The Soul Consortium

The Soul Consortium von Simon West-BulfordSalem Ben, der letzte Mensch im Universum, lebt alleine auf einem künstlichen Mond, wo jedes gelebte Leben als digitale Kopie archiviert liegt. Der Rest der Menschheit hat nach Millionen von Jahren eines sinnlos gewordenen Lebens den Freitod gewählt – der natürliche Tod wurde durch enorm fortschrittliche Technologien im Bereich des Klonens und synaptischer Übertragung besiegt -, nur Salem Ben fürchtet auch nach all der Langen Zeit das Ende und sucht eine Antwort auf die letzte aller Fragen, bevor er sich dem Tod stellen kann: gibt es ein Leben danach?
Um die Antwort zu finden, schlüpft er in verschiedene archivierte Leben. Doch was er statt der Antwort findet, ist eine bösartige Entität, die die Entstehung des Lebens zu redigieren gedenkt – Salem Ben ist das Einzige, was ihr dabei im Weg steht.

When I was a boy my smiling schoolteacher asked my class a very simple question:
»What is the one thing in this world that we can all know as an undeniable certainty?«
The students looked at each other, smirking as they whispered their sarcastic remarks, but the grins soon fell when she spoke again. Not because she had brought her palm down hard on her desk when she revealed the answer. It was tears in her eyes.
»One day every last one of you will die.«

Simon West-Bulfords Debütroman The Soul Consortium ist ein Roman, der unscheinbar beginnt und sich zu einem unerwartet spannenden Werk aufbaut, das einen, noch lange nachdem man das Buch beiseite gelegt hat, verfolgt. Nicht nur, dass es die am besten versteckten Knöpfe in einem drückt, es ist auch die Art von Science Fiction, die man oft hofft zu finden und doch selten bekommt.

The Soul Consortium erzählt vom Beginn der Zeit, vom Ende der Zeit, von Menschlichkeit, Liebe, Zerstörung, Wissenschaft und Philosophie, von der Entstehung des Lebens bis zum Ende des Universums … So vieles wird in diesem Roman thematisiert, dass man glauben könnte, es müsse erzählerisch etwas auf der Strecke bleiben. Doch der Autor hat ein perfektes Netz erschaffen, in dem jeder Faden sitzt, wo er hingehört. Um das Fazit also gleich vorweg zu nehmen: The Soul Consortium gehört dringend auf den Leseplan.

Schon zu Anfang werden Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit miteinander verknüpft. Der Leser bewegt sich in diesem Roman durch verschiedene Epochen der Menschheitsgeschichte. Von einer jungen Frau im Frankreich des 16.-17. Jahrhunderts über einen Serienkiller des 20. Jahrhunderts hin zur Herrscherin über das bekannte Universum in einer Zukunft soweit voraus, dass man es gar nicht mehr in Zahlen fassen kann. Alles wird durch die Augen von Salem Ben erlebt, der wiederum durch die Augen verstorbender Menschen sieht, in deren archivierte Dateien er auf seiner Suche immer wieder schlüpft. Das ganze Konzept des Soul Consortiums ist schon beinahe eine Liebeserklärung an die Metaebene und unheimlich schwer in Worte zu fassen, will man nicht die besten Entwicklungen vorab verraten.
Die Technologie ist entsprechend enorm weit fortgeschritten und gibt ihre Funktionsweise erst nach und nach Preis – so bleibt die Neugier bis zum Schluss erhalten, ohne ins Unerträgliche abzugleiten. Sie wird bereichert durch Dinge, die den Menschen von jeher antreiben. Vieles von dem, was in diesem Roman geschieht, krallt sich direkt in die eigene Seele, erschüttert einen, berührt einen, macht einen abwechselnd glücklich und traurig, wirft Fragen auf und spendet Hoffnung in der Ungewissheit. Gute Absichten erschaffen manchmal böse Dinge und umgekehrt muss man sich fragen, ist das Böse tatsächlich böse?

Die Charaktere in diesem Roman sind allesamt erfrischend glaubhaft und abwechslungsreich. Selbst die stoische KI vermag es noch, den Leser zu überraschen. Man fühlt mit den Figuren mit und lässt sich federleicht von ihnen durch die Episoden dieser Reise tragen. Neben Salem Ben, der ein besonnener Suchender ist, spielt die Entität Keitus Vita die zweite wichtige Rolle in The Soul Consortium. Sie bringt einen Hauch Fantasy in den Roman und jagt einem ab einem gewissen Punkt eine Form von Furcht ein, wie es nur diese ganz alten Horrorfilme beherrschen, die mit dem arbeiteten, was sich im Schatten abspielt. Man weiß, da schleicht etwas hinter einem her, doch jedes Mal, wenn man sich umdreht, entschlüpft es der Wahrnehmung. So ungefähr fühlt es sich an, Keitus Vita zu begegnen. Er kriecht zwischen den Zeilen herum und beobachtet dich. Das Lesen im Bett, kurz bevor man das Licht löschen wollte, wird plötzlich sehr unangenehm …

Bei all den tiefgreifenden und spannenden Ideen oder den physikalischen bis mathematischen Zusammenhängen schafft es der Autor außerdem, seine Worte so klar und mit bedacht zu wählen, dass jeder die Vorgänge problemlos versteht und doch nie die Intelligenz erwachsener Leser beleidigt wird. Chronologie und Setting sind ebenfalls sehr gut ausgearbeitet und enthalten pfiffige Kniffe. Man erlebt die Weite und Stille des Universums, die Größe all dessen, was uns umgibt, und wird sich der eigenen Winzigkeit in diesem kolossalen Getriebe bewusst.
Es ist schlicht beeindruckend, was der Autor hier in einem kleinen Verlag als Erstlingswerk abgeliefert hat und es bleibt an dieser Stelle nur zu sagen: jeder der dieses Buch verschmäht verpasst ein großartiges Leseerlebnis und einen frischen Blick auf das, wozu Science Fiction fernab von Laserschwertern, Warpantrieb und Co. fähig ist.

Stand: 23. April 2014
Erscheinungsjahr: USA 2012
Verlag: Medallion Press
ISBN: 978-1605423937
Seitenzahl: 384