Neu rezensiert: The Pirate’s Wish

The Pirate's Wish von Cassandra Rose ClarkeAnanna und Naji sitzen noch immer auf der geheimnisvollen Insel fest und sind durch den Fluch aneinander gebunden. Mit Hilfe einer unerwarteten Verbündeten gelingt es ihnen, die Insel schließlich zu verlassen und sich auf die Suche nach Wegen zu machen, die drei unmöglichen Aufgaben zu erfüllen. Die Lage zwischen den beiden ist angespannt und wird nicht leichter, denn beide werden von alten Feinden verfolgt.

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The Six-Gun Tarot

The Six Gun Tarot von R. S. BelcherMehr tot als lebendig kommt der junge Jim mit seinem treuen Pferd nach der Durchquerung der 40-Meilen-Wüste in Golgotha an, einem Western-Kaff, wie es im Buche steht. Oder vielleicht doch nicht ganz? Es ist auf jeden Fall einiges faul in dem Örtchen, in dem sich zwischen mormonischen Stadtvätern, einem offenbar unsterblichen Sheriff, einem Gemischtwarenhändler mit frankenstein’schen Ambitionen und einer Bankiersgemahlin mit eindeutig zu vielen Messer in der Tasche etwas Böses herumtreibt. Aber auch Jim schleppt ein magisches Artefakt (und ein hohes Kopfgeld, das auf ihn ausgesetzt ist) mit sich herum, und versucht kurzerhand Fuß zu fassen.

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Zum 110. Geburtstag von H. Warner Munn

Bibliotheka Phantastika erinnert an H. Warner Munn, dessen Geburtstag sich heute zum 110. mal jährt. Wie viele Phantastik-Autoren seiner Generation fand auch der am 05. November 1903 in Athol, Massachusetts, geborene Harold Warner Munn in Weird Tales eine schriftstellerische Heimat. Seine erste veröffentlichte Story “The Werewolf of Ponkert” (WT, Juli 1925) verdankt ihre Entstehung interessanterweise einer Anmerkung H.P. Lovecrafts auf der Leserbriefseite des legendären Magazins. Noch bevor die Geschichte veröffentlicht wurde – nebenbei bemerkt in der gleichen Ausgabe, in der auch Robert E. Howard mit “Spear and Fang” seinen ersten Auftritt in Weird Tales hatte –, lernte Munn Lovecraft persönlich kennen und zählte bald darauf zu dessen innerem Freundeskreis. Erstaunlicherweise hat Munn kaum Geschichten geschrieben, die vom Cthulhu-Mythos beeinflusst waren, sondern neben völlig alleinstehenden Horrorgeschichten seine Werwolf-Story zunächst mit “The Return of the Master” (WT, Juli 1927) und dann mit dem dreiteiligen Serial “The Werewolf’s DaThe Werewolf of Ponkert von H. Warner Munnughter” (WT, Okt.-Dez. 1928) fortgesetzt. Anfang der 30er Jahre folgten noch ein paar weitere Geschichten, doch da Munn immer nur nebenberuflich Autor war, blieb sein Ausstoß gering. Erst sehr viel später sollte er sich wieder diesem Thema zuwenden und es mit neuen und überarbeiteten alten Geschichten zu einer Generationen umspannenden Werwolf-Saga ausbauen. Letztere sind nur als Sammlerausgabe (und daher in einer kleinen Auflage) in den USA unter dem Titel Tales of the Werewolf Clan, Volume I: In the Tomb of the Bishop (1979) bzw. Tales of the Werewolf Clan, Volume II: The Master Goes Home (1980) erschienen, während von den ursprünglichen Geschichten nur die erste und die dritte als The Werewolf of Ponkert (1958, NA 1976) eine Buchausgabe erlebten.
Wesentlich bekannter als seine – von einer Ausnahme abgesehen nie ins Deutsche übersetzten und auch in den USA vermutlich nur noch einer kleinen Schicht von Pulp-Afficionados geläufigen – Werwolf-Geschichten dürfte allerdings das Werk (und dessen Fortsetzungen) sein, mit dem H. Warner sich nicht nur von Weird Tales, sondern für viele Jahre auch vom Schreiben selbst verabschiedete: das vierteilige, von September bis Dezember 1939 in Weird Tales veröffentlichte Serial “King of the World’s Edge”.
Der Roman, der erst Mitte der 60er Jahre im Zuge des neu erwachten Interesses an altem Pulp-Material als Buch auf den Markt kam, schildert nach einer an E.R. Burroughs erinnernden Einleitung die Abenteuer des römischen Centurio Ventidius Varro auf einem fremden, weit im Westen gelegenen Kontinent. Varro war zu Zeiten von Artus’ Aufstieg in Britannien stationiert und hat sich mit seinen Männern auf dessen Seite geschlagen und mit ihm gegen die Sachsen gekämpft, nachdem die Verbindung zu Rom und dem Imperium abgerissen war. Nach Artus’ Niederlage bei Camlod begibt er sich zusammen mit dem Magier Myrddhin und den ihm verbliebenen Legionären auf ein Schiff, um irgendwo eine Zuflucht zu suchen und dort die Rückeroberung Britanniens zu planen. Als sie allerdings endlich Land finden, geraten sie mehr oder weniger unverzüglich in den dort herrschenden Konflikt zwischen indianischen Stammeskriegern und den grausamen, proto-aztekischen, von einem ganz Amerika umfassenden Großreich träumenden Mia – und natürlich schlagen sie sich auf die Seite der hoffnungslos unterlegenen zerstrittenen Stämme und greifen auf deren Seite in den Kampf ein.
King of the World’s Edge (1966; dt. Ein König am Rande der Welt (1980)) ist ein süffig erzähltes abenteuerliches Garn, das einerseits Elemente der Lost-Race-Romane verwendet, andererseits die Ankunft der Römer und Myrddhins (aka Merlins) in Amerika in amerikanische Sagen und Legenden verwebt und als phantastischer Abenteuerroman auch heute noch funktioniert – und auf das bereits ein Jahr später mit The Ship from Atlantis (dt. Das Schiff von Atlantis (1980)) eine Fortsetzung folgte, da Munn sich Mitte der 60er wieder dem Schreiben zuwandte. Im Mittelpunkt dieses Bandes steht Gwalchmai, der Sohn Varros, der von seinem Vater ausgeschickt wird, um dem römischen Imperator von dem Land bzw. der neuen römischen Kolonie im Westen zu berichten, und der nicht nur Merlins Ring sondern auch eine ganze Reihe magischer Hilfsmittel bei sich hat. Doch nach einem Angriff seltsamer Amphibienwesen, dem alle seine Kameraden zum Opfer fallen, “strandet” Gwalchmai in der Sargasso-See, wo er auf ein geheimnisvolles goldenes schwanenförmiges Schiff mit einem noch geheimnisvolleren Passagier stößt. Dieser Passagier ist Corenice, die letzte Überlebende des Untergangs von Atlantis – eine Frau mit einem Körper aus lebendem Metall. Natürlich verlieben sich die beiden ineinander, und genauso natürlich werden sie alsbald durch besondere Umstände voneinander getrennt.
Nur, um sich in Merlin’s Ring (1974; dt. Merlins Ring (1981)) wiederzubegegnen.Merlin's Ring von H. Warner Munn Und das mehrfach, denn Gwalchmai, der eher versehentlich quasi unsterblich geworden ist, trifft in einer rund ein Jahrtausend währenden und ihn von Europa bis in den fernen Osten nach China und Japan und zurück führenden Odyssee wieder und wieder auf Inkarnationen Corenices, während er an bekannten und weniger bekannten geschichtlichen Ereignissen teilnimmt und die Wege etlicher wirklicher und mythologischer Personen kreuzt. Merlin’s Ring mit seiner Mischung aus Sword & Sorcery und epischen Fantasyelementen und der überzeugend gelungenen Verknüpfung des Artus- und des Atlantis-Mythos mit verbürgter Geschichte erweist sich nicht nur vom Umfang her als den beiden Vorgängerbänden weit überlegen und gilt völlig zu recht als Munns magnum opus.
Nachdem King of the World’s Edge und The Ship from Atlantis als Sammelband unter dem Titel Merlin’s Godson (1976) neu aufgelegt worden waren – eine Bezeichnung, die auch für den gesamten “Zyklus” benutzt wird –, sollte Munn auf Wunsch des Verlags noch einen weiteren (in dieser Veröffentlichungslogik dann dritten) Roman schreiben. Zwar hat er die Arbeit an The Sword of Merlin noch begonnen, aber wie viel er wirklich vor seinem Tod am 10. Januar 1981 schon geschrieben hatte, scheint niemand zu wissen. Und so werden wir uns wohl oder übel mit dem begnügen müssen, was wir haben.
Über die bisher genannten Werke hinaus hat H. Warner Munn mit The Lost Legion (1980) einen historischen Roman geschrieben, der zu Zeiten Caligulas spielt und das Schicksal einer im Osten verlorengegangenen römischen Legion zum Inhalt hat, und mit The Banner of Joan (1975) ein Versepos über Jeanne d’Arc verfasst (die ihn ziemlich fasziniert hat, wie man auch in Merlin’s Ring feststellen kann). The Book of Munn (1979) schließlich ist ein Band mit Gedichten.

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Zum 60. Geburtstag von Kara Dalkey

Bibliotheka Phantastika gratuliert Kara Dalkey, die heute 60 Jahre alt wird. Die am 04. November 1953 in Los Angeles geborene Kara Mia Dalkey begann zu schreiben, nachdem sie Ende der 70er Jahre nach Minneapolis gezogen war und dort The Scribblies kennenlernte, eine Gruppe von Fantasy-Autorinnen und -Autoren, zu der u.a. Emma Bull, Steven Brust und Will Shetterly gehörten. Interessanterweise erfolgte ihre erste professionelle Veröffentlichung ebenfalls im Umfeld der Scribblies, denn die Kurzgeschichte “The Hands of the Artist” war in Liavek (1985) enthalten, dem ersten Band einer von Emma Bull und Will Shetterly herausgegebenen gleichnamigen Shared-World-Anthologiereihe (der sie auch weiterhin treu blieb).
1986 erschien mit The Curse of Sagamore Kara Dalkeys erster Roman, eine Parodie auf die damals im Genre recht beliebten dynastischen High-Fantasy-Romane: vor vier Generationen hat König Thalion von Euthymia – called the Wise, but known as the Fool – seine Krone seinem Hofnarren Sagamore übergeben, der daraufhin als Sagamore the Shrewd seine eigene Dynastie gegründet hat; auf König Vespin the Sneaky und König Valgus the Brutal sollte jetzt eigentlich Prinz Abderian folgen. Das Dumme ist nur, dass Abderian gar nicht König werden will … Drei Jahre später folgte mit The Sword of Sagamore eine Fortsetzung, die ein bisschen ernstere Töne anschlägt, ohne die humoristische Ebene wirklich zu verlassen. Zwischen den beiden Sagamore-Romanen kamen noch zwei Einzelromane heraus: The Nightingale (1988) erschien in der Reihe Terri Windling’s Fairy Tales und erzählt Hans Christian Andersens gleichnamiges (manchmal auch “Des Kaisers Nachtigall” genanntes) Kunstmärchen als Fantasyroman nach, wobei Kara Dalkey den Schauplatz der Handlung von China Euryale von Kara Dalkeyins Japan der Heian-Periode verlegt und die titelgebende Nachtigall bei ihr ein Flöte spielendes junges Mädchen am kaiserlichen Hof ist. Euryale (1988) ist die Geschichte der gleichnamigen jungen Frau, die eines Tages im Rom des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts auftaucht und die Antwort auf eine Frage sucht: “What can change stone into living flesh?” Vor langer Zeit wurde sie von der Göttin Athene verflucht und muss seither verhüllt durch die Welt gehen, und in ihrem Haus gibt es nur blinde oder stark kurzsichtige Bedienstete – doch der Mann, den sie liebt, hat Euryale einst angesehen … Genau wie The Nightingale fußt auch Euryale auf bekanntem Material, dessen Transformation in einen Fantasyroman in diesem Fall als sehr gelungen bezeichnet werden kann.
Auch in ihrem nächsten, nach einigen Jahren Pause erschienenen Werk bediente sich Kara Dalkey eines historischen Settings: Der Dreiteiler Blood of the Goddess schildert die Abenteuer des jungen Apothekergehilfen Thomas Chinnery, der am Ende des 16. Jahrhunderts auf dem Weg nach Cathay (aka China) ist, um für seinen Meister fernöstliche Heilmittel zu besorgen. Als er eher zufällig über das Geheimnis des titelgebenden Blood of the Goddess – ein Pulver, mit dem Tote zum Leben erweckt werden können – stolpert, beginnt für ihn eine Odyssee, die ihn zunächst nach Goa (1996) – und in die Kerker der Inquisition –, dann weiter ins damals zum Mogulreich gehörende Bijapur (1997) und schließlich nach Bhagavati (1998) führt, in die geheimnisvolle Stadt, in der die Göttin lebt, deren Blut so mächtig und begehrenswert ist. Natürlich ist er nicht der Einzige, der sich auf diese Jagd begeben hat, und unabhängig davon, dass seine Konkurrenten parallel zu ihm das gleiche Ziel verfolgen, kann er noch nicht einmal seinen Begleitern trauen. Und was ist mit der Göttin selbst, die sich in ihren Palästen seit Jahrhunderten nur blinde Mönche als Liebhaber nimmt? Was in Goa als historischer Abenteuerroman mit leichten phantastischen Obertönen beginnt, wird in Bijapur zu einem bereits deutlich phantastischeren Kaleidoskop aus exotischen Bildern und Eindrücken, um in Bhagavati in einen stellenweise surrealistisch anmutendenBijapur von Kara Dalkey Fiebertraum zu münden, dem sich Thomas Chinnery ebensowenig entziehen kann wie der Anziehungskraft des ebenso exotischen wie gefährlichen Landes oder der schönen Aditi, für die das Gleiche gilt. Als bisher einziges Werk Kara Dalkeys ist diese historische Fantasy-Trilogie auch auf Deutsch erschienen: zuerst unter dem Zyklustitel Das Elixier der Nacht (Einzeltitel: Die Kerker von Goa, Die verborgene Stadt, Das Blut der Göttin (alle 1998)), und einige Jahre später noch einmal als historische Romane “verkleidet” mit leicht geänderten Einzeltiteln (Die Geheimnisse von Goa, Die verborgene Stadt, Die Schleier der Göttin (alle 2003)); geholfen hat es übrigens nichts – die Romane haben bei uns überhaupt nicht funktioniert.
Parallel zu Blood of the Goddess sind mit Little Sister (1996) und The Heavenward Path (1998) die ersten beiden Jugendbücher von Kara Dalkey auf den Markt gekommen, die – wie schon The Nightingale – wieder im Japan der Heian-Periode angesiedelt sind. In ihnen macht sich die dreizehnjährige Mitsuko auf die Suche nach ihrer Schwester Amaiko, die ihrerseits nach der Seele ihres getöteten Mannes sucht und daher ihren Körper zurückgelassen und sich auf eine Seelenreise in die Reiche der Geister und Toten begeben hat. Steel Rose (1997) und Crystal Sage (1999) wiederum sind Urban-Fantasy-Romane, in denen es um Streitigkeiten zwischen Sidhe und Faeries und um verzauberte Gitarren geht – und darum, dass man sich gut überlegen sollte, mit alten keltischen Manuskripten musikalisch zu experimentieren. Genpei (2000) schließlich ist erneut ein im Japan der Heian-Periode (Kara Dalkey mag diese Epoche laut eigener Aussage sehr) spielender historischer Fantasyroman, in dem zwei rivalisierende Clans um Macht und Ansehen und politischen Einfluss streiten und sich dabei der Hilfe von Göttern und Dämonen bedienen.
Wenig später wandte sich Kara Dalkey mit der Water Trilogy erneut dem Jugendbuch zu. In Ascension, Reunion und Transformation (alle 2002) verknüpft sie die Atlantis-Sage mit Elementen des Artus-Mythos und cephalopoiden Aliens, was sich zumindest nach einer originellen Mischung anhört. Seither sind keine Romane mehr von ihr erschienen, sondern nur noch ein paar Erzählungen z.B. in der Firebirds-Anthologiereihe. Da Kara Dalkey schon immer parallel zu ihrer Schriftstellerei Musik gemacht und sich als Songwriterin betätigt hat, bleibt abzuwarten, ob sie noch einmal als Romanautorin zurückkehrt.

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Zum 90. Geburtstag von Gordon R. Dickson

Bibliotheka Phantastika erinnert an Gordon R. Dickson, der heute 90 Jahre alt geworden wäre. Gordon Rupert Dickson wurde am 01. November 1923 in Edmonton, der Hauptstadt der kanadischen Provinz Alberta geboren, zog jedoch nach dem Tod seines Vaters 1937 mit seiner Mutter in die USA und nahm später die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Seine erste professionelle Veröffentlichung war die Kurzgeschichte “Tresspass!” in Fantastic Story Quarterly im Frühjahr 1950, die er zusammen mit Poul Anderson geschrieben hat, mit dem er seit Mitte der 40er Jahre befreundet war – eine Freundschaft, die ein Leben lang halten und zu weiteren Kollaborationen führen sollte. Im Laufe seiner langen, rund 50 Jahre währenden Schriftstellerkarriere hat Dickson sich vor allem als Autor von zumeist soliden, gelegentlich durchaus originellen und im Falles des unvollendet gebliebenen Childe Cycle sogar überaus ambitionierten SF-Romanen und -Erzählungen einen Namen gemacht. Genau wie sein Freund und Autorenkollege Poul Anderson hat er allerdings zwischendurch auch mal Fantasy geschrieben (in den 90ern sogar mehr als SF) und wurde für seinen allerersten Fantasyroman The Dragon and the George (1976) mit dem August Derleth Award – dem Preis der British Fantasy Society – ausgezeichnet.
The Dragon and the George fußt auf der bereits 1957 in der Septemberausgabe des Magazine of Fantasy & Science Fiction erschienenen Erzählung “St. Dragon and the George” und erzählt davon, wie der junge The Dragon and the George von Gordon R. DicksonAmerikaner Jim Eckert auf der Suche nach seiner bei einem fehlgeschlagenen Experiment in Sachen Astral-Projektion verschwundenen Verlobten in eine Fantasyversion des mittelalterlichen England gerät, in der es Ritter, Burgen, Drachen, Wölfe, Magie und Dunkle Mächte zuhauf gibt. Das Pikante dabei ist, dass Jim im Körper des Drachen Gorbash gelandet ist, der wie alle Drachen in dieser Welt intelligent ist und sprechen kann, und von dem er erfährt, dass man sich vor den hierzulande “Georges” genannten Menschen in Acht nehmen sollte, da diese gelernt haben, sich einen Panzer und Stacheln und Hörner wachsen zu lassen – und mit diesen Hörnern haben sie schon etliche, genau betrachtet viel mehr an Wein und Geschichten (und natürlich Schätzen) als an Kämpfen interessierte Drachen aufgespießt. Eigentlich will Jim nichts weiter, als dafür sorgen, dass Angie und er so schnell wie möglich wieder nach Hause kommen, doch bedauerlicherweise haben nicht nur die bereits erwähnten Dunklen Mächte etwas gegen diese Absicht, sondern die Ankunft von Angie und Jim hat das in dieser Welt vorherrschende Gleichgewicht der natürlichen Kräfte Chance und History empfindlich gestört. Und so bleibt Jim nichts anderes übrig, als sich zunächst einmal mit seinem Dasein im Körper eines Drachen anzufreunden und sich Verbündete zu suchen, die ihm dabei helfen können, einen Ausweg aus seiner Situation zu finden …
Auch wenn der 1980 unter dem Titel Die Nacht der Drachen erstmals auf Deutsch erschienene Roman mittlerweile mehr als 35 Jahre auf dem Buckel hat, ist er mit seiner Mischung aus leichthin erzählten, stellenweise wirklich witzigen Geschehnissen und Ideen, denen durchaus ernste Themen und Bedrohungen gegenüberstehen, auch heute noch lesenswert. Was nicht zuletzt an knapp, aber ausreichend charakterisierten Nebenfiguren wie dem hochrangigen Magier Silvanus Carolinus, dem ritterlichen Sir Brian Neville-Smythe, dem weltbesten Bogenschützen Dafydd Ap Hywel, der kaum schlechteren Bogenschützin Danielle o’the Wold oder auch dem (ebenfalls sprechenden, intelligenten) Wolf Aragh – das sind Jims Verbündete – bzw. an weniger angenehmen Zeitgenossen wie dem Drachen Bryagh liegt. Bedauerlich ist, dass Angie kaum über ihre Rolle als Damsel in Distress hinauskommt, doch ungeachtet dieser für Fantasyromane der 70er Jahre nicht gerade untypischen Schwäche darf man The Dragon and the George getrost als kleinen Klassiker des Genres bezeichnen.
Vierzehn Jahre später hat Gordon R. Dickson sich dem Setting erneut zugewandt und die Geschichte mit den Romanen The Dragon Knight (1990), The Dragon on the Border (1992), The Dragon at War (1992), The Dragon, The Dragon Knight von Gordon R. Dicksonthe Earl, and the Troll (1994), The Dragon and the Djinn (1996), The Dragon and the Gnarly King (1997), The Dragon in Lyonesse (1998) und The Dragon and the Fair Maid of Kent (2000) fortgesetzt. Auch wenn sie deutlich später entstanden sind, ist zumindest in den ersten drei oder vier neuen Romanen des Dragon Knight Cycle noch manches von dem zu finden, was The Dragon and the George ausgezeichnet hat. Die recht schematische, sich jeweils stark ähnelnde Handlungsführung sorgt allerdings für allmählich auftretende Ermüdungserscheinungen, über die auch die gelegentlich immer noch auftauchenden guten Ideen oder die sympathischen Haupt- und Nebenfiguren nicht hinwegtäuschen können. Dennoch bleibt der 1997 mit einer Neuauflage von Die Nacht der Drachen auch in Deutschland gestartete und mit den Titeln Der Drachenritter, Der Drache an der Grenze, Der Drache im Krieg, Der Drache, der Graf und der Troll, Der Drache und der Dschinn (alle 1997) und Der Drache und der Wurzelkönig (2000) fortgesetzte Drachenritter-Zyklus (die Originalbände acht und neun wurden nicht übersetzt) ein Werk, das auf seine leichthin erzählte, manchmal wirklich witzige Weise einen willkommenen Kontrast zu den eher schwerfällig dahinstapfenden epischen Fantasyzyklen bietet.
Über sein England der Drachen und der Georges hinaus hat Gordon R. Dickson nur noch zwei weitere Beiträge zur Fantasy verfasst, die beide im Shared-World-Universum der Thieves’ World angesiedelt sind: den Roman Jamie the Red (1982, mit Roland Green) und die Erzählung “Beyond the Dar al-Harb” in der ebenso betitelten Kurzgeschichtensammlung (1985). “St. Dragon and the George” (1957), die Geschichte, aus der schließlich der Dragon Knight Cycle hervorgehen sollte, wurde übrigens mehrfach nachgedruckt, beispielsweise in der Dickson-Collection The Last Dream (1986) oder auch, recht aktuell, in der von Jonathan Strahan und Marianne S. Jablon herausgegebenen Anthologie Wings of Fire (2010).
Die letztgenannte Veröffentlichung hat Gordon R. Dickson allerdings schon längst nicht mehr miterlebt, denn er ist bereits am 31. Januar 2001 an Komplikationen im Zusammenhang mit seiner schweren Asthma-Erkrankung, an der er fast sein ganzes Leben lang gelitten hatte, im Alter von 77 Jahren gestorben.

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Three Parts Dead

Three Parts Dead von Max GladstoneMit unserem Buch des Monats im November tauchen wir ein in eine imposante und fantastische Welt, die so komplex gestaltet ist, dass wir uns nur mit Mühe und Not an einer kurzen Beschreibung versuchen können.
Three Parts Dead (Tor Books, ISBN: 9780765333100) verstrickt Aspekte der Fantasy mit technologischer Entwicklung. Manch einer würde nun an Steampunk denken, doch dieser Roman wäre damit falsch klassifiziert. Während die meisten Urban-Fantasy-Romane die Magie in die Gegenwart integrieren, kreiert dieser Roman eine magisch basierte Welt, die ihren eigenen Entwicklungsschub hin zum Konzerndenken hatte. Die Welt in Three Parts Dead fühlt sich älter und gewichtiger an und gleichzeitig greift sie dabei moderne Mechanismen auf; die von Gargoyles bewachten Wolkenkratzer sind ebenso ein Beispiel für die gelungene Mischung wie die Massenproduktion, die nicht zu Geld, sondern zu mehr Seelenanteilen führt.
In der übergeordneten Handlung gilt es den Tod der Gottheit Kos Everburn aufzuklären, weshalb Nekromantin Tara damit beauftragt wird, den Fall zu untersuchen. Um mehr über die Geschichte selbst zu erfahren, empfehlen wir auch einen Blick in die Rezension.

Max Gladstones Debütroman ist eine echte Überraschung und Bereicherung für das Genre, und die deutschen Verlage täten sicher gut daran, sich möglichst schnell die Rechte zu sichern. Das Buch ist ein Must-Read für alle LeserInnen die gerne in neue, intelligente Welten eintauchen und in denen selbst Dinge wie Nekromantie, Vampire und Gottheiten in einen völlig neuen Kontext gesetzt werden. Völlig zu Recht hat dieser noch junge Roman schon den ein oder anderen Preis abgeräumt und wurde noch öfter für einen nominiert.
Wer bereits in den Genuss von Three Parts Dead gekommen ist, wird sich sicher freuen, dass vor wenigen Tagen auch der zweite Roman von Gladstone Two Serpents Rise erschienen ist.

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Neu rezensiert: Carniepunk

Carniepunk von Rachel Caine, Delilah S. Dawson, Jennifer Estep, Kelly Gay, Kevin Hearne, Mark Henry, Hillary Jacques, Jackie Kessler, Seanen McGuire, Kelly Meding, Allison Pang, Nicole D. Peeler, Rob Thurman, Jaye WellsVierzehn Kurzgeschichten ziehen in dieser Anthologie LeserInnen in die oft schaurige, pervertierte oder einfach nur surreale Welt des Zirkus.
Vierzehn Geschichten, vierzehn AutorInnen – und alle betreten den Zirkus auf ganz unterschiedliche Weise. Was alle gemein haben, ist die Verbindung zum Grauen oder zu Dämonen, die auf der Jagd nach Seelen sind …
Kommt zahlreich, mutige Abenteurer, die Manege ruft!

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Neu rezensiert: The Long War

The Long War von Terry Prachtett und Stephen BaxterDas Amerika der Heimaterde will seine Macht über die Reihe der unendlichen Parallelwelten ausdehnen, und gleichzeitig verpassen Siedler, Forscher und Reisende den Erden ihren menschlichen Fussabdruck. Dann sorgt eine Meldung im Outernet für Schlagzeilen: Forscher misshandeln vor laufender Kamera einen Troll – und dies ist nur ein Beispiel für die sich ausbreitende Gewalt gegen die humanoiden Long-Earth-Bewohner. Zeit für Joshua und Sally, etwas zu unternehmen …

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Zum 90. Geburtstag von Otfried Preußler

Bibliotheka Phantastika erinnert an Otfried Preußler, der heute 90 Jahre alt geworden wäre. Der am 20. Oktober 1923 in Reichenberg, Böhmen (heute: Liberec, Tschechien) geborene und am 18. Februar dieses Jahres verstorbene Otfried Preußler dürfte einer der bekanntesten deutschsprachigen Kinderbuchautoren sein, dessen Werke wie Der kleine Wassermann, Die kleine Hexe, Der Räuber Hotzenplotz oder Das kleine Gespenst – um die vielleicht bekanntesten zu nennen – sich in Deutschland millionenfach verkauft haben und in 55 Sprachen übersetzt wurden.
Krabat von Otfried PreußlerFür die Leserinnen und Leser der Bibliotheka Phantastika viel interessanter als Preußlers Kinderbücher dürfte allerdings Krabat (1971) sein; dieser Roman richtet sich nicht nur an Jugendliche, sondern ist eigentlich – wenn auch deutlich vor dem Fantasyboom erschienen – ein waschechter Fantasyroman. Genau genommen kann man Krabat sogar als wunderbares Beispiel für die Möglichkeiten betrachten, die sich deutschsprachigen Autorinnen und Autoren bieten, wenn sie sich von den Sagen und Legenden ihrer Heimat inspirieren lassen, denn Krabat ist die Bearbeitung einer alten sorbischen Sage. Preußler hat die Geschichte des Waisenjungen Krabat, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Lehrstelle in einer Mühle in der Oberlausitz antritt, deren Müllermeister seine zwölf Müllerburschen in der “Schwarzen Kunst” (sprich: Zauberkunst) unterrichtet, und der nach seiner anfänglicher Begeisterung für die Möglichkeiten, die die Magie einem bietet, rasch in einen Gewissenskonflikt gerät, allerdings voll und ganz zu seiner eigenen gemacht und einen immer noch beeindruckenden Roman über die Verlockungen der Macht verfasst, der u.a. 1972 mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet wurde (und den wir hier rezensiert haben).
Krabat wurde nicht nur in mehr als 30 Sprachen übersetzt, sondern auch zweimal verfilmt: bereits 1977 schuf der tschechische Trickfilmpionier Karel Zeman eine zu Recht hochgelobte Trickfilmversion (Originaltitel: Čarodějův učeň), und 2008 kam eine Realverfilmung in die Kinos.
Während Preußlers Kinderbücher den Zeitgeist ihrer Entstehungszeit widerspiegeln, was ihre Lektüre heutzutage gelegentlich problematisch machen kann – man erinnere sich an die noch nicht allzu lange zurückliegende Diskussion über bestimmte inhaltliche Elemente der Kleinen Hexe –, ist Krabat mit seinen Aussagen über Macht und Verantwortung ein zeitloses und keineswegs antiquiertes Werk, das zu lesen sich auch heute noch lohnt.

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Zum 55. Geburtstag von Lynn Flewelling

Bibliotheka Phantastika gratuliert Lynn Flewelling, die heute 55 Jahre alt wird. Die Geschichten der am 20. Oktober 1958 in Presque Isle, Maine, USA, als Lynn Beaulieu geborenen Autorin sind allesamt in einer Fantasy-Welt angesiedelt, in der das an die europäische Renaissance erinnernde Königreich Skala, auch einer der Hauptschauplätze der beiden Roman-Zyklen Nightrunner (dt. Die Schattengilde) und The Tamír Trilogy (dt. Die Tamír-Trilogie), eine der treibenden Kräfte ist.
Luck in the Shadows von Lynn FlewellingSkala und die umgebenden Länder sind reich an Intrigen und geheimen Gesellschaften, ein perfektes Umfeld für einen adligen Spion wie Seregil, eine der beiden Hauptfiguren der Nightrunner-Reihe. Als er in prekärer Lage den verwaisten Hinterwäldler Alec von Kerry kennenlernt, nimmt er ihn kurzerhand als Lehrling an, wobei es aber im Laufe der Abenteuer, die sie im Dienste der Königin erleben, nicht bleibt. Die ursprünglich aus den Bänden Luck in the Shadows (1996, dt. Das Licht in den Schatten (1998)), Stalking Darkness (1997, dt. Der Gott der Dunkelheit (1999)) und Traitor’s Moon (1999, dt. Unter dem Verrätermond (2001)) bestehende Reihe aus lose verknüpften Abenteuern konzentriert sich stark auf diese Hauptfiguren, den schillernden Meisterspion und seinen scheinbar naiven Lehrling, beide mit ihren jeweiligen Geheimnissen behaftet, die häufig in mühsamer Detektiv-Arbeit Verschwörungen aufklären und sich dann mit rasselnden Säbeln freikämpfen müssen, während im Hintergrund ein im Lauf der Serie stärker werdender Romance-Aspekt mitschwingt. Besonders spürbar wird letzerer in den mit fast zehn Jahren Abstand erschienenen Fortsetzungen Shadows Return (2008), The White Road (2010) und Casket of Souls (2012) – ein weiterer Band namens Shards of Time wird 2014 erscheinen –, in denen Alec und Seregil sich sehr viel persönlicheren Bedrohungen stellen müssen. Die neuen Bände wurden nicht mehr ins Deutsche übersetzt und konnten auch nicht ganz an die Beliebtheit anschließen, der sich die ersten Nightrunner-Abenteuer erfreuen konnten.
In der Pause zwischen den Bänden drei und vier der Reihe blieb Lynn Flewelling Skala treu, widmete sich jedoch mit der Tamír Trilogy einer früheren Epoche ihrer Welt: Die königliche Linie des Landes, die laut einer Prophezeiung unbedingt weiblich sein muss, wurde von einem Thronräuber unterbrochen, was sich prompt mit Krieg, Seuchen und Chaos rächt. Doch einigen widerständigen Zauberern ist es gelungen, ein Mädchen mit königlichem Blut zu verstecken – und durch dunkle Magie wächst sie unwissend als Junge auf, verfolgt vom Geist eines verstorbenen Bruders, dessen Gestalt sie angenommen hat. Im Verlauf der drei Bände The Bone Doll’s Twin (2001, dt. Das Orakel von Skala (2003) bzw. Der verwunschene Zwilling (2008)), Hidden Warrior (2003, dt. Die verborgene Kriegerin (2009)) und The Oracle’s Queen (2006, dt. Die prophezeite Königin (2009)) wird die Maskerade immer schwieriger, während die potentielle Königin das Teenager-Alter erreicht und mit gleichaltrigen Jungen das Kriegshandwerk erlernt.
Nicht nur mit der Geschichte der Königin Tobin/Tamír stellt Lynn Flewelling Genderrollen infrage und lotet in ihrer Welt, in der bi- und homosexuelle Beziehungen gesellschaftlich akzeptiert sind, die Bandbreite sexueller Orientierungen und Identitäten aus, was neben ihrem sehr dicht an den Figuren ausgerichteten Erzählstil dafür sorgt, dass eine treue Fangemeinde weiteren Abenteuern aus Skala und Umgebung entgegenfiebert und es Lynn Flewelling ermöglicht, ihre Welt immer weiter auszubauen.

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