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In diesem Frühsommer ist Tobias O. Meißners jüngster Roman Barbarendämmerung erschienen und noch heuer soll der dritte Band seiner Reihe Hiobs Spiel veröffentlicht werden. Er ist einer der experimentierfreudigsten deutschsprachigen Phantastikautoren und hat sich ein bisschen Zeit freigeschaufelt, um für Bibliotheka Phantastika ein paar Fragen zu beantworten und spricht mit uns unter anderem über seinen jüngsten Roman und seine neuesten Projekte …

Cover von Frauenmörder von Tobias O. MeißnerBilbiotheka Phantastika: Hiobs Spiel wird demnächst bei Golkonda fortgesetzt, dein sonstiger Hausverlag ist Piper. Wie siehst du deine Situation als Autor heute zwischen großen Publikumsverlagen und kleinen Liebhaberprojekten, zwischen Self-Publishing und traditionellen Formen?

Tobias O. Meißner: Für mich ist es natürlich komfortabel, dass ich einerseits in Zusammenarbeit mit einem Publikumsverlag verhältnismäßig sicher meine Brötchen verdienen kann, andererseits aber auch für völlig verrückte und unbequeme Projekte noch Abnehmer finde. Kreativ betrachtet ist der Unterschied zwischen beidem jedoch gar nicht so groß, wie man glauben könnte. Das liegt daran, dass Piper mir erstaunlich freie Hand lässt beim Gestalten meiner Projekte.

bp: Zu deinem Mammut-Zyklus ist mit Die Vergangenheit des Regens letztes Jahr nach 6 der geplanten 12 Bände ein “Finale” erschienen: Ist das das Ende? Gibt es in Zeiten des eBooks eventuell eine Möglichkeit, die Geschichte fortzuführen, oder soll sie mit den vagen Aussichten am Ende von Band 6 offen bleiben?

TOM: Ich würde das Projekt sehr gerne noch so wie ursprünglich geplant zuende führen, also: zwölf Bände, Gesamtumfang 4000 Seiten. Immerhin ist der gesamte Handlungsverlauf bereits detailliert schriftlich entworfen worden.
Das Problem dabei ist halt die Finanzierung. Ich würde für jedes fehlende Buch ein halbes Jahr Arbeitszeit brauchen, also drei Jahre für den gesamten Rest. Diese drei Jahre über muss ich jedoch meine Miete zahlen können, und das scheint im Augenblick mit diesem Projekt nicht möglich zu sein. Aber ich betrachte das langfristig. Wer weiß, wie sich die Lage in ein paar Jahren geändert haben wird.

bp: Die RPG-Elemente im Mammut, Das Paradies der Schwerter, bei dem die Ergebnisse ausgewürfelt wurden, Hiobs Spiel: Inwiefern prägt der Spiel-Gedanke deine Literatur? Kommst du oft aus dieser Richtung, mit ungewissen Ausgängen, festen Regeln oder der Betrachtung von Literatur allgemein als Spielwiese?

TOM: Ich finde, dass Spielregeln etwas Philosophisches haben: Sie versuchen, komplexe Geschehnisse zu ordnen und erfahrbar zu machen. Sie sind gleichzeitig abstrakt und konkret. Genau wie gute Literatur. Ich sehe da Zusammenhänge, wahrscheinlich beeinflussen sich deshalb Buch und Spiel bei mir immer gegenseitig.

Cover von Das Paradies der Schwerter von Tobias O. Meißnerbp: Fast alle deine Werke, vom Debut Starfish Rules bis zum aktuellsten Roman Barbarendämmerung, setzen sich aus vielen, kleinen in sich geschlossenen Texten/Geschichten/Abenteuern zusammen, die sich in ein größeres Ganzes fügen, woher kommt diese Art des Erzählens – von Pen-&-Paper-Rollenspielen, von Computerspielen?

TOM: Eher von meinem Faible für Comics. Das serielle Erzählen, das Plotten in Fortsetzungen bin ich von Comics und Romanheften gewöhnt, Literaturformen meiner Kindheit. Und ich habe darin immer sehr große Stärken gesehen. Heute verfahren auch Fernsehserien nach diesem Muster. Es gibt sowohl Episodenzusammenhänge als auch einzelne Episoden, die für sich stehen, aber Randbereiche der Gesamtserie ausloten. Das ist ein ausgesprochen komplexes und ergiebiges Feld.

bp: An die vorherige Frage anschließend: Würde es dich reizen, mehr Kurzgeschichten zu schreiben oder ist es gerade der große Rahmen, der diese zusammenhält, der für dich interessant ist?

TOM: Tatsächlich fasziniert es mich am meisten, wenn das Kurze Teil eines Größeren ist. Ich finde, dass dann das Kurze sowohl zur Geltung kommt, als auch einem übergeordneten Ziel dient. Das beste beider Welten sozusagen.

bp: In einem Interview vor ein paar Jahren hast du dich mal dazu geäußert, mit einer zwölfbändigen Fantasy-Reihe (dem Mammut-Zyklus *g*) Neuland zu betreten. Ist diese Form deiner Meinung nach gescheitert – es kommen ja generell in letzter Zeit eher einzelne oder lose verbundene Bände heraus als lange Fantasy-Reihen, und auch deine letzten Sachen waren Einzelbände?

TOM: Es sieht so aus, als gäbe es für ausgeklügelte Zyklen á 4000 Seiten momentan nur einen sehr, sehr engen Markt. Aber wie gesagt kann das in zehn Jahren ja schon wieder ganz anders aussehen.

bp: Du hast ja nun schon mehrere Romane veröffentlich, die formal unter die sogenannten “Völkerromane” fallen. Ist das ein notwendiges Übel, oder bist du der Meinung, dass man sich diese Form auch zu eigen machen kann?

TOM: Ich hatte ja vollkommene kreative Freiheit und musste keines von Tolkiens Völkern nehmen. Das hätte mich überhaupt nicht gereizt, da wäre ich mir wie ein Wilderer vorgekommen. Aber so, mit der Dämonen-Trilogie, konnte ich in einem bereits etablierten Format etwas vollkommen Eigenständiges machen. Und so zu arbeiten ergibt für mich in jeder Hinsicht sehr viel Sinn.

bp: Beim Mammut stand zunehmend die Frage nach dem richtigen Handeln im Vordergrund (z.B. wenn Ökos es mit autochthonen Völkern zu tun haben).Wie kann Fantasy Fragestellungen behandeln, die für den modernen Menschen von Belang sind? Und was für Fragen treiben dich um?

TOM: Fantasy kann wirklich ALLE Fragen behandeln, von der sexuellen Unerfüllbarkeit bis hin zum Völkermord. Und da mich Grundprobleme von Ethik, Menschlichkeit, Unmenschlichkeit und verantwortungsvollem Handeln („Wie weit würdest du gehen, um einer gerechten Sache zu dienen?“) brennend interessieren, werden diese Bereiche auch immer wieder in meinen Romanen eine wichtigere Rolle spielen als zum Beispiel die Frage „Kriegen sie sich am Schluss?“ (an deren Antwort „Ja“ ich nie so richtig glaube, weil sie sich ja fünf Tage später schon wieder scheiden lassen können …)

bp: (Phantastische) Literatur kann entweder subversiv-aufrüttelnd sein oder affirmativ-tröstend; bei dir steht ja eher ersteres im Vordergrund. Mit welchen Mitteln versuchst du deine LeserInnen aus der Komfortzone zu locken?

TOM: Ich scheue mich nicht, dahin zu gehen, wo’s wehtut.
Und was ich auch überhaupt nicht mag, sind eindeutige Gut-Böse-Zuordnungen. Wenn Fantasy nur noch Kitsch ist, dann gehört sie meiner Meinung nach eingestampft. Und aus der Pulpe solch zahnlosen Mainstreams könnte man dann wahnwitzig subversives Zeug drucken.

Cover von Barbarendämmerung von Tobias O. Meißnerbp: Du hast in einem Interview anlässlich der Leipziger Buchmesse gesagt, dass du von deinem Leben in Neukölln zum Roman Barbarendämmerung inspiriert worden bist, möchtest du dazu ein bisschen was sagen? Angesichts der laufenden Migrationsdebatte ist der Roman mit dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Wertesysteme und der Mischung aus Furcht und Faszination, die dem „Anderen“ entgegengebracht wird, hochaktuell.

TOM: Es geht nicht nur um Migranten, sondern ganz allgemein um eine Gesellschaftsschicht, die niemals Bücher liest, aber immer großspurig auftritt und sich mit Gewalt Gehör zu verschaffen sucht. Neukölln war jahrelang ein schmuddeliger Problembezirk (ich lebe seit über zwanzig Jahren hier), und in den letzten Jahren wurde es von Hipstern zum Trend erklärt. Das ist absurd, weil die Barbaren sich dadurch nur umso entschlossener zusammenrotten werden, um ihre Recht aufs Barbarenbleibendürfen einzufordern.

bp: Die Gewaltdarstellung ist in den meisten deiner Werke sehr explizit. Wann ist für dich die Grenze zwischen „Gewalt als Stilmittel“ und „Gewalt als Selbstzweck“ überschritten?

TOM: Ich sehe das gar nicht als Gegensatzpaar. Ich setze Gewalt sehr bewusst ein, um Handlung zu beschleunigen, so, wie ein Choreograph Tanzsprünge einsetzt oder ein Maler Action Painting. Es geht mir nicht immer um ein Hinterfragen und Problematisieren á là „Gewalt ist keine Lösung“. Davon gehe ich ohnehin aus, und 99 % aller Leser ebenfalls. Aber wenn ich einen Roman wie Barbarendämmerung mache, muss die Gewalt zum Selbstzeck werden, muss sogar stellenweise zum alleinigen Inhalt heranreifen können. Ansonsten würde ich mich um das Thema der Barbarei herum mogeln, und dann braucht man ein solches Buch ja gar nicht erst zu beginnen.

bp: Kann man wirklich annehmen, dass ein Großteil der LeserInnen bei einer plakativen Gewaltdarstellung die (gewalt-)kritische Metaebene entweder schon hat oder gleich mitrezipiert? Gerade unter dem Gesichtspunkt – um einen direkten Werkbezug herzustellen – dass du in Barbarendämmerung zeigst, wie fadenscheinig die Grenzziehung zwischen „Barbarei“ und „Zivilisation“ ist, besteht doch auch immer die Gefahr, dass die unproblematisierte Darstellung von Gewalt auch aus den falschen Gründen von Lesern geschätzt werden und eine fragwürdige positive Resonanz hervorrufen könnte.

TOM: Bücher sind eine sehr abstrakte Angelegenheit. Sie können nicht so unmittelbar körperliche Reaktionen auslösen wie z. B. Musik das kann, oder auch Filme oder Computerspiele (die ja beide ebenfalls mit Musik arbeiten). Dass jemand durch das Lesen einer ausschließlich mit Buchstaben bedruckten Seite zum axtschwingenden Killer wird, ist vielleicht höchstens in einem religiös fanatisierten Kontext denkbar, bei Fantasy und anderen unterhaltsamen Abenteuerromangenres jedoch noch niemals vorgekommen. Und wenn jemand sagt: „Die Gewalt in Meißners Büchern ist geil!“, dann findet diese Begeisterung immer noch auf einer harmlosen, weil eben sehr abstrakten Ebene statt, und muss nicht sonderlich beunruhigen.

bp: Du arbeitest hauptsächlich mit männlichen Protagonisten – Frauen sind bei dir tendenziell eher Randfiguren. Liegen dir männliche Figuren eher, oder hast du das Gefühl, dass sie erzählerisch mehr Möglichkeiten bieten?

TOM: Dieser Missstand ist mir selbst schon vor zwei Jahren bewusst geworden. Deshalb gibt es in dem Manuskript, an dem ich gerade arbeite, überhaupt keine wichtige Männerfigur mehr, sondern lediglich zwei handlungstragende Frauen, in meinem nächsten Buch für Piper wird eine Frau die Protagonistin sein, und in Die Dämonen – Am Ende der Zeiten war die Hauptfigur ein Hermaphrodit, also männlich und weiblich zugleich. Man könnte sagen, da zeichnete sich der Wechsel in meinem Gesamtwerk bereits ab. Aber ich habe vor etwa zehn Jahren schon ein Hörspiel fürs DeutschlandRadio geschrieben, in dem es nur drei Figuren gab, und alle drei waren Frauen.

bp: Wenn du dazu schon was verraten willst – schreibt sich das neue Projekt mit der starken Fokussierung auf Frauenfiguren anders? Was können wir da erwarten?

TOM: Etwas sehr Heikles. Würde ich bei meinem Fokus auf Frauenfiguren die erotische Ebene ausblenden, käme ich mir wie ein Heuchler vor. Also versuche ich, aus einer erotisch faszinierten Sichtweise heraus nicht einfach nur Männerfantasien zu entwickeln, sondern so etwas wie Frauenbeunruhigungen angesichts einer männlich dominierten Perspektive zu formulieren. Klingt kompliziert und ist es auch, mal sehen, ob dabei etwas Außergewöhnliches herauskommt.

Die dunkle Quelle von Tobias O. Meißnerbp: Du arbeitest mit Querverweisen zwischen deinen eigenen Romanen und Zyklen, hast eine Verbindung zwischen deiner Mammut-Reihe und dem Zeitalter der Wandlung deines Kollegen Markolf Hoffmann geschaffen: Sind das Gelegenheiten, die du beim Schopfe packst, oder steckt mehr dahinter?

TOM: So jemanden wie Markolf Hoffmann muss man einfach am Schopfe packen, wenn er des Weges kommt, man kann ja vorher nicht wissen, dass es so ein Talent überhaupt gibt. Was Querverweise innerhalb meiner eigenen Bücher angeht, plane ich sehr langfristig. So ist Das Paradies der Schwerter beispielsweise in meinem Roman Neverwake eine Art Kultroman mit gesellschaftsrelevanten Auswirkungen. Und sogar zwischen Hiobs Spiel und Im Zeichen des Mammuts gibt es eine seit Jahrzehnten vorbereitete Verzahnung.

bp: Wenn du darüber schon etwas verraten möchtest, würde uns interessieren, wie du angesichts dessen die weitere Entwicklung des Hiobs Spiel-Zyklus planst?

TOM: Darüber möchte und kann ich eigentlich nicht allzu viel verraten, weil Hiobs Spiel außer seiner insgesamten Laufzeit von 50 Jahren keinen Regeln unterworfen sein soll. Das heißt, dass ich keine Versprechungen machen möchte, weil ich jederzeit auch wieder alles umstürzen könnte. Ich habe aber grobe thematische Abläufe für die Bände 4, 5 und 6 im Kopf. Darüberhinaus – und ob es überhaupt mehr als sechs Bücher werden – bin ich überfragt.

bp: Im Mammut spielen göttliche Eingriffe in den Weltenlauf eine große Rolle, und auch hinter Das Paradies der Schwerter steckt letztlich ein ähnliches Thema. Inwiefern reflektierst du in deinem Schreiben, dass der Autor Gott auf seiner Welt ist, oder eben Gamemaster?

TOM: Der Autor ist Gott. Es sei denn, er beschließt zu würfeln. Dann wird er zum rasenden Reporter.

bp: Für dieses schöne Schlusswort und das ganze Interview sagen wir vielen Dank!

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Laura Resnick, die heute ihren 50. Geburtstag feiern kann. Die am 17. August 1962 in Chicago, Illinois, geborene Autorin, die die Tochter des SF-Autors Mike Resnick ist, begann ihre Karriere 1989 unter dem Pseudonym Laura Leone im Romance-Sektor. Für Fantasy-LeserInnen hochinteressant wird sie – abgesehen von ihren Kurzgeschichten, für die sie 1993 mit dem John W. Campbell Award ausgezeichnet wurde – mit In Legend Born (1998, dt. in zwei Teilen: Feuerbringer, Flammenherz (1998)), dem ersten Band der Sirkara Chronicles, einer dreibändigen Reihe um die Rebellion gegen das mächtige Valdani-Reich, die mit Wasser- und Feuermagie geführt wird, aber sich erst einmal mühselig aus den verfeindeten Volksgruppen und Fraktionen zusammenfinden muss. Die Sirkara Chronicles haben einen – für Cover des Buches "Flammenherz" von Laura Resnickdie damalige Zeit noch recht ungewöhnlichen – realistischen Ansatz, der durch das Abweichen von den bei Fantasy-Völkern verbreiteten kulturellen Klischees und der unaufgeregten, auf die Figuren und deren Entwicklung konzentrierten Erzählweise unterstrichen wird. Damit gewinnt Laura Resnick der klassischen Geschichte von Unterdrückung und Befreiung durch eine Erlöser-Figur neue Aspekte ab und liefert eine recht vielschichtige (auch aus mehreren Perspektiven erzählte) Variante.
In Deutschland hatten Die Chroniken von Sirkara eine etwas unglückliche Veröffentlichungsgeschichte: Nachdem aus dem zweiten Original-Band zwei Bände wurden (In Fire Forged: The White Dragon, In Fire Forged: The Destroyer Goddess, beide 2003), die auch noch ungewöhnlich lange auf sich warten ließen, wurde die Reihe wie viele andere bei Droemer Knaur erschienene Fantasy-Zyklen eingestellt, so dass deutsche LeserInnen lediglich den (gesplitteten) ersten Band zu sehen bekamen.
Trotz ursprünglich weiterreichender Pläne für die Chronicles of Sirkara wandte sich Laura Resnick auch in den USA nach The Destroyer Goddess von der High Fantasy ab und begann mit Disappearing Nightly (2005) eine Urban-Fantasy-Reihe um die Schauspielerin Esther Diamond, die bis heute fortgesetzt wird und inzwischen auf fünf Bände angewachsen ist.

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The Last Olympian von Rick RiordanDie finale Schlacht ist gekommen und der Krieg um die Herrschaft beginnt. Mit seiner gewaltigen Armee zieht Kronos auf Manhattan zu, um den Olymp und die Götter zu zerstören. Während die olympischen Götter außerhalb gegen Titanen kämpfen müssen, wurde die Stadt in tiefen Schlaf versetzt und von der Außenwelt abgeschottet. Es bleiben nur noch die wenigen Halbgötter des Camp Half-Blood als letzte Verteidigung für den Olymp – vierzig gegen vierhundert. Doch das Camp ist nicht nur in der Unterzahl, die Häuser sind auch gespalten und ein Verräter bewegt sich unerkannt unter ihnen. Nicht zuletzt ist außerdem die Zeit für Percy Jacksons vielleicht letzte Entscheidung gekommen.

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20000 Leagues under the Sea, Brian Kesinger (Cover Artist)Vor kurzem gab es in unserem Forum ein neues Buchcover zu dem Klassiker 20000 Leagues under the Sea (20.000 Meilen unter dem Meer) von Jules Verne zu sehen. Da es nicht nur mir sondern auch einigen anderen gefiel, dachten wir uns, wir präsentieren euch heute einmal den Künstler hinter diesem Cover: Brian Kesinger.

Brian Kesinger, bis vor kurzem noch gar nicht so schrecklich bekannt, schaffte es in den letzten Wochen von 0 auf mehr als 10.000 Facebook-Anhänger und seine Bilder machen weiter die Runde. Der Illustrator, der seine täglichen Brötchen als Zeichner bei den Walt Disney Animation Studios verdient, interessiert sich privat stark für das Thema Steampunk. Vielleicht wurde er deshalb ausgewählt, die Geschichte Jules Vernes neu zu verpacken.
Brian Kesinger: Tea GirlsWenn Kesinger gerade nicht mit Jules Verne oder Disney beschäftigt ist, taucht er seinen Pinsel gerne in Kamillentee und entwirft eine neue Szene seiner humorvollen Tea Girls. Auch wenn man den Charakteren ihre Verwandtschaft zu den Disney-Figuren anmerkt, bieten diese farblich reduzierten Aquarellbilder einen eigenen Unterhaltungswert. Aus Tee, Tusche und Aquarellfarben entstehen hier viktorianische, freche Damen mit mechatronischen Apparaten, die ihren Haus-Oktopus spazieren führen oder Bücher unter Bäumen lesen – selbstverständlich mit der obligatorischen Fliegerbrille auf dem Hut jeder echten Abenteurerin.

Brian Kesinger: Victoria & Otto

Brian Kesinger: TransformersWer es dagegen nicht so gerne viktorianisch-damenhaft mag und lieber Action sehen will, dem gefallen vielleicht eher die Steampunk-Adaptionen von Comichelden wie den Avengers, Hulk oder den Transformers.

Ihr wollt noch mehr sehen? Kein Problem! Besucht Brian Kesingers Website oder sein Profil bei Facebook. Gerade letztere hält viele weitere Bilder des Künstlers bereit.

Über den Tellerrand

Cover von Oron von David C. SmithBibliotheka Phantastika gratuliert David C. Smith, der heute 60 Jahre alt wird. Der am 10. August 1952 in Youngstown, Ohio, geborene David Claude Smith ist einer der Autoren, die – vergleichbar etwa mit seinem nur wenige Jahre älteren Kollegen Charles R. Saunders – im Kielwasser der durch die Conan-Ausgabe bei Lancer Books entfachten Begeisterung für Sword & Sorcery ihre ersten Stories um schwertschwingende, aber nicht zwangsläufig barbarische Helden in Amateur- und semiprofessionellen Magazinen veröffentlichten und schließlich zu ersten Romanveröffentlichungen kamen.
Wobei der erste Roman, der von Smith erschien, keine Sword & Sorcery war, sondern ein nur spärlich mit übernatürlichen Elementen versehenes Howard-Pastiche um den Piraten Black Vulmea (The Witch of the Indies, 1977), auf den ein Jahr später ein zweites, dieses Mal zusammen mit Richard L. Tierney verfasstes Howard-Pastiche folgte; in For the Witch of the Mists (1978; dt. Die Nebelhexe (1985)) steht allerdings mit Bran Mak Morn eine von Howards eindeutig der S&S zuzurechnenden Figuren im Mittelpunkt (und die Pastiches zählen beide zu den besseren Hervorbringungen ihrer Art).
Parallel dazu kamen auch die ersten Romane auf den Markt, in denen Smith sich seinen auf dem Inselkontinent Attluma (im Prinzip einer Atlantis-Version ohne High-Tech) agierenden eigenen Helden zuwenden konnte, die teilweise bereits in einigen seiner Kurzgeschichten aufgetreten waren. Oron (1978) bildet dabei den Auftakt zu einer vierbändigen Reihe – die Folgebände bzw. genauer gesagt Prequels sind Mosutha’s Magic, The Valley of Ogrum (beide 1982) und The Ghost Army (1983) – um den barbarischen Krieger Oron, der seinen Vater tötet, von seinem Stamm ausgestoßen wird und sich daraufhin seinen Lebensunterhalt als Söldner verdient. The Sorcerer’s Shadow (1978) spielt mehrere Jahrhunderte nach den Oron-Romanen ebenfalls auf Attluma, hat aber mit dem von einem Magier zur Unsterblichkeit verfluchten Krieger Akram eine anders geartete Hauptfigur, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Karl Edward Wagners unsterblichem Helden Kane nicht ganz leugnen kann.
Von 1981 bis 1983 verfasste Smith – wieder in Zusammenarbeit mit Tierney – außerdem eine sechsteilige Reihe um die (in diesem Fall aus dem Mittelalter ins Hyborische Zeitalter versetzte) Howard-Heroine Red Sonja und schien sich als Autor etabliert zu haben. Doch da in den 80ern eine Art Wachablösung in der Fantasy stattfand und die Sword & Sorcery verglichen mit der High Fantasy tolkienesker Prägung endgültig ins Hintertreffen geriet, kam auch Smiths Autorenkarriere ins Stocken – und das, obwohl er auf Wunsch seines Verlags mit Fall of the First World eine aus den Einzelbänden The Master of Evil, Sorrowing Vengeance und The Passing of the Gods (alle 1983) bestehende Trilogie vorlegte, die sich deutlich an den komplexeren Epen etwa eines Stephen R. Donaldson orientierte und vom Autor selbst als Fantasy-Äquivalent von Krieg und Frieden gedacht war. Dem letztgenannten Anspruch kann Fall of the First World zwar sicher nicht gerecht werden, aber die Trilogie, die in einem vorgeschichtlichen Zeitalter spielt und deren archetypische Figuren ihren Nachhall in etlichen Personen unserer Legenden gefunden haben, ist deutlich origineller als viele der halbgaren Tolkien-Aufgüsse oder in Romanform nacherzählten Rollenspielrunden, die in den 80ern einen Großteil des Genres ausmachten.
1989 und 1991 veröffentlichte Smith noch zwei okkulte Horrorromane um den vom Priester zum Magier gewordenen David Trevisan (The Fair Rules of Evil und The Eyes of Night), doch seither ist er als Autor phantastischer Literatur verstummt. Smiths S&S-Romane oder auch seine epische Fantasy-Trilogie zählen gewiss nicht zu den Spitzenwerken des Genres, bieten aber den Freunden dieser Untergattung deutlich mehr als manch anderes Werk, das es zu einer deutschen Übersetzung gebracht hat.

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A Great And Terrible Beauty von Libba Bray1895 – Gemma Doyle, ein launischer und verwöhnter Teenager, feiert ihren sechzehnten Geburtstag, als sie zum ersten Mal von einer Vision heimgesucht wird, die ihr bisheriges Leben völlig verändert. Gemma sieht, wie ihre Mutter sich selbst tötet, um einem Schattenwesen zu entkommen, das sie zu verschlingen droht. Gemma, die ihr Leben in Indien verbracht hat, wird zu ihrer Familie nach London geschickt, wo sie ein Pensionat für junge Damen besuchen soll. Niemand ahnt etwas von ihren Visionen, die nur der Anfang eines viel größeren Geheimnisses sind.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert André Ruellan, der heute 90 Jahre alt wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass deutschsprachige Leser oder Leserinnen mit dem Namen des am 07. August 1922 in Courbevoie im Département Hauts-de-Seine geborenen Ruellan auf Anhieb etwas anfangen können, dürfte eher gering sein, denn hierzulande sind nur zwei SF-Romane aus seiner späteren Schreibperiode (in der er unter seinem eigenen Namen veröffentlicht hat) erschienen: Tunnel (1973) als Paris 2020 (1981; ein Near-Future-Roman, in dem ein junger Arzt seine komatöse, hochschwangere Frau ins Krankenhaus zu bringen versucht und dabei ein in jeder Hinsicht kaputtes, von Gewalt und Chaos beherrschtes Paris durchqueren muss) und Mémo (1984) als Memo (1987; ein Roman, in dem es um eine Substanz geht, die Erinnerungen – auch künstliche – derart intensiviert, dass sie sich praktisch nicht mehr von der erlebten Gegenwart unterscheiden).
Dabei war Ruellan, der Medizin studiert und auch einige Jahre als Arzt gearbeitet hat, vor allem zu Beginn seiner Schriftstellerkarriere recht fleißig und in den 50er und frühen 60er Jahren unter dem Pseudonym Kurt Steiner (gelegentlich auch Kurt Wargar) regelmäßig in Fleuve Noirs Genrereihen Angoisse (Horror bzw. Phantastik) und Anticipation (SF) vertreten. Und in der Reihe Anticipation sind auch die beiden Romane erschienen, denen Ruellan seinen heutigen Eintrag in unserem Blog verdankt.
Ortog von André Ruellan aka. Kurt SteinerIn Aux Armes d’Ortog (1960) lernen wir den Ritter-Navigator (oder Navigator-Ritter) Dal Ortog of Galankar kennen, der im 50. Jahrhundert auf einer Erde lebt, auf der High-Tech neben Magie existiert. Außerdem war sie kurz zuvor in einen verheerenden interplanetaren Krieg verwickelt, und die Bevölkerung siecht an einer unbekannten Krankheit dahin. Kein Wunder, dass Sopharch Karella seinen besten Mann losschickt, um ein Mittel gegen die Krankheit zu finden. Natürlich hat Ortog Erfolg – doch zu spät, denn seine große Liebe, Karellas Tochter Kalla, ist bereits tot. Und deshalb müssen sich Ortog und sein Freund Zoltan Charles Henderson de Nancy in Ortog et les Ténèbres (1969) in die Dimensionen des Todes aufmachen, um Kallas Seele zurückzuholen …
Das Ganze hat natürlich einen gewissen Trash-Faktor, vor allem im Vergleich zu den o.e., thematisch deutlich anspruchsvolleren SF-Romanen, doch das Setting – für das der britische SF-Kritiker John Clute den treffenden Begriff Medieval Futurism geprägt hat –, ein paar nette kleine Ideen und die Gelegenheit, einen Blick in nicht angloamerikanische Science Fantasy zu werfen, haben durchaus ihren Reiz. Letzteres ist tatsächlich auch Lesern und Leserinnen möglich, die kein Französisch können, denn die beiden recht dünnen Romane sind 2010 in der Übersetzung von Brian M. Stableford unter dem Titel Ortog als Sammelband in den USA erschienen. André Ruellan selbst hat sich seit Mitte der 90er Jahre aufs Drehbuchschreiben konzentriert, mit dem er bereits in den 70ern angefangen hatte, und war in diesem Bereich noch bis vor kurzem aktiv.

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Wir wollen unsere Rezensententätigkeit und unser Leseverhalten hin und wieder auch kritisch beleuchten, und dazu haben vier unserer eab-Mitglieder eine Auswertung ihrer bisherigen Lektüre 2012 vorgenommen, diesmal nicht in Form von Bestenlisten oder Tops und Flops, sondern um euch eine kleine Statistik zu präsentieren.

Colophonius
colos Lesestatistik für das erste Halbjahr 2012

7 gelesene Neuerscheinungen! Diese Quote ist bei mir sensationell. Während meine prä-bp-Einkäufe von Blindgriffen in die Neuerscheinungskisten dominiert waren, lese ich seit mehreren Jahren beinah ausschließlich junggebliebene Lektüremethusalems auf Empfehlung. Neuerscheinungen reizen mich zum Großteil nicht mehr, die aus dem deutschsprachigen Raum erst recht nicht (das ist eindeutig ein Fall für ein beherztes “leider!”). Dieses Halbjahr war durch einige Geschenkbücher von der Neuerscheinungsfront (5 insgesamt) ein Sonderfall, doch im nächsten heißt es wieder: neue Eriksons, Ffordes, Scholes, Rothfusses und einige andere Kandidaten bilden die Ausnahme. Das Büchergeld, was dann noch übrigbleibt, wird in zeitlos-alte Werke investiert, denn während sich viele Neuerscheinungen für mich wie ausgetretene Schuhe lesen, die belanglose Wege wieder und wieder begehen, begeistern mich viele alten Eisen durch ihre Aktualität und Relevanz.

mistkaeferl
Kaeferl's Lesestatistik für das 1. Halbjahr 2012

Frappierend ist bei mir der geringe Anteil an Autorinnen, vor allem, da ich bis auf wenige Ausnahmen nicht sonderlich AutorInnen-fixiert lese, sondern es meist Inhaltliches ist, das mich zu einem bestimmten Buch greifen lässt. Ein Blick ins Regal zeigt, dass aber auch dort Autorinnen nicht gerade üppig vertreten sind. Das mag z.T. an meinen bevorzugten Subgenres liegen – die epische Fantasy ist z.B. bis auf wenige Ausnahmen immer noch Männerdomäne. Des weiteren wäre es eine interessante Frage, ob nicht teilweise Verlagspolitik (und LeserInnenwünsche) Autorinnen in Bereiche treiben, die ich eher uninteressant finde (Stichwort “Romance”). Dennoch mag ich nicht alles auf äußere Gründe schieben und denke, dass ich mich mit dieser Schieflage noch genauer auseinandersetzen muss. Höchste Zeit für ein Autorinnen-Special bei bp!

moyashi
Moyas Lesestatistik für das erste Halbjahr 2012

Nachdem ich mir meine persönliche Statistik angeschaut hatte, fiel mir zunächst auf, dass ich nur deutschsprachigen Bücher abgebrochen habe, wobei ich davon schon nur sehr wenige zur Hand genommen hatte. Bei näherer Überlegung dämmerte mir die so offensichtliche und doch überraschende Erkenntnis einer der Gründe dafür. Die simple Erklärung: das Sie. Siezen und gesiezt werden war mir noch nie sympathisch. Es wirkt auf mich, solange ich mich erinnern kann, unpersönlich und unfreundlich. Da ist das englische you mit seiner universellen Verwendbarkeit wesentlich zugänglicher, und es verrät auch nicht gleich, wie das Verhältnis zu der Person gegenüber tatsächlich ist, ermöglicht Spekulationen, und die Verlegenheit des Wechsels vom Sie zum Du entfällt. Im Deutschen ist dagegen schon mit der Ansprache geklärt, wo man steht, und es fühlt sich, gerade in der Fantasy, immer merkwürdig für mich an, ein Sie zu lesen. Das ist zwar nicht mein einziger Grund, ein Buch abzubrechen, doch wenn sich ein nicht wirklich fesselnder Plot mit diesem geschwollenen Sie paart, dann ist das der fehlende Nagel im Sarg des Buches.

Wulfila
Wulfilas Lesestatistik für das erste Halbjahr 2012

Mir ist in diesem ersten Halbjahr 2012 eines bewusst geworden: Ich habe trotz eines insgesamt recht ordentlichen Lektürepensums entsetzlich wenig Fantasy gelesen. Bei der Auswertung ist mir vor allem aufgefallen, dass die beiden Bücher, die ich mir selbst ausgesucht habe, von Autoren stammen, die ich bereits kannte (in einem Fall handelt es sich um eine Neuerscheinung von einem längst verstorbenen Autor, so dass sie womöglich auch eher unter die “älteren” Bücher fällt). Spontankäufe aktueller Fantasyromane sind bei mir in letzter Zeit kaum vorgekommen, sei es, dass ich kritischer geworden bin, sei es, dass das Angebot einfach weniger attraktiv geworden ist.

(*) Titel die innerhalb der letzten 3 Jahre erstmalig veröffentlicht wurden.

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Da wir uns unsere Lektüre meist rein nach Präferenz aussuchen, sind die Rezensionen, die ihr bei bp zu lesen bekommt, zum größten Teil durch unsere persönlichen Auswahlkriterien gefiltert. Wir würden aber trotzdem gerne erfahren, wo eure Präferenzen liegen, wovon ihr gern mehr oder weniger sehen würdet: Bei einem Blick in die Spalte mit den neuen Rezensionen stehen oft überwiegend englische Titel, hättet ihr gern mehr Übersetzungen? Mehr aktuelle Titel? Oder andere Wünsche, die wir in unseren Auswertungen gar nicht bedacht haben?

Zettelkasten

Bibliotheka Phantastika gratuliert Tobias O. Meißner, der heute 45 Jahre alt wird. Der am 04. August 1967 in Oberndorf am Neckar geborene Meißner ist einer der experimentierfreudigsten deutschen Fantasy-Autoren, der es mit seinem dem Spiel-Konzept verpflichteten Roman Das Paradies der Schwerter sogar geschafft hat, vom Feuilleton wahrgenommen zu werden, aber durchaus auch klassischere Fantasy-Stoffe und moderne Phantastik im Repertoire hat. Mehr erfahrt ihr in unserem ausführlichen Portrait – und alle Interessierten & Fans sollten außerdem in den nächsten Tagen auch in unserem Blog die Augen offenhalten …

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Cover des Buches "Zeppelins West" von Joe R. LandsdaleBullen, Pferde, Planwagen und hunderte von Statisten verschiedener Nationen befinden sich an Bord einer Staffel von Zeppelinen, mit denen Buffalo Bills Wild West Show gen Japan schwebt, um dort vor dem Shogun aufzutreten. Buffalo Bill Cody selbst war allerdings schon einmal besser in Schuss: Nach einem fatalen Zwischenfall ist von ihm nur noch ein Kopf in einem Einweckglas voller Schweine-Urin geblieben, an dem gelegentlich eine Kurbel bedient werden muss, um Cody wach zu halten. Davon lässt er sich jedoch nicht abhalten, nebst der Show noch einen Geheimauftrag bei den Japanern auszuführen.

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