Tag: Steampunk

20000 Leagues under the Sea, Brian Kesinger (Cover Artist)Vor kurzem gab es in unserem Forum ein neues Buchcover zu dem Klassiker 20000 Leagues under the Sea (20.000 Meilen unter dem Meer) von Jules Verne zu sehen. Da es nicht nur mir sondern auch einigen anderen gefiel, dachten wir uns, wir präsentieren euch heute einmal den Künstler hinter diesem Cover: Brian Kesinger.

Brian Kesinger, bis vor kurzem noch gar nicht so schrecklich bekannt, schaffte es in den letzten Wochen von 0 auf mehr als 10.000 Facebook-Anhänger und seine Bilder machen weiter die Runde. Der Illustrator, der seine täglichen Brötchen als Zeichner bei den Walt Disney Animation Studios verdient, interessiert sich privat stark für das Thema Steampunk. Vielleicht wurde er deshalb ausgewählt, die Geschichte Jules Vernes neu zu verpacken.
Brian Kesinger: Tea GirlsWenn Kesinger gerade nicht mit Jules Verne oder Disney beschäftigt ist, taucht er seinen Pinsel gerne in Kamillentee und entwirft eine neue Szene seiner humorvollen Tea Girls. Auch wenn man den Charakteren ihre Verwandtschaft zu den Disney-Figuren anmerkt, bieten diese farblich reduzierten Aquarellbilder einen eigenen Unterhaltungswert. Aus Tee, Tusche und Aquarellfarben entstehen hier viktorianische, freche Damen mit mechatronischen Apparaten, die ihren Haus-Oktopus spazieren führen oder Bücher unter Bäumen lesen – selbstverständlich mit der obligatorischen Fliegerbrille auf dem Hut jeder echten Abenteurerin.

Brian Kesinger: Victoria & Otto

Brian Kesinger: TransformersWer es dagegen nicht so gerne viktorianisch-damenhaft mag und lieber Action sehen will, dem gefallen vielleicht eher die Steampunk-Adaptionen von Comichelden wie den Avengers, Hulk oder den Transformers.

Ihr wollt noch mehr sehen? Kein Problem! Besucht Brian Kesingers Website oder sein Profil bei Facebook. Gerade letztere hält viele weitere Bilder des Künstlers bereit.

Über den Tellerrand

Auch wenn es den einen oder anderen Fanboy schockieren mag, so gibt es doch eine Bücherwelt jenseits der Fantasy. Sogar eine sehr große. Und ich muss gestehen, dass ich immer mal wieder den Punkt erreiche, an dem mich die Aussicht auf den x-ten 1000-seitigen Auftaktband DER nächsten großen Trilogie voller Ritter und Ränkeschmiede (egal ob Friede, Freude, Narniakuchen oder George & Gritty) eher mit Grausen denn mit Vorfreude füllt und ich lieber zu Krimi, Sachbuch oder wasauchimmer greife. Frei nach dem (überraschend alten) Sprichwort “All Orks and no spaceships makes Jack a dull boy”.

In der Hoffnung, damit zumindest bei dem einen oder anderen auf interessierte Ohren Augen zu stoßen, möchte ich in dieser Kolumne ab und an, soll heißen wenn ich nicht nur Lust und ein passendes Buch habe, sondern mir die Chefin auch noch meine hanebüchene Begründung abnimmt, was das mit Fantasy zu tun hätte, von meinen Ausflügen in die fernen Gefilde jenseits des phantastischen Tellerrandes berichten. Im Moment schweben mir da zum Beispiel das Vorbild zu Glen Cooks Dead Man, ein interessanter Ausblick auf die Welt nach ihrem Untergang, ein walisischer Recke und ein alter Grieche vor, den auch ein Fantasyautor vor kurzem gelesen haben muss.

In diesem Sinne: hinaus in die Ferne, mit Butterbrot und … Paolo Bacigalupi:

The Windup Girl

Bisher hatte ich bei dem Stichwort “Steampunk” in erster Linie so etwas wie Girl Genius von Phil & Kaja Foglio vor Augen. Zumindest bis mir in einem berühmt-berüchtigten Wiener Buchladen mit einem simplen “Lies das!” Paolo Bacigalupis Windup Girl, dessen Übersetzung die Tage bei Heyne unter dem Titel Biokrieg erscheint, in die Hand gedrückt wurde – und meine Vorstellung von Steampunk komplett auf den Kopf gestellt wurde.

Anders als bei Girl Genius und einer gewissen Sonnenschirm-Schnulze, an die ich mich lieber nicht weiter erinnern möchte, geht es hier nicht um eine frühindustrielle Welt, in der moderne Technik mittels Dampfmaschinen und Zahnrädern umgesetzt wird – sondern um das genaue Gegenteil, eine Zukunft, in der wieder auf Dampf- und Muskelkraft zurückgegriffen werden muss.

Angesiedelt ist das Buch ein paar Jahrhunderte in der Zukunft: die Polkappen sind geschmolzen, der Meeresspiegel angestiegen, Krankheiten haben die meisten Nahrungspflanzen dahin gerafft, so dass westliche “Calorie Companies” mit ihren Gen-Pflanzen die Welt kontrollieren. Einzig das Königreich Thailand konnte Dank seiner Gen-Hacker seine Unabhängigkeit bewahren. Und während sich nun im schwül-heißen Bangkok, überragt von einer riesigen Staumauer, die allein die Stadt vor dem Schicksal Atlantis’ bewahrt, Umwelt- und Wirtschaftsministerium argwöhnisch belauern und eine Handvoll westlicher Geschäftsleute eifrig Waren ins Land schmuggelt, versucht ein Agent einer Calorie Company den Gen-Hackern auf die Spur zu kommen. Dessen rechte Hand, ein Exilchinese, der mit letzter Kraft einem Pogrom in Malaysia entkommen ist und nun mit tausenden Mitflüchtlingen in Bangkok ums Überleben kämpft, hat jedoch ganz andere Pläne.
Und mittendrin ein Windup Girl, eine im Genlabor erzeugte Frau, die, von den Thais gehasst, benutzt und misshandelt, einen eigenen Willen entwickelt und sich zu wehren beginnt…

Ein Buch, in dem die Enge der Stadt, die Pläne der einzelnen Charaktere und die brütende Hitze eine explosive Mischung erzeugen, die, einer griechischen Tragödie gleich, unweigerlich zur Katastrophe führen muss.
Und der Leser schaut, Seite um Seite verschlingend, fasziniert dabei zu.

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The Windup Girl von Paolo Bacigalupi ist 2009 in den USA bei Night Shade Books (361 Seiten, ISBN: 978-1-59780-158-4) und 2010 im UK bei Orbit UK (544 Seiten, ISBN: 978-0-35650-053-9) erschienen.
Die deutsche Übersetzung von Hannes Riffel und Dorothea Kallfass erscheint am 8. Februar 2011 unter dem Titel Biokrieg bei Heyne (608 Seiten, ISBN: 978-3-453-52757-7)

Über den Tellerrand