Category: Über den Tellerrand

Wenn man sich einmal entschlossen hat, “damals war das halt so” hinter sich zu lassen und nach Gründen für die sexistische Darstellung in Game of Thrones forscht, kommen vor allem zwei Gesichtspunkte zum Vorschein:
Zunächst entsprechen die Darstellung der (Frauen-)Körper, wie sich auch an ihrer modernen Idealisierung zeigt, und die Rollenverteilung einem (angenommenen) ZuschauerInnenwunsch. Dass dieses Sex-sells-Argument ein Stück weit unter die banal scheinende Oberfläche reicht, lässt sich auch aus dem Umstand schließen, dass die in den Romanen von George R.R. Martin häufigen Vergewaltigungsszenen in der Verfilmung größtenteils ausgespart wurden: Man soll beim dargestellten Sex also nicht in die gedankliche Bredouille kommen, sondern es soll eindeutig gefallen, was da gezeigt wird.
Des weiteren dienen sexistische Grundhaltung, Sprache und die häufige Darstellung von Sex und Prostitution (und darüber hinaus natürlich auch die Gewaltdarstellung) dem Konstituieren eines Labels “für Erwachsene”, was wiederum durchaus im Sinne eines Qualitätskriteriums verwendet wird, wie unter anderem Zitate zur geschnittenen Fassung, die im deutschen Fernsehen lief, zeigen* (auch wenn es natürlich höchst unterschiedliche Gründe gibt, gegen eine solche Fassung zu sein).
Die Ursachen sind also – in heutigen Zeiten eigentlich eine Binsenweisheit – bei Marketingüberlegungen und aktuellen Sehgewohnheiten zu suchen, was aber keinen Mitwirkenden daran hindert, zu behaupten, das alles wäre nur für unseren modernen Blick so bedenklich und früher völlig normal gewesen.

Die auf allen Ebenen fehlende Relevanz dieses Arguments – und nicht zuletzt die Tatsache, dass es auch anders funktioniert, wie wir im Vorläufer dieses Beitrags anhand von Hunger Games erläutert haben, oder wie es z.B. auf dem Games-Sektor das herrlich unsexistische Skyrim schafft – führt unweigerlich zu der Frage, weshalb sich MacherInnen und KonsumentInnen (die etwas zum Erfolg führen können oder auch nicht) für den Sexismus entscheiden. Lautet die Antwort auf ZuschauerInnenseite (wie etwa auch bei der Diskussion in unserem Forum häufig gehört), “weil es trotzdem gut ist”, dann sollte die Unmutsbekundung eigentlich heilige KonsumentInnenpflicht sein. Denn dann ist der oben postulierte ZuschauerInnenwunsch tatsächlich nur angenommen, und wir wollen eigentlich schon längst eine andere Geschichte hören als die westlich-patriarchal-heteronormative, die uns mehrheitlich immer noch und immer wieder erzählt wird.
Dazu wäre es allerdings nötig, die Verwendung von Sexismus und traditionellen Geschlechterrollen als konstitutives Element der Erzählung und Teil eines größeren Narrativs (an-)zu erkennen – als etwas, das man genauso wie den Spannungsbogen oder die Dynamik einer Geschichte aus dem konkreten Kontext herauslösen und kritisieren kann, und es nicht als Teil eines kaum hinterfragten Default-Blickwinkels als normal, Geschmackssache oder in seiner universellen Gültigkeit für Erzählkontexte nicht kritisierbar anzusehen.

Genauso sehr sollten wir unsere Definition von “erwachsener Fantasy” einer Prüfung unterziehen. Es grenzt ans Lächerliche, dass Game of Thrones sein Erwachsenengütesiegel aus Sexismus und Gewaltszenen bezieht, während die womöglich wirklich “erwachsenen” Inhalte der Serie, etwa ihre hohe Komplexität, in eben jenen schwülen Sexszenen versteckt werden müssen, um vom anspruchsvollen Publikum überhaupt goutiert werden zu können.

Kann man also die nächste Game-of-Thrones-DVD gar nicht oder nur mit einem schlechten Gewissen in den Player schieben? Das sicher nicht: Das phantastische Genre bietet theoretisch eine riesige Bandbreite an Settings – zwischen Game of Thrones und Hunger Games und auch jenseits der beiden ist jede Menge Platz, und an jedem dieser Orte können gute, erlebenswerte Geschichten stattfinden. Unter der Übermacht sexistischer Settings, die gerade in unserem Genre auffallend ist, lohnt sich aber die Frage, warum uns etwas gefällt, was damit kolportiert wird und welchen Normen sich eine Erzählung beugt – und nicht zuletzt, wo bei der Begründung dieser Normen Nebelkerzen geworfen werden. Und wir sollten überlegen, ob wir unsere Wahrnehmung von erwachsenen Stoffen wirklich an die letztlich nichtssagenden Kriterien des Jugendschutzes koppeln wollen, oder ob wir uns nicht um eine substantiellere Definition bemühen sollten.

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  • *”Wenn Ihr mich fragt, sind das alles so kleine Szenen, die einen riesengroßen Teil an Flair und Charme der Serie ausmachen. Irgendwie, wenn man sich die deutsche geschnittene Version anschaut, wirkt Game of Thrones “kindlicher” als “hemmungslos brutal” und erwachsen. Was die Serie zweifelsohne ist, oder zumindest laut Roman Autor George R.R. Martin sein soll, “Game of Thrones ist Fantasy für Erwachsene”.” [aus einem Schnittbericht auf serien-load.de]

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Die HBO-Serie Game of Thrones (basierend auf der Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin), deren ersten Staffel inzwischen auch im deutschen Fernsehen gezeigt wurde, hat mit ihrem auffallend präsenten Sexismus und der offenen Misogynie schon für einige Kontroversen gesorgt.
In dem feudalen, durch patriarchale Strukturen geprägten Setting von Game of Thrones ist die Darstellung von weiblichen Körpern durch den männlichen Blick auf diese geprägt, besonders sichtbar wird dies u.a. in einer Szene, in der Daenerys vor ihrer Hochzeit von ihren Leibdienerinnen anschaulich im Liebesspiel unterrichtet wird. Sowohl durch die gesellschaftlichen Hierarchien als auch durch die simple Betonung der Physis und Herrschaft des Stärkeren können Männer über weibliche Körper verfügen. Ein eindeutig misogynes Klima wird immer dann hervorgekehrt, wenn diese Verfügungsgewalt nicht nur visuell unterstrichen, sondern auch verbal geäußert wird – und tatsächlich spielt sich kaum eine Szene ab, in der nicht von Huren, Bordellbesuchen, einschlägigen Scherzen und männlich dominierten “Angeboten” die Rede ist. Die Sexszenen selbst dienen häufig einer ansprechenden Verpackung offenbar sonst zu langweiliger Hintergrundinformationen, so erfährt man etwa die Familienhistorie der Targaryens, während sie beim Akt mit einer Dienerin im Bad vom derzeitigen Familienoberhaupt deklamiert wird.
Einzelne starke Frauenrollen, die eindeutig aus der Norm fallen, wie etwa Arya, die als Tomboy der Familie Stark das Fechten erlernen darf, verhärten das System vielmehr, als dass sie es aufbrechen, eben weil sie als krasse Ausnahmen sofort erkennbar sind.

Game of Thrones Season 1Genauso sicher wie zur Kritik an diesen in der epischen Fantasy häufigen Erzählmustern kommt es zu ihrer Verteidigung durch die Fans, die letztlich immer auf “damals war das halt so” hinausläuft. Darüber hinaus beruft man sich auch oft darauf, dass sich einzelne Frauen wie eben erwähnte Arya oder auch Königin Cersei oder Daenerys dennoch ermächtigen können, selbst in einer “harten” Welt, in der sich der Stärkere durchsetzt und Frauen als körperlich unterlegen zu den Verlierern gehören und zwangsläufig Unterdrückung erfahren.
Auf die (vermeintlichen) Tatsachen, die die Biologie schafft, folgen nach dieser Deutung entsprechende Umstände: Auf den Feldern, die gesellschaftlich relevant sind, können Frauen aufgrund ihrer Physis nicht punkten, sie können es aber durchaus in bestimmten Domänen, die ihnen zugewiesen sind, also weiblich besetzten Feldern wie Verführung und Intrige. Ein echtes Ausbrechen aus der gesellschaftlich vorgesehenen Rolle ist allerdings nur unter dem Verlust der Weiblichkeit möglich, wie es auch das Beispiel der Ritterin Brienne illustriert, die als Kämpferin brillieren kann, aber als Frau (aufgrund ihrer Hässlichkeit) versagen muss.
Game of Thrones scheint also in der Tat zunächst als eine perfekte Umsetzung dessen, was “damals halt so war”, nutzt den Spielraum innerhalb der so gesetzten Grenzen und präsentiert ein prall-buntes Abbild patriarchaler, feudaler Strukturen.

Doch selbst wenn man außer Acht lässt, dass Game of Thrones sich als Fantasy auf kein reales “damals” berufen kann, wird die Verteidigung relativ rasch ausgehebelt, wenn man genauer hinschaut.
Sowohl die Darstellung der Geschlechterrollen in Game of Thrones, als auch das Argument „Damals war das halt so“, mit dem diese legitimiert wird, beruhen weniger auf historischer Akkuratesse oder biologischen Gegebenheiten, sondern auf einer gesellschaftlichen Konstruktionsleistung, die darin zugleich reproduziert wird. Damit haben wir uns auch schon in diesem Blogartikel auf allgemeinerer Ebene auseinandergesetzt.

Dass es auch anders geht, beweist der aktuelle Kinofilm Die Tribute von Panem – The Hunger Games, die Verfilmung des ersten Bandes (The Hunger Games/Tödliche Spiele) der gleichnamigen Trilogie von Suzanne Collins. Das post-apokalyptische Setting (mit einer weit zurückliegenden Apokalypse) steht mit seinen krassen Abhängigkeitsverhältnissen zwischen der mächtigen und hoch entwickelten Metropole Kapitol und den (großteils deutlich ärmeren) Distrikten Hunger Games Filmplakatsowie den Lebensbedingungen in ebendiesen Distrikten der pseudo-mittelalterlichen Welt von GoT in nichts nach. Und auch die namensgebenden Hunger-Spiele, in denen aus jedem Distrikt jeweils ein Mädchen und ein Junge zwischen 12 und 18 in eine Arena entsandt werden, um so lange gegeneinander anzutreten, bis nur ein Gewinner oder eine Gewinnerin (sprich Überlebender/Überlebende) übrig ist, sind in ihrer Grausamkeit und ihrer zynischen Doppelfunktion als Herrschaftsinstrument und Medienspektakel weit entfernt von dem, was man einem Coming-of-Age-Roman zutrauen würde.

Mit Katniss Everdeen steht nichtsdestoweniger eine junge Erwachsene im Zentrum der Handlung, die sich angenehm von konventionellen Rollenzuschreibungen abhebt. Nicht nur versorgt sie ihre seit einem Minenunfall vaterlose Familie als Jägerin mit Essen und kümmert sich liebevoll um ihre jüngere Schwester, sondern behält auch in der Arena der Hunger-Spiele und gegenüber ihrem Leidensgenossen aus Distrikt 12, Peeta, ihre starke Frauenrolle bei. Andere Erzählungen hätten wohl spätestens hier die männliche Figur in den Vordergrund gedrängt, damit sie sich im Kampf beweisen, die Frau beschützen und daran wachsen (sprich „Männlichkeit“ erlangen) kann, zumal sich die eher sensible und scheue Figur des Peeta für diese konventionelle Charakterentwicklung angeboten hätte.
Damit unterläuft die Konstellation Katniss-Peeta die klassisch-dichotomen Zuschreibungen, indem beide Figuren Eigenschaften besitzen, die „männlich“ oder „weiblich“ konnotiert sind.

Die Inszenierung der Hunger-Spiele als Medienspektakel erlaubt nicht nur das Spiel mit den Erwartungen der Zuseher und Zuseherinnen (und Erzählkonventionen), indem die sich anbahnende Romanze zwischen Katniss und Peeta eher aus Kalkül begonnen wird, um Sponsoren für sich zu gewinnen, die ihnen Ausrüstungsgegenstände in die Arena schicken können. Sondern gerade von der Inszenierung der pseudo-archaischen Hunger-Spiele (die WettkämpferInnen dürfen nur mit traditionellen Waffen wie Schwert, Bogen, Speer, etc. gegeneinander antreten), die ein bedeutendes Handlungselement des Films ist, ließe sich unter einem anderen Gesichtspunkt auf Game of Thrones zurückkommen.

Denn auch in Game of Thrones ist die Darstellung von Geschlechterrollen sowie weiblichen und männlichen Körpern Teil einer strategischen Inszenierung. Schon allein aus ökonomischen Gründen wird die Handlung im Hinblick auf die Erwartungen moderner ZuschauerInnen aufbereitet und so ist auch der Einsatz historisierender Elemente ein strategischer. Daran offenbart sich die Schwäche des „Damals war das halt so“-Arguments im Hinblick auf die Geschlechterrollen am deutlichsten, denn die dargestellten Körpernormen sind keinesfalls mittelalterlich-historische, sondern zutiefst westlich-moderne.
In diesem Spagat zwischen historisierten Geschlechterrollen und Sexyness des Dargestellten offenbart sich die Reproduktion einer westlichen, patriarchalen und damit auch heteronormativen Erzähltradition, die einerseits die Darstellung selbst, andererseits aber auch die Erwartungen der KonsumentInnen prägt. Wir rechnen – absurderweise auch in von der Realität mehr oder weniger entkoppelten Fantasy-Settings – durch diese Erzähltraditionen mit einer “historisch korrekten” Wiedergabe der Verhältnisse, doch unser Wunsch nach Authentizität geht natürlich nicht so weit, dass wir uns von unseren Körperidealen verabschieden wollen würden, dass wir behaarte Frauenbeine, schlechte Zähne, ungeschönte körperliche Proportionen (z.B. nach ein paar Geburten) in Kauf nehmen würden.

Selbst wenn man sich also auf das ohnehin schon im Ansatz fragwürdige “Damals war das halt so”-Spielchen einlässt, lässt es sich relativ schnell als ein halbgarer Erklärungsversuch entlarven – noch dazu, wenn andere Erzählmuster wie in Hunger Games nicht weniger gut funktionieren. Welche Fehlschlüsse das unhinterfragte Darstellen der männlich-westlichen Erzähltradition als immer richtig mit sich bringt (was übrigens nicht heißt, dass sie immer falsch sein muss!) und welche Fragen man stellen kann, gerade wenn man Game of Thrones (trotzdem) mag, stellen wir in Teil II des Artikels übermorgen zur Debatte.

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Das wandelnde Schloss von Studio Ghibli2004 erschien im Studio Ghibli, welches auch durch Filme wie Chihiros Reise ins Zauberland oder Mein Nachbar Totoro bekannt ist, ein weiterer Animationsfilm: Das wandelnde Schloss (ハウルの動く城 /Hauru no Ugoku Shiro)

Auf dem Weg zu ihrer Schwester wird die junge Hutmacherin Sophie von zwei Soldaten in einer Gasse belästigt. Aus dem Nichts taucht ein Mann auf, der sie aus der Situation befreit, indem er vorgibt, ihr Begleiter zu sein. Doch die Rettungsmission ist nicht ganz uneigennützig, denn der Mann wird verfolgt und möchte sich in Sophies Begleitung verbergen. Für Sophie bleibt die Begegnung nicht ohne schwerwiegende Folgen, denn eine eifersüchtige Hexe belegt Sophie mit einem Fluch und verwandelt sie kurzerhand in eine alte Frau.

Auf äußerst humorvolle Weise zeigt der Film Sophies relativ nüchterne Reaktion auf die veränderte Situation und ihre beinahe fröhliche Akzeptanz der Tatsache, eine steinalte Frau geworden zu sein. Da sie ihren Zustand jedoch vor ihrer Familie geheim halten will, macht sich Sophie auf in das Tal der Furchen, wo bekanntermaßen nur Zauberer und Hexen hausen, doch als alte Dame (die bereits verflucht ist) fürchtet sie nichts mehr. So kommt es, dass Sophie eine sehr lebendige Vogelscheuche trifft und ein wandelndes Schloss entert, in dem Feuerdämon Calcifer, der vorlaute Zauberlehrling Markl und Zauberer Hauro hausen, der die Herzen schöner Mädchen verspeist. Sie quartiert sich dort eigenmächtig als Putzfrau ein und sorgt für mehr Wirbel und Sauberkeit, als das Schloss und seine bequemen Bewohner vertragen.
Das alles bildet den Nährboden für viel Witz, Wortgefechte zum Tränen lachen und Abenteuer – vor allem, da die alte Dame mehr Elan an den Tag legt, als sie es als junge Frau je gewagt hätte. Doch der näher rückende Krieg lässt auch Grund zur Sorge aufkommen. Obwohl man die Details des Krieges nicht kennt und auch nicht so richtig erfährt, wer da mit wem warum im Streit steht (der Strang wirkt insgesamt auch etwas notdürftig in die Handlung hineingezwängt), bietet er die Möglichkeit, sich mit der tragischen Natur des Krieges auseinander zu setzen. Hauro, der sein Möglichstes versucht, um den Krieg zu beenden, büßt dabei immer mehr seiner magischen Kräfte und seiner Menschlichkeit ein, bis nur noch Sophie ihn retten kann. Doch dazu gilt es mehr als nur den eigenen Fluch zu brechen und die miteinander verwobenen Geheimnisse mehrerer Beteiligter zu lüften.

Fachwerkhäuser, Dampfmaschinen, ein französisch anmutendes Stadtbild samt musikalischer Untermalung und eine bunte Vielfalt bei der Ausarbeitung der Kulissen zeichnen das Bild einer kunstvollen Industrielandschaft des ausklingenden 19. Jahrhunderts, die sich im Umbruch befindet. Wie man es von Regisseur und Studio gewohnt ist, trumpft Das wandelnde Schloss mit surrealen Ideen, einer zauberhaften Farbwelt und vielen liebevollen Details auf. Auch die Charakterzeichnung ist optisch wie inhaltlich ein herrlicher Genuss.
Der Zuschauer beobachtet nicht nur, wie auf zauberhafte Weise aus der unscheinbaren Sophie eine selbstbewusste und mutige Persönlichkeit wird, sondern auch den Meister Hayao Miyazaki einmal mehr bei seinem schöpferischen Talent.

Wenig überraschend hat sich aber leider auch bei diesem Film die deutsche Synchronisation einmal mehr nicht mit Ruhm bekleckert. Neben den ewig gleichen, teils schläfrig anmutenden Stimmen die einem in scheinbar jedem eingedeutschten Anime begegnen, zieht vor allem die junge Sophie ein bitteres Los. Die 1958 geborene Sprecherin Sunnyi Melles schafft es ganz hervorragend, die alte Sophie zu präsentieren und ihrer Figur Leben einzuhauchen, doch so gut wie ihr das hier gelingt, so unsagbar schlecht funktioniert die Stimme bei einer jungen Frau von etwa 18 Jahren. Es schüttelt mich immer wieder, wenn ich den Film einlege und die junge Sophie zu sprechen beginnt.
Ganz schön wäre es außerdem gewesen, wenn man sich bei den Namen der Figuren mehr ans englische Original gehalten und die durch die japanische “Silbensprache” bedingten Namensänderungen (aus Howl wird Hauro, aus Michael wird Markl, etc.) wieder ausgeglichen hätte.

Buchvorlage:
Das wandelnde Schloss ist die Verfilmung des Romans Howl’s Moving Castle (Sophie im Schloss des Zauberers) von Diana Wynne Jones. Die Autorin führte neben Hayao Miyazaki ebenfalls Regie bei der Umsetzung des Films.
Inhaltlich unterscheiden sich Buch und Film in verschiedenen Punkten, doch die wichtigsten und lustigsten Inhalte wurden übernommen, sodass Fans des Buches den Film durchaus genießen und gleichzeitig neu entdecken können.

Über den Tellerrand

Da ich letztens die Gelegenheit hatte, einen meiner alten Lieblingsfilme im Kino zu sehen, gibt es heute eine wilde Verknüpfung zweier Blogkategorien – der Nostalgie-Nagelprobe und des Blicks über den Tellerrand in Filmgefilde.
In den frühen 70ern gab es eine kurze Welle von SF-Filmen mit ökologischem und gesellschaftskritischem Hintergrund, und in diese Zeit fällt auch Silent Running*, die Geschichte der letzten Wälder, die auf riesigen Raumschiffen für eine Zukunft bewahrt werden, in der die verwüstete Erde wieder begrünt werden soll, und so lange durchs All schweben, bis der Regierung das Geld ausgeht und die Schiffe wieder kommerziellen Zwecken zugeführt werden sollen. Freeman Lowell, der von Anfang an die Wälder und ihre tierischen Bewohner gehegt und gepflegt hat, kann die Entscheidung nicht akzeptieren und geht schließlich bis zum Äußersten.

Die ersten Szenen des Films – Naturidyll mit hoppelnden Kaninchen, kriechenden Schnecken und ätherischer Musik – stimmen darauf ein, dass die Science Fiction, die nun folgt, andere Akzente setzt als im Genre üblich. Raumschlachten, Aliens, Actionhelden und dergleichen mehr tauchen auch später nicht auf, und spätestens wenn die Hauptfigur ins Bild kommt, wird sich entscheiden, ob man den Film liebt oder hasst: Vorstellen kann man es sich heute eigentlich gar nicht mehr, dass ein Film tatsächlich von einem Weltraumgärtner getragen wird, dessen pazifistischer Attitüde eine zu harte Prüfung bevorsteht.
Filmplakat Silent RunningZu Beginn muss man noch das ein oder andere Auge zudrücken, denn 1972 war die Ökobotschaft noch nicht so weit verbreitet wie heute und ist dementsprechend dick aufgetragen. Silent Running entwickelt allerdings sehr schnell seine wahren Stärken in der feinen Charakterisierung der Hauptfigur in einer Extremsituation, was auch nicht zuletzt einer großartigen Schauspielleistung von Bruce Dern zu verdanken ist. Auffallend sind auch die für heutige SF-Sehgewohnheiten völlig ungewohnten künstlerischen Akzente in der Bild- und Metaphernsprache des Films, die die One-Man-Show spannend und atmosphärisch dicht werden lassen, aber vor allem offen für Interpretationen. Dadurch bleibt es den ZuschauerInnen überlassen, die Ereignisse und die Figur zu bewerten. Die inneren Kämpfe des Helden muss man stets mitdenken, nichts wird vorgekaut oder ist bereits fix und fertig festgelegt. Dadurch und durch die Interaktion mit den drei Robotergefährten nähert man sich (wie in vielen guten SF- und allen guten Robotergeschichten) dem Menschlichen an.
Die drei Drohnen (später Huey, Louie, Dewey – also Tick, Trick und Track) sind ohnehin eines der am liebevollsten umgesetzten Details des Films – da hat bestimmt George Lucas sehr genau hingeschaut, ehe er sich an die Schöpfung von R2D2 gemacht hat. Ebenso detailverliebt und überzeugend ist der Soundtrack (u.a. mit Songs von Joan Baez – muss man nicht mögen, aber in seiner Gesamtheit trägt der Soundtrack einiges zur melancholisch-gravitätischen Atmosphäre des Films bei).
Weniger genau schaut man am besten bei den Fragen der Technik hin, denn diesbezüglich hat Silent Running sicher nicht das beste aller Drehbücher. Wenn es dagegen dem radikalen Ende entgegen geht, einem weiteren Element, das in einem aktuellen SF-Film nahezu undenkbar wäre, bleibt an der Klasse und am Klassikerstatus nichts mehr zu rütteln – vor allem nicht nach dem starken Schlussbild, bei dem man von allen Waldwelten der Fantasy und SF träumen möchte.

Ist Silent Running also ein naives Stück SF-Geschichte, ein vergessener Auswuchs aus einem kurzlebigen Subgenre? Vielleicht in der Grundaussage, im Rettet-die-Wälder-Apell, aber nicht in der Ausführung. Es bietet mehr Tiefgang als das meiste, was man in letzter Zeit an SF zu sehen bekommen hat, hat künstlerisch um einiges mehr versucht und geht mit den wenigen Andeutungen auf eine verheerte Erde, die kein Grün mehr nötig hat, auch heute noch unter die Haut. Wer Angst vor Ökokitsch hat, wird damals wie heute enttäuscht sein von diesem Vorläufer von so unterschiedlichen Filmen wie Wall-E oder Moon. Wer dagegen auch nur ein wenig Resonanz spürt bei dem Gedanken, die letzten Wälder lautlos durchs Weltall schweben zu sehen, dem sei versichert, dass diese Saite gehörig zum Schwingen gebracht wird: Staub runterpusten und unbedingt anschauen!

*Silent Running, dt. Lautlos im Weltraum (1972); Regie: Douglas Trumbull (zum Film bei imdb)

Über den Tellerrand

City of Ember ist ein dystopischer Science Fiction Film aus dem Jahr 2008, welcher hierzulande leider nicht den Weg in die Kinos fand, sondern gleich auf DVD/Blueray erschien. Dabei hat diese Verfilmung des gleichnamigen Romans von Jeanne DuPrau (dt. Lauf gegen die Dunkelheit) einiges zu bieten: eine wundervoll stimmige Farbgebung und wirkungsvolle Kulisse, eine klassische Abenteuerqueste, die jedem Jules Verne-Fan das Herz höher schlagen lässt, sehr gute Schauspieler und richtig viel Steampunk!

Die Stadt Ember wurde vor beinahe 250 Jahren weit unter der Erde erbaut, um die Menschheit zu retten – dazu wurden seinerzeit 200 Menschen in die unterirdische Stadt evakuiert. Warum genau kann man als Zuschauer nur erahnen, denn das Wissen um die Vergangenheit ist inzwischen längst verloren gegangen. Ebensowenig wissen die Menschen von Ember, wie man Elektrizität und Feuer richtig nutzen kann, oder wie sie ihre inzwischen marode gewordene Stadt und den immer öfter ausfallenden Generator, der ihre Stadt künstlich erhellt, reparieren können. Bei einem Ausfall wird die Stadt in vollkommene Dunkelheit getaucht und die Bewohner Embers fürchten, dass der Generator eines Tages ganz ausfallen wird.
In dieser Zeit machen die beiden Schüler Lina und Doon ihren Schulabschluss und bekommen per Los ihre zukünftigen Jobs zugewiesen. Da sie beide einen Beruf gezogen haben, der ihnen missfällt, dem jeweils anderen aber gefällt, tauschen sie kurzerhand und werden im Verlauf der Handlung zu Verbündeten.
Die verwaiste Lina, die ein Nachkomme des siebten Bürgermeisters von Ember ist, findet in dem Haus ihrer Großmutter eine alte Metallbox, die von ebenjenem Bürgermeister einst entwendet wurde, der damit auch die ursprünglichen Pläne für Ember verloren gehen ließ. In der Box findet Lina nun die schlecht erhaltenen Anweisungen der “Erbauer”, die 200 Jahre nach Embers Bezug hätten umgesetzt werden sollen. Zusammen mit Doon macht Lina sich daran, die Geheimnisse dieser Box zu lüften und die zerfallende Stadt zu verlassen. Selbstverständlich stellen sich ihnen hier einige Hürden in den Weg, wie etwa ein korrupter Bürgermeister, ein sich in den Tunneln herumtreibendes schneckenähnliches Monster, die Entdeckung alter Mechanik, reißende Flussströmungen und die spannende Enträtselung bruchstückhafter Hinweise, die vielleicht ins Nichts führen.

City of Ember überzeugt dabei durch eine wundervoll schmutzig-braune Farbwelt, die von wenigen leuchtenden Farben geprägt ist. Gaslichtatmosphäre wartet überall, eine eindeutig nostalgische Typographie, ebenso wie spannende Konstruktionen maroder Technik, Rost und Flickwerk. City of Ember: Flucht aus der DunkelheitSelbst die immer wieder neu und grob zusammengehaltene Kleidung der Menschen zeugt von den Jahren einer reinen Nutzgesellschaft, die nie gelernt hat selbst etwas herzustellen und von den Hinterlassenschaften der Erbauer lebt. Wer das Computerspiel Bioshock zufällig kennt, wird die Optik des Films am ehesten mit diesem Spiel vergleichen können.

Was den Film zusätzlich so sympathisch macht, ist, dass er sich nicht unbedingt an Kinder richtet, sondern durchaus sozialkritische Aspekte aufweist, ein logisch durchdachtes Konzept für eine unterirdisch existierende Stadt abliefert und mit überzeugenden Darstellern besetzt ist, die den Verfall und die Probleme Embers wunderbar präsentieren können.
Mein einziger Kritikpunkt an diesem Film, der mich bestens unterhalten hat und daher unbedingt empfohlen wird, war das etwas abrupte Ende. Da die Romanvorlage allerdings aktuell aus vier Bänden besteht, wollte man sich wohl auch bei der Filmadaption die Option eines Nachfolgers offen halten. Wer ein Herz für klassische Abenteuerqueste und Steampunk bzw. Gaslichtwelten hat, wird City of Ember mögen.

Über den Tellerrand

Freunde der Abenteuergeschichten können frohlocken: nachdem Käferl bereits letztes Mal Gentlemen of the Road vorgestellt hat, geht es mit The Lost City of Z von David Grann auch heute wieder in abenteuerliche Gefilde.
Es geht um den brasilianischen Regenwald, verschollene Städte, macheteschwingende Abenteurer, kriegslustige Indios, Geheimagenten, entführte Millionäre, Schatzkarten und mysteriöse Schriftzeichen. Und das beste: es ist alles wahr. Auch wenn das für Indiana-Jones-Fans bedeutet, dass sie leider auf Aliens und atomgebombte Kühlschränke verzichten müssen.

Im Mittelpunkt des Buches steht Colonel Percy Harrison Fawcett, der letzte jener großen klassischen Entdecker, die sich ohne besondere Ausbildung und -rüstung aufmachten, die letzten weißen Flecken auf der Landkarte zu erforschen. Geboren 1867 in Torquay (ja, dem Torquay), ging er nach seinem Schulabschluss zum Militär, das ihn nicht nur als Offizier auf Sri Lanka und Malta stationierte, sondern auch als Spion nach Marokko schickte.
Ab 1906 erkundete er schließlich auf mehreren Expeditionen im Auftrag der Royal Geographical Society die im tiefsten Dschungel gelegenen Grenzgebiete Boliviens und Brasiliens. Von diesen Expeditionen brachte er drei Dinge heim:
Erstens einen reichen Abenteuerschatz für Vorträge, die ihm nicht nur ein nettes Zubrot einbrachten und ihn bekannt machten, sondern auch seinen Freund Arthur Conan Doyle zu dessen Roman Die vergessene Welt inspirierten.
Zweitens die Überzeugung unsterblich zu sein. Während um ihn herum etliche Expeditionsteilnehmer Krankheiten, Verletzungen, Schlangen und dem Hunger zum Opfer fielen, blieb er stets verschont. Legendär auch sein Umgang mit feindlich gesonnen Eingeborenen: wenn ihm die Giftpfeile links und rechts an den Ohren vorbei zischten, hob er die Hände, ging unerschrocken auf die Angreifer zu und rief immer wieder in verschiedenen Indiodialekten “Freund”. Et hätt noch immer joot jejange.
Und das dritte Mitbringsel: die Legende von der verschollenen Stadt Z. Gestützt auf Erzählungen der Ureinwohner, Berichte früher Conquistadoren und vereinzelte archäologische Funde, gelangte Fawcett zu der Überzeugung, dass es irgendwo tief im Urwald versteckt eine alte Kultur gäbe, die nie mit den westlichen Eroberern in Kontakt gekommen war. Doch ehe er sich auf die Suche machen konnte, kam es zur großen Katastrophe: der Erste Weltkrieg brach aus. Fawcett meldete sich freiwillig, zog für King and Country in den Krieg – und fortan ging es bergab. Traumatisiert kehrte er von den Schlachtfeldern Flanderns zurück, die RGS weigerte sich, die Suche nach ominösen verschollenen Städten zu unterstützen und zwei privatfinanzierte Expeditionen mussten nach kurzer Zeit abgebrochen werden. Langsam ging Fawcett das Geld und, viel schlimmer, die Zeit aus. Denn nicht nur war er mittlerweile Mitte 50, er musste auch fürchten, dass ihm der amerikanische Millionär Alexander Hamilton Rice mit seinen von neuster Technik unterstützten Amazonasexpeditionen die Entdeckung vor der Nase wegschnappte.
1925 unternahm Fawcett schließlich einen letzten Versuch. Finanziert von amerikanischen Zeitungen reiste er von Rio über São Paulo nach Cuiabá in Mato Grosso, von wo aus er mit seinem Sohn Jack und dessen bestem Freund Raleigh Rimmel (welch ein Name!) in den Dschungel aufbrach – und für immer verschwand.
Seither machten sich unzählige Abenteurer auf, Fawcett und seine verschollene Stadt zu finden. Erfolg hatte keiner von ihnen und viele teilten gar sein Schicksal.

Eine faszinierende Geschichte, der Grann immer wieder seine eigene Reise auf Fawcetts Spuren gegenüber stellt. Man hat zwar ab und an die Befürchtung, ob Grann das Ganze nicht ein wenig über den Kopf zu wachsen droht, da er obendrein auch noch Berichte von Conquistadoren und über die Rettungsexpeditionen einbaut, aber er bekommt doch immer noch einmal die Kurve und liefert ein gutgeschriebenes, unterhaltsames und vor allem lehrreiches Buch ab, an dessen Ende man die Idee einer untergegangenen Kultur im Amazonas selbst für gar nicht mehr so abwegig hält.

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The Lost City of Z ist 2009 als Hardcover bei Doubleday erschienen (ISBN: 978-0-385-51353-1, 352 S.), ein Taschenbuch gibt es von Simon & Schuster (ISBN: 9781847394439, 352 S.).
Die deutsche Übersetzung von Henning Dedekind ist als Die versunkene Stadt Z im Hardcover bei Kiepenheuer & Witsch (ISBN: 978-3-462-04199-6, 416 S., 19,95€) und als Taschenbuch bei Goldmann (ISBN: 978-3-442-15666-5, 416 S., 9,99€) erhältlich.

Über den Tellerrand

Vater und Sohn marschieren durch eine verwüstete Landschaft – die ehemaligen USA. Eine nicht näher beschriebene Katastrophe hat die Welt an den Rand des Untergangs geführt. Was dafür verantwortlich war, spielt auch eine verhältnismäßig geringe Rolle im Vergleich zu den Auswirkungen: graue Wolken verdecken die Sonne, die Temperaturen sind deutlich gesunken, Pflanzen und Tiere sind so gut wie ausgerottet und mit der Umwelt ist auch die Bevölkerung in einen Abgrund getrudelt. Wer noch nicht umgekommen ist oder sich das Leben genommen hat, muss gegen die lebensfeindlichen Bedingungen und die übrigen Überlebenden ankämpfen, denn längst wurde das Sprichwort „Jeder ist sich selbst der Nächste“ zum obersten Prinzip erhoben. Durch diese Welt also marschieren Vater und Sohn auf dem Weg nach Süden, wo die Bedingungen besser sein sollen …

The Road ist die Verfilmung des gleichnamigen Romans von Cormac McCarthy, den ich aber bisher nur angelesen habe. Es geht hier also nicht um die Werktreue, zumal mich der Film unabhängig von seiner Vorlage als feinfühliger Blick auf die Folgen der Katastrophe, anhand der Erlebnisse von Vater und Sohn überzeugen konnte.

Dabei glänzt der Film vor allem durch seine facettenreiche Charakterzeichnung, die gerade bei den dramatischen Konsequenzen für die Familie der beiden Geschlechterstereotype umschifft und einfühlsam die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt. Szenen, in denen Viggo Mortensen und Charlize Theron erneut ihre schauspielerischen Qualitäten zeigen.
Neben diesem in Rückblenden erzählten Konflikt zwischen Vater und Mutter, der sich durch den gesamten Film zieht und einen wichtigen Beitrag zur Charakterisierung des Vaters leistet, steht natürlich der namensgebende Weg nach Süden samt seiner Abenteuer und Ereignisse im Mittelpunkt des Films. Dabei bahnt sich zunehmend ein Konflikt zwischen den beiden Protagonisten an, als der Junge seine unterschiedliche Auffassung vom Umgang mit der Katastrophe und anderen Überlebenden nicht mehr der Autorität des Vaters unterwerfen will und man langsam einen Erwachsenen in dem Kind erkennt.

Der Film schafft es, die bedrückende Atmosphäre und die in mehrerer Hinsicht kalte, postapokalyptische Welt einzufangen, dabei überwiegen trotz einiger (drastischer) Actionpassagen (mit deutlichen Horrorelementen) jene Abschnitte des Films, die sich mit den Figuren und ihrem Umgang mit dieser neuen und den Erinnerungen an die alte Welt auseinandersetzen.
Das Ende ist wahrscheinlich die größte Schwäche von The Road, das den komplexen Film auf eine allzu simple Art abschließt und ihm damit nicht gerecht wird.

Über den Tellerrand

Warum verbringt man so viele Stunden mit einem Spiel, dass man in der Zeit gut und gerne 20 Romane hätte lesen können?
In Spielen kann man genauso wie in Büchern grandiosen Geschichten begegnen, und Skyrim ist sozusagen der Leviathan unter den Fantasy-Spielen, das Äquivalent zur mehrbändigen Saga, in die man abtaucht und aus der man im besten Fall Einiges mitnimmt. Vordergründig widersetzt es sich aktuellen Spieletrends, es gibt auch in diesem fünften Teil der Elder-Scrolls-Reihe beharrlicherweise keinen Mehrspielermodus, keine Cut-scenes, und der primär angebotene rote Faden ist eine klassische Heldengeschichte, bei der der Spieler oder die Spielerin sein/ihr Schicksal zu erfüllen hat. Dem Erfolg hat das aber keinen Abbruch getan, und das völlig zurecht: Wäre diese Heldenreise im eisigen Norden ein Roman, würde man immer noch ein Kapitel lesen, auf der nächsten Seite ein neues Wunder entdecken und sich behaglich ins Sofa kuscheln, wenn der aufflammende Bürgerkrieg und das gnadenlose, wilde Land dunkle Untertöne in die Saga einbringen.

Screenshot aus Skyrim
Aurora borealis - die beste Beleuchtung zum Abenteuern

Der rote Faden der Hauptgeschichte ist dabei nur eine grobe Richtlinie: an jeder Ecke gibt es Einladungen, den Pfad zu verlassen, und so schreibt jeder Held seine eigene Geschichte. Ob er sich als Vogelfreier mit himmelhohem Kopfgeld durch Skyrim metzelt oder als Gutmensch, -ork oder -elf sogar soweit geht, Handzettel für den Tempel von Mara, der Göttin der Liebe, zu verteilen, bleibt jedem selbst überlassen. Jede Geschichte ist individuell, jede Entscheidung definiert den Helden ein Stückchen mehr.

Das macht, wenn man SpielerInnentypen betrachtet, Skyrim eher zu einem Genuss für Leute, die gerne in einer gut simulierten Welt eintauchen, als für solche, die grandiosen Gegenständen und guten Werten hinterherjagen. Die Weltschöpfung kann sich sehen lassen und würde neben epischen Fantasyromanen mit langen Glossaren eine gute Figur machen – die Elder-Scrolls-Reihe blickt mittlerweile auf eine lange Geschichte zurück, und dieses Gefühl von Geschichtlichkeit kann im Spiel auch glaubhaft vermittelt werden. Man trifft sowohl auf die (ideologisch verfälschte) Überlieferung von Ereignissen, an denen man als SpielerIn der vorhergehenden Teile selbst beteiligt war, als auch auf etliche Hinweise, wie die Lücken zwischen den Spielen zu füllen sind.
Skyrim belohnt Neugierde, Entdeckergeist, Ideenreichtum. Man wird immer wieder auf verschiedenste Screenshot aus SkyrimLösungswege für Aufgaben stoßen, wenn man experimentierfreudig ist, genau hinsieht und zwischen den Zeilen liest. Nur selten werden die Entscheidungen forciert, auf dem Silbertablett präsentiert oder führen zu einer prägnanten Gabelung in zwei alternative Stränge wie beim Bürgerkrieg, bei dem man die Wahl zwischen einer prinzipienlosen Diktatur und vaterlandstreuen Rassisten hat (oder die Bande einfach sich selbst überlassen kann). Meistens entscheidet man sich für Tun oder Nichttun und bekommt Entscheidungshilfen, wenn man den Gesprächen lauscht oder die Dinge genau unter die Lupe nimmt.
Die Geschichten stecken häufig in den Details, in gefundenen Notizen, verlassenen Lagerplätzen, kleinen Dramen am Straßenrand und großen an den Höfen. Man stößt auf liebevoll ausgearbeitete Szenen und Einzelheiten, die keine größere (spieltechnische) Relevanz haben, als eine kleine Geschichte zu erzählen, doch die Summe dieser Geschichten macht Skyrim zu einer so lebendigen, vielfältig erfahrbaren Welt.

Wem das noch nicht genügt, der kann sogar im Spiel eine Leseratte sein – es gibt Unmengen von Büchern in Skyrim, und einige davon hätten beinahe eine bp-Rezension verdient, so gerne blättert man sich durch. Kolb and the Dragon ist Screenshot aus Skyrimein waschechtes Abenteuerspielbuch, bei dem man sich entscheidet, wie es weitergehen soll, und dann zur richtigen Seite gelenkt wird. Das bretonische Kochbuch Uncommon Taste bietet erbaulich geschilderte Rezepte und ist sogar signiert erhältlich. Legend of Krately House ist ein grusliges Theaterstück, bei dem es einem eiskalt den Rücken hinunterläuft. Glücklicherweise kann man ein Haus mit Bücherregal kaufen, um diese Schätze aufzubewahren, auch wenn einem – ein Problem, das merkwürdig vertraut wirkt – der Regalplatz allzu schnell ausgeht.
Wenn man das Buch zuschlägt und das Lagerfeuer verlässt, geht das Abenteuer erst los. Vor allem in den Hauptquesten warten interessante Wendungen und inspirierte Dialoge, die von großartigen Sprechern synchronisiert wurden (in der Voice-Cast findet man z.B. Max von Sydow oder Claudia Christian – auch die deutsche Synchronisation ist gelungen, von einigen Ausnahmen wie den Bardenliedern einmal abgesehen). Und nicht nur die Hauptrollen sind perfekt besetzt: Allerorten kommentieren meist charmante und gut informierte Wachen das Weltgeschehen und mit der Zeit auch die Heldenlaufbahn, überhaupt reagiert die Umwelt sehr lebendig auf die Ereignisse, die sich abspielen. Und wenn man gerade nichts besseres zu tun hat und die Lektüre alle ist, kann man immer noch den Pilgerpfad auf den höchsten Gipfel nehmen und dem Anführer eines Ordens, der den Einsatz der Stimme vervollkommnet hat, zuhören. Er könnte dabei auch aus dem bretonischen Kochbuch vorlesen, es wäre trotzdem ein Ereignis.

Screenshot aus Skyrim
Ein schönes Paar! Im Tempel von Mara werden auch gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen.

Als besonderer Bonus ist Skyrim auch noch erfreulich unsexistisch, sowohl beim Aussehen der Figuren als auch in der Welt herrscht Gleichstellung und es ist eine wahre Freude, wie wenig das Geschlecht zum Thema gemacht wird. Das macht gerade für Spielerinnen viel her und stellt die kognitive Dissonanz ab, die man sonst beim Spielen häufig verspürt.
Wie es sich auch für einen epischen Fantasyroman gehören würde, ist einer der Hauptdarsteller von Skyrim das Land selbst. Und ganz besonders der Himmel – noch nie war Wolkengucken in einem Spiel schöner: Das Farbenspiel von Sonnenuntergängen über dem Eismeer, die klare Luft nach einem Schneesturm, das Nordlicht über der Tundra.
Man begegnet Kriegerpoeten, mit denen man die verlorenen Teile der (in Stabreimen gedichteten!) Edda wiederbeschafft, kann der Stadtwache beim Aufspüren eines Serienmörders zur Hand gehen (und mitunter grandios danebenliegen bei der Auflösung), macht besser einen großen Bogen um Riesen mit ihren wohlbehüteten Mammutherden, fiebert beim ersten Drachenkampf mit wie nur selten vor dem Bildschirm, und wird sich beim Abschluss der Hauptquest ein wenig fühlen, als wäre man gerade einer nordischen Saga entstiegen.

Habe ich mehr erlebt als in 20 Büchern? Die Frage stellt sich nicht und war letztlich nur ein müßiges Zahlenspiel für diesen Artikel, denn das Erleben in Spielen ist trotz der Parallelen ein anderes als in Romanen, und das Erleben in Skyrim ein anderes als in anderen Spielen, die keine so offene und riesige Welt bieten. Wenn man epische Fantasy mag, durchdachte und liebevolle Details schätzt und das Interesse mitbringt, die unzähligen Geschichten der Welt selbst zu erkunden und zu ergründen – und sich für Drachen erwärmen kann –, wird man lange Freude an Skyrim haben und eine Menge Bücher weniger lesen 😉 .
Für alle, die längst wissen, was es mit „Sky above, Voice within“ auf sich hat oder für die ich mit diesem Artikel ohnehin nur Cliffracer nach Ald’ruhn getragen habe, gibt es als Schmankerl noch ein wenig Dovahkiin-Alltag im untenstehenden Filmchen, und zwei Valentinskarten, zu denen man auch als Verächter des Herzchenkommerzes nicht Nein sagen kann. Mond über Solitude oder Drache über Whiterun bieten genug romantisches Flair, um sich vor allem nach einem zu sehnen – einem weiteren Ausflug nach Skyrim.

Über den Tellerrand

Wie bereits im ersten Teil angekündigt, hier ein paar weitere Gedanken zum Thema.

Grundsätzlich fällt es einem leicht, Geschichten aus einem gewissen Universum als nicht-kanonisch anzusehen, wenn die Rechte an diesen Geschichten schon lange ausgelaufen sind. Man nehme als Beispiel nur einmal die tausende von Sherlock Holmes Geschichten, die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte entstanden sind. Schwieriger wird es nun, wenn die Autoren oder deren Nachkommen explizit das Erbe des Autors in fremde Hände legen.

Anhand von vier Beispielen möchte ich näher beleuchten, wie unterschiedlich eine Fortsetzung bestimmter Serien erfolgen kann und unter welch gravierend abweichenden Vorzeichen:

1) Marion Zimmer Bradley – Avalon und Darkover
Im Falle von MZBs literarischem Erbe haben gleich zwei Autorinnen diese Rolle übernommen. Marion Zimmer Bradley hat schon früh mit diversen anderen Autoren zusammen gearbeitet und so ist es nicht verwunderlich, dass die Weiterführung ihrer bekanntesten Serien aus dieser Gruppe hervorging. Im Falle der Darkover-Serie ist es Deborah J. Ross (auch bekannt als Deborah Wheeler), die nach ihrer Kollaboration mit MZB (einer Trilogie im Darkover-Universum) in diesem Setting weiterschreibt und das Darkover-Universum weiter erforscht.
Im Falle der Avalon-Serie ist es Diana L. Paxson, die nach dem Tode von Bradley weiterhin die Geschichte Avalons und deren Bedeutung für Britannien beleuchtet.
Interessant in diesem Zusammenhang ist vielleicht auch die Tatsache, dass Marion Zimmer Bradley, einst glühender Verfechter von Fan-Fiction ihre Meinung nach einem Streit mit einem Fan über die Handlung eines geplanten Buches grundsätzlich änderte. Das Buch wurde danach nie veröffentlicht und MZB hat daraufhin sämtliche Fan-Fiction im Darkover-Universum untersagt.

The rumor, however, was that MZB had a skirmish with a fan who claimed authorship of a book identical to one Bradley had published and accused Bradley of “stealing” the idea, and the resultant lawsuit cost Bradley a book. Either way, her attorney advised her against reading fan fiction of her work. Versions of this incident are credited by many to have led to a “zero tolerance” policy on the part of a number of other professional authors, including Andre Norton, and David Weber. Mercedes Lackey used to strictly disallow any posting of fan fiction in her universes on the Internet, though she did allow fanfic stories published in approved fanzines with signed releases for each story).


2) Frank Herbert – Der Wüstenplanet

Hier haben wir es mit einer anderen Form der Weiterführung zu tun. Nachdem man jahrelang davon ausging, dass die Geschichte Dunes erzählt war, erschien im Jahre 1999 die erste Fortsetzung der Reihe von Frank Herberts Sohn Brian Herbert in Zusammenarbeit mit Kevin J. Anderson. Angeblich hat man im Nachlass von Frank Herbert Aufzeichnungen für weitere Bücher des Dune-Universums gefunden, auf denen diese neuen Romane basieren sollen.

Then Brian was cleaning out his garage to make an office space and he found all these boxes that had “Dune Notes” on the side. And we used a lot of them for our House books.

Neuere Romane des Autoren-Duos dürften überhaupt nichts mehr mit den Ideen des ursprünglichen Autors zu tun haben.
Die meisten Leser sehen diese Nachfolge-Romane als nicht-kanonisch an, und rätseln zumeist nur über die Rotationsgeschwindigkeit von Frank Herberts Leichnam.
(Im übrigen wäre hier mal eine Feldforschung interessant, wie viele Autoren Manuskripte oder Ideen für weitere Bücher irgendwo in alten Koffern vor ihren Erben versteckt haben. Es ist schon erstaunlich, nach wie vielen Jahren da immer wieder angebliche Manuskripte auftauchen. Eines der jüngsten Beispiele: Dracula.)

3) Douglas Adams – Per Anhalter durch die Galaxis
Eine ganz andere Form des literarischen Erbes haben wir im Falle von Douglas Adams und seiner “Trilogie in fünf Teilen”.
Relativ überraschend wurde im Jahre 2009 verkündet, dass es eine Fortsetzung der Serie durch den Autor Eoin Colfer geben wird, in Zusammenarbeit mit Adams Witwe Jane Belson. Auch wenn bekannt ist, dass Adams einen sechsten Band der Serie wirklich geplant hatte, steht zu vermuten das der sechste Teil nicht auf irgendwelchen Ideen dazu basiert.

Adams also remarked that if he were to write a sixth instalment, he would at least start with all the characters in the same place.[13] Eoin Colfer, who wrote the sixth book in the Hitchhiker’s series in 2008–09, used this latter concept but apparently none of the plot ideas from The Salmon of Doubt.

4) Robert Jordan – Das Rad der Zeit
Im Falle von James Oliver Rigney, Jr. (aka Robert Jordan) haben wir es mit einer besonders tragischen Form der Fortführung seines Erbes zu tun. Dass der Autor schon lange Zeit gegen eine quasi unheilbare Krankheit ankämpfte, war öffentlich bekannt und wurde auch von Fans mit großer Sorge verfolgt.
Leider schaffte es Jordan wirklich nicht, seine 14teilige Reihe (die ursprünglich als Trilogie angelegt war!) zu vollenden.
Allerdings hat der Autor in weiser Voraussicht Unmengen an Notizen hinterlassen und einem ausgewählten Kreis die komplette Geschichte der weiteren Bücher erzählt. Der für die weiteren Bücher ausgewählte Brandon Sanderson dürfte also in Verbindung mit Jordans Witwe Harriet McDougal ein Ende der Serie schaffen, dass so nah wie irgend möglich am Original liegen sollte.

Before his death, Jordan, whose real name was James Rigney Jr., signed over the book rights to his wife, Harriet, and requested that she find a capable author to finish the series for his fans. After his death, a eulogy posted on the website of Brandon Sanderson caught the attention of Harriet Rigney, and a successor was named. Rigney announced that Sanderson, a 32-year-old fantasy writer from Provo, Utah, would complete the final book, slated to be released in 2009.

Was die immer wieder aufkommenden Gerüchte über weitere Bücher aus diesem Universum angeht, sollte man abwarten was wirklich daraus entsteht.

Tja, und was ist davon nun Kanon?
Auch hier dürften unterschiedliche Leser unterschiedliche Ansichten haben, zumal in den Beispielen deutlich wird, auf welch unterschiedliche Art den jeweiligen Nachfolgern Glaubwürdigkeit und Deutungshoheit zugeschrieben wird. Während bei Herbert, Adams und Jordan vor allem die Berufung auf Notizen des ursprünglichen Autors dessen Autorität auf die Nachfolgewerke übertragen soll, liegt bei Marion Zimmer Bradley der Fall anders. Hier ist es besonders die langjährige und enge Zusammenarbeit mit den beiden weiterführenden Autorinnen sowie die schon lange gehandhabte Offenheit des Universums (im Fall von Darkover), die die Werke in den Kanon hieven soll. Gleichzeitig kündigt sich im Streit Bradleys um Fanfiction und in der Rezeption der Dune-Fortsetzung die Bedeutung einer dritten Partei, neben Verlag (siehe erster Teil) und Autoren, in der Streitfrage “Ist das Kanon?” an: Die Fanbasis. Mit ihrer Rolle wird sich der dritte Teil dieser Blogserie näher auseinandersetzen.

Reaktionen Über den Tellerrand

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, zwei besondere Exemplare von Spitzbuben zu präsentieren: Zelikman und Amram. Gemeinsam sind der hagere jüdische Chirurg mit melancholischer Neigung aus dem Frankenreich und der hünenhafte afrikanisch-jüdische Axtschwinger die Gentlemen of the Road, Abenteurer mit spitzen Zungen und scharfen Klingen, die sich im 10. Jahrhundert nach Christus in der Kaukasus-Region mit Gaunereien durchschlagen und in den Erbfolgekonflikt des Reichs der Khasaren geraten, in dem ein Hut, ein rachsüchtiger junger Prinz und ein Elefant namens Cunegunde eine Rolle spielen.
Begonnen hat Gentlemen of the Road als Fortsetzungsgeschichte im New York Times Magazine. Die Buchversion enthält ein charmantes Nachwort, in dem erklärt wird, wie der profilierte und gern von der Hochliteratur für sich beanspruchte Autor Michael Chabon dazu kam, einen klassischen Abenteuerroman mit dem Arbeitstitel “Juden mit Schwertern” zu schreiben.

Gentlemen of the Road von Michael ChabonGentlemen of the Road bleibt diesem inzwischen angestaubten Genre auch bedingungslos treu: es ist eine rasante, bunte Abfolge von Abenteuern, in der sich gewitzte Dialoge mit Action abwechseln, während man, unterstützt durch die trotz ihres sparsamen Strichs äußerst lebendigen Schwarzweiß-Illustrationen von Gary Gianni, Bild um Bild vor Auge hat. Auf dem knappen Raum von 200 Seiten drängen sich große Ereignisse, erzählt mit Situationskomik und trockenem Humor, in einem eleganten, aber dennoch komplexen Stil, der sich an den literarischen Vorbildern orientiert, ohne in seinen schwelgerischen Beschreibungen beliebig zu werden, und mitunter Kapiteltitel hervorbringt, die etwa On Anxieties Arising from the Impermissibility, However Unreasonable, of an Elephant’s Rounding Out a Prayer Quorum lauten.
Für die Exotik des Abenteuers sorgen nicht nur Karawansereien im Niemandsland zwischen Europa und Asien und das vielfältige Sammelsurium an Figuren aus der ganzen bekannten Welt, sondern auch die Wahl des Schauplatzes, des im Geschichtsunterricht stiefmütterlich behandelten jüdischen Reichs der Khasaren.
Im Kern von Gentlemen of the Road steht bei allen Lachern und aller Episodenhaftigkeit eine gelungene Geschichte, in der es keinen Leerlauf gibt und die in ihrer Knappheit bewegt, wenn die schurkischen Protagonisten ganz in der Abenteuertradition ihre Moral erproben und trotzdem Schurken bleiben müssen.
Will man den großen Abenteuergeschichten von Karl May über Dumas bis Salgari stilvoll huldigen, mit einem Roman, der zwar keine Fantasy ist, aber weit über die Widmung an Michael Moorcock hinaus ihr Flair atmet, sollte man Zelikman und Amram ein Stück auf der Straße begleiten.

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Michael Chabon, 2007: Gentleman of the Road, ISBN: 978-0-345-50174-5

Die deutsche Ausgabe von 2010, Schurken der Landstraße, ISBN: 978-3-462-04189-7, scheint die Illustrationen der Originalausgabe nicht zu enthalten. Zur
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