Bibliotheka Phantastika gratuliert Charles R. Saunders, der heute 65 Jahre alt wird. Saunders (geboren am 12. Juli 1946 in Elizabeth, Pennsylvania) war und ist einer der auch heute noch im phantastischen Genre eher selten anzutreffenden Autoren afroamerikanischer Abstammung und hatte sich schon in seiner Kindheit und Jugend mit den Sagen, Mythen und Legenden der Heimat seiner Vorfahren beschäftigt. Dies wurde deutlich, als er in den 70er Jahren die ersten Geschichten um seinen Helden, den Ilyassai-Krieger Imaro in semiprofessionellen Magazinen wie Gene Days Dark Fantasy veröffentlichte, von denen eine (The City of Madness) es 1975 auch in die erste Ausgabe der von Lin Carter herausgegebenen Anthologiereihe The Year’s Best Fantasy Stories schaffte und somit einer größeren Leserschaft bekannt wurde. Denn während Imaro einerseits nicht leugnen konnte, ein – wenn auch dunkelhäutiger – Conan-Epigone zu sein, so wirkte doch der Hintergrund – ein phantastisches, mythen- und legendendurchwobenes Afrika namens Nyumbani – erfrischend originell. Weitere Geschichten folgten, und 1981 erschien mit Imaro ein erster Episodenroman, in dem Saunders einige seiner zuvor veröffentlichten Geschichten verarbeitete (und in dem Imaro auch bereits seinen zeitweiligen Begleiter und Mentor, den Pygmäen Pomphis, kennenlernt). Im zweiten – ebenfalls auf zuvor erschienenen Geschichten fußenden – Roman (Imaro – The Quest for Cush, 1984) zeichnete sich bereits ab, was im völlig originären dritten Roman (Imaro – Trail of Bohu, 1985) endgültig deutlich wurde: dass hier kein reiner Howard-Epigone am Werk war, sondern ein Autor, der an einem phantastischen, afrikanisch geprägten Fantasy-Epos arbeitete. Doch zu diesem Zeitpunkt hatte die tolkieneske High Fantasy eines Terry Brooks, David Eddings und Raymond Feist der Sword & Sorcery längst den Rang abgelaufen, und DAW Books stellte die Reihe aufgrund schlechter Verkaufszahlen ein.
Bereits 1979 hatte Saunders für die von Jessica Amanda Salmonson herausgegebene Anthologie Amazons! eine Story mit dem Titel Agbewe’s Sword verfasst und darin die einen Kaffernbüffelbullen reitende Kriegerin Dossouye eingeführt, deren weitere Abenteuer ab 1984 in den ersten drei von Marion Zimmer Bradley herausgegebenen Sword and Sorceress Anthologien geschildert wurden. Als sich die Pläne für einen Sammelband mit den Dossouye-Abenteuern zerschlugen, wandte sich Saunders endgültig von der Fantasy ab und arbeitete jahrelang als Drehbuchautor und Journalist. Erst Anfang dieses Jahrtausends kehrte er zur Fantasy zurück, doch den (überarbeiteten und teilweise erweiterten) Neuausgaben der ersten beiden Imaro-Bände bei Night Shade Books (2006/2007) war wiederum kein Verkaufserfolg beschieden, so dass Saunders den (ebenfalls überarbeiteten) dritten und den bisher unveröffentlichen vierten Imaro-Roman (Imaro – The Naama War, beide 2009) in dem die Auseinandersetzung zwischen Imaro und dem Magier Bohu in ihr entscheidendes Stadium tritt, ebenso wie Dossouye (2008), einen Sammelband mit Dossouye-Geschichten, im Eigenverlag via lulu.com publizierte.
Die ersten Ausgaben von The Year’s Best Fantasy Stories wurden in den 80ern (im Rahmen der Terra-Fantasy-Reihe) ebenso ins Deutsche übersetzt wie die Salmonson-Anthologie bzw. die Zimmer-Bradley-Anthologien, so dass immerhin zwei Imaro-Geschichten und vier von Dossouyes Abenteuern auch den Weg nach Deutschland gefunden haben. Wer allerdings Sword & Sorcery mag, Robert E. Howard, Fritz Leiber und Karl Edward Wagner schon hinter sich hat und auch auf Englisch liest, dem seien die neuen Imaro-Bände und der Dossouye-Sammelband ans Herz gelegt. Er wird auf einen Autor stoßen, der nicht nur mit einem originellen, selten anzutreffenden Setting aufwartet, sondern der auch das Zeug dazu hatte und hat, zu den vorgenannten Großen Drei der Sword & Sorcery aufzuschließen.
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Hm… Vielleicht wäre das ja was für mich. Howard ist ein ganz Großer, den ich sehr schätze! Die anderen beiden kenn ich (noch) nicht, aber S&S ist schon mal gut.
Und Night-Shade ist ein wunderbarer Verlag, der mir bisher nur gute Bücher beschert hat…
Danke, lieber Gerd! 😀
Ich könnte mir schon vorstellen, dass dir Saunders’ “Imaro” gefällt, Elric, wenn du REH gerne liest. Beim bekannten Online-Versender kannst du ja ein paar Seiten weit reinlesen. (Wobei es natürlich eine gewaltige Bildungslücke ist, Leiber & Wagner nicht zu kennen, wenn man Sword & Sorcery mag. ;))
Was S&S generell angeht, habe ich ohnehin vor, dieses Subgenre mal ein bisschen genauer zu beleuchten. Das geht allerdings frühestens, wenn der aktuelle Erikson aus dem Haus ist (was bedeutet, dass es noch ein paar Wochen dauern wird).
Und natürlich freue ich mich immer, wenn der eine oder andere dieser “Erinnerungstexte” jemanden dazu animiert, sich mit Autoren oder Autorinnen zu beschäftigen, die man noch nicht kennt. Für spezielle Fragen haben wir ja dann immer noch das Forum. 😉
Steht schon auf meiner Liste, lieber Gerd!
Was den Leiber angeht, hab ich von nem Forentreffen mal die ersten 4 Comics mitgenommen, aber noch nicht reingeschaut. Kommt noch – ganz sicher!
Aber ich freu mich schon auf deine Beleuchtung des S&S! 😀
Dass ich mich leicht ködern lasse, solltest du ja mittlerweile wissen, oder!? 😉
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