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Die HBO-Serie Game of Thrones (basierend auf der Romanreihe Das Lied von Eis und Feuer von George R.R. Martin), deren ersten Staffel inzwischen auch im deutschen Fernsehen gezeigt wurde, hat mit ihrem auffallend präsenten Sexismus und der offenen Misogynie schon für einige Kontroversen gesorgt.
In dem feudalen, durch patriarchale Strukturen geprägten Setting von Game of Thrones ist die Darstellung von weiblichen Körpern durch den männlichen Blick auf diese geprägt, besonders sichtbar wird dies u.a. in einer Szene, in der Daenerys vor ihrer Hochzeit von ihren Leibdienerinnen anschaulich im Liebesspiel unterrichtet wird. Sowohl durch die gesellschaftlichen Hierarchien als auch durch die simple Betonung der Physis und Herrschaft des Stärkeren können Männer über weibliche Körper verfügen. Ein eindeutig misogynes Klima wird immer dann hervorgekehrt, wenn diese Verfügungsgewalt nicht nur visuell unterstrichen, sondern auch verbal geäußert wird – und tatsächlich spielt sich kaum eine Szene ab, in der nicht von Huren, Bordellbesuchen, einschlägigen Scherzen und männlich dominierten “Angeboten” die Rede ist. Die Sexszenen selbst dienen häufig einer ansprechenden Verpackung offenbar sonst zu langweiliger Hintergrundinformationen, so erfährt man etwa die Familienhistorie der Targaryens, während sie beim Akt mit einer Dienerin im Bad vom derzeitigen Familienoberhaupt deklamiert wird.
Einzelne starke Frauenrollen, die eindeutig aus der Norm fallen, wie etwa Arya, die als Tomboy der Familie Stark das Fechten erlernen darf, verhärten das System vielmehr, als dass sie es aufbrechen, eben weil sie als krasse Ausnahmen sofort erkennbar sind.

Game of Thrones Season 1Genauso sicher wie zur Kritik an diesen in der epischen Fantasy häufigen Erzählmustern kommt es zu ihrer Verteidigung durch die Fans, die letztlich immer auf “damals war das halt so” hinausläuft. Darüber hinaus beruft man sich auch oft darauf, dass sich einzelne Frauen wie eben erwähnte Arya oder auch Königin Cersei oder Daenerys dennoch ermächtigen können, selbst in einer “harten” Welt, in der sich der Stärkere durchsetzt und Frauen als körperlich unterlegen zu den Verlierern gehören und zwangsläufig Unterdrückung erfahren.
Auf die (vermeintlichen) Tatsachen, die die Biologie schafft, folgen nach dieser Deutung entsprechende Umstände: Auf den Feldern, die gesellschaftlich relevant sind, können Frauen aufgrund ihrer Physis nicht punkten, sie können es aber durchaus in bestimmten Domänen, die ihnen zugewiesen sind, also weiblich besetzten Feldern wie Verführung und Intrige. Ein echtes Ausbrechen aus der gesellschaftlich vorgesehenen Rolle ist allerdings nur unter dem Verlust der Weiblichkeit möglich, wie es auch das Beispiel der Ritterin Brienne illustriert, die als Kämpferin brillieren kann, aber als Frau (aufgrund ihrer Hässlichkeit) versagen muss.
Game of Thrones scheint also in der Tat zunächst als eine perfekte Umsetzung dessen, was “damals halt so war”, nutzt den Spielraum innerhalb der so gesetzten Grenzen und präsentiert ein prall-buntes Abbild patriarchaler, feudaler Strukturen.

Doch selbst wenn man außer Acht lässt, dass Game of Thrones sich als Fantasy auf kein reales “damals” berufen kann, wird die Verteidigung relativ rasch ausgehebelt, wenn man genauer hinschaut.
Sowohl die Darstellung der Geschlechterrollen in Game of Thrones, als auch das Argument „Damals war das halt so“, mit dem diese legitimiert wird, beruhen weniger auf historischer Akkuratesse oder biologischen Gegebenheiten, sondern auf einer gesellschaftlichen Konstruktionsleistung, die darin zugleich reproduziert wird. Damit haben wir uns auch schon in diesem Blogartikel auf allgemeinerer Ebene auseinandergesetzt.

Dass es auch anders geht, beweist der aktuelle Kinofilm Die Tribute von Panem – The Hunger Games, die Verfilmung des ersten Bandes (The Hunger Games/Tödliche Spiele) der gleichnamigen Trilogie von Suzanne Collins. Das post-apokalyptische Setting (mit einer weit zurückliegenden Apokalypse) steht mit seinen krassen Abhängigkeitsverhältnissen zwischen der mächtigen und hoch entwickelten Metropole Kapitol und den (großteils deutlich ärmeren) Distrikten Hunger Games Filmplakatsowie den Lebensbedingungen in ebendiesen Distrikten der pseudo-mittelalterlichen Welt von GoT in nichts nach. Und auch die namensgebenden Hunger-Spiele, in denen aus jedem Distrikt jeweils ein Mädchen und ein Junge zwischen 12 und 18 in eine Arena entsandt werden, um so lange gegeneinander anzutreten, bis nur ein Gewinner oder eine Gewinnerin (sprich Überlebender/Überlebende) übrig ist, sind in ihrer Grausamkeit und ihrer zynischen Doppelfunktion als Herrschaftsinstrument und Medienspektakel weit entfernt von dem, was man einem Coming-of-Age-Roman zutrauen würde.

Mit Katniss Everdeen steht nichtsdestoweniger eine junge Erwachsene im Zentrum der Handlung, die sich angenehm von konventionellen Rollenzuschreibungen abhebt. Nicht nur versorgt sie ihre seit einem Minenunfall vaterlose Familie als Jägerin mit Essen und kümmert sich liebevoll um ihre jüngere Schwester, sondern behält auch in der Arena der Hunger-Spiele und gegenüber ihrem Leidensgenossen aus Distrikt 12, Peeta, ihre starke Frauenrolle bei. Andere Erzählungen hätten wohl spätestens hier die männliche Figur in den Vordergrund gedrängt, damit sie sich im Kampf beweisen, die Frau beschützen und daran wachsen (sprich „Männlichkeit“ erlangen) kann, zumal sich die eher sensible und scheue Figur des Peeta für diese konventionelle Charakterentwicklung angeboten hätte.
Damit unterläuft die Konstellation Katniss-Peeta die klassisch-dichotomen Zuschreibungen, indem beide Figuren Eigenschaften besitzen, die „männlich“ oder „weiblich“ konnotiert sind.

Die Inszenierung der Hunger-Spiele als Medienspektakel erlaubt nicht nur das Spiel mit den Erwartungen der Zuseher und Zuseherinnen (und Erzählkonventionen), indem die sich anbahnende Romanze zwischen Katniss und Peeta eher aus Kalkül begonnen wird, um Sponsoren für sich zu gewinnen, die ihnen Ausrüstungsgegenstände in die Arena schicken können. Sondern gerade von der Inszenierung der pseudo-archaischen Hunger-Spiele (die WettkämpferInnen dürfen nur mit traditionellen Waffen wie Schwert, Bogen, Speer, etc. gegeneinander antreten), die ein bedeutendes Handlungselement des Films ist, ließe sich unter einem anderen Gesichtspunkt auf Game of Thrones zurückkommen.

Denn auch in Game of Thrones ist die Darstellung von Geschlechterrollen sowie weiblichen und männlichen Körpern Teil einer strategischen Inszenierung. Schon allein aus ökonomischen Gründen wird die Handlung im Hinblick auf die Erwartungen moderner ZuschauerInnen aufbereitet und so ist auch der Einsatz historisierender Elemente ein strategischer. Daran offenbart sich die Schwäche des „Damals war das halt so“-Arguments im Hinblick auf die Geschlechterrollen am deutlichsten, denn die dargestellten Körpernormen sind keinesfalls mittelalterlich-historische, sondern zutiefst westlich-moderne.
In diesem Spagat zwischen historisierten Geschlechterrollen und Sexyness des Dargestellten offenbart sich die Reproduktion einer westlichen, patriarchalen und damit auch heteronormativen Erzähltradition, die einerseits die Darstellung selbst, andererseits aber auch die Erwartungen der KonsumentInnen prägt. Wir rechnen – absurderweise auch in von der Realität mehr oder weniger entkoppelten Fantasy-Settings – durch diese Erzähltraditionen mit einer “historisch korrekten” Wiedergabe der Verhältnisse, doch unser Wunsch nach Authentizität geht natürlich nicht so weit, dass wir uns von unseren Körperidealen verabschieden wollen würden, dass wir behaarte Frauenbeine, schlechte Zähne, ungeschönte körperliche Proportionen (z.B. nach ein paar Geburten) in Kauf nehmen würden.

Selbst wenn man sich also auf das ohnehin schon im Ansatz fragwürdige “Damals war das halt so”-Spielchen einlässt, lässt es sich relativ schnell als ein halbgarer Erklärungsversuch entlarven – noch dazu, wenn andere Erzählmuster wie in Hunger Games nicht weniger gut funktionieren. Welche Fehlschlüsse das unhinterfragte Darstellen der männlich-westlichen Erzähltradition als immer richtig mit sich bringt (was übrigens nicht heißt, dass sie immer falsch sein muss!) und welche Fragen man stellen kann, gerade wenn man Game of Thrones (trotzdem) mag, stellen wir in Teil II des Artikels übermorgen zur Debatte.

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The Tales of Beedle the Bard von J.K. RowlingMärchen gibt es schon seit Urzeiten in jeder Kultur. Auch die Zauberer und Hexen aus dem Harry-Potter-Universum haben ihre eigenen Märchen, die uns Muggles nun ebenfalls vorgestellt werden. Von springenden Zauberkesseln, über spitzfindige Hexen bis hin zum Zauberbrunnen begegnet der Leser allem, was das junge Herz begehrt.

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“Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne” heißt es bei Hermann Hesse und hieß auch das Motto der alten bp. In diesem Sinne möchten wir euch von Zeit zu Zeit mit unseren liebsten Buchanfängen verzaubern und präsentieren heute die erste Auswahl. Titel und Autoren werden wir später in den Kommentaren ergänzen:

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These are the stories that the Dogs tell when the fires burn high and the wind is from the north. Then each family circle gathers at the hearthstone and the pups sit silenty and listen, and when the story’s done they ask many questions:
»What is Man?« they’ll ask.
Or perhaps: »What is a city?«
Or: »What is a war?«

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Now that the moon is near to full, the branch of an apple tree casts its nighttime shadow in through the high window across the wall beside my bed. This place is full of apple trees, and half of them are no more than crabs in the daylight; but the shadow on my wall, that blurs and shivers when the night wind passes and then grows clear again, is the shadow of that Branch the harpers sing of, the chiming of whose nine silver apples can make clear the way into the Land of the Living.

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The old south land lies across the world like an open hand, hollowed a little at the palm. High over it tumbles the wind, and all along its margin tumbles the sea – rolling in slow sweeps on long white beaches, beating with hammers of water at headlands of rock. Under and in this tumbling of wind and water the land lies quiet like a great hand at rest, all its power unknown.

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It is possible I already had some presentiment of my future. The locked and rusted gate that stood before us, with wisps of river fog threading its spikes like the mountain paths, remains in my mind now as the symbol of my exile. That is why I have begun this account of it with the aftermath of our swim, in which I, the torturer’s apprentice Severian, had so nearly drowned.

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Zettelkasten

The Titan's Curse von Rick RiordanBei dem Auftrag, ein Geschwisterpaar von Halbgöttern sicher ins Camp zu bringen, wird Annabeth von einem uralten Feind entführt, der mit Kronos im Bunde steht. Doch das ist nicht Percys einziges Problem. Neben Annabeth verschwindet auch die Göttin Artemis, die den Olymp als einzige überzeugen kann, sich gegen die drohende Gefahr durch die Titanen zu wappnen. Percy, Halbgöttin Thalia, Satyr Grover und zwei von Artemis’ Jägerinnen machen sich auf den Weg, um Annabeth und Artemis zu finden und zu befreien. Doch die Gefahren sind größer denn je und Verluste scheinen unvermeidlich.

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Heute zeigen wir euch ein Video, eine Studentenarbeit zum Thema gedruckte Bücher, entstanden im April diesen Jahres. Das Schöne an diesem Video: es ist in gewisser Weise eine Liebeserklärung an gedruckte Bücher in Zeiten des technologischen Wandels, mit einer Botschaft der Ko-Existenz von Print- und Onlinebuch. Der Film beleuchtet die Tradition der Herstellung eines Buches, die Empfindung, ein Buch zu verschenken, die robuste Technologie “gedrucktes Buch” und das Gesamtkunstwerk Buch. Vom Buchhändler über den Drucktechniker bis hin zum Designer, alle, die an der Herstellung und Verbreitung des Buches beteiligt sind, melden sich hier zu Wort und erklären, warum sie eine Welt mit gedruckten Büchern nicht missen möchten, warum sie der Meinung sind, dass E-Book und Print-Book gemeinsam existieren können und müssen.

Für Buchwürmer, wie sie in der Bibliotheka Phantastika anzutreffen sind, ist dieser Film Pflicht”lektüre”. Trotz der Länge lohnt es sich daher auch, den Film wirklich komplett zu genießen, also nehmt euch eine halbe Stunde Zeit und lasst euch verzaubern!

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Cover von Die Memoiren einer Überlebenden von Doris LessingWährend sich draußen das Zusammenleben der Menschen verändert, lebt eine ältere Frau in ihrer Wohnung in einer Stadt. Eines Tages erlangt sie nicht nur die Fähigkeit, in eine seltsame, teilweise visionäre Welt hinter ihren Wänden zu treten, sondern ihr wird auch von einem Fremden ein junges Mädchen mitsamt deren Katze anvertraut. Gemeinsam und doch jede für sich werden sie in die gesellschaftlichen Umbrüche ihrer Zeit hineingezogen.

Wer einmal einen etwas anderen Roman in einem post-apokalyptischen Setting lesen will, der oder die sollte Doris Lessings schmales Büchlein Die Memoiren einer Überlebenden ernsthaft ins Auge fassen. Denn Doris Lessing stellt nicht die radikalen Umbrüche und den abrupten Niedergang der Zivilisation in den Mittelpunkt ihrer Erzählung, sondern die Zähigkeit, mit der (zumindest der Anschein von) Normalität aufrecht erhalten wird. Aber natürlich hat sich die Welt verändert, die staatlichen Institutionen können ihre Aufgaben nicht mehr in vollem Ausmaß erfüllen, Menschen verlassen ihre Heimatstädte in “Horden” und ziehen durch’s Land – einerseits Schrecken der sesshaft Gebliebenen, andererseits Anschlussmöglichkeit für Aufbruchswillige. Anders als andere postapokalyptische Romane lässt einen dieses skurrile Nebeneinander neuer und alter Lebensformen, von friedlichen Kommunen und bedrohlicher Anarchie neben gutbürgerlichen Einzelwohnungen viel stärker an aktuelle Lebensbedingungen denken, sei es in der sogenannten Dritten oder Ersten Welt. Obwohl der Niedergang vordergründig das zentrale Element postapokalyptischer Settings ist, zeigt Lessing, dass stets auch Neues entsteht, teilweise wirkt es archaisch, manchmal zukunftsweisend, manchmal aber auch erschreckend und grausam, meistens jedoch vermengen sich diese einzelnen Aspekte in den entstehenden Lebensformen; so sehr sich die Lebensbedingungen auch verändern und die Menschen etwas Neues beginnen wollen, als so beharrlich erweisen sich auch hier die Kontinuitäten zur Zeit davor.
Doris Lessing beweist in der Beobachtungsgabe der Erzählerin, in deren Visionen und in der Beziehung, die sie zu dem Mädchen entwickelt, das ihr eines Tages als Schutzbefohlene zufällt, einen scharfen Blick für gesellschaftliche Beziehungen und deren Rückkoppelung an individuelle Erfahrungen und Persönlichkeitsentwicklungen. Folgerichtig offenbart sich der größte Horror dieses Romans nicht in den verwaisten Großstädten nach der Apokalypse, sondern im Kinderzimmer einer bürgerlichen Familie aus der Zeit davor.

Die Memoiren einer Überlebenden, übersetzt von Rudolf Hermstein
ISBN: 978-3596252022
Original: Memoirs of a Survivor (1974)

Buch des Monats

Bibliotheka Phantastika erinnert an Fred Saberhagen, der heute vor fünf Jahren gestorben ist. Im Bereich der phantastischen Literatur ist Fred Thomas Saberhagen (geboren am 18. Mai 1930 in Chicago, Illinois), der mit der SF-Story “Volume PAA-PYX” im Februar 1961 in Galaxy debütierte und 1964 mit The Golden People den ersten einer Vielzahl von SF- und anderen Romanen vorlegte, vor allem durch drei Serien bzw. Zyklen bekannt geworden. Seine Reputation verdankt er dabei in erster Linie Berserker, einer insgesamt 17 Bände umfassenden SF-Reihe über eine Maschinenzivilisation, die alles Leben im Universum vernichten will (in etwa vergleichbar mit den Posbis aus den Anfangstagen von Perry Rhodan). Cover von The First Book of Swords von Fred SaberhagenFür Fantasyleser und -leserinnen interessanter sind die Romane, die im Nachhinein unter dem Titel Earth’s End zusammengefasst wurden. Beginnend mit der Trilogie Empire of the East (The Broken Lands (1968), The Black Mountains (1971) und Changeling Earth (1973)) – die unter eben diesem Titel deutlich überarbeitet 1979 noch einmal als Sammelband aufgelegt wurde – entwirft Saberhagen hier eine Welt nach einer atomaren Katastrophe, in der besagte Katastrophe erhebliche Veränderungen bewirkt hat. So ist die Technologie der Vergangenheit entweder größtenteils vergessen oder “magisch” transformiert, wie überhaupt Magie in dieser neuen Welt einen besonderen Stellenwert einnimmt. Dieser Trilogie, die in zwei Bänden auch auf Deutsch erschienen ist (Reich des Ostens – Das gespaltene Land und Reich des Ostens – Die schwarzen Berge (beide 1984, wobei der zweite Band die Bände zwei und drei des Originals enthält)), folgt mit The First Book of SwordsThe Second Book of Swords (beide 1983) und The Third Book of Swords (1984) der nächste Zyklus. Darin hat sich Jahrzehntausende später das Weltverständnis der handelnden Figuren zu einem rein magisch-mystischen entwickelt (was nicht zuletzt damit zusammenhängen dürfte, dass mittlerweile Götter auf den Plan getreten sind, die die Ereignisse um die magischen Schwerter überhaupt erst in Gang bringen), während die Leser in dem einen oder anderen Dämon durchaus noch eine beseelte, lebendig gewordene radioaktive Wolke erkennen können. In der Schwerter-Sequenz geht es – wie der Titel schon nahelegt – um Schwerter, magische Schwerter, von denen der Gott Vulcan zwölf geschmiedet hat und sie unter den Sterblichen verstreut. Doch was als Spiel gedacht war, um den Göttern die Langeweile zu vertreiben, wird auch für sie schnell tödlicher Ernst, denn mit den magischen Schwertern lassen sich selbst Götter töten. Die erste Schwerter-Sequenz war so erfolgreich, dass Saberhagen nachlegte und sich in acht unter dem Obertitel Book of Lost Swords subsummierten Bänden den Schwertern widmete, die in der ersten Trilogie zu kurz gekommen waren: Woundhealer’s Story (1986), Sightblinder’s Story (1987), Stonecutter’s Story (1988), Farslayer’s Story, Coinspinner’s Story (beide 1989), Mindsword’s Story (1990), Wayfinder’s Story (1992) und Shieldbreaker’s Story (1994). Den endgültigen Schlusspunkt unter Earth’s End setzte schließlich die 1995 erschiene Anthologie An Armory of Swords (u.a. mit Stories von Walter Jon Williams und Michael A. Stackpole), auch wenn Saberhagen 2006 mit Ardneh’s Sword noch einmal in die Epoche von Empire of the East zurückgekehrt ist. 
Fred Saberhagens dritter großer Zyklus dreht sich um Dracula, den er in zehn Bänden – von The Dracula Tape (1975; dt. Die Geständnisse des Grafen Cover von The Dracula Tape von Fred SaberhagenDracula (2006)) bis A Coldness in the Blood (2002) – als intelligentes, charmantes und humorvolles Wesen schildert. Einzelne Bände der Sequenz (etwa der bereits erwähnte The Dracula Tape, der sich explizit auf Stokers Roman bezieht und die Geschichte – dieses Mal wahr und richtig – aus Draculas Sicht erzählt, oder The Holmes-Dracula File (1978) oder Séance for a Vampire (1994), in dem Sherlock Holmes ebenfalls eine Rolle spielt) warten dabei durchaus mit interessanten Ideen und Entwicklungen auf und können als gelungen betrachtet werden, auch wenn Saberhagens Dracula im Vergleich mit Chelsea Quinn Yarbros ähnlich angelegtem Saint-Germain letztlich doch verblasst. Einmal mehr um Götter bzw. um mehr oder weniger verfremdet nacherzählte Sagen aus der griechischen und – in Band fünf – nordischen Mythologie geht es im letzten Mehrteiler, den Fred Saberhagen verfasst hat, dem fünfbändigen Book of the Gods (The Face of Apollo (1998), Ariadne’s Web, The Arms of Hercules (beide 2000), God of the Golden Fleece (2001) und Gods of Fire and Thunder (2002)). Fred Saberhagen war sicher nie der große Stilist, und in (dem durchaus farbig und spannend erzählten) Empire of the East schimmert der Kalte Krieg vielleicht ein bisschen zu sehr durch, während die letzten Books of Lost Swords darunter leiden, dass die Sequenz schlicht zu lang ist. Andererseits funktionieren vor allem die ersten drei (auch auf Deutsch als Das erste Buch der Schwerter (1984), Das zweite Buch der Schwerter (1985) und Das dritte Buch der Schwerter (1986) sowie als Sammelband Das Buch der Schwerter (1987)) erschienenen) Romane um die magischen Schwerter als vordergründig abenteuerliche Fantasy vor einem – immer mal wieder dezent durchschimmernden – SF-Hintergrund sehr gut. Und in ihnen kann man auf Ideen stoßen – wie etwa die, dass die Macht der Götter auf ganz bestimmte Weise von ihren Gläubigen abhängt –, die inzwischen in der Fantasy weit verbreitet sind, die jedoch zu dem Zeitpunkt, da die Bücher geschrieben wurden, durchaus originell waren.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Mark Helprin, der heute 65 Jahre alt wird. Der am 28.06.1947 in New York geborene Helprin tat sich in den letzten Jahren vor allem als konservativer Kommentator hervor, unter anderem in der New York Times zum Thema Internet und Urheberrecht. Neben seinem Roman-Debut Refiner’s Fire: The Life and Adventures of Marshall Pearl, a Foundling (1977, dt. Es wird sie läutern wie Gold bzw. Der Findling (1979)) und einigen weiteren Kurzgeschichtensammlungen und Romanen sticht vor allem sein Winter's Tale von Mark HelprinEpos Winter’s Tale (1983, dt. Wintermärchen (1984)) aus seinem Oeuvre hervor: Die Geschichte des Waisenjungen Peter Lake, der auf verschlungenen Pfaden (und auf dem Rücken des weißen Hengstes Athansor) bis in die High Society des New York kurz nach der Jahrhundertwende gelangt und eng mit der Geschichte der aufrichtigen Verlegerfamilie Penn verknüpft ist, den Herausgebern der Zeitung Sun, erinnert im Erzählduktus – auch wenn sich Helprin dagegen stets verwahrte – stark an den südamerikanischen magischen Realismus. Eigentlich ohne offene Magie dargestellt, strahlt doch jedes Detail der Stadt einen eigenen Zauber aus, der durch den Fokus der Erzählung auf die klirrend kalten Winter während der Übergangszeit in die Moderne noch erhöht wird: Unverständlich schöne Maschinen, die gleichsam das Getriebe der Stadt sein könnten, Brücken, die nicht nur über New Yorks Wasserwege, sondern viel weiter hinaus führen, finstere Gangs und leuchtend-entrückte Menschen, die die allerorten aufregenden, aber auch schrecklichen Straßen der Stadt bevölkern, und der kalte Winterhauch, der einem aus den Seiten entgegenweht. Die schwelgerische Pracht der alternativen Stadtchronik von Winter’s Tale setzt heute noch Maßstäbe in Sachen phantastisch-verfremdete Metropolen, und auch wenn Helprin sich später nur noch in der dreibändigen Jugendbuchreihe Swan Lake, A City in Winter und The Veil of Snows (1989, 1996, 1997) eindeutig der Phantastik zuwandte (und einem winterlichen Setting, in dem er diesmal eine phantastische Version der Ereignisse rund um die Russische Revolution erzählte), lohnt es sich auch heute noch, Helprins magischem Manhattan einen Besuch abzustatten.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Stephan Grundy, der am 28. Juni 1967 in New York geboren wurde. Deutschen Lesern und Leserinnen dürfte Grundy, der seine Dissertation über Wotan an der Universität Cambridge einreichte und außerdem Sachbücher über germanische Mythologie und Neopaganismus (dem er auch selbst angehört) schreibt, besonders durch seinen Debütroman Rhinegold (1994; dt. Rhinegold von Stephan GrundyRheingold (1992)) ein Begriff sein. Der Roman sollte eine (sehr freie) Nacherzählung der Völsungen-Saga sein und wurde Anfang der 1990er gerade in der deutschsprachigen Verlagswelt stark gehypt. Auch seine folgenden beiden Werke bauten auf Sagenstoffe auf. Attila’s Treasure (dt. Wodans Fluch, beide 1996) dient als Fortsetzung zu Rheingold, beschäftigt sich Grundy darin doch intensiver mit der Figur Hagen von Tronjes als mit dem (im Original titelgebenden) Hunnenkönig. In Gilgamesh (Gilgamesch, Herr des Zweistromlandes, beide 1999) wird das sumerische Gilgamesch-Epos frei nacherzählt.
Gemeinsam mit seiner Frau verfasste er danach die Falcon Dreams Series (dt. Falken-Trilogie, 2000-2002), die – wie kann es anders sein – im Heiligen Römischen Reich spielt, allerdings im 14. Jahrhundert. Darin wird Margerite von Hirschenberg nicht nur in eine Verschwörung böser Satanisten hineingezogen und muss diese abwenden, sondern muss auch noch ihre Liebe vor Fährnissen bewahren.
Das Beowulf-Lied wollte Grundy eigentlich schon in seinem ersten Roman verarbeiten, erst auf Anraten seines damaligen Professors wählte er stattdessen die Völsungen-Saga als Vorlage. Nach der Falken-Trilogie widmete er sich jedoch diesem lang gehegten Projekt und verfasste den Roman Beowulf, der 2010 via Self-publishing veröffentlicht wurde. Der Auftakt eines weiteren Zyklus Emperor’s Ghost ist dagegen noch nicht in Druck gegangen.

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Caine Black Knife von Matthew StoverDas Abenteuer, das Hari Michaelson in seiner Rolle Caine einst zum Star machte, ist eine Legende: Im Ödland von Boedecken hat er im Alleingang den gefürchteten Ogrilloi-Stamm der Black Knives so gut wie ausgelöscht.
Nun ist er gezwungen, sich an seine damaligen Taten zu erinnern – denn abermals brodelt es im Ödland, und Caines Adoptivbruder Orbek, einer der letzten der Black Knives, gerät in dem nun von den Rittern des Khryl beherrschten Landstrich in Nöte. Caine bricht auf und bekommt Ärger, kaum dass er angekommen ist: Seine Vergangenheit droht ihn auf vielfältige Weise einzuholen.

Zur ganzen Rezension bitte hier entlang.

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