Eine Bohne schaut fern: Das wandelnde Schloss

Das wandelnde Schloss von Studio Ghibli2004 erschien im Studio Ghibli, welches auch durch Filme wie Chihiros Reise ins Zauberland oder Mein Nachbar Totoro bekannt ist, ein weiterer Animationsfilm: Das wandelnde Schloss (ハウルの動く城 /Hauru no Ugoku Shiro)

Auf dem Weg zu ihrer Schwester wird die junge Hutmacherin Sophie von zwei Soldaten in einer Gasse belästigt. Aus dem Nichts taucht ein Mann auf, der sie aus der Situation befreit, indem er vorgibt, ihr Begleiter zu sein. Doch die Rettungsmission ist nicht ganz uneigennützig, denn der Mann wird verfolgt und möchte sich in Sophies Begleitung verbergen. Für Sophie bleibt die Begegnung nicht ohne schwerwiegende Folgen, denn eine eifersüchtige Hexe belegt Sophie mit einem Fluch und verwandelt sie kurzerhand in eine alte Frau.

Auf äußerst humorvolle Weise zeigt der Film Sophies relativ nüchterne Reaktion auf die veränderte Situation und ihre beinahe fröhliche Akzeptanz der Tatsache, eine steinalte Frau geworden zu sein. Da sie ihren Zustand jedoch vor ihrer Familie geheim halten will, macht sich Sophie auf in das Tal der Furchen, wo bekanntermaßen nur Zauberer und Hexen hausen, doch als alte Dame (die bereits verflucht ist) fürchtet sie nichts mehr. So kommt es, dass Sophie eine sehr lebendige Vogelscheuche trifft und ein wandelndes Schloss entert, in dem Feuerdämon Calcifer, der vorlaute Zauberlehrling Markl und Zauberer Hauro hausen, der die Herzen schöner Mädchen verspeist. Sie quartiert sich dort eigenmächtig als Putzfrau ein und sorgt für mehr Wirbel und Sauberkeit, als das Schloss und seine bequemen Bewohner vertragen.
Das alles bildet den Nährboden für viel Witz, Wortgefechte zum Tränen lachen und Abenteuer – vor allem, da die alte Dame mehr Elan an den Tag legt, als sie es als junge Frau je gewagt hätte. Doch der näher rückende Krieg lässt auch Grund zur Sorge aufkommen. Obwohl man die Details des Krieges nicht kennt und auch nicht so richtig erfährt, wer da mit wem warum im Streit steht (der Strang wirkt insgesamt auch etwas notdürftig in die Handlung hineingezwängt), bietet er die Möglichkeit, sich mit der tragischen Natur des Krieges auseinander zu setzen. Hauro, der sein Möglichstes versucht, um den Krieg zu beenden, büßt dabei immer mehr seiner magischen Kräfte und seiner Menschlichkeit ein, bis nur noch Sophie ihn retten kann. Doch dazu gilt es mehr als nur den eigenen Fluch zu brechen und die miteinander verwobenen Geheimnisse mehrerer Beteiligter zu lüften.

Fachwerkhäuser, Dampfmaschinen, ein französisch anmutendes Stadtbild samt musikalischer Untermalung und eine bunte Vielfalt bei der Ausarbeitung der Kulissen zeichnen das Bild einer kunstvollen Industrielandschaft des ausklingenden 19. Jahrhunderts, die sich im Umbruch befindet. Wie man es von Regisseur und Studio gewohnt ist, trumpft Das wandelnde Schloss mit surrealen Ideen, einer zauberhaften Farbwelt und vielen liebevollen Details auf. Auch die Charakterzeichnung ist optisch wie inhaltlich ein herrlicher Genuss.
Der Zuschauer beobachtet nicht nur, wie auf zauberhafte Weise aus der unscheinbaren Sophie eine selbstbewusste und mutige Persönlichkeit wird, sondern auch den Meister Hayao Miyazaki einmal mehr bei seinem schöpferischen Talent.

Wenig überraschend hat sich aber leider auch bei diesem Film die deutsche Synchronisation einmal mehr nicht mit Ruhm bekleckert. Neben den ewig gleichen, teils schläfrig anmutenden Stimmen die einem in scheinbar jedem eingedeutschten Anime begegnen, zieht vor allem die junge Sophie ein bitteres Los. Die 1958 geborene Sprecherin Sunnyi Melles schafft es ganz hervorragend, die alte Sophie zu präsentieren und ihrer Figur Leben einzuhauchen, doch so gut wie ihr das hier gelingt, so unsagbar schlecht funktioniert die Stimme bei einer jungen Frau von etwa 18 Jahren. Es schüttelt mich immer wieder, wenn ich den Film einlege und die junge Sophie zu sprechen beginnt.
Ganz schön wäre es außerdem gewesen, wenn man sich bei den Namen der Figuren mehr ans englische Original gehalten und die durch die japanische “Silbensprache” bedingten Namensänderungen (aus Howl wird Hauro, aus Michael wird Markl, etc.) wieder ausgeglichen hätte.

Buchvorlage:
Das wandelnde Schloss ist die Verfilmung des Romans Howl’s Moving Castle (Sophie im Schloss des Zauberers) von Diana Wynne Jones. Die Autorin führte neben Hayao Miyazaki ebenfalls Regie bei der Umsetzung des Films.
Inhaltlich unterscheiden sich Buch und Film in verschiedenen Punkten, doch die wichtigsten und lustigsten Inhalte wurden übernommen, sodass Fans des Buches den Film durchaus genießen und gleichzeitig neu entdecken können.

2 Kommentare zu Eine Bohne schaut fern: Das wandelnde Schloss

  1. Marybritney sagt:

    “Das wandelnde Schloss” ist schon seit langem einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Ich bin immer wieder begeistert davon, wie viele liebevolle Details und verrückte Ideen Hayao Miyazaki in seine Filme steckt.
    Ich wusste gar nicht, dass “Das wandelnde Schloss” auf einer Romanvorlage basiert. Vielen Dank für den Tipp! Da werde ich mir wohl gleich die englische Version davon besorgen müssen :).

  2. moyashi sagt:

    Eine sehr gute Entscheidung! Das Buch lohnt sich wirklich (erst recht im Original). Habe es bestimmt schon fünf mal gelesen und es verliert nie seinen Zauber. 🙂
    Ich wünsche dir ganz viel Freude damit!

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