Colos Bastelkemenate (1): Das Logbuch des Luftschiffkapitäns

Inspiriert von Moyashis zusammengestelltem Book-Art-Sammelsurium möchte ich in dieser Reihe einige Ideen für praktisch veranlagte Bücherfreunde präsentieren. Dies ist jedoch nichts für Zartbesaitete – bei den dargestellten Gestaltungsformen kommen eindeutig Bücher zu Schaden.
Beginnen möchte ich mit einem Nachbau eines beliebten Reliktes, welches sich in der Kajüte eines jeden anständigen Himmelspiraten finden lässt:

Wie man ein Luftschiffkapitänslogbuch bastelt

Buchlinge, ich habe einen Plan! Wir benötigen:

• ein Buch (wenn möglich mit schönem Einband & Illustrationen)
• einen Vorstecher & eine Schere
• Fotoetiketten & Powerstrips
• Perlonfaden/Angelschnur/…
• Cuttermesser/Skalpell
• ein halbes Streichholz
• Kontaktkleber
• ca. 3 Stunden Zeit

Schritt (1): Mit einem Skalpell trenne ich den Einband vorsichtig vom Buchblock. Vorsicht, dass der Einband selbst keinen Schaden nimmt! In die Mitte des Buchrückens steche ich sodann mit dem Vorstecher ein kleines Loch, durch das ich meine Aufhängung fädle. Ich habe dazu 5 Stränge feinen Perlonfadens benutzt und diese zu einem Zopf geflochten. Natürlich kann man den Faden nach Belieben wählen, er sollte nur etwas belastbar sein. Am Ende der Schnur befestige ich das halbe Streichholz, um das Durchrutschen der Schnur zu verhindern und fixiere das Knotengewühl mit etwas Kontaktleim. Das Dach, welches verhindert, dass das Buch einfach davonfliegt, ist fertig!

Schritt (2): Nun beginnt die Arbeit, die etwas Geduld erfordert. Mit dem Skalpell trenne ich vorsichtig Seite um Seite aus dem Buchblock und wähle dazu abwechselnd einfache Textseiten und Illustrationen aus; auch das Titelblatt trenne ich ab. Anschließend forme ich aus jeder Seite einen Modul. Dazu befestige ich 3 Fotoetiketten an einer langen Seite des Papiers und schlage die andere lange Kante zurück, sodass im Querschnitt eine Tropfenform entsteht. Achtung, die Wölbung des Papieres bitte nicht falzen, knicken, o.ä.! Insgesamt habe ich für obiges Logbuch 45 Einzelmodule gebastelt.
Sind alle Einzelmodule fertig, kann das Erstellen der Metamodule beginnen. Jetzt ist Phantasie gefragt! Die Einzelmodule können nach Belieben mit Fotoetiketten aneinander befestigt werden, die Formenvielfalt ist endlos. Ich beginne mit dem untersten Punkt des Gesamtmodules und arbeite mich nach oben. Ab einer bestimmten Anzahl ist es empfehlenswert, das ganze Modell auf die Tropfenkanten aufzustellen. Dies erleichtert das Zusammenfügen – was viel Fingerspitzengefühl und keine hastigen Bewegungen erfordert – der Module enorm. Doch Achtung, nicht nur die oberen Seiten des Modelles müssen mit Fingerdruck aneinander fixiert werden! Deshalb muss das Modell nach jedem Klebeschritt gewendet und auch auf der anderen Seite mit den Fingerspitzen fixiert werden.
Es ist auch möglich, kleine Einzelfiguren zu fertigen und diese dann zu einem großen Modul zusammenzusetzen. Egal, wie ich bei dem Zusammenfügen der Tropfen vorgehe: ich behalte immer eine grobe Zielform im Auge, die nicht zu sehr eine Seite belastet, sondern relativ ausgewogen ist.

Schritt (3): Die Module habe ich nun in behutsamer Kleinarbeit zu einem Großen zusammengefügt. Bevor das Werk komplettiert wird, decke ich mit zwei Tropfenmodulen die Streichholzkonstuktion am inneren Buchrücken ab. Danach kann das große Modul mit viel Geduld und dem gezielten Einsatz von Fotoetiketten und Kontaktleim am Buchdeckel befestigt werden. Dabei sollte man berücksichtigen, dass einzelne Tropfen nun ein beträchtliches Gewicht tragen – dort lieber großzügiger mit kleinen Powerstrips-Streifen fixieren!
Nachdem dies getan ist, nehme ich vorsichtig einen Probeflug vor und hebe das Kunstwerk vom Tisch. Wenn es hängt, sieht man noch die eine oder andere dünne Stelle, die man im Nachhinein mit weiteren Tropfen austopfen kann. Vorsicht: da ich doppelseitige Etiketten verwende, muss ich bei nachträglichen Einfügen von Modulen besonders aufpassen, dass ein Tropfen nicht auf halben Weg zum Zielort schon irgendwo festklebt. Fingerspitzengefühl und eine ruhige Hand sind gefragt.
Abschließend bringe ich noch am inneren Buchdeckel selbst ein paar Module an, um dem ganzen seine endgültige Form zu verleihen. Nach einer weiteren Hängeprobe bessere ich noch einige Klebeschwachstellen aus.
Zuguterletzt bohre ich noch ein winziges Lock ind der Mitte einer Buchdeckelaußenkante, fädle einen Perlonfaden durch und befestige ihn außen an der Aufhängeschnur, sodass der Buchdeckel etwas angehoben wird (nicht in die Waagerechte!), damit die Module nicht zerdrückt werden. Unter Umständen ist dies jedoch nicht nötig; das hängt stark von der Papierdicke ab.

Schritt (4): Bewundert euer Kunstwerk und hängt es so in der Wohnung auf, dass der Luftschiffkapitän bei Bedarf etwas eintragen kann. Allerdings sollte es nicht direkt in der Fensterzugluft und außerdem außerhalb der Reichweite von beißwütigen Haustieren hängen.
Ich bin gespannt auf nachgebastelte Modelle und beantworte gern jede Frage zur Bastelei!
Wütende Luftpiraten sowie der “Verein zur Erhaltung alter Schundromane, unabhängig von ihrem Zustand”, wenden sich bitte mit ihren Anliegen an meine Katzen.

Und damit wünsche ich euch viel Spaß und verabschiede mich mit dem alten Bastlergruß: “Gut Falz!”

Ein Kommentar zu Colos Bastelkemenate (1): Das Logbuch des Luftschiffkapitäns

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