Bibliotheka Phantastika gratuliert Mary Stewart, die heute 95 Jahre alt wird. Die am 17. September 1916 als Mary Florence Elinor Rainbow in Sunderland, England, geborene Autorin war bereits ein häufiger Gast auf den Bestsellerlisten (in erster Linie mit Romanen, die der Schauerromantik zuzurechnen sind), als 1970 mit The Crystal Cave der erste Band ihrer in der Grauzone zwischen Fantasy und historischem Roman angesiedelten Merlin Trilogy erschien, die mit The Hollow Hills (1973) und The Last Enchantment (1979) fortgesetzt und kurz danach auch noch als Sammelband unter dem Titel Mary Stewart’s Merlin Trilogy (1980) veröffentlicht wurde. In Stewarts Version der Artus-Saga ist Merlin (in Anlehnung an die Historia Regum Britanniae des Geoffrey of Monmouth) der Sohn von Ambrosius Aurelianus und Neffe von Uther Pendragon, was ihn zu einem Cousin von Artus macht. Der erste Band schildert Merlins Jugend und seine Bemühungen, mit seiner hellseherischen Begabung umzugehen, und endet mit Artus’ Zeugung. Im zweiten Band beschützt und lenkt Merlin den heranwachsenden Artus und schafft die Voraussetzungen für dessen Zukunft als König von Britannien – etwa dadurch, dass er sich auf die Suche nach dem legendären Schwert Caliburn (bzw. Excalibur) begibt. Im dritten Band – der die Zeitspanne der Herrschaft Artus’ umfasst – stehen Merlins Konflikt mit Morgause und seine Liebe zu Nimuë im Mittelpunkt der Handlung. Die großartig erzählte Trilogie war nicht nur in England, sondern auch in Deutschland – wo sie unter den Titeln Flammender Kristall (1971), Der Erbe (1974) und Merlins Abschied (1982) erschienen ist – ein großer Erfolg und ist bis heute eines der Referenzwerke der modernen Umsetzung des Artus-Mythos, was nicht zuletzt am Ich-Erzähler Merlin liegt, einer überzeugend und schlüssig geschilderten und in ihrem Scheitern letztlich tragischen Figur.
1983 folgte mit The Wicked Day (dt. Tag des Unheils (1985)) eine Fortsetzung der ursprünglichen Trilogie, in der die Geschichte Mordreds und seiner Rebellion gegen Artus erzählt wird. Bei Stewart ist Mordred allerdings nicht der sonst häufig auftretende Schurke, sondern eine tragische, vom Schicksal getriebene Figur. Nur noch sehr locker mit dem Zyklus verknüpft und weit von der Klasse der Vorgängerbände entfernt ist schließlich The Prince and the Pilgrim (1995; dt. Der Prinz und die Pilgerin (1997)), ein Roman, der sich vor allem um die Liebesgeschichte der titelgebenden Figuren dreht.
Weitere Romane mit übernatürlichen Elementen sind Touch Not the Cat (1976; dt. Rühr nicht die Katze an (1977)) und Thornyhold (1988; dt. Die Herrin von Thornyhold (1989)), die beide mit einer übernatürlich begabten Hauptfigur aufwarten und in der Tradition Daphne du Mauriers stehen, während in dem Jugendbuch A Walk in Wolf Wood (1980; dt. Geistermond über dem Wolfswald (1981), auch als Wolfswald (1986)) die Werwolf- mit der Zeitreise-Thematik verknüpft wird.
Die letztgenannten Romane sind durchaus lesbar, halten jedoch einem Vergleich mit der ursprünglichen Merlin Trilogy nicht stand, die trotz ihres relativ geringen Fantasy-Anteils eigentlich Pflichtlektüre für alle am Artus-Mythos interessierten Leser und Leserinnen sein müsste.
-
Rezensionen
-
Die fünf neuesten Rezensionen
Die jüngsten Kommentare
- Carlos Feliciano on Zum 100. Geburtstag von Kenneth Bulmer
- Kevin Korak on Zum 70. Geburtstag von Bernard Cornwell
- Klassiker-Reread: Esther Rochons „Der Träumer in der Zitadelle“ (3/3) – Sören Heim – Lyrik und Prosa on Zum 65. Geburtstag von Esther Rochon
- Neiden on Zum Gedenken an Hans Bemmann
- gero on Zum 65. Geburtstag von Gillian Bradshaw