Neu rezensiert: Poison

Poison von Sarah PinboroughErst vor kurzem hat der König seine neue blutjunge Königin geheiratet, da ruft ihn der Krieg auch schon wieder auf das Schlachtfeld. Während er im Kampf für sein Königreich steckt, zeigt sich, dass seine Angetraute einen unerklärlichen Hass auf die kaum jüngere Tochter Snow hat. Je mehr Zeit vergeht, desto düsterer werden die Gedanken der Königin …

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Zum 70. Geburtstag von William Horwood

Duncton Wood von William HorwoodBibliotheka Phantastika gratuliert William Horwood, der heute seinen 70. Geburtstag feiert. Die Karriere des am 12. Mai 1944 in Oxford, England, geborenen Horwood fokussiert sich auf ein Randgebiet der Fantasy, die Tierfabel, in der sein Erstling Duncton Wood (1980, dt. Der Stein von Duncton (1984)) heute als Klassiker betrachtet werden kann. Im Fahrwasser des einige Jahre zuvor erschienenen Watership Down baut William Horwood in der später mit Duncton Quest (1988), Duncton Found (1989), Duncton Tales (1991), Duncton Rising (1992) und Duncton Stone (1993) fortgesetzten Reihe eine einerseits authentische und andererseits mythologisch aufgeladene Maulwurfswelt auf, durch die sich seine kurzsichtigen Protagonisten schlagen müssen. Die ohnehin schon dynastische Züge tragende Questengeschichte um die Maulwürfe Bracken und Rebecca und den sakral anmutenden titelgebenden Stein wird in den weiteren Bänden von Maulfwurfshelden der jeweils nächsten Generation weitergeführt; eine Übersetzung ins Deutsche liegt davon jedoch nicht mehr vor.
Mit den Wolves of Time blieb Horwood der Tierfantasy treu und erzählte die Geschichte eines besonderen Wolfsrudels, das sich im Osten eines zerstörten, postapokalyptischen Europa aus allen Regionen des Kontinents zusammenfindet, um die Wölfe in dieser chaotischen Welt zu alter Stärke zurückzuführen. Eine etwas unglückliche Veröffentlichungsgeschichte – und wohl auch mangelnder Erfolg – sorgten dafür, dass die Reihe nicht wie geplant in drei Bänden erzählt werden konnte, sondern der Mittelband zwischen Journeys to the Heartland (1995, dt. Die Reise ins Herzland (1996)) und Seekers at the Wulfrock (1997, dt. Der Kampf um das Herzland (1999)) ausfallen musste, wodurch einige Erzählstränge etwas ins Leere liefen. Beeindruckend an der Reihe bleibt dabei vor allem der relativ teilnahmslose Blick auf den Untergang der Menschheit durch die Augen der Wölfe.
In jüngster Zeit hat Horwood, der auch in seinen Fortsetzungen von Kenneth Grahames The Wind in the Willows Tieren die Hauptrolle überließ, seinem Leib- und Magengenre vordergründig den Rücken gekehrt, denn mit Hyddenworld (Spring (2010), Awakening (2011), Harvest (2012) und Winter (2014), dt. bisher Der Frühling (2012), Das Erwachen (2013), Die Ernte (2014)) veröffentlichte er eine Questenfantasy mit uraltem Übel, Prophezeiung und einem vom Schicksal erwählten Außenseiter. Doch so weit ist Hyddenworld von seinen schriftstellerischen Anfängen in der Maulwurfswelt vielleicht gar nicht weg, denn die bedrängten Hydden sind sehr klein und leben verborgen vor den Menschen unter der Erde …

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Zum 50. Geburtstag von Pauline J. Alama und zum 85. Geburtstag von Carl Sherrell

Bibliotheka Phantastika gratuliert Pauline J. Alama, die heute ihren 50. Geburtstag feiert. Hierzulande wird die am 10. Mai 1964 in Belleville, New Jersey, USA, geborene Autorin wohl kaum jemand kennen, denn sie hat nur einen Roman veröffentlicht, der zudem nicht übersetzt wurde.
The Eye of the Night von Pauline J. AlamaThe Eye of the Night (2002) hat eine Menge mit der Chalion-Reihe von Lois McMaster-Bujold gemein, vor allem dahingehend, dass es eine Gruppe von sehr liebenswert dargestellten Menschen zeigt, die in direkte und nicht immer einfache Interaktion mit dem Göttlichen treten, als Prophet, Heiliger oder Priester. Anders als bei Chalion scheinen die vier eigensinnigen Götter in The Eye of the Night jedoch nicht recht daran interessiert zu sein, dass der Weltuntergang droht. Die Reise der drei Hauptfiguren in den Norden, wo die Verheerung schon so weit vorangeschritten ist, dass postapokalyptische Zustände herrschen (und zwar so, wie man sich die Sache ungefähr im Mittelalter vorgestellt hat), ist das eigentlich Spannende an dem Roman, weil er dadurch die beiden Subgenres der charakterzentrierten Questenfantasy und der Endzeitgeschichte verbindet.
Alama hat zu dem Roman inzwischen ein Prequel verfasst, das sie aber bisher nicht veröffentlichen konnte. In Form von Kurzgeschichten ist sie jedoch immer noch im Genre aktiv.

Außerdem möchten wir bei dieser Gelegenheit auch an Carl Sherrell erinnern, der heute 85 Jahre alt geworden wäre. Über den am 10. Mai 1929 in Bonner Springs, Kansas, geborenen, hauptberuflich wohl als Gebrauchsgrafiker tätigen Carl Sherrell ist kaum etwas bekannt – außer, dass er zwischen 1977 und 1989 fünf phantastische Romane veröffentlicht hat.
Den Anfang machte Raum (1977), ein in vielerlei Hinsicht typischer Sword-&-Sorcery-Roman mit einem allerdings etwas ungewöhnlichen Helden, denn bei der titelgebenden Hauptfigur handelt es sich um einen aus der Unterwelt beschworenen Dämon. Dieser zieht zunächst im Auftrag des Magiers, der ihn beschworen hat, wenig später – nachdem er sich von dem Bann befreit hat – aber auch auf eigene Faust eine reichlich blutige Spur durch ein Parallelwelt-Britannien, in dem Artus mit seinen Rittern in Camelot residiert, während es gleichzeitig von Wikinger-Einfällen heimgesucht wird. Raum erweist sich dabei als schier unbezwingbarer Kämpfer, den weder Artus’ Ritter auf dem Schlachtfeld noch Morgan Le Fay mit ihrer Magie besiegen können – bis etwas geschieht, das in dem Dämon menschliche Gefühle erwachen lässt und ihn in mehrfacher Hinsicht verändert … Diese Veränderung wird allerdings nicht weiter ausgelotet, sondern recht oberflächlich abgehandelt – da es Sherrell vermutlich in erster Linie darum gegangen ist, einen actionreichen Sword-&-Sorcery-Roman zu schreiben – und dient in erster Linie der Legitimierung des Cliffhangers, mit dem der Roman endet.
Raum von Carl SherrellAuf die entsprechende Fortsetzung mussten die Leser von Raum jedoch einige Jahre warten, denn mit Arcane (1978) veröffentlichte Carl Sherrell als Nächstes einen mehr der High Fantasy zuneigenden, deutlich umfangreicheren Roman, der in einer Welt spielt, die von den Regeln des Tarot beherrscht wird. Danach folgte mit The Space Prodigal (1981) ein SF-Roman, und so vergingen insgesamt zehn Jahre, ehe Sherrell in Raums Welt zurückkehrte.
In Skraelings (1987) verfolgt Raum einen Wikingerfürsten, der seine große Liebe geraubt hat, von Island über Grönland bis nach Nordamerika und gerät dort in die Auseinandersetzung zwischen Wikingern und den (von besagten Wikingern Skraelings genannten) dort lebenden Indianern, doch von dem gewissen Reiz, den die ungewöhnliche Hauptfigur im ersten Band zumindest teilweise noch ausgeübt hat, ist hier nicht mehr viel zu spüren.
Mit der Veröffentlichung des Horrorromans The Curse (1989) war Carl Sherrells Karriere als Autor phantastischer Romane dann bereits zu Ende, denn am 07. Februar 1990 ist er im Alter von 60 Jahren gestorben. Sein Raum hat es als Ritter der Unterwelt (1979) immerhin nach Deutschland geschafft (sogar einschließlich der stimmungsvollen Schwarzweiß-Illustrationen von Stephen Fabian) und kann als eines der – wenn auch leider suboptimal umgesetzten – Beispiele dafür gelten, was in der Sword & Sorcery möglich wäre, wenn sie die übergroßen Fußstapfen eines Robert E. Howard zumindest ein bisschen verlässt.

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Neu rezensiert: Seaserpents!

Seaserpents! von Jack Dann und Gardner DozoisSeaserpents! gehört zu einer von Jack Dann und Gardner Dozois herausgegebenen Reihe von Anthologien, die jeweils ein bestimmtes phantastisches Thema oder Motiv behandeln. Sie enthält zehn Geschichten über Seeungeheuer. Alle Geschichten sind vorab schon an anderer Stelle erschienen und werden von einem kurzen Text über den Autor bzw. die Autorin eingeleitet. Eine Liste mit weiterführender Literatur zum Thema schließt die Anthologie ab.

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Zum 35. Geburtstag von Catherynne M. Valente

Bibliotheka Phantastika gratuliert Catherynne M. Valente, die heute Ihren 35. Geburtstag feiert. Die am 5. Mai 1979 in Seattle geborene Autorin verbrachte mit ihrem Mann einige Zeit in Japan, wo sie ihre ersten beiden Romane Yume no Hon: The Book of Dreams und The Grass-cutting Sword verfasste. Valente, für die Genregrenzen eher zur Nebensache gehören, ist zudem eine preisgekrönte Lyrikerin, was sich auch im Schreibstil ihrer Romane widerspiegelt.

Anlasslich dieses Tages haben wir das in der Bibliothek lagernde Portrait der Autorin noch einmal für euch aufpoliert und auf den aktuellen Stand gebracht:

Zum Portrait von Catherynne M. Valente bitte hier entlang.

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Zum 65. Geburtstag von Tom De Haven und zum 60. Geburtstag von Joel Rosenberg

Bibliotheka Phantastika gratuliert Tom De Haven, der heute 65 Jahre alt wird. Die literarische Karriere des am 01. Mai 1949 in Bayonne, New Jersey, geborenen Tom De Haven begann mit Freaks’ Amour (1979), einem Roman, den der Autor selbst als near-future fantasy bezeichnet. Knapp einen Monat vor dem Reaktorunfall von Three Mile Island erschienen, erzählt er die Geschichte einer The End-of-Everything Man von Tom De HavenHandvoll Menschen, die durch die bei einer Atomkatastrophe in New Jersey freigesetzte radioaktive Strahlung verändert wurden und nun – ausgegrenzt und ghettoisiert – gezwungen sind, bizarre “Freakshows” zur Belustigung der normalen Menschen aufzuführen, um zu überleben. 1980 folgte ein Krimi und 1985 der erste von drei Romanen, die später als Funny Papers Trilogy bekannt wurden und anhand der fiktiven Comicfigur Derby Dugan und ihres ebenso fiktiven Schöpfers die Entwicklung und Bedeutung der amerikanischen Comics und ihrer Macher vom Ende des 19. Jahrhunderts bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts (die Hochphase der Underground Comics) mit leicht phantastischen Untertönen nachzeichnen.
Nach zwei SF-Jugendbüchern und dem Script zu Neuromancer: The Graphic Novel (1989), der Comicadaption von William Gibsons weltbekanntem, stilbildendem Cyberpunk-Roman, wandte er sich schließlich dem Werk zu, dem er seine Erwähnung in diesem Blog verdankt: den dreibändigen Chronicles of the King’s Tramp. In Walker of Worlds (1990) lernen wir Jack kennen, einen Weltenwanderer, der auf der Flucht vor einem übermächtigen Feind im New York des ausgehenden 20. Jahrhunderts auftaucht und dadurch das Leben einiger sehr unterschiedlicher Menschen beeinflusst. Er braucht diese Menschen, denn er muss Gefährten um sich scharen und in seine eigene Welt Lostwithal zurückkehren, um sich dort dem Mage of Four, Mage of Luck entgegenzustellen, dessen Pläne nicht nur Lostwithal, sondern alle Welten (oder auch das ganze Universum) zu vernichten drohen. Während im ersten Band hauptsächlich unsere Erde Schauplatz der Handlung ist (auf der allerdings immer mal wieder sehr merkwürdige Dinge geschehen), spielt The-End-of-Everything-Man (1991) in Jacks Heimatwelt, die für die ihn begleitenden Menschen einige nicht nur angenehme Überraschungen bereithält. Und die Tatsache, dass Jacks Erzfeind ein Monster zu erschaffen beabsichtigt, das “the End of Everything” herbeiführen soll, macht ihre Situation nicht einfacher. In The Last Human (1992) landen Jack und seine Gefährten schließlich im “Undermoment”, einem Labyrinth, das sich jenseits der Zeit befindet und gleichzeitig das Fundament der verschiedenen Welten (im Original “Moments”) darstellt. Und auch hier gibt es ein Wesen, das alles zu vernichten droht: die Queen of Noise, deren Schreie Tod und Verderben bringen …
Es ist nicht leicht, diese Trilogie – die als Der Tramp des Königs mit den Einzeltiteln Der Weltenbote, Der Endzeit-Magier (beide 1993) und Das Königsschwert (1994) auch auf Deutsch erschienen ist – zu beschreiben, ohne allzu viel zu verraten, und es ist erst recht nicht leicht, sie ins Genre einzuordnen, denn De Haven mischt altbekannte, aber häufig leicht verfremdete Fantasymotive mit Elementen aus anderen Genres; dabei verwendet er einen durchaus literarischen Stil, schreckt aber keineswegs vor drastischen (bzw. drastisch beschriebenen) Szenen zurück. Wie auch immer man das Ergebnis einordnen mag – wer auf ausgefeiltes Worldbuilding steht, wird weniger auf seine Kosten kommen als Leser und Leserinnen, die sich dafür interessieren, wie ganz normale Menschen mit für sie fremden, ungewohnten Situationen klarkommen – die Chronicles of the King’s Tramp mit ihrer Queste der ganz anderen Art sind ein interessantes Beispiel dafür, was in der Fantasy möglich ist, wenn man sich von den gängigen Formeln und Motiven löst.
Nach seinem Ausflug in die (nicht ganz so klassische) Fantasy hat Tom De Haven u.a. noch einen weiteren phantastischen Roman für Jugendliche geschrieben und sich vor allem wieder seiner alten Liebe, den Comics zugewandt. Das Ergebnis sind u.a. die Bände zwei und drei seiner Funny Papers Trilogy, der Roman It’s Superman (2005), in dem die Jugend von Clark Kent im ländlichen Amerika und seine Entwicklung zum “Man of Steele” geschildert wird, und das Sachbuch Our Hero: Superman on Earth (2011), in dem De Haven zeigt, dass Supermans Geschichte eigentlich eine typisch amerikanische ist.

Außerdem möchten wir diesen Tag nutzen, um an Joel Rosenberg zu erinnern, der heute 60 Jahre alt geworden wäre. Im Gegensatz zu seinem bereits erwähnten Kollegen Tom De Haven (mit dem er außer dem gleichen Geburtstag wenig gemein haben dürfte) ist der am 01. Mai 1954 in Winnipeg in der kanadischen Provinz Manitoba geborene, aber seit seiner Kindheit in den USA lebende Joel Rosenberg ein fast schon typischer Fantasyautor, dessen Romane und Geschichten von wenigen Ausnahmen abgesehen fast immer mitten im Genre angesiedelt waren. Dies wurde bereits bei seinem Erstling The Sleeping Dragon (1983) deutlich, der den Auftakt zu Rosenbergs umfangreichstem und wohl auch bekanntestem und erfolgreichstem Zyklus Guardians of the Flame bildet.
In The Sleeping Dragon wird eine aus College-Studenten und -Studentinnen bestehende Rollenspielrunde auf magische Weise in ihre Spielwelt transportiert und muss daraufhin lernen, sich in der für sie plötzlich real gewordenen Umgebung zu behaupten bzw. zunächst einmal einfach nur zu überleben. Da ihnen im Rahmen des Übergangs – der sich im weiteren Verlauf der Handlung als von langer Hand geplanter Schachzug im Konflikt zweier Magier herausstellen wird – zusätzliche, in ihrer neuen Welt überaus wichtige Fähigkeiten verliehen wurden, gelingt ihnen das auch. Und da sie ihre in unserer Welt erworbenen Einstellungen und ethisch-moralischen Vorstellungen ebenfalls mitgebracht haben, lässt sich ihr Anführer Karl Cullinane nur zu leicht von der Matriarchin der “Healing Hand Society” (einer religiösen Gemeinschaft) beauftragen, der Sklaverei ein Ende zu setzen, was ihn und seine Mitstreiter logischerweise in einen Konflikt mit der mächtigen Sklavenhändlergilde führt. Dieser, sich über einen längeren Zeitraum erstreckende Konflikt wird vor allem in den Folgebänden The Sword and the Chain (1984), The Silver Crown (1985) und The Heir Apparent (1987) thematisiert, während es in The Warrior Lives (1989), The Road to Ehvenor (1991) und The Road Home (1995) um kleinere Abenteuer der mittlerweile schon ziemlich in die Jahre gekommenen ehemaligen Rollenspieler in einer nicht zuletzt durch ihre Taten bzw. ihre Anwesenheit veränderten Welt geht. In den unschwer erkennbaren literarischen Vorlagen nachempfundenen letzten drei Romanen des Zyklus – Not Exactly the Three Musketeers (1999), Not Quite Scaramouche (2001) und Not Really the Prisoner of Zenda (2003) spielen sie schließlich nur noch eine Nebenrolle und überlassen die Bühne neuen Protagonisten.
Joel Rosenbergs zehnbändiger Zyklus um Die Hüter der Flamme, dessen erste sechs Romane unter eben diesem Obertitel als Die Welt des Meisters, Das Schwert des Befreiers (beide 1987), Die Krone des Siegers (1988), Der Erbe der Macht (1989), Das Vermächtnis des Kriegers (1990) und Die Straße nach Ehvenor (1992) auch auf Deutsch erschienen sind, ist eine unterhaltsame Abenteuerfantasy, in deren Mittelpunkt allerdings über weite Strecken ein ernstes und ernstzunehmendes Thema steht, das durchaus angemessen behandelt wird. Dies und die Tatsache, dass die Welt der Guardians kein statisches Gebilde ist, sondern sich im Lauf der Jahre gesellschaftliche Veränderungen ergeben, die für neue Probleme sorgen, macht diesen Zyklus trotz des einen oder anderen berechtigten Einwands – etwa im Hinblick auf die Rollen, die die Rollenspielerinnen in der anderen Welt spielen – zu einem der lesenswerteren Beispiele für von Rollenspielen inspirierte oder in irgeneinem Zusammenhang mit ihnen stehende Werke. Für deutsche Leser und Leserinnen ist natürlich bedauerlich, dass die Hüter hierzulande genau einen Band zu früh abgebrochen wurden, denn nach The Road Home folgt eine – durch den Wechsel der Hauptfiguren deutlich erkennbare – Zäsur.
In den 20 Jahren zwischen dem Erscheinen des ersten und des letzten Bands der Guardians hat Rosenberg noch drei weitere Zyklen verfasst: auf einen vierbändigen SF-Zyklus in den 80ern folgte mit D’Shai (1991) und dessen Fortsetzung The Hour of the Octopus (1994) ein Fantasy-Zweiteiler in einem originell gestalteten, aber mit rigiden gesellschaftlichen Normen ausgestatteten asiatischen Setting, dessen Held alsbald in Konflikt mit besagten Normen gerät. Doch auch, wenn seine Talente zunächst nicht ins System zu passen scheinen – Kami Khuzud ist ein verdammt schlauer Bursche, dem es letztlich nicht nur gelingt, einen ominösen Mordfall aufzuklären, sondern auch für sich einen Platz in dieser Welt zu finden. Wie ihm das gelingt, zeigt Rosenberg in zwei augenzwinkernd mit leichter Hand erzählten Fantasykrimis, die mit ihrer sympathischen Hauptfigur, vor allem aber mit ihrem phantasievoll ausgestalteten Setting punkten können. Wesentlich konventioneller ist demgegenüber die aus den drei Romanen The Fire Duke (1995), The Silver Stone (1996) und The Crimson Sky (1998) bestehende Trilogie The Keeper of the Hidden Ways ausgefallen, in der es – ähnlich wie in Rosenbergs erstem Zyklus – Menschen aus unserer Welt in eine phantastische, mit Elementen aus der nordischen und der keltischen Mythologie angereicherte Anderswelt verschlägt.Murder in Lamut von Raymond E. Feist und Joel Rosenberg
Nachdem Joel Rosenberg mit Murder in Lamut (2002; dt. Die drei Krieger (2003)), dem zweiten Band der Legends of the Riftwar, einen wieder als Fantasykrimi gestalteten, aber nicht sonderlich bemerkenswerten Beitrag zu Raymond Feists Riftwar Universe geleistet hatte, verfasste er mit Paladins (2004) und Paladins II: Knight Moves (2006) einen gelegentlich auch unter dem Obertitel Mordred’s Heirs laufenden Zweiteiler, in dem er sich dem Artus-Mythos zuwendet. Allerdings hat in diesem Fall Mordred Artus besiegt und eine eigene Dynastie gegründet.
Danach ist Joel Rosenberg – zumindest als Autor phantastischer Romane – verstummt, und am 02. Juni 2011 ist er im Alter von 57 in seinem Heimatort Minneapolis an den Folgen einer Atemdepression überraschend verstorben.

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Wem gehört die Erde?

Wem gehört die Erde? von John WyndhamUnser Buch des Monats im Mai ist eine post-apokalyptische Dystopie von Autor John Wyndham. In Wem gehört die Erde? (1961, auch: Wiedergeburt, ISBN 3-518-37886-4; im Original The Chrysalids, auch: Re-Birth, 1955) erleben wir eine vorindustrielle Gesellschaftsform irgendwann in der Zukunft, erzählt von dem Jungen David. Zu Beginn ist David gerade 10 Jahre alt und lebt in einem kleinen Dorf, viele Jahre nachdem ein nuklearer Krieg die Menschheit beinahe ausgelöscht hat. Die tatsächlichen Ursachen und Begebenheiten sind den Dorfbewohnern unbekannt, sie nennen das Ereignis Die Tribulation – Gottes Vernichtung der Unwürdigen.

In Davids Gesellschaft wird alles, was dem Regelbuch nach nicht normal aussieht, als Abscheulichkeit in den Augen Gottes eingestuft und mit dämonischen Abkömmlingen gleichgesetzt. Die unausweichliche Tilgung, egal ob Mensch, Tier oder Pflanze, ist die Folge, wird eine Abweichung festgestellt. So werden Neugeborene mit Mutationen ebenso verbrannt wie ganze Felder, in denen ein einzelner Maiskolben Abweichungen aufweist. Zeigen sich beim Menschen erst in späteren Jahren Mutationen, folgt die Sterilisation und Verbannung der Person in die Fringes, ein Ort, der von der Verstrahlung so stark belastet ist, dass dort nur groteske Mutationen entstanden sind.
Für den jungen David haben die vielen Predigten zu diesem Thema nur theoretische Bedeutung, bis er eines Tages erfährt, dass seine Freundin Sophie mit sechs Zehen geboren wurde und sie demzufolge als damönisches Etwas gilt und nicht mehr als Mensch. Doch das wirft in dem Jungen Zweifel auf, denn Sophie wirkt auf ihn ganz menschlich, und in Folge der Ereignisse fängt er an zu verstehen, wie gefährlich es in seiner Gesellschaft ist, körperlich anders zu sein. Auch David hat nun Grund sich zu fürchten, denn Sophie ist nicht die Einzige, die versucht hat, eine Abweichung zu verbergen. David selbst hat ein Geheimnis, das er um jeden Preis geheim halten muss, wenn er überleben will.

Wem gehört die Erde? ist eine unkompliziert erzählte Geschichte über eine Welt ohne Toleranzen, über religiösen Fanatismus und beschränkte Sichtweisen, die den eigenen Tellerrand nicht zu überschauen vermögen. Sozialkritik, ein wenig Phantastik und ein wenig Science Fiction gehen hier Hand in Hand. Die Figuren vermögen ihre Positionen und Empfindungen gut zu transportieren und die harte post-apokalyptische Welt entsteht sehr plastisch vor den Augen des Lesers. Als Fan von „nach-dem-großen-Knall“-Romanen sollte man sich Wem gehört die Erde? nicht entgehen lassen. Zwar ist das Buch nicht mehr ganz jung, was aufgrund der Szenerie aber nicht auffällt, und der Autor hat zudem ein solides Händchen für wirkungsvolle Geschichten, die mit überraschender Leichtigkeit essentielle Fragen ansprechen.

Die deutsche Übersetzung ist leider nur noch antiquarisch zu bekommen. Wer gerne auch einmal auf Englisch liest, hat es einfacher. Dort ist der Roman sowohl in diversen Print-Neuauflagen als auch als eBook erhältlich.

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Neu rezensiert: The Soul Consortium

The Soul Consortium von Simon West-BulfordSalem Ben, der letzte Mensch im Universum, lebt alleine auf einem künstlichen Mond, wo jedes gelebte Leben als digitale Kopie archiviert liegt. Der Rest der Menschheit hat nach Millionen von Jahren eines sinnlos gewordenen Lebens den Freitod gewählt – der natürliche Tod wurde durch enorm fortschrittliche Technologien im Bereich des Klonens und synaptischer Übertragung besiegt -, nur Salem Ben fürchtet auch nach all der Langen Zeit das Ende und sucht eine Antwort auf die letzte aller Fragen, bevor er sich dem Tod stellen kann: gibt es ein Leben danach?
Um die Antwort zu finden, schlüpft er in verschiedene archivierte Leben. Doch was er statt der Antwort findet, ist eine bösartige Entität, die die Entstehung des Lebens zu redigieren gedenkt – Salem Ben ist das Einzige, was ihr dabei im Weg steht.

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Zum 75. Geburtstag von Peter S. Beagle

Bibliotheka Phantastika gratuliert Peter S. Beagle, der heute seinen 75. Geburtstag feiert. Der Autor der drei bezaubernden Romane A Fine and Private Place, The Last Unicorn und The Innkeeper’s Song, der am 20. April 1939 in Manhattan, New York, geboren wurde, tourt gerade mit einer Kino-Fassung der Zeichentrick-Verfilmung von Das letzte Einhorn durch den nordamerikanischen Kontinent und hat in jüngerer Vergangenheit vor allem mit Kurzgeschichten und -romanen für Aufsehen gesorgt.
In unserem auf den aktuellen Stand gebrachten Portrait könnt ihr euch wie immer genauer informieren und euch vielleicht für einen der drei ganz unterschiedlichen Romane – eine heitere Erkundung von Liebe, Tod und Geistern, ein gegen den Strich gebürstetes Märchen und ein Fantasy-Kammerspiel – erwärmen, falls ihr den Autor noch nicht kennt.

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Zum 40. Geburtstag von Jim C. Hines

Bibliotheka Phantastika gratuliert Jim C. Hines, der heute 40 Jahre alt wird. Bereits mit seiner ersten professionell veröffentlichten Geschichte “Blade of the Bunny” konnte der am 15. April 1974 in Pennsylvania geborene Jim C. Hines einen beachtlichen Erfolg erringen, denn sie belegte den ersten Platz bei der Writers of the Future Competition. Weitere Stories in diversen Magazinen und Anthologien folgten, und 2004 erschien mit Goblinquest Hines’ erster im Genre angesiedelter Roman, aus dem bei der Wiederveröffentlichung bei DAW Books Goblin Quest (2006) und der Auftaktband einer Trilogie um den selbst im Vergleich zu seinen Artgenossen kleinen, schmächtigen und kurzsichtigen Goblin Jig wurde.
In Goblin Quest wird Jig von einer bunt gemischten Abenteurergruppe gezwungen, ihnen als Führer bei der Suche nach einem magischen Artefakt zu dienen – ein Unternehmen, das er nur knapp überlebt und bei dem er sich den Beinamen Jig the Dragonslayer verdient. Dass sein neuer Status ihm in seinem Volk nicht nur Freunde verschafft, wird in Goblin Hero (2007) rasch deutlich, während in Goblin War (2008) Jigs ganzes Volk in einen Krieg zwischen den Menschen und den nichtmenschlichen Völkern gezogen wird. Die mit leichter Hand verfassten Abenteuer des sympathischen Goblin Quest von Jim C. Hineskleinen Helden wider Willen sind als Die Goblins, Die Rückkehr der Goblins (beide 2007) und Der Krieg der Goblins (2008) auch auf Deutsch erschienen und waren – vermutlich, weil sie so gut ins Segment der Tolkienvölker-Romane passten, auch wenn sie mit einer gänzlich anderen Intention geschrieben worden waren – hierzulande so erfolgreich, dass mit Der Goblin-Held (2008) ein Band mit Kurzgeschichten über Jig und die Goblins veröffentlicht wurde, für den es in den USA kein Pendant gab. Erst 2011 hat Jim C. Hines fünf dieser Geschichten als Sammelband unter dem Titel Goblin Tales selbst herausgebracht.
Auch mit seiner zweiten Reihe, den Romanen um die Fairy Tale Princesses, blieb Hines sich und der Art von Fantasy treu, mit der er bekannt geworden war. Die Romane The Stepsister Scheme (2009; dt. Drei Engel für Armand (2009)), The Mermaid’s Madness (2009; dt. Die fiese Meerjungfrau (2011)), Red Hood’s Revenge (2010; dt. Rotkäppchens Rache (2011)) und The Snow Queen’s Shadow (2011; dt. Dämon, Dämon an der Wand (2012)), in denen sich Motive aus den Märchen der Brüder Grimm und aus der TV-Serie Charlie’s Angels miteinander vermischen, greifen wie schon die Bände um die Goblins altbekannte Fantasy-Klischees auf, die sie dann auf teils ironische, aber immer liebevolle Weise brechen – nur, dass bei den Märchenprinzessinnen Cinderella (bei uns besser bekannt als Aschenputtel), Snow White (Schneewittchen) und Sleeping Beauty (Dornröschen) noch ein gehöriger Schuss Romantik mit im Spiel ist.
In seiner neuesten, mit Libriomancer (2012; dt. Die Buchmagier (2014)) begonnenen und mit Codex Born (2013) fortgesetzten Reihe Magic Ex Libris schildert Hines die Abenteuer von Isaac Vainio, der vordergründig ein ruhiges Leben als Bibliothekar führt und sich dabei unter anderem um die größte Fantasy-Abteilung der Stadt kümmert, in Wirklichkeit aber ein Libriomancer (ein Buchmagier) und Mitglied eines vor 500 Jahren von Johannes Gutenberg gegründeten Geheimbundes ist, der die Menschen vor (ihnen natürlich gar nicht bewussten) übernatürlichen Gefahren beschützt. Der begabte aber undisziplinierte Isaac sieht das alles eigentlich ganz locker – doch das ändert sich, als immer mehr Buchmagier Mordanschlägen zum Opfer fallen und er erkennt, dass auch sein Leben in Gefahr ist …
Neben diesen Buchveröffentlichungen – zu denen noch die selbstveröffentlichten Story-Sammlungen Kitemaster & Other Stories (2011), Sister of the Hedge & Other Stories (2012) und The Goblin Master’s Grimoire (2013) zu zählen wären – ist Jim Hines auch ein sehr aktiver Blogger, der in seinem Blog immer wieder brisante Themen wie etwa Sexismus in der SFWA o.ä. aufgreift. Aufsehen erregte er nicht zuletzt mit “Striking a Pose”, einer Reihe von Beiträgen, in denen er beispielsweise versucht hat, die Posen der (weiblichen) Modelle auf diversen SF- und Fantasyromanen nachzuahmen (was sich als anatomisch unmöglich erwiesen hat) oder mit Autorenkollegen und -kolleginnen wie John Scalzi, Patrick Rothfuss, Charles Stross und Mary Robinette Kowal Gruppenbilder darzustellen, deren Lächerlichkeit selbst dem größten Ignoranten durch die Umkehrung der Geschlechterrollen ins Gesicht springen müsste. Damit hat er sich sogar ins Herz etlicher Leser und Leserinnen gebloggt, denen seine Romane bisher zu stark auf der humoristischen Seite des Genres angesiedelt waren.

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