Bibliotheka Phantastika gratuliert Richard L. Tierney, der heute 75 Jahre alt wird. Der am 07.08.1936 in Spencer, Iowa, geborene Tierney machte als Teenager Bekanntschaft mit den Werken H.P. Lovecrafts und Robert E. Howards, und dies erwies sich als prägend für sein gesamtes Schaffen (ein knappes Dutzend Romane und gut zwei Dutzend Erzählungen, sowie etliche Gedichte und Essays), das fast ausschließlich im Dunstkreis des Cthulhu-Mythos oder in den Welten Howards angesiedelt ist. Bereits in seinem ersten Roman The Winds of Zarr (geschrieben 1959, veröffentlicht 1975, dt. Die Winde von Zarr (1978)), der im zweiten vorchristlichen Jahrtausend im alten Ägypten spielt, bekommt es ein aus einer bizarren Zukunft stammender Zeitreisender namens John Taggart mit den Dienern bzw. einer Inkarnation Yog-Sothoths zu tun.
In den 70ern gab Tierney zwei Bände mit Erzählungen Robert E. Howards heraus (Tigers of the Sea (1973) und Hawks of Outremer (1979)) in denen er jeweils auch einige Fragmente ergänzte, und schrieb zusammen mit seinem Autorenkollegen David C. Smith For the Witch of the Mists (1978, dt. Die Nebelhexe (1985)), ein durchaus lesbares Pastiche mit Howards Bran Mak Morn. Die Zusammenarbeit mit Smith setzte sich auch in den 80ern fort; von 1981 bis 1983 erschienen sechs (auch ins Deutsche übersetzte) Romane um Red Sonja, eine von Roy Thomas für die Comicserie Conan the Barbarian erfundene, von den ursprünglich im Mittelalter agierenden Howard-Heroinen Red Sonya of Rogatino und Dark Agnes inspirierte Figur (die nebenbei bemerkt ihre Abenteuer wesentlich sinnvoller bekleidet erlebt, als sie auf den Titelbildern der Romane dargestellt ist).
Interessanter als die zwar routiniert geschriebenen, aber lediglich Auftragsarbeiten darstellenden Red-Sonja-Bände sind Tierneys eigenständige Werke. Dies gilt weniger für den zum Cthulhu-Mythos zählenden, im ländlichen Illinois angesiedelten Roman The House of the Toad (1993, dt. Das Haus der Kröte (2004)), sondern vor allem für die Erzählungen und Romane um den vom Gladiator zum Magier gewordenen Simon of Gitta (für den der häufig als erster Häretiker bezeichnete Simon Magus Pate stand), die in einem historischen Setting spielende, mit Lovecrafts Großen Alten gewürzte pure Sword & Sorcery bieten (und darüber hinaus mit etlichen Verweisen auf Howards Erzählkosmos sowie einem Cameo-Auftritt von Karl Edward Wagners Kane aufwarten können). Die meisten dieser Geschichten wurden in der Anthologienreihe Swords Against Darkness oder Magazinen wie Weirdbook oder Crypt of Cthulhu veröffentlicht und 1997 als The Scroll of Thoth: Simon Magus and the Great Old Ones in einem Band zusammengefasst. 2001 folgte der (mit Glenn Rahman verfasste) Roman The Gardens of Lucullus, und 2008 erschien mit The Drums of Chaos schließlich das (viele Jahre zuvor entstandene) Werk, das man durchaus als Höhepunkt und Schlussstein in Tierneys Oeuvre betrachten kann: ein historischer Alternativweltroman voller ebenso bizarrer wie abstruser Ideen, in dem neben Simon auch Jesus von Nazareth eine wichtige – von manchen Lesern und Leserinnen vielleicht als blasphemisch empfundene – Rolle spielt, genau wie der bereits aus The Winds of Zarr bekannte Zeitreisende John Taggart mitsamt seiner der Technologie der Großen Alten entstammenden Fliegenden Untertasse.
Es ist bedauerlich, dass ausgerechnet die Romane und Erzählungen um Simon of Gitta nie den Weg nach Deutschland gefunden haben, denn sie hätten allen Freunden der Pulps, vor allem aber Howard- und Lovecraft-Fans allerhand zu bieten.
-
Rezensionen
-
Die fünf neuesten Rezensionen
Die jüngsten Kommentare
- Carlos Feliciano on Zum 100. Geburtstag von Kenneth Bulmer
- Kevin Korak on Zum 70. Geburtstag von Bernard Cornwell
- Klassiker-Reread: Esther Rochons „Der Träumer in der Zitadelle“ (3/3) – Sören Heim – Lyrik und Prosa on Zum 65. Geburtstag von Esther Rochon
- Neiden on Zum Gedenken an Hans Bemmann
- gero on Zum 65. Geburtstag von Gillian Bradshaw