Bibliotheka Phantastika Posts

Liebe Besucher der Bibliotheka Phantastika!

Seit heute Mittag gegen 15.00 ist das angeschlossene Forum gar nicht oder nur teilweise verfügbar.
Beim Webhoster 1&1 liegt wohl die Störung eines internen Systems vor – das zwischenzeitlich wieder ging – nun aber schon wieder nicht verfügbar ist.
Leider können wir auch wenig dazu sagen, da die Meldungen dazu sehr dünn sind.
Selbst der Twitter-Account des Webhosters ist eher schweigsam.
Wir hoffen, das der Dienst morgen wieder einwandfrei zu Verfügung steht.
Inzwischen bitten wir die Störung zu entschuldigen, deren Behebung leider nicht in unserer Macht steht.

Zettelkasten

neue Rezensionen:
The Waterborn (Greg Keyes) rezensiert von mistkaeferl
Das Geheimnis der schönen Fremden (Cecilia Dart-Thornton) rezensiert von moyashi

neue Portraits:
Charles Williams portraitiert von gero (wurde anlässlich seines 125. Geburtstages bereits am 20. September veröffentlicht.)

neues SYLD:
Hermkes Romanboutique empfohlen von elora, Fremdling & mistkaeferl

aus der alten BP umgezogene Rezensionen:
Die Nachtwächter (Terry Pratchett) rezensiert von Gaspode
Moon Called (Patricia Briggs) rezensiert von hwm
The Prince of Shadow (Curt Benjamin) rezensiert von mistkaeferl

Neue Inhalte

The Dragon Waiting von John M. FordBibliotheka Phantastika erinnert an John M. Ford, dessen Todestag sich heute zum fünften Mal jährt. Der am 10. April 1957 in East Chicago, Indiana, geborene SF- und Fantasy-Autor, Spieledesigner und Dichter John Milo Ford hat bei seinem Tod am 25. September 2006 ein relativ schmales Oeuvre hinterlassen, zu dem drei SF-Romane, zwei Star-Trek-Romane, ein Thriller, ein Urban-Fantasy-Roman sowie eine Menge Kurzgeschichten und Gedichte zählen – und einer der besten Fantasyromane, die jemals geschrieben wurden.
The Dragon Waiting: A Masque of History (1983; dt. Der Thron des Drachen (1985)) ist ein historischer Fantasyroman, aber einer, der in einer alternativen Welt spielt und Erfundenes auf so clevere und überzeugende Weise mit realen geschichtlichen Ereignissen vermischt, dass die Grenzen immer wieder verschwimmen. Wir befinden uns im Europa des 15. Jahrhunderts, in dem in dieser Alternativwelt ein blühendes, immer weiter expandierendes und seine Einfluss-Sphäre erweiterndes Byzantinisches Imperium die größte Macht ist – und auf der anderen Seite haben wir ein von den Rosenkriegen zerrissenes England. Das Christentum ist nur eine von mehreren gleichermaßen unbedeutenden religiösen Sekten, es gibt Vampirismus (der eine Krankheit darstellt, die allerdings todgeweihten Menschen das Leben retten kann) und Magie – aber es gibt auch die Medicis und die Sforzas und Savonarola und Margarete von Anjou. In diesem überzeugend entworfenen und geschilderten Setting geraten vier sehr unterschiedliche Figuren – ein walisischer Magier, ein abtrünniger byzantinischer Söldner, eine florentinische Ärztin und ein bayrischer, an Porphyrie leidender Artillerist – in einen geheimnisvollen Mordfall und werden im weiteren Verlauf der Handlung zu eher unwilligen Verbündeten, die anfangs nur Eines eint: sie haben alle gute Gründe, das Byzantinische Imperium nicht gerade zu lieben. Von daher ist es nur logisch, dass sie schließlich in England landen, wo die dynastischen Streitigkeiten sich erneut zuspitzen.

Dass dieser episodenhafte, aber mit wunderbar erzählten Szenen und Sequenzen aufwartende Roman – für den Ford 1984 völlig zu recht mit dem World Fantasy Award ausgezeichnet wurde – vor allem in Deutschland nie auch nur annähernd den Erfolg hatte, den er verdient gehabt hätte, hat zweifellos damit zu tun, dass sich das an Verweisen und Andeutungen reiche (und in dieser Hinsicht durchaus mit Gene Wolfes Book of the New Sun vergleichbare) Werk in letzter Konsequenz nur dann erschließt, wenn man sich in der geschilderten historischen Epoche sehr gut auskennt. Obwohl man den Roman natürlich auch dann mit Genuss lesen kann, wenn man kein Spezialist für die Rosenkriege ist.
Über The Dragon Waiting hinaus hat John Ford kaum noch Fantasy verfasst; nur ein paar Erzählungen zu Liavek (einer Shared World ähnlich der Thieves’ World), von denen drei in dem Band Casting Fortunes (1989) gesammelt wurden, und das Gedicht “Winter Solstice, Camelot Station”, für das er 1989 noch einmal den World Fantasy Award (für die beste Kurzgeschichte) erhielt (und das hier online zu finden ist). Doch The Dragon Waiting reicht mehr als aus, ihm auf ewig einen Platz in der Hall of Fame der Fantasy zu sichern.

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Das Einhorn Band 1: Der letzte Tempel des Asklepios von Mathieu Gabella/Anthony JeanSo richtiges Fremdlesen ist es mit Das Einhorn von Mathieu Gabella (Text) & Anthony Jean (Illustrationen) eigentlich nicht, denn dabei handelt es sich um waschechte Historienfantasy, allerdings fehlt der Comicserie noch ein Band zum Abschluss und erst dann gibt es eine Rezension dazu.

Das Medium ist in diesem Fall ein echter Gewinn, denn in keinem Comic, den ich bisher gelesen habe, sind Setting, Geschichte sowie Thema und künstlerische Umsetzung so gelungen miteinander verschränkt. Das beginnt schon bei den Covern, auf denen anatomische Studien à la Leonardo da Vinci das Hintergrundmotiv bilden. Tatsächlich spielt die Geschichte im Europa des 16. Jahrhunderts (vornehmlich in Italien, aber auch in anderen Ländern), Hauptfigur ist Ambrosius Paré, ein französischer Chirurg, der die Umwälzungen der Renaissance im wissenschaftlichen Bereich lebt: Anstatt aus den Schriften antiker Gelehrter bezieht er sein Wissen über den menschlichen Körper aus dem Sezieren von Leichen, dementsprechend wenig hält er auch von den Behandlungsmethoden der scholastisch gebildeten Mediziner. Sein Verhältnis zu den Angehörigen der Pariser medizinischen Fakultät ist folgerichtig von gegenseitiger Verachtung geprägt. Bei der Untersuchung eines grausamen Mordfalls in Paris gerät er unversehens in einen Konflikt zwischen zwei mächtigen Organisationen, bei dem es um nicht weniger als die Natur des Menschen selbst geht.

Das Einhorn Band 2: Ad Naturam von Mathieu Gabella/Anthony JeanDas historische Setting wird von einem Zeichenstil getragen, der den Panels ihren handwerklichen Aspekt belässt – was ich bei Comics besonders schätze – und der mit seinen zumeist warmen Grundtönen den historischen Charakter der Geschichte zusätzlich unterstreicht. Gleichzeitig fließt die Renaissance und deren Wissenschaft noch viel direkter in die Comics ein, indem Kreaturen ein handlungstragendes Element darstellen, die nach dem Vorbild der Körperstudien Leonardo da Vincis entworfen sind. Zusätzlich zum allgemein-tollen Eindruck des Zeichenstils bietet jeder Band noch ein besonderes optisches Schmankerl im Verlauf der Erzählung.

Man merkt also schon, Medizin und Wissenschaft spielen eine zentrale Rolle in dieser Comicreihe. Wer noch kein Hintergrundwissen zu Wissenschaft und Medizin hat, braucht sich aber nicht fürchten ( 😉 ), die wichtigsten Begriffe werden im Text erklärt und alle drei Bände liefern bandspezifische historische Infos am Schluss.

Überraschenderweise ist Das Einhorn kein Lobgesang auf die Errungenschaften “modernen” wissenschaftlichen Denkens, sondern sowohl das antik-scholastische Körper- und Wissenschaftsbild als auch das „modernere“ der Renaissance werden (auf unerwartete Weise) ernst genommen. Es werden aber nicht nur immer wieder historische medizinische Theorien und deren Vertreter in die Handlung eingeflochten, sondern auch mythologische Bestiarien (siehe Titel), und dieser Mix funktioniert erstaunlich gut. Hier und bei der daran anknüpfenden Verschwörungstheorie kommt endgültig das Fantasyelement der Reihe zum Tragen.

Eine kleine Warnung noch: Wie das Setting vielleicht erahnen lässt, sind manche Darstellungen doch sehr explizit und gerade im ersten Band gibt es viele brutale Szenen, in den späteren Bänden nimmt dies deutlich ab.

Drei von vier Bänden der Comicreihe sind bisher bei Splitter – in der verlagstypischen hochwertigen Aufmachung – erschienen:
Band 1: Der letzte Tempel des Asklepios (ISBN: 978-3-939823-75-9)
Band 2: Ad Naturam (ISBN: 978-3-939823-77-3)
Band 3: Die schwarzen Wasser von Venedig (ISBN: 978-3-939823-78-0)
Wer eine Kostprobe von Zeichenstil und Story haben möchte, der besuche die Seite des Verlags oder klicke hier (Leseprobe zum ersten Band).

Über den Tellerrand

Bibliotheka Phantastika gratuliert Elizabeth Bear, die heute 40 Jahre alt wird. Die am 22. September 1971 in Hartford, Connecticut, geborene Sarah Bear Elizabeth Wishnevsky machte seit Anfang dieses Jahrtausends mit einer Reihe von SF- und Fantasykurzgeschichten auf sich aufmerksam und wurde 2005 mit dem John W. Campbell Award als beste neue Autorin ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erschien eine SF-Trilogie um die zum Cyborg aufgerüstete Halb-Irokesin Jenny Casey, deren erster Band (Hammered) den Locus Award als bester Romanerstling gewann. Seither hat Bear knapp 20 Romane veröffentlicht, wobei sie munter zwischen SF und Fantasy hin und her springt.
2006 erschien mit Blood and Iron der erste Band eines The Promethean Age betitelten Zyklus, der in meist in sich geschlossenen Bänden die Geschichte des Prometheus ClubsBlood and Iron von Elizabeth Bear nachzeichnet, einer Vereinigung menschlicher Magier, die einen jahrhundertelangen Kampf gegen die Königin des Feenreichs führt und dabei auch maßgeblich auf die Weltgeschichte einwirkt. Von den angedachten  dreizehn Bänden sind bisher vier erschienen: Blood and Iron und Whiskey and Water (2007) verbinden nahtlos modernes Großstadtleben mit einer archaischen Märchen- und Mythenwelt; die direkt zusammenhängenden Bände Ink and Steel und Hell and Earth (beide 2008) sind dagegen im elisabethanischen Zeitalter angesiedelt und warten u.a. mit  Shakespeare und Marlowe als (magiebegabten) Protagonisten auf. Mit der gelungenen Einbindung keltischer, nordischer, aber auch christlich-mittelalterlicher Mythenstoffe und literarischer Vorbilder setzt Bears ambitioniertes Projekt die Tradition der (wenn auch bei ihr teils historisierenden) Urban Fantasy im Stil eines Neil Gaiman oder Charles de Lint fort, die in den letzten Jahren rar geworden ist.
Parallel zu bzw. abwechselnd mit den Romanen aus dem Promethean Age veröffentlichte sie weitere SF-Romane (u.a. den Auftakt der Jacob’s Ladder Trilogy), ehe sie sich an zwei Fantasy-Zyklen machte, die sich jeweils der nordischen Mythologie als Hintergrund bedienen: die gemeinsam mit Sarah Monette verfasste Iskryne Series und die Edda of Burdens. A Companion to Wolves (2007), der erste Iskryne-Band, führt die Leser und Leserinnen in eine kalte und gefährliche Welt, deren Bewohner von den brutalen Wolfcarls – Männern, die eine telepathische Verbindung zu großen Wölfen besitzen – abhängig sind, denn nur diese können sie vor Trollen und Lindwürmern beschützen. Da die unterschwellige erotische Komponente, die sich in fast allen Romanen feststellen lässt, in denen Menschen und Tiere eine geistige Verbindung eingehen, bei Bear und Monette explizit ausgespielt und zu einem wichtigen Plot-Element wird, wurde A Companion to Wolves in der anglo-amerikanischen Leserschaft ziemlich kontrovers diskutiert. Es ist anzunehmen, dass dies auch beim gerade erschienenen zweiten Band des Zyklus, The Tempering of Men, der Fall sein wird.
All the Windwracked Stars (2008), der Auftakt der Edda of Burdens, spielt in einer post-postapokalyptischen Alternativzukunft, in der Ragnarök längst stattgefunden hat und die All the Windwracked Stars von Elizabeth Bearwenigen Überlebenden versuchen müssen, auf einer unaufhaltsam in Eis und Kälte versinkenden Welt ihren vom Schicksal vorgezeichneten Rollen gerecht zu werden – oder sich ihnen zu entziehen. Auch wenn der Roman anfangs ein bisschen unter Bears Bemühen leidet, auch stilistisch der Edda nachzueifern, ist ihr hier ein beeindruckendes Werk gelungen, das einerseits die Schicksalhaftigkeit und Ausweglosigkeit der nordischen Mythen atmet, und andererseits mit überzeugend gezeichneten, gebrochenen Charakteren aufwartet, die wahrhaft tragische Entscheidungen zu treffen haben. Beim zweiten Roman, By the Mountain Bound (2009), handelt es sich nicht um eine Fortsetzung, sondern um ein Prequel, das in die Zeit kurz nach der großen Auseinandersetzung zurückführt, während der dritte, The Sea Thy Mistress (2010), die Fäden des ersten Bandes wieder aufnimmt.
In ihren bisherigen Romanen und Kurzgeschichten hat Elizabeth Bear – die in Form einer Handvoll längerer Erzählungen auch einen Abstecher in ein u.a. von Vampiren bevölkertes, New Amsterdam betiteltes Pseudo-Steampunk-Setting unternommen hat – sich als vielversprechende neue Erzählerin erwiesen, von der man noch Einiges erwarten kann. Wenn im März 2012 mit Range of Ghosts ihre neue epische, vor einem asiatischen Hintergrund angesiedelte Fantasytrilogie The Eternal Sky an den Start geht, in deren Mittelpunkt an Hunnen oder Mongolen erinnernde Steppennomaden stehen, wird ihr damit möglicherweise endlich die Aufmerksamkeit breiterer Leserkreise – und vielleicht auch eine Veröffentlichung in deutscher Sprache – zuteil.

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Heute wollen wir euch auf eine Neuerung hinweisen, die es seit ein paar Tagen auf der Hauptseite gibt. Wie ihr euch vorstellen könnt, legen wir viel Wert auf die Kommentare, die ihr in unseren Blog-Artikeln hinterlasst. Damit sowohl eure Kommentare als auch die Artikel selber in Zukunft nicht mehr ganz so sang- und klanglos untergehen, haben wir in der Seitenleiste nun eine weitere Sparte eingebaut, in der die letzten fünf Kommentare aus dem Blog angezeigt werden.

Nicht mehr ganz so neu, aber dennoch nicht zu verachten ist unsere offizielle Seite bei Facebook, auf der wir ebenfalls über sämtliche Updates auf der Hauptseite informieren. Natürlich freuen wir uns besonders darüber, wenn ihr die Seite “liked”, einen praktischen Nutzen habt ihr davon aber auch: ihr verpasst keine Updates mehr!

Wir hoffen, diese Neuigkeiten freuen euch genauso wie uns!

Neue Inhalte

Zum 125. Geburtstag von Charles Williams
Bibliotheka Phantastika erinnert an Charles Williams, ein Mitglied des engeren Kreises der “Inklings” und Verfasser von Romanen wie The Place of the Lion und All Hallows’ Eve, dessen Geburtstag sich heute zum 125. Mal jährt, und dem wir aus diesem Grund ein Portrait gewidmet haben.

Zum 60. Geburtstag von A.A. Attanasio
Bibliotheka Phantastika gratuliert A.A. Attanasio, der heute 60 Jahre alt wird. Am Anfang der schriftstellerischen Karriere des am 20. September 1951 in Newark, New Jersey, geborenen Alfred Angelo Attanasio stand mit Radix (1981; dt. Radix (1984)) ein in ferner Zukunft auf einer drastisch veränderten Erde spielender SF-Roman (der zusammen mit seinen drei Fortsetzungen die Radix Tetrad bildet), in dem bereits Attanasios Vorliebe für einen höchst eigenwilligen Umgang mit bekannten Genretropen deutlich wurde – etwas, das er auch in den meisten weiteren Werken beibehalten sollte. Wyvern (1988; dt. Jaki (1989)) erzählt die Geschichte von Jaki Gefjon, der als Kind zweier Kulturen auf Borneo und den asiatischen Meeren des 17. Jahrhunderts nach seiner Identität sucht, und oszilliert sowohl zwischen Entwicklungs- und Schelmenroman wie auch zwischen historischem Fantasy- und Abenteuerroman. Als historischen Fantasyroman kann man auch Hunting the Ghost Dancer (1991) betrachten – allerdings wird hier die Handlung in eine prähistorische Epoche verlegt –, während es sich bei Kingdom of the Grail (1992; dt. Im Königreich des Grals (1993)) trotz des Titels um einen historischen, zur Zeit der Kreuzzüge in England spielenden Roman handelt, und The Moon’s Wife (1993) zeitgenössische Phantastik bietet.
1994 wandte sich Attanasio erstmals so richtig der FantasyThe Wolf and the Crown von A.A. Attanasio zu, und das auf für ihn typische Weise, denn The Dragon and the Unicorn (dt. Der Drache und das Einhorn (1995)) bildet den Auftakt zu seiner Arthor Series, die wohl eine der eigenwilligsten Versionen des Artus-Mythos darstellt und gleich in diesem ersten Band mit einer bizarren Kosmogonie aufwartet. So ist bei Attanasio das titelgebende Einhorn eigentlich eine der Sonne entstammende, nicht-körperliche Kreatur, die nur gefesselt auf der Erde körperliche Gestalt annimmt, während Merlin sich als Avatar eines uralten Geistes erweist, der alle materiellen Dinge verabscheut. Die weiteren Bände – The Eagle and the Sword (1997, auch als Arthor (1995), dt. König Arthor (1996)), The Wolf and the Crown (1998, auch als The Perilous Order: Warriors of the Round Table) und The Serpent and the Grail (1999) – gehen weit konventioneller mit dem Mythos und seinen Motiven um; allerdings ist Arthor ungewohnt brutal gezeichnet und Magie spielt eine viel größere Rolle als in den anderen Umsetzungen des Stoffes.
Auch wenn Attanasio die im ersten Band der Arthor Series gewählte Herangehensweise (die den Roman ähnlich schwer zugänglich macht wie seinen Erstling Radix) in den Folgebänden nicht durchhält, war sie möglicherweise zu ungewohnt und abschreckend für die Fantasy-Leserschaft (die in der Breite mit Experimenten erzählerischer oder inhaltlicher Natur generell wohl eher wenig anfangen kann). Darauf deutet auch hin, dass Attanasios nächster Ausflug in die Fantasy – drei jeweils in sich abgeschlossene Romane unter dem Obertitel Dominions of Irth – nicht nur in jeder Hinsicht konventioneller ausfiel, sondern in den USA nur unter dem Pseudonym Adam Lee veröffentlicht wurde. The Dark Shore (1996), The Shadow Eater (1998) und Octoberland (1998) erzählen thematisch nicht unbedingt originelle Geschichten wie die des verbannten Außenseiters, der zurückkehrt, um sich an seinen Peinigern und der gesamten Gesellschaft zu rächen, oder die des Mannes, der nach dem Verlust all dessen, was ihm lieb und teuer war, einen neuen Sinn im Leben zu finden versucht – und das alles vor dem Hintergrund einer “Schattenerde” (der Irth des Obertitels), deren Konzept leicht an Roger Zelaznys Amber-Zyklus erinnert.
Mittlerweile ist es ziemlich still um Attanasio geworden; außer ein bisschen SF und einem Roman zur Comic- bzw. Fernseh-Serie The Crow beschränken sich seine Veröffentlichungen seit Anfang des neuen Jahrtausends auf Killing With the Edge of the Moon (2006) – eine für ihn völlig untypische, auf Motiven der keltischen Mythologie fußende, märchenhafte Geschichte – und The Conjure Book (2007) – ein vermutlich mit Blick auf den Harry-Potter-Boom geschriebenes, belangloses Jugendbuch. Alfred Angelo Attanasio ist zweifellos ein schwieriger Autor, der es seinen Lesern und Leserinnen zumeist weder thematisch noch stilistisch leicht macht und auch in den USA und England trotz seines für den Nebula Award nominierten Erstlings nie den großen Durchbruch geschafft hat. In Deutschland ist keiner seiner Zyklen vollständig erschienen.

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Avempartha von Michael J. SullivanBibliotheka Phantastika gratuliert Michael J. Sullivan, der heute 50 Jahre alt wird. Mit The Crown Conspiracy startete der am 17. September 1961 in Detroit, Michigan, geborene Sullivan 2008 seinen auf sechs Bände geplanten Zyklus The Riyria Revelations, und auf diesen Auftaktband folgten in kurzen Abständen weitere vier Romane – Avempartha (2009), Nyphron Rising (2009), The Emerald Storm (2010) und Wintertide (2010) –, die alle in einem amerikanischen Kleinverlag veröffentlicht und hier auch bereits rezensiert wurden. Der sechste Band (Percepliquis) ist angekündigt – genau wie die Tatsache, dass sich mittlerweile ein großer Verlag gefunden hat, der jeweils zwei der sechs (nicht sonderlich umfangreichen) Romane zusammenfassen und den Zyklus ab November diesen Jahres noch einmal als Trilogie (mit den Titeln Theft of Swords, Rise of Empire, Heir of Novron) auf den Markt bringen wird. Dieser Erfolg sei Sullivan gegönnt, denn seine Riyria Revelations bieten Abenteuerfantasy pur, die sich erzählerisch und inhaltlich in bewusster Abkehr vom gerade angesagten Grim & Gritty an der klassischen Fantasy orientiert, wie sie beispielswiese in den frühen Romanen eines David Eddings oder Raymond Feist zu finden war – und das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen. Was nicht zuletzt an den überaus sympathischen Hauptfiguren der Geschichte – den Meisterdieben Royce Melborn und Hadrian Blackwater – und ihren sehr gegensätzlichen Charakteren liegt. Innovativ oder originell kann man die Revelations gewiss nicht nennen, aber in Zeiten überambitionierter Großprojekte, deren Ende kaum abzusehen ist, bietet der Zyklus trotz einiger unbestreitbarer Schwächen eine willkommene Abwechslung.

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Der Erbe von Mary StewartBibliotheka Phantastika gratuliert Mary Stewart, die heute 95 Jahre alt wird. Die am 17. September 1916 als Mary Florence Elinor Rainbow in Sunderland, England, geborene Autorin war bereits ein häufiger Gast auf den Bestsellerlisten (in erster Linie mit Romanen, die der Schauerromantik zuzurechnen sind), als 1970 mit The Crystal Cave der erste Band ihrer in der Grauzone zwischen Fantasy und historischem Roman angesiedelten Merlin Trilogy erschien, die mit The Hollow Hills (1973) und The Last Enchantment (1979) fortgesetzt und kurz danach auch noch als Sammelband unter dem Titel Mary Stewart’s Merlin Trilogy (1980) veröffentlicht wurde. In Stewarts Version der Artus-Saga ist Merlin (in Anlehnung an die Historia Regum Britanniae des Geoffrey of Monmouth) der Sohn von Ambrosius Aurelianus und Neffe von Uther Pendragon, was ihn zu einem Cousin von Artus macht. Der erste Band schildert Merlins Jugend und seine Bemühungen, mit seiner hellseherischen Begabung umzugehen, und endet mit Artus’ Zeugung. Im zweiten Band beschützt und lenkt Merlin den heranwachsenden Artus und schafft die Voraussetzungen für dessen Zukunft als König von Britannien – etwa dadurch, dass er sich auf die Suche nach dem legendären Schwert Caliburn (bzw. Excalibur) begibt. Im dritten Band – der die Zeitspanne der Herrschaft Artus’ umfasst – stehen Merlins Konflikt mit Morgause und seine Liebe zu Nimuë im Mittelpunkt der Handlung. Die großartig erzählte Trilogie war nicht nur in England, sondern auch in Deutschland – wo sie unter den Titeln Flammender Kristall (1971), Der Erbe (1974) und Merlins Abschied (1982) erschienen ist – ein großer Erfolg und ist bis heute eines der Referenzwerke der modernen Umsetzung des Artus-Mythos, was nicht zuletzt am Ich-Erzähler Merlin liegt, einer überzeugend und schlüssig geschilderten und in ihrem Scheitern letztlich tragischen Figur.
1983 folgte mit The Wicked Day (dt. Tag des Unheils (1985)) eine Fortsetzung der ursprünglichen Trilogie, in der die Geschichte Mordreds und seiner Rebellion gegen Artus erzählt wird. Bei Stewart ist Mordred allerdings nicht der sonst häufig auftretende Schurke, sondern eine tragische, vom Schicksal getriebene Figur. Nur noch sehr locker mit dem Zyklus verknüpft und weit von der Klasse der Vorgängerbände entfernt ist schließlich The Prince and the Pilgrim (1995; dt. Der Prinz und die Pilgerin (1997)), ein Roman, der sich vor allem um die Liebesgeschichte der titelgebenden Figuren dreht.
Weitere Romane mit übernatürlichen Elementen sind Touch Not the Cat (1976; dt. Rühr nicht die Katze an (1977)) und Thornyhold (1988; dt. Die Herrin von Thornyhold (1989)), die beide mit einer übernatürlich begabten Hauptfigur aufwarten und in der Tradition Daphne du Mauriers stehen, während in dem Jugendbuch A Walk in Wolf Wood (1980; dt. Geistermond über dem Wolfswald (1981), auch als Wolfswald (1986)) die Werwolf- mit der Zeitreise-Thematik verknüpft wird.
Die letztgenannten Romane sind durchaus lesbar, halten jedoch einem Vergleich mit der ursprünglichen Merlin Trilogy nicht stand, die trotz ihres relativ geringen Fantasy-Anteils eigentlich Pflichtlektüre für alle am Artus-Mythos interessierten Leser und Leserinnen sein müsste.

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