Gerade bin ich über einen Artikel gestolpert, den ich recht amüsant fand. Denn die Verfasserin “Klappentexterin” beschreibt darin einen kleinen Spleen, der bei ihren Freunden offensichtlich für Heiterkeit sorgte und mich an meinen eigenen Freundeskreis erinnerte. Es geht kurz gesagt um ein Notfallregal, in dem Klappentexterin eine kleine Auswahl von Büchern hortet, die sie in einer Notsituation, bei der sie schnell das Haus verlassen muss, sofort bereitstehen hat, um die Lieblinge in Windeseile einpacken zu können. Was andere für schrullig halten würden, finde ich einfach nur romantisch. Nichts zelebriert die eigene Liebe und das Gefühl eines lebendigen Buches mehr als ein solches Notfallregal.
Während ich mir nun dachte »Was für eine zauberhafte Idee!« kam ich nicht umhin einen Blick in mein eigenes Regal zu werfen. Zur Zeit ist das eines dieser Expedit-Regale mit 25 Kuben, das bei uns in der WG als Raumteiler funktioniert. Pickepacke voll gestopft mit Büchern.
Ich hatte mal gedacht, meine Bücher gehören eigentlich in mein persönliches Zimmer, doch da ich mich die meiste Zeit im Wohnzimmer aufhalte, hätte ich meine Schätze so kaum zu Gesicht bekommen. Also wanderten sie ins Wohnzimmer, wo ich sie tagein, tagaus aus nur zwei Metern Entfernung regelmäßig anschauen und anhimmeln kann. Mit dem Artikel von Klappentexterin im Hinterkopf kam ich nicht umhin festzustellen, dass auch ich gewisse Gruppen erstellt habe. Das beginnt ganz grob damit, dass auf der mir zugewandten Seite des Regals nur jene Bücher stehen dürfen, die mich nachhaltig beeindruckt oder einfach nur erfreut haben, während die Rückseite mit den weniger ans Herz gewachsenen Büchern – von denen ich mich bisher trotzdem nicht ganz trennen konnte – gefüllt ist. Innerhalb der beiden Seiten gibt es weitere Unterkuben, die auf der Rückseite allerdings nun weniger interessant sind. Auf der Frontseite dagegen gibt es einen Kubus für »Sammlerausgaben«, »Vampire, Werwölfe, Sagen«, “Artbooks“, “Episches” und, ganz unbewusst, auch ein Notfallregal bzw. in diesem Fall einen Notfallkubus, in dem sich alle meine heiß und innig geliebten Bücher aufhalten dürfen. Dort findet man im Augenblick Namen wie z.B. Diana W. Jones, Jim Butcher, Erin Morgenstern, Patrick Rothfuss, Dan Wells, Paul Kidby, Gail Carriger und Richard Matheson. Erstaunlicherweise wird mir erst jetzt bewusst, dass dieser Kubus meinem restlichen Kategorisierungswahn völlig widerspricht, wenn hier Artbook neben Steampunk neben Märchen neben Urban Fantasy neben epischer Highfantasy usw. aufgereiht steht.
Wenn ich das später meinem Mitbewohner erzähle, ernte ich garantiert einen erneuten Kopfschüttler inklusive verkniffenem Grinsen und einem gemurmelten “Nerd!” … Ist es nicht schön, ein Nerd zu sein? 😀
Wie sieht es in euren Regalen aus? Habt auch ihr versteckte oder routinierte Ticks eingebaut, von denen ihr bisher vielleicht noch gar nichts geahnt habt?
Mit der Flucht Ciris durch das Portal des Schwalbenturms kann die Geschichte natürlich noch nicht zu Ende sein, und tatsächlich ist sie so vom Regen in die Traufe gekommen. Geralt dagegen scheint vom beschaulichen Touissant gar nicht mehr wegzuwollen, was seinen Gefährten zunehmend sauer aufstößt, kann doch ihre schwierige Mission nicht zwischen Weinbergen zu Ende gehen …
Bibliotheka Phantastika erinnert an Andre Norton, die heute 100 Jahre alt geworden wäre. Als Alice Mary Norton (geboren am 17. Februar 1912 in Cleveland, Ohio) professionell zu schreiben begann, entschied sie sich für den geschlechtsneutralen Vornamen Andre, und benutzte später für einige Werke auch die Pseudonyme Andrew North und Allen Weston. Im Laufe ihrer langen Karriere (ihr erster – nichtphantastischer – Roman erschien 1934, ihr letzter Anfang dieses Jahrtausends) hat Andre Norton sich als überaus fleißige Autorin erwiesen und eine Vielzahl von Romanen und Kurzgeschichten verfasst, die größtenteils der SF und der Fantasy zuzurechnen sind. Auch wenn einige ihrer – so gut wie immer abenteuerlich-phantastischen – SF-Romane eine Erwähnung wert wären, soll es an dieser Stelle nur um ihre Beiträge zur Fantasy gehen.
Andre Nortons erste Fantasyromane waren (nach einigen Gehversuchen mit Kurzgeschichten) die beiden Jugendbücher Rogue Reynard (1947) und Huon of the Horn (1951), die beide auf mittelalterlichen Versepen (Reineke Fuchs und dem Rolandslied) basieren. Da es in den 50er Jahren aber kaum einen Markt für Fantasy gab, wandte sie sich anschließend zunächst der SF zu, so dass zwölf Jahre vergingen, bis mit Witch World (1963, dt. Gefangene der Dämonen (1977)) der erste Band des gleichnamigen, in Deutschland Hexenwelt genannten Zyklus erschien, der zu ihrem Hauptwerk in der Fantasy werden sollte.
Interessanterweise beginnt Witch World noch wie ein für die damalige Zeit typischer SF-Roman (der Abenteurer Simon Tregarth gelangt von der Erde durch ein Dimensionsportal auf eine fremde Welt und unterstützt die – anfangs als Frauen mit PSI-Kräften geschilderten – “Hexen” des Landes Estcarp bei der Abwehr der Invasion durch die einer anderen Dimension entstammenden Kolder) und bedient sich teilweise typischer SF-Begriffe, doch schon der zweite Band, Web of the Witch World (1964), wirkt deutlich fantasyhafter, und die nächsten drei Romane Three Against the Witchworld (1967),Warlock of the Witchworld (1967) und Sorceress of the Witchworld (1968), in denen die Abenteuer der drei Kinder von Simon Tregarth und der Hexe Jaelithe geschildert werden, haben ein eindeutiges Fantasy-Feeling. Diese fünf Bände – die Geschichte von Simon Tregarth und seiner Nachkommen, wenn man so will – bilden den Kern des sogenannten Estcarp Cycle, der in größeren Abständen noch weiter fortgeschrieben wurde – Trey of Swords (1977), ‘Ware Hawk (1983), The Gate of the Cat (1987), Ciara’s Song (1998, mit Lyn McConchie) und The Duke’s Ballad (2005, mit Lyn McConchie) – und insgesamt zehn Bände umfasst.
Doch bereits 1965 hat Andre Norton mit Year of the Unicorn einen zweiten Unterzyklus begonnen, den sogenannten High Hallack Cycle. Während Estcarp ein von den Hexen beherrschtes Matriarchat darstellt, leben im jenseits des Meeres gelegenen High Hallack Gestaltwandler, und die gesellschaftliche Stellung der Frauen ist deutlich schlechter. Auch dieser Zyklus wurde im Laufe der Jahre immer weiter fortgesetzt, so dass er letztlich elf Bände umfasst: The Crystal Gryphon (1972), Spell of the Witch World (1972), The Jargoon Pard (1974), Zarsthor’s Bane (1978), Gryphon in Glory (1981), Horn Crown (1981), Gryphon’s Eyrie (1984, mit A.C. Crispin), Were-Wrath (1984), Songsmith (1992), Silver May Tarnish (2005, mit Lyn McConchie). Anfang der 90er Jahre ist aus der Hexenwelt dann mehr oder weniger eine Shared World geworden (was sich anhand mehrerer Anthologien in den 80er Jahren bereits erahnen ließ), an der Andre Norton nur noch als Ideenlieferantin (für die sechs Bände Witch World: The Turning) mitgewirkt hat. Über den Zyklus um die Witch World hinaus hat Andre Norton aber noch etliche weitere Fantasywerke verfasst, etwa die sechsbändige, von den Büchern Edith Nesbits inspirierte, sich an Kinder richtende Magic-Serie (1965-76) oder die sich des Artus-Mythos bedienenden Romane Here Abide Monsters (1973) und Merlin’s Mirror (1975). The Hands of Llyr (1994) kann man wohl als allegorische Fantasy bezeichnen, während es in Mirror of Destiny (1995) um einen Krieg zwischen Menschen- und Feenwelt geht. Darüber hinaus war Andre Norton eine der drei Autorinnen von Black Trillium (1990) (der erste Band eines nach einem Konzept des literarischen Agenten Uwe Luserke entstandenen Zyklus, der von drei Autorinnen – Norton, MZB und Julian May – geschrieben wurde) und trug mit Golden Trillium (1993) auch einen einzeln verfassten Band zu dem Zyklus bei, und mit Mercedes Lackey hat sie den Halfblood-Zyklus verfasst (der erste Band war The Elvenbane (1991), auf den bisher drei weitere folgten), in dem sich Elfen mit Menschen und Gestaltwandlern um die Herrschaft über eine Welt streiten – und diese Aufzählung ist noch längst nicht vollzählig.
Andre Nortons Romane leiden teilweise unter sich ähnelnden Settings und Plots, und sie steht sicher nicht in erster Linie für originelle Einfälle, stilistische Brillanz oder überragende Charakterisierungen ihrer Protagonisten. Andererseits hat sie bereits früh selbstbewusste Frauenfiguren in die Fantasy eingebracht, und immer wieder Themen wie die Frage nach dem Platz von Außenseitern in einer Gesellschaft behandelt. Und ihr Einfluss auf die Werke einer Marion Zimmer Bradley (Darkover) oder auch einer Anne McCaffrey (Dragonriders of Pern) ist unbestreitbar.
Ein Großteil der Romane der am 17. März 2005 verstorbenen Andre Norton ist auch auf Deutsch erschienen, darunter unter anderem die ersten sechs Estcarp-Romane des Hexenwelt-Zyklus sowie sechs der in High Hallack bzw. Hochhallack spielenden Bände.
Warum verbringt man so viele Stunden mit einem Spiel, dass man in der Zeit gut und gerne 20 Romane hätte lesen können?
In Spielen kann man genauso wie in Büchern grandiosen Geschichten begegnen, und Skyrim ist sozusagen der Leviathan unter den Fantasy-Spielen, das Äquivalent zur mehrbändigen Saga, in die man abtaucht und aus der man im besten Fall Einiges mitnimmt. Vordergründig widersetzt es sich aktuellen Spieletrends, es gibt auch in diesem fünften Teil der Elder-Scrolls-Reihe beharrlicherweise keinen Mehrspielermodus, keine Cut-scenes, und der primär angebotene rote Faden ist eine klassische Heldengeschichte, bei der der Spieler oder die Spielerin sein/ihr Schicksal zu erfüllen hat. Dem Erfolg hat das aber keinen Abbruch getan, und das völlig zurecht: Wäre diese Heldenreise im eisigen Norden ein Roman, würde man immer noch ein Kapitel lesen, auf der nächsten Seite ein neues Wunder entdecken und sich behaglich ins Sofa kuscheln, wenn der aufflammende Bürgerkrieg und das gnadenlose, wilde Land dunkle Untertöne in die Saga einbringen.
Aurora borealis - die beste Beleuchtung zum Abenteuern
Der rote Faden der Hauptgeschichte ist dabei nur eine grobe Richtlinie: an jeder Ecke gibt es Einladungen, den Pfad zu verlassen, und so schreibt jeder Held seine eigene Geschichte. Ob er sich als Vogelfreier mit himmelhohem Kopfgeld durch Skyrim metzelt oder als Gutmensch, -ork oder -elf sogar soweit geht, Handzettel für den Tempel von Mara, der Göttin der Liebe, zu verteilen, bleibt jedem selbst überlassen. Jede Geschichte ist individuell, jede Entscheidung definiert den Helden ein Stückchen mehr.
Das macht, wenn man SpielerInnentypen betrachtet, Skyrim eher zu einem Genuss für Leute, die gerne in einer gut simulierten Welt eintauchen, als für solche, die grandiosen Gegenständen und guten Werten hinterherjagen. Die Weltschöpfung kann sich sehen lassen und würde neben epischen Fantasyromanen mit langen Glossaren eine gute Figur machen – die Elder-Scrolls-Reihe blickt mittlerweile auf eine lange Geschichte zurück, und dieses Gefühl von Geschichtlichkeit kann im Spiel auch glaubhaft vermittelt werden. Man trifft sowohl auf die (ideologisch verfälschte) Überlieferung von Ereignissen, an denen man als SpielerIn der vorhergehenden Teile selbst beteiligt war, als auch auf etliche Hinweise, wie die Lücken zwischen den Spielen zu füllen sind. Skyrim belohnt Neugierde, Entdeckergeist, Ideenreichtum. Man wird immer wieder auf verschiedenste Lösungswege für Aufgaben stoßen, wenn man experimentierfreudig ist, genau hinsieht und zwischen den Zeilen liest. Nur selten werden die Entscheidungen forciert, auf dem Silbertablett präsentiert oder führen zu einer prägnanten Gabelung in zwei alternative Stränge wie beim Bürgerkrieg, bei dem man die Wahl zwischen einer prinzipienlosen Diktatur und vaterlandstreuen Rassisten hat (oder die Bande einfach sich selbst überlassen kann). Meistens entscheidet man sich für Tun oder Nichttun und bekommt Entscheidungshilfen, wenn man den Gesprächen lauscht oder die Dinge genau unter die Lupe nimmt.
Die Geschichten stecken häufig in den Details, in gefundenen Notizen, verlassenen Lagerplätzen, kleinen Dramen am Straßenrand und großen an den Höfen. Man stößt auf liebevoll ausgearbeitete Szenen und Einzelheiten, die keine größere (spieltechnische) Relevanz haben, als eine kleine Geschichte zu erzählen, doch die Summe dieser Geschichten macht Skyrim zu einer so lebendigen, vielfältig erfahrbaren Welt.
Wem das noch nicht genügt, der kann sogar im Spiel eine Leseratte sein – es gibt Unmengen von Büchern in Skyrim, und einige davon hätten beinahe eine bp-Rezension verdient, so gerne blättert man sich durch. Kolb and the Dragon ist ein waschechtes Abenteuerspielbuch, bei dem man sich entscheidet, wie es weitergehen soll, und dann zur richtigen Seite gelenkt wird. Das bretonische Kochbuch Uncommon Taste bietet erbaulich geschilderte Rezepte und ist sogar signiert erhältlich. Legend of Krately House ist ein grusliges Theaterstück, bei dem es einem eiskalt den Rücken hinunterläuft. Glücklicherweise kann man ein Haus mit Bücherregal kaufen, um diese Schätze aufzubewahren, auch wenn einem – ein Problem, das merkwürdig vertraut wirkt – der Regalplatz allzu schnell ausgeht.
Wenn man das Buch zuschlägt und das Lagerfeuer verlässt, geht das Abenteuer erst los. Vor allem in den Hauptquesten warten interessante Wendungen und inspirierte Dialoge, die von großartigen Sprechern synchronisiert wurden (in der Voice-Cast findet man z.B. Max von Sydow oder Claudia Christian – auch die deutsche Synchronisation ist gelungen, von einigen Ausnahmen wie den Bardenliedern einmal abgesehen). Und nicht nur die Hauptrollen sind perfekt besetzt: Allerorten kommentieren meist charmante und gut informierte Wachen das Weltgeschehen und mit der Zeit auch die Heldenlaufbahn, überhaupt reagiert die Umwelt sehr lebendig auf die Ereignisse, die sich abspielen. Und wenn man gerade nichts besseres zu tun hat und die Lektüre alle ist, kann man immer noch den Pilgerpfad auf den höchsten Gipfel nehmen und dem Anführer eines Ordens, der den Einsatz der Stimme vervollkommnet hat, zuhören. Er könnte dabei auch aus dem bretonischen Kochbuch vorlesen, es wäre trotzdem ein Ereignis.
Ein schönes Paar! Im Tempel von Mara werden auch gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen.
Als besonderer Bonus ist Skyrim auch noch erfreulich unsexistisch, sowohl beim Aussehen der Figuren als auch in der Welt herrscht Gleichstellung und es ist eine wahre Freude, wie wenig das Geschlecht zum Thema gemacht wird. Das macht gerade für Spielerinnen viel her und stellt die kognitive Dissonanz ab, die man sonst beim Spielen häufig verspürt.
Wie es sich auch für einen epischen Fantasyroman gehören würde, ist einer der Hauptdarsteller von Skyrim das Land selbst. Und ganz besonders der Himmel – noch nie war Wolkengucken in einem Spiel schöner: Das Farbenspiel von Sonnenuntergängen über dem Eismeer, die klare Luft nach einem Schneesturm, das Nordlicht über der Tundra.
Man begegnet Kriegerpoeten, mit denen man die verlorenen Teile der (in Stabreimen gedichteten!) Edda wiederbeschafft, kann der Stadtwache beim Aufspüren eines Serienmörders zur Hand gehen (und mitunter grandios danebenliegen bei der Auflösung), macht besser einen großen Bogen um Riesen mit ihren wohlbehüteten Mammutherden, fiebert beim ersten Drachenkampf mit wie nur selten vor dem Bildschirm, und wird sich beim Abschluss der Hauptquest ein wenig fühlen, als wäre man gerade einer nordischen Saga entstiegen.
Habe ich mehr erlebt als in 20 Büchern? Die Frage stellt sich nicht und war letztlich nur ein müßiges Zahlenspiel für diesen Artikel, denn das Erleben in Spielen ist trotz der Parallelen ein anderes als in Romanen, und das Erleben in Skyrim ein anderes als in anderen Spielen, die keine so offene und riesige Welt bieten. Wenn man epische Fantasy mag, durchdachte und liebevolle Details schätzt und das Interesse mitbringt, die unzähligen Geschichten der Welt selbst zu erkunden und zu ergründen – und sich für Drachen erwärmen kann –, wird man lange Freude an Skyrim haben und eine Menge Bücher weniger lesen 😉 .
Für alle, die längst wissen, was es mit „Sky above, Voice within“ auf sich hat oder für die ich mit diesem Artikel ohnehin nur Cliffracer nach Ald’ruhn getragen habe, gibt es als Schmankerl noch ein wenig Dovahkiin-Alltag im untenstehenden Filmchen, und zweiValentinskarten, zu denen man auch als Verächter des Herzchenkommerzes nicht Nein sagen kann. Mond über Solitude oder Drache über Whiterun bieten genug romantisches Flair, um sich vor allem nach einem zu sehnen – einem weiteren Ausflug nach Skyrim.
Simon Grace wendet sich in einem persönlichen Brief an die beiden Chronisten der Spiderwick Chronicles. Darin schildert er seinen Beitritt in eine Organisation namens International Sprite League, die sich mit der artgerechten Aufzucht und Pflege von Elfen befasst. Auf seine Bitte, ein Handbuch für die Mitglieder dieser Organisation zu erstellen, legen die beiden Autoren DiTerlizzi und Black nun ebenjenes vor.
Bibliotheka Phantastika gratuliert Jesse Bullington, der heute 30 Jahre alt wird. Vermutlich hat der am 14. Februar 1982 in Pennsylvania geborene Bullington in vielerlei Hinsicht auf sein Geschichtsstudium zurückgreifen können, als er seinen Erstling The Sad Tale of the Brothers Grossbart (2009) verfasst hat; zumindest zeugt der Roman nicht nur von der Liebe des Verfassers zur gothic novel, sondern auch von seinen historischen Kenntnissen. Denn Die traurige Geschichte der Brüder Grossbart – so der Titel der 2011 erschienenen deutschen Ausgabe – ist ausnahmsweise mal ein historischer Fantasyroman, dessen übernatürliche Elemente in der mittelalterlichen Vorstellungswelt wurzeln und mit ihr im Einklang stehen. Erzählt wird die Geschichte der Zwillinge Manfried und Hegel Grossbart – Söhne einer schwachsinnigen Mutter und eines angeblich nach Ägypten abgehauenen Vaters –, die sich gemäß der Familientradition der Grabräuberei verschrieben haben und eines Tages zu einer Reise durch das Europa des 14. Jahrhunderts aufbrechen. Ihr Ziel ist das sagenhafte “Gypterland” bzw. Ägypten, um dort nach ihrem Vater zu suchen und nebenbei – na was wohl? – ein paar Gräber zu plündern. Dabei hinterlassen sie eine ziemlich blutige Spur. Denn Manfried und Hegel sind brutale Räuber und Mörder, deren Untaten teilweise nur schwer zu ertragen sind. Immerhin – und das unterscheidet Bullingtons wirklich traurige Geschichte deutlich von vielen modernen, der Grim-&-Gritty-Welle zuzurechnenden Fantasyromanen – geht ihnen jeglicher Hang zum Zynismus ab. Manfried und Hegel sind schlichte – um nicht zu sagen einfältige – und durchaus gottesfürchtige Gemüter, und die Welt, in der sie sich durchschlagen müssen, ist in weiten Teilen nicht besser als sie. Auch wenn The Sad Tale of the Brothers Grossbart erwartungsgemäß von der Leserschaft eher zwiespältig aufgenommen wurde, bleibt festzuhalten, dass dieser Erstling allen Vorbehalten zum Trotz neugierig auf weitere Werke des Autors macht.
Und Bullington hat auch bereits für Nachschub gesorgt: The Enterprise of Death ist 2011 in England und den USA erschienen, die deutsche Ausgabe wird unter dem Titel Vom Tode verwest im März dieses Jahres erscheinen. Wieder ist Europa der Schauplatz der Handlung, dieses Mal allerdings die Zeit der Renaissance. Auch die Hauptfigur dürfte leichter Sympathiepunkte erringen als die Brüder Grossbart, denn die junge afrikanische Sklavin Awa, die in die Fänge eines uralten Nekromanten gerät, durch das von Kriegen zerrissene Europa irrt, es mit der Inquisition zu tun bekommt und unter anderem einem Alchemisten namens Paracelsus begegnet, ist von ganz anderem Schlag als die Gräber schändenden Zwillinge.
Ein dritter Roman – Hook and Cod –, der in den Niederlanden nach der Elisabethenflut von 1421 spielt und vermutlich ebenfalls mit allerlei übernatürlichen Wesen und Geschehnissen aufwarten wird, ist bereits für Ende 2012 angekündigt. Es bleibt zu hoffen, dass auch er den Weg nach Deutschland findet.
Eines Morgens geht über dem kleinen Städtchen Walden die Sonne nicht mehr auf. Sämtliche Verbindung mit der Außenwelt ist abgebrochen, die Elektrizität versagt, Telefonleitungen und auch der Mobilfunk sind tot. Sonne, Mond und Sterne… das gibt es nicht mehr. Die Stadt ist lückenlos eingehüllt von alles verzehrender Dunkelheit und wer immer Walden verlässt, kommt nicht mehr zurück.
Robbie, seine Freundin Christy und ihr Nachbar Russ finden heraus, dass sich etwas in der Dunkelheit befindet, etwas Tödliches. Doch auch innerhalb der Stadtgrenzen treibt das Übel der Menschen in rasantem Tempo an die Oberfläche.
Wie bereits im ersten Teil angekündigt, hier ein paar weitere Gedanken zum Thema.
Grundsätzlich fällt es einem leicht, Geschichten aus einem gewissen Universum als nicht-kanonisch anzusehen, wenn die Rechte an diesen Geschichten schon lange ausgelaufen sind. Man nehme als Beispiel nur einmal die tausende von Sherlock Holmes Geschichten, die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte entstanden sind. Schwieriger wird es nun, wenn die Autoren oder deren Nachkommen explizit das Erbe des Autors in fremde Hände legen.
Anhand von vier Beispielen möchte ich näher beleuchten, wie unterschiedlich eine Fortsetzung bestimmter Serien erfolgen kann und unter welch gravierend abweichenden Vorzeichen:
1) Marion Zimmer Bradley – Avalon und Darkover
Im Falle von MZBs literarischem Erbe haben gleich zwei Autorinnen diese Rolle übernommen. Marion Zimmer Bradley hat schon früh mit diversen anderen Autoren zusammen gearbeitet und so ist es nicht verwunderlich, dass die Weiterführung ihrer bekanntesten Serien aus dieser Gruppe hervorging. Im Falle der Darkover-Serie ist es Deborah J. Ross (auch bekannt als Deborah Wheeler), die nach ihrer Kollaboration mit MZB (einer Trilogie im Darkover-Universum) in diesem Setting weiterschreibt und das Darkover-Universum weiter erforscht.
Im Falle der Avalon-Serie ist es Diana L. Paxson, die nach dem Tode von Bradley weiterhin die Geschichte Avalons und deren Bedeutung für Britannien beleuchtet.
Interessant in diesem Zusammenhang ist vielleicht auch die Tatsache, dass Marion Zimmer Bradley, einst glühender Verfechter von Fan-Fiction ihre Meinung nach einem Streit mit einem Fan über die Handlung eines geplanten Buches grundsätzlich änderte. Das Buch wurde danach nie veröffentlicht und MZB hat daraufhin sämtliche Fan-Fiction im Darkover-Universum untersagt.
The rumor, however, was that MZB had a skirmish with a fan who claimed authorship of a book identical to one Bradley had published and accused Bradley of “stealing” the idea, and the resultant lawsuit cost Bradley a book. Either way, her attorney advised her against reading fan fiction of her work. Versions of this incident are credited by many to have led to a “zero tolerance” policy on the part of a number of other professional authors, including Andre Norton, and David Weber. Mercedes Lackey used to strictly disallow any posting of fan fiction in her universes on the Internet, though she did allow fanfic stories published in approved fanzines with signed releases for each story).
2) Frank Herbert – Der Wüstenplanet
Hier haben wir es mit einer anderen Form der Weiterführung zu tun. Nachdem man jahrelang davon ausging, dass die Geschichte Dunes erzählt war, erschien im Jahre 1999 die erste Fortsetzung der Reihe von Frank Herberts Sohn Brian Herbert in Zusammenarbeit mit Kevin J. Anderson. Angeblich hat man im Nachlass von Frank Herbert Aufzeichnungen für weitere Bücher des Dune-Universums gefunden, auf denen diese neuen Romane basieren sollen.
Then Brian was cleaning out his garage to make an office space and he found all these boxes that had “Dune Notes” on the side. And we used a lot of them for our House books.
Neuere Romane des Autoren-Duos dürften überhaupt nichts mehr mit den Ideen des ursprünglichen Autors zu tun haben.
Die meisten Leser sehen diese Nachfolge-Romane als nicht-kanonisch an, und rätseln zumeist nur über die Rotationsgeschwindigkeit von Frank Herberts Leichnam.
(Im übrigen wäre hier mal eine Feldforschung interessant, wie viele Autoren Manuskripte oder Ideen für weitere Bücher irgendwo in alten Koffern vor ihren Erben versteckt haben. Es ist schon erstaunlich, nach wie vielen Jahren da immer wieder angebliche Manuskripte auftauchen. Eines der jüngsten Beispiele: Dracula.)
3) Douglas Adams – Per Anhalter durch die Galaxis
Eine ganz andere Form des literarischen Erbes haben wir im Falle von Douglas Adams und seiner “Trilogie in fünf Teilen”.
Relativ überraschend wurde im Jahre 2009 verkündet, dass es eine Fortsetzung der Serie durch den Autor Eoin Colfer geben wird, in Zusammenarbeit mit Adams Witwe Jane Belson. Auch wenn bekannt ist, dass Adams einen sechsten Band der Serie wirklich geplant hatte, steht zu vermuten das der sechste Teil nicht auf irgendwelchen Ideen dazu basiert.
Adams also remarked that if he were to write a sixth instalment, he would at least start with all the characters in the same place.[13] Eoin Colfer, who wrote the sixth book in the Hitchhiker’s series in 2008–09, used this latter concept but apparently none of the plot ideas from The Salmon of Doubt.
4) Robert Jordan – Das Rad der Zeit
Im Falle von James Oliver Rigney, Jr. (aka Robert Jordan) haben wir es mit einer besonders tragischen Form der Fortführung seines Erbes zu tun. Dass der Autor schon lange Zeit gegen eine quasi unheilbare Krankheit ankämpfte, war öffentlich bekannt und wurde auch von Fans mit großer Sorge verfolgt.
Leider schaffte es Jordan wirklich nicht, seine 14teilige Reihe (die ursprünglich als Trilogie angelegt war!) zu vollenden.
Allerdings hat der Autor in weiser Voraussicht Unmengen an Notizen hinterlassen und einem ausgewählten Kreis die komplette Geschichte der weiteren Bücher erzählt. Der für die weiteren Bücher ausgewählte Brandon Sanderson dürfte also in Verbindung mit Jordans Witwe Harriet McDougal ein Ende der Serie schaffen, dass so nah wie irgend möglich am Original liegen sollte.
Before his death, Jordan, whose real name was James Rigney Jr., signed over the book rights to his wife, Harriet, and requested that she find a capable author to finish the series for his fans. After his death, a eulogy posted on the website of Brandon Sanderson caught the attention of Harriet Rigney, and a successor was named. Rigney announced that Sanderson, a 32-year-old fantasy writer from Provo, Utah, would complete the final book, slated to be released in 2009.
Was die immer wieder aufkommenden Gerüchte über weitere Bücher aus diesem Universum angeht, sollte man abwarten was wirklich daraus entsteht.
Tja, und was ist davon nun Kanon?
Auch hier dürften unterschiedliche Leser unterschiedliche Ansichten haben, zumal in den Beispielen deutlich wird, auf welch unterschiedliche Art den jeweiligen Nachfolgern Glaubwürdigkeit und Deutungshoheit zugeschrieben wird. Während bei Herbert, Adams und Jordan vor allem die Berufung auf Notizen des ursprünglichen Autors dessen Autorität auf die Nachfolgewerke übertragen soll, liegt bei Marion Zimmer Bradley der Fall anders. Hier ist es besonders die langjährige und enge Zusammenarbeit mit den beiden weiterführenden Autorinnen sowie die schon lange gehandhabte Offenheit des Universums (im Fall von Darkover), die die Werke in den Kanon hieven soll. Gleichzeitig kündigt sich im Streit Bradleys um Fanfiction und in der Rezeption der Dune-Fortsetzung die Bedeutung einer dritten Partei, neben Verlag (siehe erster Teil) und Autoren, in der Streitfrage “Ist das Kanon?” an: Die Fanbasis. Mit ihrer Rolle wird sich der dritte Teil dieser Blogserie näher auseinandersetzen.
Ein Geschäftsmann aus New Crobuzon plant eine transkontinentale Eisenbahnlinie, und sie entsteht durch Tausende Arbeiter verschiedener Klassen und Rassen mit einem Tross an Huren und Glücksrittern hinter sich, auch Judah Low findet hier sein Auskommen. Doch New Crobuzon wird außenpolitisch bedroht, und nach einem Befreiungsschlag sind die Arbeiter plötzlich die neuen Herren, und aus dem Zug wird etwas wie ein eigener kleiner Stadtstaat, der Eiserne Rat, der durch seine Revolte den Hass der Obrigkeit von New Crobuzon auf sich geladen hat. Während es in New Crobuzon gesellschaftlich bereits zu brodeln beginnt, macht sich Cutter auf, seinen Geliebten, Judah Low, und den Eisernen Rat zu finden.
Ken Scholes, dessen auf fünf Bände ausgelegte Fantasy-Reihe Psalms of Isaak auch auf Deutsch erscheint, startete seine schriftstellerische Karriere mit Kurzgeschichten; mit einer davon gewann er 2005 den Writers-of-the-Future-Award. Aus einer weiteren Geschichte stammen auch der Metallmann Isaak und Rudolfo, der Zigeunerkönig, zwei Figuren, die sich als Protagonisten des Romans Lamentation (2008) und dessen Nachfolger ebenfalls hervorragend machten. Scholes lebt mit seiner Frau und seinen Zwillingstöchtern in Oregon und schreibt in seiner freien Zeit am vierten Band seiner Saga, wenn es sein muss, auch mit Kind im anderen Arm. Trotzdem hat er in seinem stressigen Terminplan die Zeit freigeschaufelt, für Bibliotheka Phantastika ein paar Fragen zu beantworten, und hat für uns sogar in seinen alten Photoalben geblättert …
Bilbiotheka Phantastika: Anders als viele andere US-Autoren, die ins Deutsche übersetzt werden, haben Sie Deutschland schon einmal besucht. Wollen Sie uns etwas darüber erzählen? Was verbinden Sie mit Deutschland?
Ken Scholes: Ich habe sogar von 1986 bis 1988 in Deutschland gelebt – in Kornwestheim in der Nähe von Ludwigsburg und Stuttgart. Ich war als junger Mann dort bei der US Army stationiert, und es war eine jener Erfahrungen, die das Leben verändern, die Welt erweitern und die Augen öffnen. Zu dieser Zeit hatte ich es aufgegeben, Science-Fiction- und Fantasy-Geschichten zu schreiben, und habe in meiner Freizeit stattdessen gelernt, wie man Predigten und religiöse Lieder schreibt. Ich war damals schon ziemlich weit mit dem Gitarrespielen gekommen und habe daher auch viele Abende damit verbracht, auf den Straßen von Stuttgart Songs von Simon and Garfunkel, Bob Dylan und John Denver zum Besten zu geben.
Während meines Aufenthalts habe ich mich natürlich auch in ein paar deutsche Mädchen verliebt. Und eine große, große Schwäche für die Deutschen, die Kultur und … das Essen entwickelt. Ich habe etliche Wochenenden mit deutschen Familien verbracht, und sogar ein paar Mal mit ihnen Weihnachten gefeiert. Ich habe dort eine wunderbare Zeit verlebt und habe es sehr vermisst. Ich bin schon jahrelang nicht mehr da gewesen, aber ich habe einen Spätzlehobel und habe meine Vorliebe für Jägerschnitzel nie verloren.
Ich will eines Tages unbedingt wiederkommen und hoffe, dass meine Bücher das nicht nur wahrscheinlicher machen, sondern dass sie mir vielleicht auch helfen, einige der deutschen Freunde wiederzufinden, zu denen ich in den zwanzig Jahren, seit ich gegangen bin, den Kontakt verloren habe.
bp: In Ihren Romanen gibt es Roboter, Magie, Geheimbünde, allerlei Steampunk-Elemente und traditionelle Schwertkämpfe, und der Freund von Genreschubladen tut sich schwer bei der Einordnung. Wenn Sie eine Genre-Bezeichnung für Ihre Isaak-Reihe erfinden müssten, wie würde sie lauten?
KS: Also, ich habe beim Schreiben nie ernsthaft groß über das Genre nachgedacht. Ich wollte, dass die Geschichte die Freiheit hat, so zu werden, wie sie werden musste, und sie nicht durch verschiedenste Erwartungen fesseln, die Leser an die Genres herantragen, die sie gerne lesen. Wenn ich einen Namen vergeben müsste, würde ich sagen: postapokalyptische SF, die als Fantasy verkleidet ist und obendrein Stilelemente aus dem Techno-Thriller und dem Krimi enthält.
bp: In den Legenden von Isaak geht es um von langer Hand geplante Intrigen und Ereignisse, in denen die Einflüsse vieler Fraktionen und Einzelpersonen kulminieren. Planen Sie beim Schreiben von langer Hand?
Ken Scholes in einem alten römischen Badehaus, irgendwo bei Stuttgart, 1987.
KS: Erstaunlicherweise nicht. Ich plane meine Romane eigentlich sehr wenig. Ich denke und schmiede die Pläne unterwegs, lege hier und da eine Pause beim ersten Entwurf ein, um mir Gedanken zu machen, wohin die Geschichte geht. Ich habe Glück, dass ich sowohl instinktiv als auch organisch arbeiten kann, so dass sich die Geschichte entwickeln und entfalten kann, während ich sie schreibe … und dass ich meine Arbeit bis zu einem gewissen Grad dadurch planen kann, dass ich mich rückwärts durcharbeite – meistens entwickle ich die Ereignisse umgekehrt, vom Ende her.
Bei den Legenden von Isaak schreibe ich ohne große Notizen oder Leitfäden. Ich habe nur Karten für einige Teile jener Welt gemacht, weil die Leser sie in den Büchern haben wollten. Bei meinem nächsten Projekt werde ich vermutlich mehr Weltschöpfung und Grundrisse vor den ersten Entwurf stellen, vor allem, weil ich neugierig darauf bin, etwas anderes auszuprobieren. Bei meinen kürzeren Texten wurden, denke ich, etwa zwei Drittel meiner Geschichten spontan und instinktiv geschrieben und etwa ein Drittel vorher ein wenig durchdacht und geplant.
bp: Ihre Kapitel wirken wie prägnante Streiflichter mit einem sehr präsenten eigenen inneren Aufbau. Haben Sie einen schriftstellerischen Zugang aus Ihren Kurzgeschichten in Ihre Romane mitgenommen? Und inwiefern waren Sie vielleicht schon immer Romanautor, wenn man Ihre teils episch-mythischen Kurzgeschichten wie Edward Bear oder The Santaman Cycle betrachtet?
KS: Das ist eine großartige Frage. Ich glaube, dass ich das aus meinen Kurzgeschichten mitgebracht habe – bis ich Sündenfall geschrieben habe, hatte ich nur Kurzgeschichten und Novelletten verfasst, also habe ich gewissermaßen einfach das geschrieben, womit ich mich auskannte. Ich wollte, dass die Szenen als Schnappschüsse aus dem Leben der Figuren dienen – auch nicht unbedingt, um die Action einzufangen, sondern manchmal um der Folgen der Handlungen willen oder der Reaktion der Figuren darauf. Denn so wie ich mir die Geschichte vorstelle, handelt sie nicht von diesem Schrecken, der die Benannten Lande heimgesucht hat, sondern vielmehr davon, wie das Leben der Menschen von diesen Ereignissen verändert wird und wie sie damit umgehen. Alles andere wirkt auf mich sekundär.
bp: Eines beschäftigt viele Leser: „Xhum Y’Zir“ sticht aus Ihrem Namensgebungsmuster etwas heraus. Wie kam es zu dieser Namensschöpfung? Hatten Sie Mitleid mit den letzten Buchstaben des Alphabets?
KS: Ha! Diese Buchstaben haben mir bestimmt einigen Kummer bereitet, aber das XYZ war ein Zufall. Und die Geschichte seines Namens ist eigentlich recht simpel. Der Ausgangspunkt dieser Reihe war eine Kurzgeschichte namens Of Metal Men and Scarlet Thread and Dancing with the Sunrise, und es war nie geplant, dass es mehr als nur eine einzelne Kurzgeschichte hätte sein sollen, die ich für einen Markt geschrieben habe, der sich Geschichten über mechanische Kuriositäten wünschte. Ich habe nicht viel über die Namen nachgedacht. Aber ich brauchte für den uralten Hexer, den ich erwähnte, einen Namen, der sich von den übrigen Figuren und dem Setting abhob … etwas Exotischeres. Ich denke, ich habe den Namen in der ursprünglichen Geschichte nur ein- oder zweimal benutzt, aber als ich mich hinsetzte, um Sündenfall zu schreiben, habe ich so viel von der Original-Geschichte behalten, wie nur möglich, und habe es nie groß neu überdacht, da ich mir nie ausgemalt hätte, dass sich mein erster Roman wirklich verkaufen und auf der ganzen Welt erscheinen würde. Und ich hätte mir nie ausgemalt, dass der Hexer zu einer ganzen Dynastie von Hexern führen würde, die tausend Jahre in meiner Welt zurückreicht.
bp: Begeben wir uns ins Spekulative: Religionsparallelen, „Zar“, „Papst“, Versatzstücke des Lateinischen – manchmal scheinen die Benannten Lande auf die irdische Geschichte zu verweisen. Lebt Rudolfo in einem post-post-(post-)apokalyptischen Europa, oder sehen Sie die Benannten Lande völlig losgelöst von unserer Welt?
Feldübung bei Grafenwöhr, 1988 (kurz nach Ken Scholes' 20. Geburtstag).
KS: Bei dieser Frage bin ich etwas zurückhaltend, denn sie wird nach und nach in der Reihe selbst beantwortet. Aber ich kann sagen, dass ich absichtlich einen Flickenteppich aus Titeln, hierarchischen Systemen und Sprachen benutzt habe, um ein Gefühl der Vertrautheit und ein Gefühl von menschlichen Kulturen zu erzeugen, die sich über große Zeiträume hinweg vermischt haben.
bp: In Ihrem Roman Hohelied bietet der Glaube Heimatlosen eine geistige Zuflucht, nährt Hoffnungen oder zerstört diese. Viele Figuren sprechen von „Liebe“, wenn sie die grässlichsten Dinge im Namen ihres Glaubens tun, und andere erstarken dann, wenn die Situation völlig aussichtslos zu sein scheint. Was, denken Sie, ist der stärkere Handlungsmotor? Glaube oder Zweifel?
KS: Ich denke eigentlich nicht im Rahmen von Handlungsmotoren. Ich versuche stattdessen Menschen so “wahrheitsgemäß” wie möglich einzufangen und unsere Widersprüche und Schwächen zusammen mit unseren Stärken und unserer Größe zu zeigen. Auch heute noch gibt es Leute, die glauben, dass es ein Akt der Liebe und des Gehorsams gegenüber ihrem Gott ist, sich eine Bombe umzuschnallen und sie auf einem belebten Platz detonieren zu lassen … oder ein Akt der Treue und Liebe für ihren Stamm, wenn sie ein Gewehr nehmen und sich daran beteiligen, das Gebiet eines anderen Stammes einzunehmen.
Ich glaube, um die ganze Bandbreite der schönen Hässlichkeit der Menschheit einzufangen, müssen Glaube und Zweifel beide gemeinsam mit Liebe und Hass zum Tragen kommen … und um wirklich zu demonstrieren, wie fähig wir tatsächlich zum Guten und zum Bösen sind, glaube ich, dass wir zeigen müssen, wie leicht wir uns selbst und andere in die Irre führen können, so dass wir erschreckende Verhaltensweisen im Namen irgendeines angenommenen größeren Guten rationalisieren und rechtfertigen.
bp: In Hohelied widersetzt sich nicht nur der Mechoservitor Isaak dem Willen seines Erbauers und seines Freundes Rudolfo (und verletzt damit, nebenbei bemerkt, das zweite Gesetz der Asimov’schen Laws of Robotics!). Träumen Sie von einer Maschine, die träumen kann? Oder erschreckt Sie die Vorstellung einer autarken künstlichen Intelligenz?
KS: Ich würde, glaube ich, sagen, dass ich verhalten träume. Menschen haben Maschinen entworfen, um unser Leben einfacher zu machen, uns an Orte zu bringen, an die wir sonst nicht gelangen könnten, Dinge zu tun, die wir normalerweise nicht tun könnten. Ich frage mich unwillkürlich, was geschehen wird, wenn wir eine Intelligenz schaffen, die sich wirklich über das uns Zugängliche hinaus entwickelt. Wird sie uns dabei helfen, denselben Ort zu erreichen? Wie wird sie uns verändern? Ich spiele gerne “was wäre, wenn?” mit diesen Überlegungen, und manche dieser Überlegungen sind tatsächlich ein Teil dessen, was ich mit den Legenden von Isaak erkunde.
bp: In den Genres Fantasy und SF gibt es kaum Grenzen für die Antwort auf die Frage “was wäre wenn?”, nicht einmal die Gesetze der Physik oder die Regeln der Gesellschaft müssen befolgt werden; der Schriftsteller hat die Freiheit, eine ganze Welt um die Frage “was wäre wenn?” zu entwerfen. Können Sie uns ein paar andere “was wäre wenns?” nennen, die Sie inspiriert haben und die Ihre Kreativität beflügeln?
Ken Scholes zur Preisverleihung des Writers-of-the-Future-Award 2005.
KS: Auf jeden Fall! Das ist die Frage, die meine ganzen Texte antreibt. Was wäre, wenn ein Superheld sich zur Ruhe setzt, sein Vermögen verliert und in ein Altersheim gehen müsste? (Action Team-Ups Number Thirty-Seven.) Was wäre, wenn jeder einen persönlichen Gott hätte, der ihm seine Herzenswünsche erfüllt? (That Old Time Religion.) Was wäre, wenn sich zwei sich durch Dungeons wühlende Charaktere aus D&D treffen, sich verlieben und sich entscheiden, aus dem Abenteurerleben auszusteigen, um eine Familie zu gründen? (Last Flight of the Goddess.) Was ist WIRKLICH zwischen Kain und Abel vorgefallen … und wie hat Kain seine Frau gefunden? (East of Eden and Just a Bit South.) Ich könnte ewig weitermachen.
bp: In Ihrer Welt gibt es eine interessante Wissenskultur: aus den Bruchstücken früherer Hochkulturen erfolgt ein Wiederaufbau auf einer weniger weit entwickelten Stufe (wie bei den alten und neuen Mechoservitoren), und 2000 Jahre hat eine starke Instanz das verbliebene Wissen gehütet. Sehen Sie die Gefahr der Degeneration von Wissen als real an oder ist es ein bewusster Gegenentwurf?
KS: Ich halte es für real. Immerhin sind wir immer noch nicht damit fertig, unsere eigene Frühgeschichte zusammenzustückeln. Wir erfahren die ganze Zeit immer mehr darüber. Und in den Legenden von Isaak ist der größere Kern, um den es mir geht, dass es Leute gibt, die das Gefühl haben, es wäre ihre Aufgabe, den Informationsfluss zu kontrollieren, um die Menschheit vor sich selbst zu schützen … dass jedoch die Kontrolle des Informationsflusses und der Wille, diese privilegierten Informationen einzusetzen, um diese Kontrolle zu erhalten (wie es bei den Androfranzinern der Fall ist) einem das Verderben bringen kann.
bp: Weshalb haben Sie sich dafür entschieden, eine kirchlich geprägte Fraktion als optimale Hüter des Wissens zu benutzen (wie auch schon Walter Miller jr. in Lobgesang auf Leibowitz)?
KS: Dies ist vielleicht eine Stelle, an der die Übersetzung der Reihe vom Englischen ins Deutsche ein wenig an meinen Absichten gerüttelt hat. Die Androfranziner sind eigentlich im Kern keine echt kirchliche Fraktion. Oder vielleicht drückte man es besser aus, wenn man sagt, sie benutzen die Symbole der Kirche. Sie sind säkularisierte Humanisten … Wissenschaftler, Archäologen, Ingenieure, Verhaltensforscher … die eine religiöse Hierarchie geschaffen und die Errungenschaften der Menschheit (in Form des Lichtes) “vergöttlicht” haben, um sie zu schützen, indem sie sich ihnen mit einer Art religiöser Ehrfurcht und Eifer nähern. Dies ist ein Teil des rückwärtsgewandten Traums, in dem Petronus immer mehr eine Lüge erkennt, die er nicht mehr unterstützen kann. Mit den Androfranzinern spiele ich sehr stark im Sandkasten der Religion, die absichtlich als Werkzeug eingesetzt wird, um eine Gesellschaft zu formen und Überlebende (und überlebendes Wissen) vor wiederholten Kataklysmen zu schützen. Wohingegen ich mit den Y’Ziriten eine eher am Glauben orientierte religiöse Bewegung einbringe, bei der das Blutlösen und die rituelle Verletzung mit dem Messer im Mittelpunkt ihrer Praktiken stehen. Ich dachte, dass diese beide divergierenden Systeme der Reihe einen wahrheitsgemäßeren Ton verleihen, als es bei den traditionellen, eher mit Schwarz-Weiß-Zeichnung arbeitenden Geschichten der Fall ist, in denen sich Gut und Böse gegenüberstehen. Und es sollte eine gute Bühne für das Drama abgeben, das sich darauf abspielt.
bp: Der Bannspruch wird, trotz größter Bedenken, nicht zerstört, sondern bewahrt. Ist die Zerstörung von Wissen noch frevelhafter als das, was mit diesem Wissen in der Hand der Menschen geschehen könnte?
Ken @ Powell's Books, 2010.
KS: Das ist eine tolle Frage, finde ich. Manches Wissen – wie die Sieben Kakophonischen Tode – könnte großen Schaden anrichten, wenn es jenen, die das Wissen bewahren, nicht möglich ist, es sicher zu halten. Und solange es Leute gibt, die nichts zu verlieren haben und willens sind, diese schreckliche Macht zu benutzen … Nun, man kann sehen, worauf es hinausläuft. Das ist eine der Fragen, mit denen ich in der Reihe spiele. Aber jenes Wissen zu zerstören – überhaupt Wissen zu zerstören – öffnet die Tür für Zensur und Kontrolle. Es ist besser, wenn wir in unser Wissen hineinwachsen und lernen, wie wir unseren Hang zur Selbstzerstörung mäßigen, wenn wir es können.
bp: Bewegen wir uns vom Wissen der Menschheit zum Wissen eines Autors: Was hat Sie bewogen, nicht nur den üblichen alten Mentor, sondern eine ganze Menge alter oder älterer Männer als Protagonisten zu wählen? Welche erzählerischen Möglichkeiten haben Sie sich davon versprochen?
KS: Ich habe mir vordergründig gar keine Gedanken darum gemacht. Ich wollte mit einigen vertrauten Fantasy-Elementen beginnen – dem weisen und vergessenen König, dem schneidigen Prinzen, der spionierenden Kurtisane, dem Waisenknaben, dem mechanischen Mann (der Marionette) – und diese Elemente dann ein wenig auf den Kopf stellen, während die Geschichte ihren Lauf nimmt. Ich denke, jüngere Protagonisten sind die Norm, und ich habe versucht, mein Ensemble stärker auszuarbeiten, als es um Gender oder Alter ging, daher haben wir Neb und Winters, die beide in ihren Teenager-Jahren sind, Jin Li Tam in den frühen Dreißigern, Rudolfo in den frühen Vierzigern und dann eine gute Prise von 60- und 70-Jährigen mit Lysias, Grymlis, Charles und Vlad Li Tam.
bp: War es genauso einfach, die weiblichen Figuren auf den Kopf zu stellen, wie bei den männlichen? Und könnten Sie sich vorstellen, die gleiche Wirkung auch mit alten Frauen zu erzielen?
KS: Es war nicht einfach, nein. Die meiste Zeit über hatte ich Angst davor, weibliche Figuren zu schreiben. In meinen gesamten Kurzgeschichten haben Frauen meistens Nebenrollen von unterschiedlicher Stärke und Bedeutung für die eigentliche Geschichte eingenommen, und ich bin fest in der Perspektive meiner männlichen Protagonisten verwurzelt geblieben. In einigen wenigen Geschichten habe ich es riskiert, aus der Perspektive einer Protagonistin zu schreiben, aber ich war dabei meistens nervös. Zum Großteil kam das durch meine Angst, etwas zu falsch zu machen und Leute vor den Kopf zu stoßen. Also bin ich dicht an den Arten von Figuren geblieben, die ich nach meinem Dafürhalten am besten kannte. Selbst in Sündenfall habe ich eigentlich nur aus der Sicht einer einzigen Protagonistin erzählt. In Lobgesang habe ich weitere hinzugefügt. Und es kommt mir so vor, als würde ich dabei sicher Einiges falsch machen, aber eben auch Einiges richtig. Und ich habe festgestellt, dass einige Leute, die unzufrieden damit sind, wie ich eine Figur schreibe – ob sie nun weiblich ist oder nicht -, das auf hilfreiche, konstruktive Weise kundtun, und andere werden einfach wütend. Und sie stimmen nicht einmal alle überein.
Aber um die Antwort kurz zu machen: Ja, ich könnte mir auch vorstellen, die gleiche Wirkung mit alten Frauen zu erzielen. Und ich gehe davon aus, dass ich in zukünftigen Büchern und zukünftigen Serien genau das in Angriff nehmen werde. Irgendwann habe ich vor, eine Trilogie zu schreiben, die auf meiner Kurzgeschichte Invisible Empire of Ascending Light basiert, mit Tana Berrique, einer Protagonistin in ihren 60ern, als Hauptcharakter in der entsprechenden Figurenriege.
bp: Der Themenkomplex “Familie” nimmt in Ihren Romanen eine zentrale Stellung ein. Ist es Ihre persönliche Erfahrung, die Sie dazu bewogen hat, oder finden Sie, dass das Thema in der Phantastik unterbeleuchtet ist? Fallen Ihnen gar literarische oder filmische Vorbilder ein, in denen Sie dieses Thema gerne näher beleuchtet gesehen hätten?
Ken, Jen, Lizzy und Rae, 2010
KS: Auch hier war es wieder nichts, das ich absichtlich so eingerichtet habe, aber ich glaube, dass es zu dem wahrheitsgemäßen Klang beiträgt, auf den ich mit meinem Schreiben abziele. Als ich den Entwurf von Sündenfall geschrieben habe, habe ich schnell bemerkt, dass die Einführung eines Kindes in Rudolfos und Jin Li Tams Leben ein größeres Ereignis inmitten von allem anderen sein würde, und als sich die Rolle des Kindes in der ganzen Saga ergeben hat, habe ich eine Gelegenheit gesehen, diesen Gedanken noch weiter zu untersuchen. Was, wenn das eigene Kind eine messianische Figur in einem alten Blutkult wäre? Das sah mir nach einem famosen Versuchsaufbau aus. Und dann, darüber hinaus, schien mir auch das tiefere Schürfen in der Familie Tam ein guter Ansatz zu sein, um den Familienbanden nachzugehen, und der Frage, wie diese Bande genutzt werden können, um den eigenen Willen durchzusetzen, wenn man in der eigenen Familie das beste Werkzeug – oder die beste Waffe – sieht, um die Welt zu beherrschen. Liebe und Angst sind große Motivationen für Menschen. Und ich habe schon den Verdacht, dass die Liebe zur Familie in der Belletristik häufig die zweite Geige im Vergleich zur romantischen Liebe spielt.
Ich habe keine richtigen Beispiele, in denen ich das Thema gern besser ausgearbeitet sähe, und was meine eigenen Erfahrungen angeht, so denke ich auf jeden Fall, dass meine eigene Familie – sowohl die problematische, in die ich geboren wurde, als auch die Familie, für die ich mich später entschieden habe – ganz sicher in mein Schreiben hineinspielt. Denn ich neige dazu, mein Schreiben durch meine eigenen Lebenserfahrungen zu nähren … durch die guten, die schlechten und die hässlichen.
bp: Die Buchtitel, die Paul-Simon-Anspielung in Hohelied, die Macht der Musik in einigen Ihrer Kurzgeschichten: Musik zieht sich wie ein Leitmotiv durch Ihr Werk. Welche Rolle spielt Musik in Ihren Büchern? Und sind Sie auch außerhalb der Buchdeckel musikbegeistert?
KS: Zunächst muss ich sagen, dass ich das Wort “leitmotif” liebe! Und ja, ich würde behaupten, dass Musik nicht nur in meinem Schreiben, sondern auch in meinem Leben eine treibende Kraft ist. Ich bin den Großteil meines Lebens lang Musiker und Musikliebhaber gewesen, habe mir in meinen Teenagerjahren das Gitarrespielen beigebracht und bin schon in jungen Jahren an Straßenecken und auf Kirchenbühnen aufgetreten. Ich habe im Zimmer meines älteren Bruders Simon and Garfunkel gehört, noch ehe ich mich erinnern kann, und besonders ihre Lieder – und Paul Simons Solowerke – sind mir stetige Begleiter gewesen. Natürlich liebe ich fast jede Musik – ich denke, Country/Western ist die einzige Stilrichtung, die mir nicht zusagt. Und wenn ich schreibe, brauche ich beinahe immer Kopfhörer und Musik, um meine Worte zu finden.
In der Reihe wollte ich kurze Titel, und ich wollte, dass sie aus der sakralen Musik stammen. Anfangs war es “Lamentation” (Klagelied), “Canticle” (Lobgesang) und “Requiem”, als ich noch dachte, die Legenden von Isaak würden eine Trilogie werden. Aber es gibt eine Zeile am Ende von Sündenfall, da heißt es: “Und Rudolfo sah seine Rolle darin, und er erkannte, wie aus einem Klagelied eine Hymne werden konnte.” Irgendwo im Überarbeitungsprozess des ersten Bandes habe ich erkannt, dass es fünf werden würden, und dass das letzte “Hymne” heißen müsste, basierend auf diesem Ausschnitt. Der letzte Name, der mir einfiel, war “Antiphon” (was ein Gegengesang zum Lobgesang ist) für den dritten Band.
Ich nehme an, die neuen Titel für die deutschen Bücher haben hier ein wenig Chaos gestiftet, weil jedes Buch in sich Anspielungen trägt, die in den Titeln wurzeln, die ich ausgewählt habe, aber ich vertraue darauf, dass das Wesentliche meiner Absichten herausgekommen ist.
bp: Wir haben Angst. Wie traurig wird Requiem?
KS: Ich will nicht lügen: Es wird einigen Anlass zur Traurigkeit geben. Aber denkt einfach daran, dass danach die Hymne kommt. Requiem bringt die Reste des zweiten Aktes unter Dach und Fach und führt uns ordentlich in den abschließenden Akt der Reihe. Daher muss es ein wenig schlimmer werden, ehe es wieder besser werden kann. Aber ich hoffe, meine deutschen Leser werden den Ritt mitmachen und weiterhin Freude an der Geschichte haben, die ich erzähle.
bp: Wir danken Ihnen herzlich für das Gespräch und freuen uns auf all Ihre Hymnen und Klagelieder, und alles, was dazwischen liegt!
For all English-speaking readers of Ken Scholes, we put up the original interview here!