt wandert. Mit New York by Knight (1986) begann sie eine locker zusammenhängende Trilogie, deren Schauplatz das zeitgenössische New York ist, und der mit Demons (1988-90), Gnome Man’s Land (1991-92) und Majyk (1993-95) drei rein humoristische Trilogien folgten. Neben weiteren Mehrteilern hat Friesner auch eine ganze Reihe von Einzelromanen verfasst, von denen Druid’s Blood (1988 – eine in einem alternativen viktorianischen England spielende historische Fantasy um ein wichtiges, plötzlich verschwundenes Zauberbuch; als Druidenblut (2000) auch auf Deutsch erschienen), Yesterday We Saw Mermaids (1992 – die Geschichte einer ungewöhnlichen Reisegruppe, die im Jahre 1492 an Bord eines Schiffes unterwegs in die Neue Welt ist, um die dort lebenden magischen Kreaturen vor den schon bald mit Kolumbus ankommenden, rational denkenden Europäern zu retten; als Gestern noch sahen wir Meerjungfrauen (2002) ebenfalls auf Deutsch erschienen) und Child of the Eagle (1996 – in einem alternativen Römischen Reich verrät Brutus seine Mitverschwörer an Caesar, und das hat gewisse Folgen) die vielleicht interessantesten sind.
Gesonderte Beachtung verdient (nicht nur, aber auch wegen der Titel) die mit Chicks in Chainmail (1995) begonnene, von ihr heraugegebene Anthologiereihe, in der sich (hauptsächlich) Autorinnen augenzwinkernd mit dem Klischee der schwertschwingenden, vollbusigen, in einen Kettenpanzerbikini gekleideten Kriegerin auseinandersetzen. Die weiteren Bände sind: Did You Say Chicks?! (1998), Chicks’n Chained Males (1999), The Chick is in the Mail (2000) und Turn the Other Chick (2004).
Bisher hat nur ein Teil von Friesners Oeuvre den Weg nach Deutschland gefunden, neben den bereits genannten Titeln u.a. ihre beiden Star-Trek-Romane und die Majyk Trilogy (als Die Katze lässt das Zaubern nicht (1995), Skandal im Wingdingo-Land (1996) und Die Käseburg-Connection (1996)), die im Stil einer überdrehten Slapstick-Komödie von den Abenteuern des ebenso machtvollen wie unbegabten Zauberlehrlings Kendar und seiner Katze Scandal erzählt.

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Alexander WolkowBibliotheka Phantastika erinnert an Alexander Wolkow, der heute 120 Jahre alt geworden wäre, und ich freue mich, dass der Lieblingsschriftsteller meiner Kindheit es in diese erlauchte Rubrik geschafft hat.

“In der weiten Steppe von Kansas lebte ein kleines Mädchen namens Elli. Ihr Vater, der Farmer John, arbeitete den ganzen lieben Tag auf dem Felde, Mutter Anna führte die Wirtschaft.
Sie wohnten in einem kleinen Packwagen, dem man die Räder abgenommen hatte …”

Dies ist der Anfang des Buches “Der Zauberer der Smaragdenstadt”, welches ich als Kind wieder und wieder gelesen habe. Elli und ihre Freunde, die Bewohner des Zauberlandes, begleiteten mich viele Jahre.

Die sechs Bücher rund um das Zauberland sind das Hauptwerk des heute ein wenig in Vergessenheit geratenen Autors Alexander Wolkow.
Der erste Band “Der Zauberer der Smaragdenstadt” (Волшебник Изумрудного города; 1939, überarbeitet 1959) ist eine sehr freie Nacherzählung von Frank Baums “The Wonderful Wizard Of Oz”. Ob Wolkow die Form der Nacherzählung wählte, um der Zensur ein Schnippchen zu schlagen oder ob er einfach nur ein erfolgreiches Kinderbuch schreiben wollte, ist heute nicht mehr nachzuvollziehen. Wolkow selbst schreibt im Nachwort zum “Zauberer der Smaragdenstadt”:

“Ich habe die Erzählung vom Zauberer der Smaragdenstadt nach Motiven eines Märchens des amerikanischen Schriftstellers Lyman Frank Baum (1856—1919) geschrieben, das den Titel „The Wizard of Oz” trägt. […]
Ich habe vieles in Baums Märchen verändert und neue Kapitel geschrieben: über die Begegnung mit dem Menschenfresser, über das Hochwasser. Bei Baum ist Totoschka stumm. Mir aber schien, daß in einem Wunderland, in dem nicht nur die Vögel und Tiere, sondern sogar Männer aus Eisen und Stroh sprechen können, der kluge und treue Totoschka gleichfalls reden müsse, — und ich ließ ihn reden.
Das Buch „The Wizard of Oz” erschien im Jahre 1900. Frank Baum kehrte dann wiederholt zu seinen Lieblingshelden zurück und schrieb noch viele Märchen über das Wunderland Oz und seine Bewohner.”

Zwar greift Wolkow auch in den fünf von ihm geschriebenen Nachfolgebänden: “Der schlaue Urfin und seine Holzsoldaten” (Урфин Джюс и его деревянные солдаты; 1963), “Die sieben unterirdischen Könige” (Семь подземных королей; 1964), “Der Feuergott der Marranen” (Огненный бог Марранов; 1968), “Der gelbe Nebel” (Жёлтый туман; 1970) und “Das Geheimnis des verlassenen Schlosses” (Тайна заброшенного замка; 1975) immer wieder Motive aus Baums Oz-Reihe auf, doch entwickelt er seine Erzählungen so eigenständig, dass diese ihre Vorbilder übertreffen.

Auch wenn die letzte Lektüre der Zauberland-Bücher schon einige Jahre her ist, behalten sie doch ihren Platz in meinem Regal und werden regelmäßig entstaubt.

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Inspiriert von den Listen Patrick Rothfuss‘ und dem Buch Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat von Pierre Bayard möchte ich hier ein paar Überlegungen anstellen. Zuerst mal zur Ausgangssituation: Patrick Rothfuss hat in seinem Blog drei Listen veröffentlicht:

Liste 1: Bücher, die er gelesen hat und die er weiterempfiehlt.
Liste 2: Bücher, die aus Platzgründen aus Liste 1 rausgenommen wurden.
Liste 3: Bücher, die womöglich in Liste 1 wären, hätte er sie denn (komplett) gelesen.

Solche Checklisten sind ja immer ein herrlicher Anlass, um vor dem eigenen (gedanklichen oder realen) Buchregal auf und ab zu marschieren und abzuhaken, was man schon gelesen hat, und alles übrige auf eine to-read-Liste zu setzen – man werfe nur mal einen Blick in unser Forum. (Diese Listen enden dann zwar meist so wie die Neujahrsvorsätze, aber manche Bücher kauft man doch, wenn sie auf der x-ten to-read-Liste aufgetaucht sind.)

Auf Bayards Buch, das ich nur empfehlen kann, sei hier nur in Kürze eingegangen: Er spricht sich für eine Anerkennung des Nicht-Lesens aus. Lesen und Nicht-Lesen seien komplementäre Teile desselben Vorgangs, schließlich muss man für jedes Buch, das man liest, ein anderes auslassen.

Nun gleicht nichts, zumindest für ein ungeübtes Auge, dem Ausbleiben des Lesens mehr als das Nichtlesen,  und niemand scheint jemandem, der nicht liest, näher als jemand, der nicht liest. […] Im ersten Fall interessiert sich die nicht lesende Person nicht für das Buch, wobei hier »Buch« gleichzeitig als Inhalt und als Stellung [d.h. die Verortung des Buches in einem (literarischen) Kontext] zu verstehen ist. […] Im zweiten Fall verzichtet die nicht lesende Person nur deshalb auf die Lektüre, um wie Musils Bibliothekar das Wesentliche des Buches zu erfassen, nämlich seine Stellung in Bezug zu anderen. Damit bekundet sie nicht etwa mangelndes Interesse am Buch, ganz im Gegenteil. (Bayard, Pierre: Wie man über Bücher spricht, die man nicht gelesen hat. München 2009, 32)

Ein Buch nicht gelesen zu haben, hat also nichts mit einer Missachtung des Buches zu tun, sondern ist vielmehr Resultat einer Beschäftigung mit dem Buch, indem man sich sowohl über dessen Inhalt, als auch dessen Position etwa innerhalb eines Genres informiert.

Was hat das jetzt mit Pats Listen zu tun?
Diese finde ich unter zweierlei Aspekten interessant. Auf der einen Seite ist Liste 1 (Empfehlungen aufgrund des eigenen Urteils) eine recht kanonische Liste, die großteils Bücher umfasst, die ohnehin schon als Klassiker gelten (Herr der Ringe, Narnia, Erdsee-Trilogie, 1984) und deren erneute Empfehlung durch Rothfuss eigentlich nicht notwendig wäre. Damit wird – wieder einmal – festgeschrieben, dass man diese Bücher gelesen haben sollte, will man zum Genre Phantastik etwas Sinnvolles beitragen.

Auf der anderen Seite empfiehlt Pat – indirekt – mit Liste 3 auch Bücher, die er nicht (komplett) gelesen hat, denn die Listenform und die Verbindung mit Liste 1 (wo sie eventuell gelandet wären) legen eine Auswahl nahe, die auch Empfehlungscharakter hat. Auch hier finden sich wieder einige Klassiker und Anwärter auf diesen Titel (Conan, Malazan Books of the Fallen, Gormenghast, Watership Down), bei denen naheliegt, dass sie auf der Liste gelandet sind, weil sie als Klassiker gelten und weil Rothfuss um ihre Stellung weiß, ohne sie gelesen zu haben.

Um Bücher zu kennen, um ihre Bedeutung für das Genre einschätzen und schließlich um über sie sprechen zu können, muss man diese also nicht unbedingt gelesen haben. Pierre Bayard meint, dass der Blick auf das einzelne Buch den Blick auf die Gesamtheit, auf die Zusammenhänge verstellen kann. Bei der Menge an Büchern, die veröffentlicht wurden und veröffentlicht werden, ist es wichtig sich zurechtzufinden und Prioritäten setzen zu können. Das Festhalten und Abarbeiten einer kanonischen Liste kann insofern auch dazu führen, dass lohnende Neuerscheinungen weniger Beachtung finden.

Dem Nicht-Lesen so viel Raum auf einer Rezensionsseite zu bieten, erscheint wahrscheinlich etwas seltsam und in der Tat kommt ein Punkt bei Bayard etwas zu kurz: Um sich über Bücher zu informieren, braucht es Leute, die diese Bücher gelesen haben und Informationen darüber zusammentragen, Meinungen darüber äußern, denn erst im kommunikativen Austausch mit sich selbst und mit anderen (vgl. Bayard, Bücher, 68) über diese Bücher wird deren Bedeutung festgelegt. Rezensionen erfüllen also eine doppelte Funktion: Sie helfen beim Lesen und beim Nicht-Lesen von  Büchern.

Insofern erfüllen Pats Listen noch einen dritten Zweck, sie regen dazu an, zu reflektieren, was man alles nicht gelesen hat. Welche drei (nicht-kanonischen) Bücher stehen bei euch ganz oben auf der to-read-Liste?

Zettelkasten

Bibliotheka Phantastika gratuliert Charles R. Saunders, der heute 65 Jahre alt wird. Saunders (geboren am 12. Juli 1946 in Elizabeth, Pennsylvania) war und ist einer der auch heute noch im phantastischen Genre eher selten anzutreffenden Autoren afroamerikanischer Abstammung und hatte sich schon in seiner Kindheit und Jugend mit den Sagen, Mythen und Legenden der Heimat seiner Vorfahren beschäftigt. Dies wurde deutlich, als er in den 70er Jahren die ersten Geschichten um seinen Helden, den Ilyassai-Krieger Imaro in semiprofessionellen Magazinen wie Gene Days Dark Fantasy veröffentlichte, von denen eine (The City of Madness) es 1975 auch in die erste Ausgabe der von Lin Carter herausgegebenen Anthologiereihe The Year’s Best Fantasy Stories schaffte und somit einer größeren Leserschaft bekannt wurde. Denn während Imaro einerseits nicht leugnen konnte, ein – wenn auch dunkelhäutiger – Conan-Epigone zu sein, so wirkte doch der Hintergrund – ein phantastisches, mythen- und legendendurchwobenes Afrika namens Nyumbani – erfrischend originell. Weitere Geschichten folgten, und 1981 erschien mit Imaro ein erster Episodenroman, in dem Saunders einige seiner zuvor veröffentlichten Geschichten verarbeitete (und in dem Imaro auch bereits seinen zeitweiligen Begleiter und Mentor, den Pygmäen Pomphis, kennenlernt). Im zweiten – ebenfalls auf zuvor erschienenen Geschichten fußenden – Roman (Imaro – The Quest for Cush, 1984) zeichnete sich bereits ab, was im völlig originären dritten Roman (Imaro – Trail of Bohu, 1985) endgültig deutlich wurde: dass hier kein reiner Howard-Epigone am Werk war, sondern ein Autor, der an einem phantastischen, afrikanisch geprägten Fantasy-Epos arbeitete. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte die tolkieneske High Fantasy eines Terry Brooks, David Eddings und Raymond Feist der Sword & Sorcery längst den Rang abgelaufen, und DAW Books stellte die Reihe aufgrund schlechter Verkaufszahlen ein.
Bereits 1979 hatte Saunders für die von Jessica Amanda Salmonson herausgegebene Anthologie Amazons! eine Story mit dem Titel Agbewe’s Sword verfasst und darin die einen Kaffernbüffelbullen reitende Kriegerin Dossouye eingeführt, deren weitere Abenteuer ab 1984 in den ersten drei von Marion Zimmer Bradley herausgegebenen Sword and Sorceress Anthologien geschildert wurden. Als sich die Pläne für einen Sammelband mit den Dossouye-Abenteuern zerschlugen, wandte sich Saunders endgültig von der Fantasy ab und arbeitete jahrelang als Drehbuchautor und Journalist. Erst Anfang dieses Jahrtausends kehrte er zur Fantasy zurück, doch den (überarbeiteten und teilweise erweiterten) Neuausgaben der ersten beiden Imaro-Bände bei Night Shade Books (2006/2007) war wiederum kein Verkaufserfolg beschieden, so dass Saunders den (ebenfalls überarbeiteten) dritten und den bisher unveröffentlichen vierten Imaro-Roman (Imaro – The Naama War, beide 2009) in dem die Auseinandersetzung zwischen Imaro und dem Magier Bohu in ihr entscheidendes Stadium tritt, ebenso wie Dossouye (2008), einen Sammelband mit Dossouye-Geschichten, im Eigenverlag via lulu.com publizierte.
Die ersten Ausgaben von The Year’s Best Fantasy Stories wurden in den 80ern (im Rahmen der Terra-Fantasy-Reihe) ebenso ins Deutsche übersetzt wie die Salmonson-Anthologie bzw. die Zimmer-Bradley-Anthologien, so dass immerhin zwei Imaro-Geschichten und vier von Dossouyes Abenteuern auch den Weg nach Deutschland gefunden haben. Wer allerdings Sword & Sorcery mag, Robert E. Howard, Fritz Leiber und Karl Edward Wagner schon hinter sich hat und auch auf Englisch liest, dem seien die neuen Imaro-Bände und der Dossouye-Sammelband ans Herz gelegt. Er wird auf einen Autor stoßen, der nicht nur mit einem originellen, selten anzutreffenden Setting aufwartet, sondern der auch das Zeug dazu hatte und hat, zu den vorgenannten Großen Drei der Sword & Sorcery aufzuschließen.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Jean-Louis Fetjaine, der heute 55 Jahre alt wird. Fetjaine (eigentlich Jean-Louis Festjens) wurde am 11. Juli 1956 geboren und hat nach einem Studium der Philosophie und mittelalterlichen Geschichte als Journalist und Übersetzer, seit Mitte der 80er Jahre auch als Verleger gearbeitet. 1998 veröffentlichte er mit Le Crépuscule des elfes den ersten Roman der Trilogie des elfes, dem im Jahresabstand die Fortsetzungen La Nuit des elfes und L’Heure des elfes folgten. Die Trilogie – eine ungewöhnliche Umsetzung des Artus-Mythos – wurde in Frankreich ein großer Erfolg, und seither gilt Fetjaine als einer der führenden französischen Fantasy-Autoren. Mit dem Zweiteiler Le Pas de Merlin (2002; für diesen Roman erhielt er 2003 den Prix Imaginales) und Brocéliande (2004) bewegte er sich von der reinen Fantasy weg und hin zum historischen Roman, dem er sich mit der bisher aus zwei Bänden bestehenden, in der Merowingerzeit spielenden Serie Les Reines pourpres zumindest vorübergehend zuwandte. Mittlerweile ist Fetjaine mit Lliane (2008), L’Elfe des terres noires (2009) und Le Sang des elfes (2010) nicht nur wieder zur Fantasy, sondern auch zu seiner Version der Elfen und des Artus-Mythos zurückgekehrt. Besagte Romane bilden ein Prequel zur ursprünglichen Elfentrilogie und somit den Auftakt zu den Chroniques des elfes (wie der Gesamtzyklus inzwischen heißt).
Die erste Elfentrilogie wurde ebenso wie der Merlin-Zweiteiler auch ins Deutsche übersetzt: Vor der Elfendämmerung (2001), Die Nacht der Elfen (2002) und Die Stunde der Elfen (2002) bzw. Der Weg des Magiers (2004) und Merlin im Elfenwald (2006); ob dies auch den neuen Bänden beschieden sein wird – oder den vom Autor zumindest angedachten möglichen Folgebänden – lässt sich momentan noch nicht absehen.

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neue Rezensionen:
The Radleys rezensiert von moyashi
The Emerald Storm rezensiert von Wulfila

neue Portraits:
Joe Abercrombie portraitiert von Fremdling
David Eddings portraitiert von Fremdling, gero, Wulfila (wurde anlässlich seines 80. Geburtstages bereits am 7. Juli veröffentlicht.)

aus der alten BP umgezogene Rezensionen:
Der Prinz und der Feuervogel (Patricia A. McKillip) rezensiert von Katerchen
Die Seele der Nacht (Ulrike Schweikert) rezensiert von Katerchen
Salve Roma! (Akif Pirinçci) rezensiert von Katerchen

Neue Inhalte

Zum 100. Geburtstag von Mervyn Peake
Bibliotheka Phantastika erinnert an Mervyn Peake (9. Juli 1911 – 17. November 1968), dem Autor der unvollendeten Gormenghast-Reihe, der heute 100 Jahre alt geworden wäre. Peake lebte bis zu seinem 11. Lebensjahr in China, wo sein Vater bei einer ärztlichen Mission arbeitete. 1922 kehrte er mit seiner Familie dauerhaft nach England zurück. Die Erfahrungen in Beijing und Tianjin schlugen sich auch in seinen Büchern nieder. Während des Zweiten Weltkrieges begann er Titus Groan, den ersten Band der Gormenghast-Reihe zu schreiben, welcher 1946 veröffentlicht wurde. Im Jahre 1950 folgte der zweite Band Gormenghast. Titus Alone, der dritte Roman, wies starke stilistische und handlungsstrukturelle Unterschiede zu den beiden Vorgängern auf, die wahrscheinlich auf Peakes Erkrankung an Parkinson zurückzuführen sind. Sein physischer und psychischer Gesundheitszustand verschlechterte sich zunehmend während der Arbeiten an Titus Alone und er verstarb schließlich 1968. Der Roman wurde 1959 erstveröffentlicht, allerdings hatte der Herausgeber so stark in das Werk eingegriffen, dass 1970 eine revidierte Version erschien, auf der auch die späteren Ausgaben beruhen. Peakes Tod verhinderte die Vollendung des auf mindestens fünf Bände ausgelegten Zyklus, Titus Awakes und Gormenghast Revisited sollten folgen. Seine Witwe, Maeve Gilmore, schrieb in den 1970ern ihre Version von Titus Awakes, Search without End, die 2009 von Peakes Nachkommen entdeckt und 2011 veröffentlicht wurde.
Die Gormenghast-Serie dreht sich um Titus Groan, den Thronfolger der im namensgebenden Gormenghast herrschenden Groan-Familie, der in der traditionsüberladenen Residenz und später außerhalb derselben seinen eigenen Weg findet. Die Bezeichnung als Gormenghast-Reihe ist also etwas irreführend, da nicht die Stadt, sondern Titus Groan im Mittelpunkt der Erzählung steht. Daneben tritt aber noch eine Unzahl weiterer Charaktere auf, deren wichtigster wohl die Figur des Steerpike, ein intriganter Emporkömmling, ist. Die Reihe zeichnet sich besonders durch ihren weitschweifigen Stil und ihren abstrusen Humor sowie das surreal-phantastische Setting des Schlosses Gormenghast aus.
Die ersten drei Bände der Reihe wurden in den frühen 1980er Jahren von Klett-Cotta auf Deutsch herausgebracht: Der junge Titus (Titus Groan), Im Schloss (Gormenghast) und Der letzte Lord Groan (Titus Alone). Anlässlich Peakes 100. Geburtstag wird der Zyklus in einer neuen Ausgabe und ergänzt um die Übersetzung des vierten Bandes Titus erwacht (Titus Awakes) veröffentlicht. Für eine genauere Betrachtung des Zyklus mit Leseproben der deutschen und englischen Ausgaben sowie weiterführenden Links möchten wir euch noch diesen Blogeintrag unseres geschätzten Kollegen Molo(sovsky) empfehlen.

Zum 70. Geburtstag von Nancy Farmer
Bibliotheka Phantastika gratuliert Nancy Farmer, die heute 70 wird.
Farmer, geboren am 9. Juli 1941 in Phoenix, Arizona, war mit dem Friedenskorps in Indien und verbrachte einige Jahre in Simbabwe, und diese Erfahrungen schlugen sich in ihren Jugendbüchern nieder. Ihre ersten Erfolge hatte sie mit The Ear, the Eye and the Arm (1994) und A Girl Named Disaster (1996, dt. Nhamo oder Der Geist des Leoparden), die beide in Afrika spielen und SF-Elemente und spirituelle Themen verarbeiten. Beide wurden mit der Newbery Honor ausgezeichnet, die Nancy Farmer insgesamt dreimal erhalten hat.
Tiefer in die SF steigt The House of the Scorpion (2002, dt. Das Skorpionenhaus) ein, das auch den Buxtehuder Bullen gewann.
Der klassischen Fantasy näherte Nancy Farmer sich mit der Trilogie Sea of Trolls (The Sea of Trolls, 2004, The Land of Silver Appels, 2007, The Islands of the Blessed, 2009 – dt. Drachenmeer, Elfenfluch, Nebelrache), in der der junge Angelsachse Jack und das Wikingermädchen Thorgil Abenteuer erleben, die sie mitten hinein in die nordische und keltische Mythenwelt führen, aber gleichzeitig Glaubens- und Kulturkonflikte aufwühlen, die historisch authentisch und psychologisch nachvollziehbar sind.
Nancy Farmer, die mit ihren Jugendbüchern sowohl gesellschaftskritische SF-Töne als auch das Anknüpfen an märchenhafte Klassiker des Genres beherrscht, wurde bisher in 26 Sprachen übersetzt.

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Inspiriert von Moyashis zusammengestelltem Book-Art-Sammelsurium möchte ich in dieser Reihe einige Ideen für praktisch veranlagte Bücherfreunde präsentieren. Dies ist jedoch nichts für Zartbesaitete – bei den dargestellten Gestaltungsformen kommen eindeutig Bücher zu Schaden.
Beginnen möchte ich mit einem Nachbau eines beliebten Reliktes, welches sich in der Kajüte eines jeden anständigen Himmelspiraten finden lässt:

Wie man ein Luftschiffkapitänslogbuch bastelt

Buchlinge, ich habe einen Plan! Wir benötigen:

• ein Buch (wenn möglich mit schönem Einband & Illustrationen)
• einen Vorstecher & eine Schere
• Fotoetiketten & Powerstrips
• Perlonfaden/Angelschnur/…
• Cuttermesser/Skalpell
• ein halbes Streichholz
• Kontaktkleber
• ca. 3 Stunden Zeit

Schritt (1): Mit einem Skalpell trenne ich den Einband vorsichtig vom Buchblock. Vorsicht, dass der Einband selbst keinen Schaden nimmt! In die Mitte des Buchrückens steche ich sodann mit dem Vorstecher ein kleines Loch, durch das ich meine Aufhängung fädle. Ich habe dazu 5 Stränge feinen Perlonfadens benutzt und diese zu einem Zopf geflochten. Natürlich kann man den Faden nach Belieben wählen, er sollte nur etwas belastbar sein. Am Ende der Schnur befestige ich das halbe Streichholz, um das Durchrutschen der Schnur zu verhindern und fixiere das Knotengewühl mit etwas Kontaktleim. Das Dach, welches verhindert, dass das Buch einfach davonfliegt, ist fertig!

Schritt (2): Nun beginnt die Arbeit, die etwas Geduld erfordert. Mit dem Skalpell trenne ich vorsichtig Seite um Seite aus dem Buchblock und wähle dazu abwechselnd einfache Textseiten und Illustrationen aus; auch das Titelblatt trenne ich ab. Anschließend forme ich aus jeder Seite einen Modul. Dazu befestige ich 3 Fotoetiketten an einer langen Seite des Papiers und schlage die andere lange Kante zurück, sodass im Querschnitt eine Tropfenform entsteht. Achtung, die Wölbung des Papieres bitte nicht falzen, knicken, o.ä.! Insgesamt habe ich für obiges Logbuch 45 Einzelmodule gebastelt.
Sind alle Einzelmodule fertig, kann das Erstellen der Metamodule beginnen. Jetzt ist Phantasie gefragt! Die Einzelmodule können nach Belieben mit Fotoetiketten aneinander befestigt werden, die Formenvielfalt ist endlos. Ich beginne mit dem untersten Punkt des Gesamtmodules und arbeite mich nach oben. Ab einer bestimmten Anzahl ist es empfehlenswert, das ganze Modell auf die Tropfenkanten aufzustellen. Dies erleichtert das Zusammenfügen – was viel Fingerspitzengefühl und keine hastigen Bewegungen erfordert – der Module enorm. Doch Achtung, nicht nur die oberen Seiten des Modelles müssen mit Fingerdruck aneinander fixiert werden! Deshalb muss das Modell nach jedem Klebeschritt gewendet und auch auf der anderen Seite mit den Fingerspitzen fixiert werden.
Es ist auch möglich, kleine Einzelfiguren zu fertigen und diese dann zu einem großen Modul zusammenzusetzen. Egal, wie ich bei dem Zusammenfügen der Tropfen vorgehe: ich behalte immer eine grobe Zielform im Auge, die nicht zu sehr eine Seite belastet, sondern relativ ausgewogen ist.

Schritt (3): Die Module habe ich nun in behutsamer Kleinarbeit zu einem Großen zusammengefügt. Bevor das Werk komplettiert wird, decke ich mit zwei Tropfenmodulen die Streichholzkonstuktion am inneren Buchrücken ab. Danach kann das große Modul mit viel Geduld und dem gezielten Einsatz von Fotoetiketten und Kontaktleim am Buchdeckel befestigt werden. Dabei sollte man berücksichtigen, dass einzelne Tropfen nun ein beträchtliches Gewicht tragen – dort lieber großzügiger mit kleinen Powerstrips-Streifen fixieren!
Nachdem dies getan ist, nehme ich vorsichtig einen Probeflug vor und hebe das Kunstwerk vom Tisch. Wenn es hängt, sieht man noch die eine oder andere dünne Stelle, die man im Nachhinein mit weiteren Tropfen austopfen kann. Vorsicht: da ich doppelseitige Etiketten verwende, muss ich bei nachträglichen Einfügen von Modulen besonders aufpassen, dass ein Tropfen nicht auf halben Weg zum Zielort schon irgendwo festklebt. Fingerspitzengefühl und eine ruhige Hand sind gefragt.
Abschließend bringe ich noch am inneren Buchdeckel selbst ein paar Module an, um dem ganzen seine endgültige Form zu verleihen. Nach einer weiteren Hängeprobe bessere ich noch einige Klebeschwachstellen aus.
Zuguterletzt bohre ich noch ein winziges Lock ind der Mitte einer Buchdeckelaußenkante, fädle einen Perlonfaden durch und befestige ihn außen an der Aufhängeschnur, sodass der Buchdeckel etwas angehoben wird (nicht in die Waagerechte!), damit die Module nicht zerdrückt werden. Unter Umständen ist dies jedoch nicht nötig; das hängt stark von der Papierdicke ab.

Schritt (4): Bewundert euer Kunstwerk und hängt es so in der Wohnung auf, dass der Luftschiffkapitän bei Bedarf etwas eintragen kann. Allerdings sollte es nicht direkt in der Fensterzugluft und außerdem außerhalb der Reichweite von beißwütigen Haustieren hängen.
Ich bin gespannt auf nachgebastelte Modelle und beantworte gern jede Frage zur Bastelei!
Wütende Luftpiraten sowie der “Verein zur Erhaltung alter Schundromane, unabhängig von ihrem Zustand”, wenden sich bitte mit ihren Anliegen an meine Katzen.

Und damit wünsche ich euch viel Spaß und verabschiede mich mit dem alten Bastlergruß: “Gut Falz!”

Scriptorium