Bibliotheka Phantastika erinnert an Fred Saberhagen, der heute vor fünf Jahren gestorben ist. Im Bereich der phantastischen Literatur ist Fred Thomas Saberhagen (geboren am 18. Mai 1930 in Chicago, Illinois), der mit der SF-Story “Volume PAA-PYX” im Februar 1961 in Galaxy debütierte und 1964 mit The Golden People den ersten einer Vielzahl von SF- und anderen Romanen vorlegte, vor allem durch drei Serien bzw. Zyklen bekannt geworden. Seine Reputation verdankt er dabei in erster Linie Berserker, einer insgesamt 17 Bände umfassenden SF-Reihe über eine Maschinenzivilisation, die alles Leben im Universum vernichten will (in etwa vergleichbar mit den Posbis aus den Anfangstagen von Perry Rhodan). Für Fantasyleser und -leserinnen interessanter sind die Romane, die im Nachhinein unter dem Titel Earth’s End zusammengefasst wurden. Beginnend mit der Trilogie Empire of the East (The Broken Lands (1968), The Black Mountains (1971) und Changeling Earth (1973)) – die unter eben diesem Titel deutlich überarbeitet 1979 noch einmal als Sammelband aufgelegt wurde – entwirft Saberhagen hier eine Welt nach einer atomaren Katastrophe, in der besagte Katastrophe erhebliche Veränderungen bewirkt hat. So ist die Technologie der Vergangenheit entweder größtenteils vergessen oder “magisch” transformiert, wie überhaupt Magie in dieser neuen Welt einen besonderen Stellenwert einnimmt. Dieser Trilogie, die in zwei Bänden auch auf Deutsch erschienen ist (Reich des Ostens – Das gespaltene Land und Reich des Ostens – Die schwarzen Berge (beide 1984, wobei der zweite Band die Bände zwei und drei des Originals enthält)), folgt mit The First Book of Swords, The Second Book of Swords (beide 1983) und The Third Book of Swords (1984) der nächste Zyklus. Darin hat sich Jahrzehntausende später das Weltverständnis der handelnden Figuren zu einem rein magisch-mystischen entwickelt (was nicht zuletzt damit zusammenhängen dürfte, dass mittlerweile Götter auf den Plan getreten sind, die die Ereignisse um die magischen Schwerter überhaupt erst in Gang bringen), während die Leser in dem einen oder anderen Dämon durchaus noch eine beseelte, lebendig gewordene radioaktive Wolke erkennen können. In der Schwerter-Sequenz geht es – wie der Titel schon nahelegt – um Schwerter, magische Schwerter, von denen der Gott Vulcan zwölf geschmiedet hat und sie unter den Sterblichen verstreut. Doch was als Spiel gedacht war, um den Göttern die Langeweile zu vertreiben, wird auch für sie schnell tödlicher Ernst, denn mit den magischen Schwertern lassen sich selbst Götter töten. Die erste Schwerter-Sequenz war so erfolgreich, dass Saberhagen nachlegte und sich in acht unter dem Obertitel Book of Lost Swords subsummierten Bänden den Schwertern widmete, die in der ersten Trilogie zu kurz gekommen waren: Woundhealer’s Story (1986), Sightblinder’s Story (1987), Stonecutter’s Story (1988), Farslayer’s Story, Coinspinner’s Story (beide 1989), Mindsword’s Story (1990), Wayfinder’s Story (1992) und Shieldbreaker’s Story (1994). Den endgültigen Schlusspunkt unter Earth’s End setzte schließlich die 1995 erschiene Anthologie An Armory of Swords (u.a. mit Stories von Walter Jon Williams und Michael A. Stackpole), auch wenn Saberhagen 2006 mit Ardneh’s Sword noch einmal in die Epoche von Empire of the East zurückgekehrt ist.
Fred Saberhagens dritter großer Zyklus dreht sich um Dracula, den er in zehn Bänden – von The Dracula Tape (1975; dt. Die Geständnisse des Grafen Dracula (2006)) bis A Coldness in the Blood (2002) – als intelligentes, charmantes und humorvolles Wesen schildert. Einzelne Bände der Sequenz (etwa der bereits erwähnte The Dracula Tape, der sich explizit auf Stokers Roman bezieht und die Geschichte – dieses Mal wahr und richtig – aus Draculas Sicht erzählt, oder The Holmes-Dracula File (1978) oder Séance for a Vampire (1994), in dem Sherlock Holmes ebenfalls eine Rolle spielt) warten dabei durchaus mit interessanten Ideen und Entwicklungen auf und können als gelungen betrachtet werden, auch wenn Saberhagens Dracula im Vergleich mit Chelsea Quinn Yarbros ähnlich angelegtem Saint-Germain letztlich doch verblasst. Einmal mehr um Götter bzw. um mehr oder weniger verfremdet nacherzählte Sagen aus der griechischen und – in Band fünf – nordischen Mythologie geht es im letzten Mehrteiler, den Fred Saberhagen verfasst hat, dem fünfbändigen Book of the Gods (The Face of Apollo (1998), Ariadne’s Web, The Arms of Hercules (beide 2000), God of the Golden Fleece (2001) und Gods of Fire and Thunder (2002)). Fred Saberhagen war sicher nie der große Stilist, und in (dem durchaus farbig und spannend erzählten) Empire of the East schimmert der Kalte Krieg vielleicht ein bisschen zu sehr durch, während die letzten Books of Lost Swords darunter leiden, dass die Sequenz schlicht zu lang ist. Andererseits funktionieren vor allem die ersten drei (auch auf Deutsch als Das erste Buch der Schwerter (1984), Das zweite Buch der Schwerter (1985) und Das dritte Buch der Schwerter (1986) sowie als Sammelband Das Buch der Schwerter (1987)) erschienenen) Romane um die magischen Schwerter als vordergründig abenteuerliche Fantasy vor einem – immer mal wieder dezent durchschimmernden – SF-Hintergrund sehr gut. Und in ihnen kann man auf Ideen stoßen – wie etwa die, dass die Macht der Götter auf ganz bestimmte Weise von ihren Gläubigen abhängt –, die inzwischen in der Fantasy weit verbreitet sind, die jedoch zu dem Zeitpunkt, da die Bücher geschrieben wurden, durchaus originell waren.
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