Bibliotheka Phantastika Posts

Bei unserem zweiten Ausflug in die Welt der Webcomics wird es ganz klassisch: In der Wormworld-Saga fängt Autor und Zeichner Daniel Lieske zunächst den Zauber der Kindheit ein, um dann ganz nach alter Tradition einen Weg aus unserer Welt in eine durch und durch phantastische zu finden, in der große Abenteuer und schwierige, bedeutsame Aufgaben warten.
Jonas ist ein kleiner Junge, der lieber zeichnet und träumt, als an seinen Schulnoten zu arbeiten, und das Größte sind für ihn die Sommerferien, die er zusammen mit seinem Vater bei der Großmutter auf dem Land verbringt: Den ganzen Tag durch den Wald streifen, sich auf geheime Dachböden zurückziehen und Held der sich selbst erzählten Geschichten sein, das ist dann seine Welt.
Doch auf Jonas’ Vergangenheit liegt ein Schatten, und sein geheimer Rückzugsort offenbart einen Durchgang zu einer anderen Welt, der Wormworld. Und die ist um einiges gefährlicher, aber auch viel wunderbarer als die Wäldchen rund um Omas Bauernhaus …

Banner Wormworld-Saga

Die Wormworld-Saga ist vor allem eines: Optisch beeindruckend. In wunderschönen, opulenten Bildern beschwört Daniel Lieske zunächst eine Kindheit in den 70er/80er-Jahren herauf und bezaubert Leser und Leserinnen mit dem Helden Jonas, der es ganz leicht macht, an eigene Erinnerungen anzuknüpfen, um einen dann mit der Farbenpracht, den Ideen und den herrlichen Panoramen der Wormworld regelrecht zu überrumpeln. Lichtdurchflutete Wälder und Ruinen, bizarre Wesen und liebenswerte Charaktere leuchten aus den für die Ansicht im Webcomic ausgelegten, scrollbaren Sequenzen entgegen und wirken wie eine Mischung aus Jim Henson’s Creature Shop, Studio Ghibli und den Highlights von Disney mit einer Prise der schwindelerregend-schönen Landschaften von Avatar.

Wormworld-Saga 1 von Daniel LieskeNach bislang vier Kapiteln hat die Geschichte nun Fahrt aufgenommen und einen klassischen Questenkurs eingeschlagen, der sehr gut zum nostalgischen Flair des Comics passt. Wer auf Lieskes Blog ein wenig die interessante Entstehungsgeschichte der Wormworld-Saga verfolgt und die Konzeptarbeit sieht, die in die Weltschöpfung geflossen ist, kann sich vorstellen, dass das erst der Anfang ist und die Leser und Leserinnen noch viel erwarten dürfen – die Landkarte ist groß, die Bewohner wollen kennengelernt und die Geschichte erkundet werden. Wie sich die Wormworld-Saga erzählerisch entwickelt und wie sie mit ihren traditionellen Elementen fürderhin umgeht, wird sich noch erweisen müssen.
Auch dieser Webcomic hat übrigens den Sprung in die Printausgabe geschafft, deren erster Teil vor nicht allzu langer Zeit bei Tokyopop erschienen ist.

Wenn man sich in eine kindliche Abenteuerwelt wegträumen und diese im Comic zum Leben erwachen sehen möchte, sollte man in der Wormworld vorbeischauen, die eine im besten Sinne altmodische Geschichte sehr gelungen in ein modernes Medium transportiert.

Eselsohr Über den Tellerrand

Bibliotheka Phantastika gratuliert Patrick H. Adkins, der heute 65 Jahre alt wird. Der am 09. Januar 1948 in New Orleans, Louisiana, geborene Patrick H. Adkins zählt zu den Autoren, die aus den unterschiedlichsten Gründen nur ein recht kurzes Gastspiel in der Fantasy gegeben haben und deren Bücher nie auf Deutsch erschienen sind. Und dabei ist sein erster Lord of the Crooked Paths von Patrick H. AdkinsRoman Lord of the Crooked Paths (1987), der erste Band der Titans Series, als Ace Fantasy Special erschienen, d.h. im Rahmen einer durchaus ambitionierten Reihe, mit der ein in der SF bereits mehrfach erfolgreiches Konzept auf die Fantasy übertragen werden sollte. Die Ace Fantasy Specials waren ganz bewusst als Gegenentwurf zu den damals weit verbreiteten, mehr oder weniger tolkienesken Fantasyquesten – oder den Nacherzählungen von Rollenspielabenden in Romanform – konzipiert und sollten “ungewöhnliche” Fantasy in Bezug auf Plot oder Setting bieten.
Bei Lord of the Crooked Paths rechtfertigt das Setting die Aufnahme in die Reihe, denn Adkins hat sich für ein zwar eigentlich theoretisch naheliegendes, aber vergleichsweise selten genutztes – und daher ungewöhnliches – Setting entschieden, nämlich das mythologische Griechenland im Zeitalter der Titanen. Zentrale Figur in Lord und dem Folgeband Master of the Fearful Depths (1989) ist Kronos, der Herrscher der Titanen, der wie alle Usurpatoren fürchtet, dass ihm eines Tages das Gleiche widerfahren könnte wie seinem Vorgänger. Dass das Damoklesschwert einer Prophezeiung, von seinem eigenen Sohn gestürzt zu werden, über ihm hängt, trägt nicht gerade zur Entspannung der Situation bei; Kronos’ Gegenmaßnahmen allerdings auch nicht – denn welche Mutter würde es schon dauerhaft hinnehmen, dass ihre Kinder vom eigenen Vater gegessen werden?
Auch wenn der Ausgang der Geschichte, die in groben Zügen der Theogonie Hesiods folgt, hinlänglich bekannt ist, gelingt es Adkins, den mythologischen Hintergrund und die doch sehr irdisch denkenden und handelnden Götter zu einem runden Ganzen zu vereinen, in dem auch die gerade erst auf der Bildfläche aufgetauchten Menschlein eine nicht unwichtige Rolle spielen. Dies gilt vor allem für Lord und Master (die eigentlich einen Roman darstellen, der aus schwer nachvollziehbaren Umfangsgründen gesplittet wurde), wohingegen Sons of the Titans (1990) – in dem Zeus bereits eine prominentere Rolle spielt – spürbar abfällt, was vielleicht damit zu tun haben könnte, dass der Zyklus vorzeitig beendet werden musste.
Die Titans Series ist gewiss kein Meilenstein des Genres; wer allerdings Interesse an einer kompetent erzählten Geschichte vor einem bekannten, nicht allzu vertrauten mythologischen Hintergrund hat, könnte hier durchaus fündig werden.

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Acacia: Macht und Verrat von David Anthony DurhamLeodan Akkaran herrscht über das mächtige Reich Acacia, doch hinter der prunkvollen und Frieden stiftenden Fassade lauern finstere Geheimnisse und Abkommen, die diese Vormachtstellung garantieren. Während Leodan bemüht ist, seine Kinder in ihre Rollen als zukünftige Herrscher einzuführen und sie gleichzeitig zu Erbauern einer besseren Welt zu erziehen, droht Hanish Mein das Volk der Mein aus dem eisigen Norden herabzuführen und Leodans Platz einzunehmen. Dabei verlässt er sich nicht nur auf die Militärmacht der Mein, sondern auch auf ein Netz von Intrigen, das von jenseits der Bekannten Welt bis in den innersten Zirkel des Königs reicht …

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Neue Inhalte

Der Nachtzirkus von Erin MorgensternWillkommen im neuen Jahr, liebe Leser, und auch herzlich willkommen zu unserem Buch des Monats im Januar.

Es ist in letzter Zeit nicht leicht für Fantasyleser unter den Neuerscheinungen noch viel brauchbares Material zu finden. Ein Buch, das man jedoch nicht übersehen sollte, ist: Der Nachtzirkus von Erin Morgenstern, den wir bereits vor einer Weile im englischen Original rezensiert haben.

Zugegebenermaßen ist dieser Roman hauptsächlich etwas für Träumer und Menschen mit einer ausgeprägten Vorstellungsgabe, denn der Roman lebt nicht unbedingt von einer opulenten Geschichte, die ist hier sehr ruhig und sanft ausgefallen, sondern von unglaublich lebendigen, beeindruckenden und einfach nur wunderschönen Bildern, die sich unweigerlich während des Lesens vor einem aufbauen. Morgensterns Erzählkunst kann man nur als wahrhaft magisch beschreiben und genau deswegen wollen wir euch dieses Buch auch ans Herz legen – wegen einer umwerfenden Bildsprache, die man selten erlebt.

Der Nachtzirkus ist ein Roman mit sogartiger Atmosphäre, die dafür sorgt, dass man Seite um Seite geradezu zärtlich betrachtet wie einen lange ersehnten Menschen. Ist man der bildstarken Magie einmal verfallen, weckt der Zirkus eine beinahe schmerzliche Sehnsucht, die einen noch lange begleitet und nie erfüllt werden kann. Es ist nur jedem zu empfehlen, sich auf die Erzählung, so still und leise sie auch sein mag, einzulassen und sich in die schwarzweiße Welt dieses einmaligen Zirkus zu begeben, wo wahre Wunder auf euch warten.

Der Nachtzirkus (The Night Circus, 2011), in deutscher Übersetzung erschienen 2012 bei Ullstein, ISBN-13: 978-3550088742

Buch des Monats

Bibliotheka Phantastika erinnert an Randall Garrett, der heute vor 25 Jahren gestorben ist. Die Schriftstellerkarriere des am 16. Dezember 1927 in Lexington, Missouri, geborenen Gordon Randall Phillip David Garrett begann im Jahre 1944 mit der Veröffentlichung der Kurzgeschichte “The Absence of Heat” (als Gordon Garrett) im SF-Magazin Astounding. In den 50er Jahren etablierte er sich rasch als überaus fleißiger Vielschreiber, der unter seinem eigenen Namen sowie unter diversen Pseudonymen (und teilweise in Zusammenarbeit mit Robert Silverberg und anderen Autoren) bis in die 60er Jahre hinein unzählige Geschichten für Magazine wie Amazing, Fantastic und Astounding (bzw. Analog) verfasste. Am bekanntesten von diesen frühen Arbeiten dürften die gemeinsam mit Silverberg geschriebenen Geschichten um den Planeten Nidor sein, die nach ihrer Magazinveröffentlichung auch als “Fix-Ups” erschienen sind: The Shrouded Planet (1957) und The Dawning Light (1959), dt. zuletzt als Sammelband Planet der Dämmerung (1987).
Too Many Magicians con Randall GarrettIn Analog hatte im Januar 1964 dann auch die Figur ihren ersten Auftritt, deren Abenteuer den wichtigsten Beitrag Garretts zur SF und Fantasy bilden: Lord Darcy, der in “The Eyes Have It” das erste Mal einen Kriminalfall in einem Alternativwelt-England lösen muss, in dem Magie funktioniert. Im September des gleichen Jahres folgte mit “A Case of Identity” die zweite, im Juni 1965 mit “The Muddle of the Woad” die dritte Geschichte, und 1966 wurde dort auch in vier Teilen Too Many Magicians (1967; dt. Komplott der Zauberer (1981)), der einzige Lord-Darcy-Roman, vorabgedruckt. Der Reiz dieser Geschichten liegt einerseits in ihrem Setting, einem immer noch von den Plantagenets beherrschten anglo-französischen Reich (das nicht nur England und Frankreich, sondern auch einen großen Teil Westeuropas und Nordamerikas umfasst), in dem eine mehr oder weniger wissenschaftlichen Gesetzen gehorchende Magie (die ein bisschen an PSI-Kräfte erinnert, was in Anbetracht des Entstehungszeitraums besagter Geschichten nicht ungewöhnlich ist) die Weiterentwicklung der Naturwissenschaften unnötig gemacht hat, vor allem aber an dem eindeutig nach dem Vorbild Sherlock Holmes modellierten Lord Darcy und seinem “Watson”, dem Justizhexer (im Original ein “forensic sorcerer”, was wesentlich besser passt) Master Sean O’Laichlann, sowie an den Kriminalfällen, die sich in Bezug auf ihre Figurenkonstellation oder ihren Plot häufig an den klassischen Krimis eines Rex Stout oder John Dickson Carr orientieren.
In den 70er Jahren erschienen weitere Geschichte, die zusammen mit den früheren in zwei Sammelbänden veröffentlicht wurden: Murder and Magic (1979; dt. Mord und Magie (1982)) und Lord Darcy Investigates (1981; dt. Des Königs Detektiv (1986)). Lord Darcy (2002) beinhaltet schließlich sämtliche Erzählungen und den Roman und gruppiert die Texte gemäß der Handlungs-Chronologie (was für den deutschen Sammelband Lord Darcy – Die vollständigen Ermittlungen in Sachen Mord und Magie (1989) nicht gilt).
Schon zu Beginn seiner Karriere hatte Randall Garrett gerne und häufig mit anderen Autoren zusammengearbeitet, da erscheint es nur folgerichtig, dass er das auch an ihrem Ende wieder tun sollte. Denn nachdem er von Mitte der 60er bis Ende der 70er vergleichsweise wenig geschrieben hatte, konzipierte er Ende der 70er Jahre zusammen mit seiner dritten Frau Vicki Ann Heydron den Gandalara Cycle. In den sieben Bänden The Steel of Raithskar (1981), The Glass of Dyskornis (1982), The Bronze of Eddarta (1983), The Well of Darkness (1983), The Search for Kä (1984), Return to Eddarta (1985) und The River Wall (1986) wird die Geschichte des alternden, todkranken Romanistikprofessors Ricardo Carillo erzählt, der während einer Mittelmeerkreuzfahrt eine Katastrophe miterlebt und sich plötzlich in einer brennend heißen Wüste im Körper eines jungen Mannes namens Markasset wiederfindet, den ein telepathisches Band mit Keeshah, einer säbelzahntigerartigen Großkatze, verbindet. In der Folge entwickelt sich eine – vielleicht ein bisschen zu breit ausgewalzte – abenteuerliche Handlung, in der Ricardo sich nicht nur in der fremden Umgebung und dem fremden Körper zurechtfinden, sondern zudem sich bzw. Markasset, der wegen Mordes und Diebstahls gesucht wird, rehabilitieren muss. Und natürlich muss er herausfinden, wo er sich überhaupt befindet.
The Search for Kä von Randall GarrettAuch wenn Randall Garrett und Vicki Ann Heydron gemeinsam als Verfasser der sieben Bände genannt werden – die auf Deutsch als Der Stahl von Raithskar, Das Glas von Dyskornis, Die Bronze von Eddarta, Der Quell der Dunkelheit, Die Suche nach Kä, Die Rückkehr nach Eddarta (alle 1988) und Der heilige Stein (1989) erschienen sind – stammen von Garrett selbst nur das Konzept und ein Rohentwurf des ersten Bandes. Denn nachdem er 1979 an Enzephalitis erkrankt war, wurde er 1981 zum Pflegefall und starb am 31.12. 1987.
Randall Garrett mag – gemessen an seinem Gesamtausstoß – wenig Bedeutendes zur SF und Fantasy beigetragen haben. Die Lord-Darcy-Geschichten gelten allerdings zu recht als früher Meilenstein des Genres und eine der gelungensten Synthesen aus Motiven und Elementen der Fantasy und des Krimis. Darüberhinaus ist bemerkenswert, dass Lord Darcy – im Gegensatz zu den meisten anderen Fantasyhelden, die ihre Geburtsstunde in den Pulps oder den etwas weniger pulpigen Magazinen der 50er und 60er Jahre erlebten – mehr auf sein Köpfchen bzw. seine deduktiven Fähigkeiten als auf seine Körperkräfte oder ein Breitschwert vertraut (obwohl es natürlich kein Schaden ist, dass Master Sean über diverse Verteidigungszauber verfügt), und dass Religion und vor allem priesterliche Magie in den Lord-Darcy-Erzählungen überaus positiv dargestellt werden. Und auch der Gandalara-Zyklus ist nur vordergründig eine etwas andere Heroic-Fantasy-Saga mit einem originellen Bonding zwischen Gandalarern und Großkatzen, denn die abenteuerlich-spannende Handlung wird von einem spirituellen Konzept getragen, das durchaus bemerkenswert ist.

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Clan Rathskeller von Kevin HearneOh du fröhliche … Druidenzeit! Während die Bürger von Tempe sich im milden Winter auf das Weihnachtsfest vorbereiten, befinden sich waschechte Geschöpfe der keltischen Mythologie unerkannt unter ihnen. Getarnt als Weihnachtselfen in einer Shopping Mall, trachten die letzten Gnome des Clans Rathskeller einem diebischen Kobold nach dem Leben. Atticus und sein irischer Wolfshund Oberon stolpern unfreiwillig nicht nur in konsumwütige Shopper, sondern auch in eine Verfolgungsjagd, die das Chaos perfekt macht.

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Bibliotheka Phantastika erinnert an Sterling E. Lanier, der heute 85 Jahre alt geworden wäre. Dem am 18. Dezember 1927 in New York City geborenen Sterling Edmund Lanier hat das Genre nicht nur die Veröffentlichung von Frank Herberts Dune zu verdanken, für das er sich als Lektor eingesetzt hatte, nachdem es mehrfach abgelehnt worden war, sondern auch einige Romane und Kurzgeschichten aus Laniers eigener Feder.
In seine Geschichten spielte sowohl sein Wissen als Archäologe und Anthropologe hinein, wie auch seine militärische Familientradition und sein Interesse an Kryptozoologie. Besonders deutlich lässt sich das in den Club-Stories um Brigadier Donald Ffellowes erkennen, der zwischen den beiden Weltkriegen im Auftrag der britischen Krone durch die ganze Welt gereist ist und dabei allerhand unglaubliche Abenteuer erlebt hat, von denen er in einem New Yorker Club nur allzu gern erzählt. Die zwischen 1968 und 1982 im Magazine of Fantasy & Science Fiction veröffentlichten Geschichten wurden in den beiden Bänden The Peculiar Exploits of Brigadier Ffellowes (1971) und The Curious Quests of Brigadier Ffellowes (1986) gesammelt und seither leider nie wieder nachgedruckt.

Hiero's Journey von Sterling E. LanierAuch in den beiden Romanen um Per Hiero Desteen, einen Priester und Krieger in einer postapokalyptischen Welt tausende Jahre nach der nuklearen Zerstörung, spielt eine veränderte Tierwelt eine große Rolle. Die atomare Verseuchung hat zu Mutationen geführt, die in Form von Monstern dem Helden Hiero, der als “Computersucher” für seine Abtei auf der Jagd nach Relikten aus längst vergangener Zeit ist, nicht nur das Leben schwer machen, sondern ihm auch Gefährten bescheren, die maßgeblich daran beteiligt sind, dass Hiero’s Journey (1973, dt. Hieros Reise (1975)) aus der Masse thematisch ähnlicher Romane herausragt: Da wäre zunächst Hieros Reittier, der Riesenelch Klootz, der Hiero nicht nur durch die verwilderten Wald- und Sumpflandschaften des zerstörten Nordamerika bringt, sondern sich auch telepathisch mit ihm verständigen kann, vor allem aber Gorm, ein junger Schwarzbär, der ein treuer und humorvoller Reisebegleiter wird und auf ganz eigene Weise mit Hiero kommuniziert.
Mit seinen Verweisen auf die Relikte der alten Zivilisation und die Verheerung durch den Atomkrieg haftet Hiero’s Journey zwar durchaus der Odem des Kalten Krieges an, doch nicht nur die tierischen Gefährten und der trotz des Reise- und Abenteuermotivs sehr ruhige Erzählton machen es zu einer interessanten Lektüre, sondern auch viele Details wie etwa die nur noch marginal vorhandene weiße Bevölkerung Nordamerikas.
Die zehn Jahre später erschienene Fortsetzung The Unforsaken Hiero (1983, dt. Der unvergessene Hiero (1985)) erreicht nicht mehr ganz dieses Niveau und lässt am Ende auch einiges offen – einen abschließenden dritten Band hat Lanier nie geschrieben.

Hiero Desteen und Brigadier Ffellowes mögen vielleicht ein wenig Staub angesetzt haben, doch wenn man sich auf die Erzählstrukturen einlässt und über große Entwürfe staunen kann, denen vielleicht der letzte handwerkliche Schliff fehlt, ist der am 28. Juni 2007 mit 79 Jahren verstorbene Sterling E. Lanier ein lesenswerter Vertreter der enorm ideenreichen und experimentierfreudigen Genreliteratur der 1970er Jahre.

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Da es in unserem Forum ohnehin schon durchsickert und wir es eigentlich kaum erwarten können: Unsere hier angekündigte kleine Anthologie Götter, Molche, Drachenzähmer kann ab sofort bestellt werden!

Ewiger Winter, sengender Wüstenwind, Geisterhöhlen und himmelhohe Berge – manches Fernweh kann man nur stillen, wenn man unsere Welt hinter sich lässt. Ob mit Ombe Awashu auf ihrer Wanderdüne oder auf großer Fahrt mit wagemutigen Wikingerinnen, wer hier an Bord geht, den erwarten grandiose Abenteuer. Denn uralte Flüche lösen sich nicht von allein, und manchmal wird ein Königsmord zu einer haarigen Angelegenheit. Aber seid gewarnt: Die Dinge sind nicht immer, wie sie scheinen – oder im Überlebensleitfaden von Kho dem Kutscher stehen.

Vier Autorinnen, vier Welten und eine Geschichte aus jeder Himmelsrichtung, in der Mythen und Legenden zum Leben erwachen, warten auf ihre Entdeckung in GÖTTER, MOLCHE, DRACHENZÄHMER.

Götter, Molche, Drachenzähmer von Maike Claußnitzer, Simone Heller, Juliana Socher und Kassandra SperlDie Print-Ausgabe hat 192 Seiten (mit Innenillustrationen) und ist für 12 Euro ausschließlich bei Amazon zu haben. Wir haben vorab auch schon einige Schnupperseiten für euch bereitgestellt: Leseprobe (PDF, 2,2 MB)

Bestellt werden kann hier: Götter, Molche, Drachenzähmer
Wir werden uns wie die Schneekönige über jeden Leser und jede Leserin freuen, und natürlich auch über euer Feedback zum Projekt und zu den Geschichten. Viel Spaß damit!

Übrigens: In ein paar Tagen, wenn die letzten technischen Schwierigkeiten überwunden sind, erscheint außerdem eine deutlich günstigere, DRM-freie eBook-Ausgabe, auf die wir euch noch gesondert hinweisen werden.

Eselsohr

Hammered von Kevin HearnePackt die Wintermäntel aus, es wird kalt im neuen Abenteuer von Druide Atticus! Thor, der nordische Donnergott, hat sein Spiel zu weit getrieben und nun sind ein Vampir, ein Werwolf, ein alter Zauberer und eine Horde Frostriesen hinter ihm her. Druide Atticus hat allerhand zu tun, um am Leben zu bleiben. Denn egal wie er sich entscheidet, eine echte Wahl bleibt ihm in diesem Kampf nicht …

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Ein leider (mit Ausnahmen) viel zu selten behandelter Aspekt von Literatur ist das leibliche Wohl in Textform. Dabei zeigen uns Lesecafés & Co., dass Lesen & Essen eine höchst erquickliche Verbindung ist! Ach, wenn ich nur so gut und phantasiereich kochen könnte wie die Köche von Hogwarts …

1. Die Legende von Attolia (M.W.Turner)
Sommer, Sonne, Hofintrigen: um alles beneide ich die Bewohner von Attolia und benachbarten Staaten nicht, da mir schon ein skandinavischer Sommer den Schweiß auf die Stirn treibt. Wenn Gen und Begleitung jedoch durch die üppigen Olivenhaine ziehen und am Ende eines anstrengenden Wandertages mit Ziegenkäse, frischem Brot und Oliven den gröbsten Hunger stillen, packt mich der blanke Futterneid.

Harry Potter und der Stein der Weisen2. Harry Potter und der Stein der Weisen (J.K. Rowling)
Alle Welt wartet auf eine Eule aus Hogwarts – ich warte auf die Schokofrösche. Kürbispastete. Lakritzzauberstäbe. Gerne löse ich ein Dauerticket für den Hogwartsexpress, wenn die Süßigkeitenverkäuferin an Bord ist (wie gut, dass Hermines Eltern Zahnärzte sind!). Auch nicht zu verachten ist das legendäre Weihnachtsbuffet in der großen Halle, da muss die gemeine europäische Weihnachtsgans vor Neid erblassen. Frau Rowling hat es sogar geschafft, dass ich manchmal mit einem Heißhunger auf Butterbier erwache. Ich mag weder Bier noch Butter, nebenbei bemerkt.

3. Diverse Werke von Terry Pratchett
Einer darf auf dieser Liste nicht fehlen. Niemand lebt den amerikanischen Traum vom Tellerwäscher-zum-Millionär so voller Hingabe, ohne Teller zu waschen (oder Millionär zu werden): ich rede natürlich von Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin Schnapper. Seine sagenhaft günstigen Würstchen hinterlassen selbst schon beim Lesen einen fauligen Nachgeschmack – nur ein weiteres Zeichen von Pratchetts schriftstellerischem Genius. Schnapper hat deshalb einen Ehrenplatz in dieser Liste verdient, denn die Hoffnung auf gutes Essen lässt den Magen bekanntlich auch schon knurren. Der Wille zählt.

4. Der kleine Hobbit (J.R.R. Tolkien)
Alle Artikel, die den „Hobbit“ nicht erwähnen, sind im Moment eh verdammt, ungelesen im Orkus zu verschwinden. Trifft sich Hobbits lassen es sich schmecken (Warner Bros)aber gut: wenn die Zwerge zum Kaffeetrinken (!) bei Bilbo Beutlin vorbeikommen, wünschen sie sich Rotwein, Himbeermarmelade, Eier, Apfeltörtchen, Rosinenkuchen, Essiggurken, Käse, Pasteten, Salat, kaltes Hühnchen, „und noch ein paar Kuchen“. Dass mir auch dabei der Mund wässrig wird, zeigt deutlich, dass Fantum auch ungesunde Züge annehmen kann.

5. Die Legende von Isaak (Ken Scholes)
Auch wenn in den Benannten Landen Krieg herrscht und Zigeunerkönig Rudolfo gezwungen ist, an mehreren Fronten zu kämpfen, um sein Volk und seine Familie zu beschützen: Hungern muss in der Waldresidenz niemand. Lamm mit dampfenden Birnen, Käseplatten, geröstete Ente, wilder Reis, Waldpilze und Karotten – an Rudolfo ist ein Gourmet verloren gegangen. Hoffentlich zieht bald wieder Frieden ins Land, damit der König sein Leben und das gute Essen auch genießen kann.

Nach dem Erstellen dieser Liste decke ich jetzt erst einmal einen reichlichen Abendbrottisch, der leider sein literarisches Vorbild nicht toppen wird. Danach möchte ich von euch wissen: welche Bücher lassen euch das Wasser im Munde zusammenlaufen?

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