Zum 40. Geburtstag von Elizabeth Bear

Bibliotheka Phantastika gratuliert Elizabeth Bear, die heute 40 Jahre alt wird. Die am 22. September 1971 in Hartford, Connecticut, geborene Sarah Bear Elizabeth Wishnevsky machte seit Anfang dieses Jahrtausends mit einer Reihe von SF- und Fantasykurzgeschichten auf sich aufmerksam und wurde 2005 mit dem John W. Campbell Award als beste neue Autorin ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erschien eine SF-Trilogie um die zum Cyborg aufgerüstete Halb-Irokesin Jenny Casey, deren erster Band (Hammered) den Locus Award als bester Romanerstling gewann. Seither hat Bear knapp 20 Romane veröffentlicht, wobei sie munter zwischen SF und Fantasy hin und her springt.
2006 erschien mit Blood and Iron der erste Band eines The Promethean Age betitelten Zyklus, der in meist in sich geschlossenen Bänden die Geschichte des Prometheus ClubsBlood and Iron von Elizabeth Bear nachzeichnet, einer Vereinigung menschlicher Magier, die einen jahrhundertelangen Kampf gegen die Königin des Feenreichs führt und dabei auch maßgeblich auf die Weltgeschichte einwirkt. Von den angedachten  dreizehn Bänden sind bisher vier erschienen: Blood and Iron und Whiskey and Water (2007) verbinden nahtlos modernes Großstadtleben mit einer archaischen Märchen- und Mythenwelt; die direkt zusammenhängenden Bände Ink and Steel und Hell and Earth (beide 2008) sind dagegen im elisabethanischen Zeitalter angesiedelt und warten u.a. mit  Shakespeare und Marlowe als (magiebegabten) Protagonisten auf. Mit der gelungenen Einbindung keltischer, nordischer, aber auch christlich-mittelalterlicher Mythenstoffe und literarischer Vorbilder setzt Bears ambitioniertes Projekt die Tradition der (wenn auch bei ihr teils historisierenden) Urban Fantasy im Stil eines Neil Gaiman oder Charles de Lint fort, die in den letzten Jahren rar geworden ist.
Parallel zu bzw. abwechselnd mit den Romanen aus dem Promethean Age veröffentlichte sie weitere SF-Romane (u.a. den Auftakt der Jacob’s Ladder Trilogy), ehe sie sich an zwei Fantasy-Zyklen machte, die sich jeweils der nordischen Mythologie als Hintergrund bedienen: die gemeinsam mit Sarah Monette verfasste Iskryne Series und die Edda of Burdens. A Companion to Wolves (2007), der erste Iskryne-Band, führt die Leser und Leserinnen in eine kalte und gefährliche Welt, deren Bewohner von den brutalen Wolfcarls – Männern, die eine telepathische Verbindung zu großen Wölfen besitzen – abhängig sind, denn nur diese können sie vor Trollen und Lindwürmern beschützen. Da die unterschwellige erotische Komponente, die sich in fast allen Romanen feststellen lässt, in denen Menschen und Tiere eine geistige Verbindung eingehen, bei Bear und Monette explizit ausgespielt und zu einem wichtigen Plot-Element wird, wurde A Companion to Wolves in der anglo-amerikanischen Leserschaft ziemlich kontrovers diskutiert. Es ist anzunehmen, dass dies auch beim gerade erschienenen zweiten Band des Zyklus, The Tempering of Men, der Fall sein wird.
All the Windwracked Stars (2008), der Auftakt der Edda of Burdens, spielt in einer post-postapokalyptischen Alternativzukunft, in der Ragnarök längst stattgefunden hat und die All the Windwracked Stars von Elizabeth Bearwenigen Überlebenden versuchen müssen, auf einer unaufhaltsam in Eis und Kälte versinkenden Welt ihren vom Schicksal vorgezeichneten Rollen gerecht zu werden – oder sich ihnen zu entziehen. Auch wenn der Roman anfangs ein bisschen unter Bears Bemühen leidet, auch stilistisch der Edda nachzueifern, ist ihr hier ein beeindruckendes Werk gelungen, das einerseits die Schicksalhaftigkeit und Ausweglosigkeit der nordischen Mythen atmet, und andererseits mit überzeugend gezeichneten, gebrochenen Charakteren aufwartet, die wahrhaft tragische Entscheidungen zu treffen haben. Beim zweiten Roman, By the Mountain Bound (2009), handelt es sich nicht um eine Fortsetzung, sondern um ein Prequel, das in die Zeit kurz nach der großen Auseinandersetzung zurückführt, während der dritte, The Sea Thy Mistress (2010), die Fäden des ersten Bandes wieder aufnimmt.
In ihren bisherigen Romanen und Kurzgeschichten hat Elizabeth Bear – die in Form einer Handvoll längerer Erzählungen auch einen Abstecher in ein u.a. von Vampiren bevölkertes, New Amsterdam betiteltes Pseudo-Steampunk-Setting unternommen hat – sich als vielversprechende neue Erzählerin erwiesen, von der man noch Einiges erwarten kann. Wenn im März 2012 mit Range of Ghosts ihre neue epische, vor einem asiatischen Hintergrund angesiedelte Fantasytrilogie The Eternal Sky an den Start geht, in deren Mittelpunkt an Hunnen oder Mongolen erinnernde Steppennomaden stehen, wird ihr damit möglicherweise endlich die Aufmerksamkeit breiterer Leserkreise – und vielleicht auch eine Veröffentlichung in deutscher Sprache – zuteil.

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