Subgenre: Romance

Cover von Bleicher Morgen von Colleen GleasonMiss Victoria Gardella Grantworth ist die letzte der Gardella-Blutlinie und damit auch die letzte vom Schicksal bestimmte Vampirjägerin. Sie ahnt von ihrer Bestimmung nichts, bis sie immer wieder von dem gleichen Traum heimgesucht wird, in dem Vampire sie verfolgen. Unsicher, was dies bedeutet, fragt sie ihre Tante Eustacia um Rat. Als sich das Geheimnis offenbart, muss Victoria eine Entscheidung treffen, die ihr Leben für immer verändern wird.

– Seine Schritte waren geräuschlos, und dennoch merkte Victoria, dass er sich bewegte. –
Unsere Geschichte nimmt ihren Anfang, S. 9

Zu Bleicher Morgen liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

Blutrote Schwestern von Jackson PearceScarlett und Rosie March sind seit dem Angriff eines Fenris-Wolfs in ihrer Kindheit gezeichnet. Ihre Großmutter, die Einzige, die sich je um sie gekümmert hat, wurde bei dem Angriff getötet, während Scarlett bei der Verteidigung ihrer kleinen Schwester schwer verwundet wurde und ihr rechtes Auge verlor. Seit jenem Tag ist sie besessen davon, jeden Fenris-Wolf zu töten. Zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Partner Silas macht sie des Nachts Jagd auf die Monster. Doch dann wird ihre Routine von einem besonderen Ereignis unterbrochen: Die Fenris-Wölfe haben einen Potentiellen gewittert, der zu einem von ihnen gewandelt werden kann. Die drei Jäger setzen alles daran, dies zu verhindern und den Potientellen vor den Wölfen zu finden.

– Er folgt mir. Wurde auch Zeit. (…) Ich täusche ein Zittern vor, als mir ein Windstoß durch die glänzenden Haare fährt. So ist es richtig … komm weiter, komm nur. Denk daran, wie brennend es dich nach meinem Fleisch verlangt. Denk daran, wie gut mein Herz dir schmecken wird. –
Kapitel 1, Scarlett March

Zu Blutrote Schwestern liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

City of Bones von Cassandra ClareClary dachte, sie und ihr bester Freund Simon würden einen ganz normalen Abend im Club Pandemonium verbringen. Ein wenig tanzen, feiern und das normale jugendliche Leben genießen. Doch dann sieht sie wie ein Teenager von drei anderen ermordet wird und sich anschließend vor ihren Augen in Rauch auflöst. An diesem Abend ändert sich für Clary alles, denn nun muss sie erkennen, dass neben ihrer bekannten Welt eine ganz andere, düstere Welt voller übernatürlicher Kreaturen existiert, und dass sie irgendwie mit ihr in Verbindung steht. Doch die einzige Person, die Klarheit schaffen könnte, Clarys Mutter, wird entführt, bevor Clary die Chance hat, Antworten zu bekommen.

– »Are there any more with you?«
The blue-haired boy could feel blood welling up under the too-tight metal, making his wrist slippery. »Any other what?«
»Come on now.« The tawny-eyed boy held up his hands, and his dark sleeves slipped down, showing the runes inked all over his wrists, the backs of his hands, his palms. »You know what I am.«
Far back inside his skull, the shackled boy’s second set of teeth began to grind.
»Shadowhunter,« he hissed.
The other boy grinned all over his face. »Got you,« he said. –

City of Bones ist der Auftakt der populären Jugendbuchreihe The Mortal Instruments (Die Chroniken der Unterwelt) und Debütroman der Autorin Cassandra Clare. Um die Problematik dieses Romans (und auch der restlichen Reihe) gleich zu Anfang zu nennen: City of Bones begann als Fanfiction basierend auf J.K. Rowlings Figur Draco Malfoy aus der Harry Potter-Reihe, und so sehr Frau Clare auch versucht hat, die Geschichte zu überarbeiten und ihr ihren eigenen Stempel aufzudrücken, so unübersehbar sind doch gewisse Ähnlichkeiten. Leider ist es dadurch sehr schwierig zu entscheiden, wie viel eigene Kreativität die Autorin in dieses Buch eingebracht hat und ob der Roman nun Spaß macht oder ärgert. Die Magie in Clares urbaner Fantasywelt funktioniert gut und ist stimmungsvoll, man sieht nur immer wieder vertrautes aus Harry Potter, Star Wars, Angel Sanctuary … Da fragt man sich unweigerlich, ob die Autorin sich auch irgendetwas von diesem Roman selbst ausgedacht hat. Die subtile Runenmagie, Vampire, Warlocks, Werwölfe, Halbengel, Menschen, Feen und andere Kreaturen in City of Bones haben es schwer, sich über das offensichtlich Kopierte zu erheben. Somit ist die Frage, wie gut einem das Buch gefallen wird, vor allem eine Frage danach, wie gut man einen Neuaufguss anderer Geschichten findet.

Um aber auch einmal auf das Positive zu sprechen zu kommen, gehen wir doch weiter zu den Charakteren. Hier liefert die Autorin zunächst einmal eine breite Vielfalt an Figuren, was sowohl deren Charakter als auch deren ethnische Herkunft oder sexuelle Orientierung angeht. Es ist von allem etwas dabei, so dass sich wirklich jeder mit wenigstens einer der Figuren identifizieren kann. Entsprechend werden auch bestehende Vorurteile unserer Gesellschaft auf unterschiedliche Weise kritisch thematisiert.
Die Charaktere wirken auch sonst recht solide und sind unterhaltsam, ab und an verleiten sie einen zu einem Schmunzeln, ein anderes Mal möchte man sie herzhaft schütteln vor Unverständnis. Fast alle haben emotionale Narben (manche auch körperliche). Das verschafft ihnen eine glaubhafte Lebendigkeit und hält den Leser bei Laune. Nur der Bösewicht ist flacher als ein Blatt Papier. Einzig ärgerlich ist dabei aber die in Jugendbüchern inzwischen obligatorische Dreiecksbeziehung der Hauptfiguren, die, neben anderen Teilen der Handlung, von Anfang an durchschaubar ist. Was dagegen sicherlich noch nicht viele Jugendbuchautoren gemacht haben, ist, eine derart frustrierende Auflösung an den Schluss des Romans zu setzen, dass man das Buch entweder mehr als schlecht gelaunt in die Ecke wirft (immerhin hat man eigentlich nur wegen der einen Sache solange durchgehalten) oder man zerfließt vor Sehnsucht angesichts der dramatischen und schier hoffnungslosen Ereignisse … Für letzteres muss man vermutlich noch zur jüngeren Lesergruppe zählen oder deutlich weniger Jugendbucherfahrung haben.

Wenn man nichts Innovatives erwartet und sich mit den zahlreichen »Inspirationen« in City of Bones arrangieren kann, ist der Roman flüssiges und schnelles Lesefutter mit einer guten Atmosphäre im modernen New York und sympathischen Charakteren. Überraschungen hat der Roman allerdings keine zu bieten, vielleicht bessert sich das noch im Nachfolger: City of Ashes

Verfilmung:
City of Bones wurde 2013 mit Lilly Collins und Jamie Campbell Bower in den Hauptrollen verfilmt.

Degrees of Wrong von Anna Scarlett2053: Nach dem Tod ihrer Eltern lebt Dr. Elyse Morgan ein bescheidenes Leben auf einer kleinen Insel, wo sie die Menschen ihres Dorfes behandelt und recht abgeschottet von den politischen Machtspielen der Außenwelt lebt. Alles ändert sich, als eines Tages die beiden großen gegnerischen Parteien auf der kleinen Insel einfallen um dort ihren Disput auszutragen. Bis klar wird, dass sie beide nur ein Ziel haben: Elyse.
Ehe sich die junge Ärztin versieht, wird sie von den Soldaten der UOC gerettet (gekidnappt) und auf ein Unterwasserschiff gebracht, wo sie die Heilung für den tödlichen Virus findet soll, der auch ihre Eltern getötet hat.

– I was too tired for his charm to be charming. In fact, since I’d already bludgeoned the medical code of ethics today, overdosing him to shut him up seemed an acceptable degree of wrong. –

Degrees of Wrong startet mitten im Geschehen und ohne lange Eingewöhnungsphase mit Dr. Elyse Morgan, die gerade einen vorlauten Soldaten zusammenflickt. Es ist ein mildes Science-Fiction Abenteuer, das einen in die Tiefen der Ozeane entführt und dabei mindestens einmal pro Seite dazu verführt, laut aufzulachen. Vielleicht erinnert sich noch jemand an die TV-Serie SeaQuest, die in den 90ern lief? Degrees of Wrong erinnert sehr stark an diese Serie und weckt vielleicht auch deshalb nostalgische Gefühle in mir, war ich doch ein bekennender Fan der SeaQuest und wollte fast nichts lieber, als auf diesem Unterwasserschiff durch die Ozeane streifen.

In Degrees of Wrong nun befinden wir uns im Jahre 2053 n.Chr. und die politische Situation hat sich recht umfangreich verändert. Die Nationen haben sich zusammengeschlossen in der Organisation UOC (United Ocean Corps) und den unabhängigen Nationen, die nicht näher benannt werden, aber als Rebellen gelten und terroristische Bio-Angriffe auf die Nationen der UOC verüben. Die schlimmste Erfindung dieser Terroristen ist das Virus HTN 4 – eine der Pest ähnliche Krankheit, die innerhalb von 48 Stunden zum unweigerlichen Tod führt und für die es noch keine Heilung gibt.
Dr. Elyse Morgan ist aufgrund einer ihrer Studien zu diesem Virus auf den Radar der Rebellen gelangt und die UOC greift ein, um Elyse vor der Entführung zu bewahren. Dummerweise müssen die eigentlich helfend gesinnten Soldaten dafür ebenfalls zu Entführern werden, denn unsere Ärztin reagiert auf beide Parteien recht allergisch. Im Nu wird Elyse mit einem Elektroschocker in die Bewusstlosigkeit geschickt und zu ihrer eigenen Sicherheit auf die »Bellator« gebracht, ein Unterwasser-Militärschiff, auf dem nicht nur ein modernes Labor wartet, mit allem, was sie sich nur wünschen kann, sondern auch ein Kapitän, der es sich schon bald zur Aufgabe macht, Elyse für sich zu gewinnen.
An dieser Stelle kommt jene Thematik ins Spiel, die die Hälfte der Leser nun vermutlich in die Flucht schlagen wird: Romantik!

So peinlich es mir vielleicht sein sollte, ich komme nicht umhin zu sagen, dass Degrees of Wrong gerade wegen dieser sich entwickelnden Beziehung zwischen Elyse und Nicoli Marek zu einem Pageturner wurde. Der Handlungsstrang nimmt recht viel Platz ein, man muss also wirklich dafür aufgeschlossen sein, sich einem romantischen Katz-und-Maus-Spiel zu stellen, das seinesgleichen sucht. Es ist einfach zu komisch, wie sich Elyse und Nicoli mit bissigem Witz ebenbürtig begegnen, denn ganz so einfach ist die Lage nicht. Elyses Weigerung, sich trotz ihrer Zuneigung nicht mit dem Kapitän einzulassen, erhält eine verständliche Begründung. Während man als Leser nun mitfiebern darf, ob sie sich am Ende kriegen oder es doch besser sein lassen, wird man mit viel Humor und neckischen Streitereien belohnt, während Elyses mütterliche Freundin zusätzlich regelmäßig Sabotage an deren Standhaftigkeit verübt.

Hiervon einmal abgesehen bietet Degrees of Wrong eine Heldin mit Verstand und messerscharfer Zunge in jeder Lebenslage. Egal ob sie gerade entführt, verhört, becirct, vergiftet oder zurechtgewiesen wird, Elyse kann einfach nicht aus ihrer Haut und kontert alles mit einem frechen Mundwerk – auch wenn sie genau weiß, dass sie dafür noch mehr Ärger bekommen wird. Sie ist selbstbewusst und lässt sich nicht gerne Vorschriften machen. Zum Glück befinden sich gut 40 Kilo Schokolade an Bord, mit denen sich die Nerven beruhigen lassen. Unfehlbar ist sie dabei wahrlich nicht, und das macht sie umso sympathischer.
Nebenrollen gibt es bei diesem Roman nur wenige, die wirken dafür größtenteils recht familiär und bringen ihre eigene Prise Witz mit in die Geschichte ein. Die Wendungen sind oft überraschend und unerwartet und kündigen sich nicht schon 50 Seiten vorher an. Sicherlich, ein zwei Dinge muss man davon ausnehmen.

Der Weltenbau in Degrees of Wrong kommt subtil daher. Man gewinnt ein gutes Gefühl für das Schiff und seine Besatzung und auch für den Grund der Meere, so dass man als Leser den dringenden Wunsch entwickelt, sich in einen der Pods (kleine Transport-U-Boote, um sich zwischen dem Festland und der Bellator zu bewegen) zu setzen und selbst auf Unterwasserabenteuer zu gehen. Unnötig lange Umschreibungen sucht man hier vergeblich, die bestehenden Gegebenheiten werden eher beiläufig und selbstverständlich erklärt. Positiv aufgefallen ist auch die selbstverständliche Vermischung aller möglichen ethnischen Gruppen.

Was man negativ ankreiden könnte, ist, dass die Suche nach der Heilung ein wenig ins Abseits gerät und die Lösung letztlich etwas zu einfach scheint. Denn Degrees of Wrong ist vordergründig eine locker-leichte Romanze für Erwachsene mit Science-Fiction-Hintergrund. Wem also einmal der Sinn nach dieser Kombination steht, der wird mit Degrees of Wrong viele amüsierte Stunden verbringen können.

Das Geheimnis der schönen Fremden von Cecilia Dart-ThorntonImrhien, das einst namenlose Findelkind im Turm der Sturmreiter, ist weiterhin auf der Suche nach ihrer Herkunft und ihren Erinnerungen. Nun, da sie mit Hilfe der Carlin ihre Stimme und ihr Gesicht wieder hat, möchte sie auch dieses letzte Geheimnis endlich lüften und begibt sich in die Residenzstadt des Hochkönigs nach Caermelor. Um unentdeckt zu bleiben, nimmt sie einen falschen Namen an und begibt sich unter das Adelsvolk, wo sie hofft Antworten und einen Hinweis auf den Dainnin Dorn zu finden, der ihr Herz gestohlen hat. Doch was sie zunächst findet, sind Intrigen und eine Spur, die in ein längst vergangenes Zeitalter führt.

– Die junge Frau, die bei der Carlin in White Down Rory Unterschlupf gefunden hatte, fühlte sich wie neu geboren. Sie mußte sich unentwegt in Erinnerung rufen, daß die wunderbare Heilung ihrer Stimme und ihres entstellten Gesichts tatsächlich stattgefunden hatte. Ständig starrte sie in den Spiegel, berührte die makellosen Züge und die zarte Haut und murmelte mit rauher Kehle: »Ich kann reden! Ich kann reden!« –
Kapitel 1, White down Rory

Das Geheimnis der schönen Fremden (The Lady of the Sorrows) beginnt so zauberhaft und lyrisch, wie man es schon aus dem ersten Band der Feenland-Chroniken gewohnt ist. Die Sprache vermag auf Anhieb erneut zu fesseln und besitzt auch wieder die Fähigkeit, eine wahrhaft märchenhafte Welt zu erschaffen, die man sofort vor dem geistigen Auge sieht. Kleinigkeiten in der Aufmachung des Buches wie kleine Gedichte, Liedtexte und Zeichnungen zieren wie schon im ersten Teil die Kapitelüberschriften und unterstützen die märchenhafte Atmosphäre. Zum Einstieg findet der Leser außerdem eine kurze Zusammenfassung des ersten Bands, die es erleichtert, sich auch nach längerer Pause wieder problemlos in die Geschichte einzufinden.

Die eigentliche Handlung ist nicht gerade spannend. Wer Spannung sucht, der wird sie am Anfang und dann erst wieder im letzten Teil des Buches finden. Der Teil dazwischen ist im Grunde genommen nur ein langes Warten darauf, dass es endlich losgeht. In epischer Länge und Breite werden da immer wieder Sagen und Mythen keltischen und angelsächsischen Ursprungs nacherzählt, die viele Leser z.B. schon aus irischen Volksmärchen kennen dürften. Wer sie in diesem Buch das erste Mal erwähnt findet, hat Glück und kann sich der allgemein durchaus schönen Geschichten erfreuen, für den geübten Fantasy-Fan dagegen ist hier nichts Neues zu entdecken, und so harrt man der Dinge, die da hoffentlich bald folgen mögen. Erschwerend kommt hinzu, dass all diese eingeschobenen Erzählungen die Handlung weder vorantreiben, noch einen ernst zu nehmenden Einfluss auf sie haben. Erst gegen Ende des Buches werden diese Geschichten abseits der eigentlichen Haupthandlung noch einmal kurz aufgegriffen und sorgen für kleinere Aha-Effekte, die über den langatmigen Mittelteil ein wenig hinwegtrösten. Dennoch, ganz so ausufernd hätten die Erzählungen, seien sie sprachlich auch noch so schön umgesetzt, nicht sein müssen.
Während der erste Band, Im Bann der Sturmreiter (The Ill-Made Mute), wirklich zu begeistern wusste und nicht viele Wünsche offen ließ, scheint die Autorin diesmal häufig etwas ziellos an den Roman herangegangen zu sein. Das zeigt sich sowohl an den Figuren, deren Persönlichkeiten manchmal seltsame Bocksprünge machen, als auch an den vielen sinnlosen Reisen zwischen denselben zwei Orten. Derweil hat die Protagonistin schon den dritten neuen Namen angenommen, und am Ende folgt gar noch ein vierter.

Auch wenn es nach diesen Schilderungen kaum den Anschein erwecken mag, bleibt dieses Buch trotz seiner Schwächen dennoch interessant zu lesen und macht – zumindest, wenn man eine romantische Ader hat – Lust auf den dritten Band. Denn hat man den lahmenden Mittelteil samt seiner übrigen Schwächen erst einmal überstanden, nimmt das letzte Drittel noch einmal große Fahrt auf. Einige Geheimnisse werden endlich gelüftet und lang erwartete Erkenntnisse tun sich auf. Nachdem man so lange mitgefiebert und ausgeharrt hat, wird die Neugier gestillt, und man kann Imrhiens Entwicklung mit Erleichterung und Freude verfolgen. Doch gerade wenn man denkt, die gewonnene Erleichterung könne sich ausbreiten, endet auch dieses Buch mit einem bösen Cliffhanger, und man will – nun endlich von der Spannung erneut gepackt – sofort zum letzten Band der Reihe greifen.

Ghost Planet von Sharon Lynn FisherDie Therapeutin Elizabeth Cole möchte ein neues Leben beginnen und verlässt daher die Erde, um auf Ardagh 1 zu arbeiten. Ardagh 1 ist ein besonderer Planet, denn dort erhält jeder menschliche Kolonist aus unerklärbaren Gründen einen “Geist” aus seiner Vergangenheit – eine eigentlich verstorbene Person, die ihrem Menschen überall hin folgt. Elizabeth kennt die Protokolle auf Ardagh 1, wonach eine Interaktion mit diesen Aliens streng untersagt ist. Doch es dauert nicht lange, bis Elizabeth feststellen muss, dass sie eine unerwartet enge Verbindung zu den Geistern hat, die ihr eigenes Leben und das ihrer Sympathisanten in Gefahr bringt.

The tarmac was deserted. Foggy and disoriented, I wondered how long I’d been standing there, listening to the evergreens groan in the wind and dreading my first encounter on this new world. Would it be human or alien?
– Murphy’s Ghost

Ein wichtiger Tipp vorweg: wer Interesse entwickelt, Ghost Planet auf den Leseplan zu setzen, der sollte es in jedem Fall vermeiden die offizielle Buchbeschreibung/ den Klappentext zu lesen. Er verrät leider zu viel. Über das Cover sprechen wir besser auch nicht, das hätte mich beinahe vom Kauf abgehalten …

Aber nun zum Buch!

Ghost Planet spielt in einer nicht genau definierten Zukunft, in der die Erde schon sehr verunreinigt ist und Lungenkrankheiten zum normalen Leben zählen – ebenso die hohe Anzahl ausgestorbener Pflanzen- und Tierarten. Es existiert offensichtlich ein recht schnelles Transportmedium um von der Erde zu anderen Planeten zu gelangen, darüber hinaus gibt es aber nur sehr wenige Science-Fiction Elemente in Ghost Planet. Der Roman ist eher als Kolonialisierungsroman zu betrachten, der ohne viel Technologie auskommt und sich dafür sehr viel stärker auf Kolonisten und Geister konzentriert. Auf Ardagh 1 nun entdecken die Kolonisten, dass der Planet vermutlich auf die Bedürfnisse der Besucher reagiert, und so findet sich dort bald Flora und Faune, die auf der Erde längst ausgestorben ist. Mit den Vorteilen kommen aber leider auch die Nachteile, und das sind die eingangs genannten “Geister”.

Wer die Jugendromane His Dark Materials (Der Goldene Kompass) gelesen hat, der erinnert sich sicherlich an die kleinen Begleiter der Menschen, die Daemonen, die an ihre Menschen gebunden sind. Schlägt man Ghost Planet auf, hat man irgendwie sofort das Gefühl, das hier ist der Daemon-Level für Erwachsene ohne sprechende Tiere.
Auf Ardagh 1 werden Menschen lebendig, die verstorben waren. Sie sind an ihre Menschen gebunden und verspüren körperliche Schmerzen (bis hin zum erneuten, wenn auch nur kurz andauernden Tod), wenn sie sich zu weit von ihnen entfernen. Für die Kolonisten auf Ardagh 1 ist das ein psychologisches Problem, denn die Geister, die einen soliden und lebendigen Körper haben, reißen durch ihr plötzliches Auftauchen alte Wunden auf. Wem würde es nicht schwer fallen, plötzlich dem verstorbenen Ehepartner, Kind, Verwandten oder engstem Freund gegenüber zu stehen? Oder gar jemandem, der einem Gewalt angetan hat? Da die Geister nicht verschwinden und nicht beseitigt werden können, wurde das Geist-Protokoll geschaffen. Jede Interaktion mit ihnen ist verboten, um das Leben der Kolonisten so wenig wie möglich zu erschweren, und das scheint eine ganze Weile zu funktionieren. Die Geister werden zu stummen Schatten und fristen ein trostloses, unbeachtetes Dasein.

Die Idee dieser Mensch-Geist-Bindung ist einfach faszinierend, eindringlich, manchmal erdrückend, und die Autorin schildert wunderbar die Problematik dieser beiden Spezies, die zwangsweise in einer unausgeglichenen Symbiose miteinander auskommen, ohne miteinander zu agieren. An diesem Punkt ist vor allem die Protagonistin Dr. Elizabeth Cole die tragende Handlungsgeberin, die mit ihrem Widerstand zum Geist-Protokoll und ihrem starken Willen die Machthaber auf Ardagh 1 verärgert. Elizabeth ist als Charakter recht solide und leicht zugänglich, auch ihre Hintergrundgeschichte lässt sie realistisch und sympathisch wirken.
Ihr gegenüber gesetzt ist Dr. Grayson Murphy, der als Mitbegründer des Geist-Protokolls einer der größten Widersacher für Elizabeths Ideen ist. Da sie allerdings miteinander arbeiten müssen, entsteht hier schnell eine angespannte Dynamik, bei der ein Kompromiss unausweichlich ist. Für den Leser sind die sehr unterschiedlichen Standpunkte durchaus nachvollziehbar und die Entwicklungen hinterlassen teilweise einen bitteren Geschmack. Manchmal scheinen die Fortschritte und Entdeckungen der beiden etwas zu einfach, das stört letztlich aber nicht.

Ghost Planet ist eigentlich ein Roman, den man nur schwer aus der Hand legen kann. Er hält die Neugier konstant aufrecht, hält einen zuweilen in Atem und wartet mit überraschenden Wendungen auf. Das einzige Problem ist, etwa ab der Mitte des Buches packt die Autorin die Hormone aus und packt sie danach nicht wieder ein. Es gibt ein paar deutliche Sexszenen, was eigentlich nicht so dramatisch wäre, wenn sie nicht so aufgesetzt wirken würden und in den unpassendsten Situationen stattfänden. So richtig Stimmung kommt in diesen Momenten daher nicht auf, da es oft einfach nur falsch bis albern wirkt und man sich eher an die Stirn fassen möchte … nunja, man muss da einfach ein bis zwei Augen zudrücken, es wäre schade um den Rest!
Da die eigentliche Thematik und Handlung des Romans viel zu bieten hat und sich stetig weiter entwickelt, gibt es eine klare Leseempfehlung, wenn man Wert auf eine spannende Idee legt. Angereichert wird das alles mit einer Prise sarkastischem Humor und etwas Charme.

Der Kampf des Rabenprinzen von Cecilia Dart-ThorntonTahquil ist die Einzige, die den Schlüssel zu den geheimen Toren zwischen dem Reich der Menschen und dem der Feen besitzt. Der Rabenprinz, dessen Plan einst scheiterte und ihn selbst in die Welt der Menschen verbannte, ist nun auf der Jagd nach Taqhuil, um vor seinem Zwillingsbruder, dem Hochkönig Angavar, zurückzukehren, die Herrschaft an sich zu reißen und seinen Bruder zu töten. Doch der Rabenprinz ahnt noch nichts von dem Geheimnis, welches Taqhuil und Angavar teilen, und davon, dass dieses Geheimnis seinen Sieg endgültig vereiteln könnte.

– Die Qual der Langothe wuchs Tag für Tag. Sie raubte Tahquil zunehmend den Appetit und den Schlaf, die Kraft und die Lebensfreude – und würde ihr letzten Endes das Leben selbst rauben. Dazu kam eine weitere unstillbare Sehnsucht, die sie unerbittlich dem Wahnsinn entgegentrieb, ein aus verzweifelter Liebe geborener Schmerz. Die Gedanken an den einen, der sie verzaubert und in seinen Bann geschlagen hatte, ließen sie Tag und Nacht nicht los, und die Ungewissheit, ob er noch unter den Lebenden weilte, wurde unerträglich. –
Kapitel 3 – Lallillir, Seite 153

Mit Der Kampf des Rabenprinzen (The Battle of Evernight) befördert die Autorin ihre Buchreihe leider endgültig völlig ins Aus. Alles, was den ersten Band sprachlich und storytechnisch so lesenswert und bezaubernd machte, ließ bereits im zweiten Band häufig zu wünschen übrig, aufgrund einer vermehrt dahinschleichenden Handlung und einem leicht erhöhten Schnulzenfaktor. Dieser finale Roman übertrifft darin nun leider nicht nur seinen Vorgänger, sondern auch so manchen Groschenroman – um Längen.

Wer sich noch an die scheinbar endlosen Wanderungen aus Das Geheimnis der schönen Fremden erinnert, der wird in Der Kampf des Rabenprinzen doppelt viel Freude damit haben. Es ist schwer, etwas über die Handlung dieses Romans zu sagen, denn es dauert extrem lange, bis überhaupt irgendetwas Nennenswertes passiert. Das geht los mit einer völlig sinnlosen Wanderung, die mal eben 200-250 Seiten schluckt, nur um dann darin zu gipfeln, dass man die Suche abbricht, um wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren. Zäh und nahezu ohne Spannungsmomente wirkt auch die Hauptfigur mit ihren ständig wechselnden Namen die inzwischen so gut wie keine Eigeninitiative, keine Entschlossenheit und auch keine Willenskraft mehr zeigt, und von der ersten bis zur letzten Seite an der herzzerreißenden Langothe leidet – der schrecklichen Krankheit, die den Menschen befällt und unweigerlich zum Tod führt – oder ihrer noch schrecklicheren Sehnsucht nach ihrem Geliebten Dorn. Es ist fast schon wieder amüsant, wie die eine leidvollere Sehnsucht unsere Protagonistin davor bewahrt, an der anderen zu sterben. Schlimmer ist, dass dabei so wenig Stimmung aufkommt, dass einen dieses schier unmenschliche Leiden eigentlich nicht berührt. Die Sätze zeigen keine Wirkung, außer der, dass man auf die Uhr schaut, um die persönliche Langothe mit diesem Buch zu beenden. Unser männlicher Held Dorn legt derweil auch eine zweite Identität an den Tag, und schon wieder hat man jemanden mit drei Namen/Identitäten mehr im Buch. Welche Wonne!

Sicher, die Autorin beherrscht ihr Handwerk und vermag es noch immer, wunderschöne, lebendige Bilder mit ihrer Sprache zu erschaffen, doch das Gesamtergebnis wirkt in diesem Roman wie ein missglückter und bruchstückhafter Textbausatz. Häufig kommt das Gefühl auf, hier wurden Szenen eingesetzt, die in sich wunderschön geschrieben sind, aber auch nur deswegen noch irgendwie in die Handlung hinein gequetscht wurden. Die Charaktere sind stupide geworden, haben völlig überzeichnete Eigenschaften angenommen oder legen restlos unglaubwürdige Reaktionen an den Tag. Die Figur Dorn wird außerdem zu einer zusätzlichen Probe für die eigenen Nerven. Es lässt sich kaum zählen, wie oft erwähnt wird, wie das makellose Gesicht Dorns von den glänzenden Locken seiner schwarzen Haare eingerahmt wird, wie das Haar ihm in sanften Wasserfällen locker über die perfekte Schulter fällt, wie Imrhien/Taqhuil/Rohain/Ashalind vor Begierde zu zittern beginnt und seiner Anziehungskraft nicht widerstehen kann. Das Ganze wiederholt sich wirklich unerträglich oft!
Auch anfängliche Ideen wie das Metall Sildron z.B., welches eine faszinierende Basis für viele interessante technische Entwicklungen hätte sein können, gerät in diesem letzten Band schließlich völlig in Vergessenheit, und man fragt sich, wozu es ursprünglich in die Handlung eingeführt wurde.
Gegen so viele schwere Mängel kommt letztlich auch die lyrische Sprache der Buchreihe nicht mehr an.

Wer noch nicht gänzlich davon überzeugt ist, die Finger von diesem bedauernswerten Buch zu lassen, dem sei noch ein wenig zum längst erwarteten Endkampf gesagt (keine Spoiler): Es gibt selten Momente, in denen ein finales Aufeinandertreffen zweier Kontrahenten derart sanft verpufft wie in diesem Fall. Nach all den langen Schilderungen und dem Aufbau eines bösen Gegenspielers erwartet man natürlich wenigstens einen fulminanten Schluss, sofern man bis hierher überhaupt durchgehalten hat. Von den ca. zwei Seiten, die dieser Kampf in Anspruch nimmt, muss man locker nochmal eine halbe Seite für die fallende Haarpracht und entsetzliche Sehnsüchte abziehen. Nichts mit heroischem Endkampf, statt dessen kindische Rangelei gefolgt von 100 Seiten höfischem Geplänkel, Händchen halten, Liebesbekundungen, noch ein Dinner, nochmal Händchen halten, nochmal Liebesbekundung. Wer meint, damit aber müsse nun endlich das Ende von Der Kampf des Rabenprinzen erreicht sein, der irrt schon wieder.
Nachdem doch noch alles höchst dramatisch im letzten Moment gescheitert ist, um dann auf fünf weiteren Seiten alles aus den drei Büchern der Feenland-Chroniken noch einmal schnell passieren zu lassen, endet das Ganze in einem krönenden Epilog, der ein dermaßen unbefriedigendes Leseerlebnis zurück lässt, dass man das Buch auf der Stelle zerreißen und in einen offenen Kamin werfen möchte.

Dieses Buch ist von A bis Z gähnend langweilig und bietet einem nichts als Entschädigung. Ein trauriges Ende für einen so vielversprechenden Anfang, wie es Im Bann der Sturmreiter war.

Moon Called von Patricia BriggsMercy ist was Besonderes. Es könnte daran liegen, dass sie Mercedes heißt und eine Volkswagenreparaturwerkstätte betreibt, an ihren Tatoos, an ihren seltsamen Freunden (eine Adoptivfamilie von Werwölfen, ein Undercoverpolizist mit einer besonderen Gabe; ein Gremlin, der in Harvard studiert, und noch mehr) oder daran, dass sie eine Art Gestaltwandlerin ist und sich in einen Koyoten verwandeln kann. Wie auch immer. Als Nachbarskind und pupertäre Neunmalkluge Jesse entführt und deren Vater (der ganz nebenbei der Anführer des örtlichen Werwolfrudels ist) beinahe getötet wird, muss sie beweisen, was in ihr steckt. Dabei hat sie mit arroganten Werwölfen, anmaßenden Ex-Freunden und böswilligen Geschöpfen der Nacht zu tun.

-A werewolf tossed me against a giant packing crate while I was trying to rescue a frightened young girl who’d been kidnapped by an evil witch and a drug lord.-

Die größte Stärke von Moon Called (Ruf des Mondes)ist die Protagonistin Mercedes Thompson alias Mercy. Sie ist ein erfrischender weiblicher Charakter mit Ecken und Kanten. Einerseits heben sich ihre soziale Stellung und äußeres Erscheinungsbild stark von der Norm ab (das Coverbild trifft sie perfekt), andererseits bietet sie hohes Identifikationspotential, da sie eine bewundernswerte Persönlichkeit ist. Mercy ist sexy ohne billig zu wirken, ist stark, kann aber Schwäche zulassen, ist unabhängig und doch eine engagierte Freundin. Sie ist stur, weiß aber, wann sie nachgeben muss, hat Humor, obwohl sie es nicht immer leicht hat und vor allem, sie ist eine Frau, kein Mädchen. Kurz, Mercy ist eine “gewachsene” Persönlichkeit, die man auch im realen Leben gerne kennen würde.
Den zweiten Riesen-Pluspunkt können die Nebencharaktere für sich verbuchen. Normalerweise besteht bei einer derart starken Hauptfigur die Gefahr, dass die Nebencharaktere blass wirken oder ins Stereotypenhafte abgleiten – das Gegenteil ist der Fall. Sie wirken unglaublich real und sind selbst starke Sympathieträger. Als # starb, hätte ich am liebsten geheult, obwohl ich ihn erst seit einigen Seiten kannte. Außerdem gehören Briggs Charaktere den verschiedensten ethnischen und sozialen (Rand-)Gruppen an (und damit meine ich nicht das Feenfolk und andere Zauberwesen). Weiß, männlich und protestantisch bildet hier die Ausnahme von der Regel. Und wenn man sieht, wie vielschichtig und ausbaufähig die Haupt- als auch die Nebenfiguren sind, kann man erkennen, dass der Autorin mehr als nur eine Geschichte unter den Nägeln brennt.
Die Geschichte selbst ist gut und spannend geschrieben, selten vorhersehbar und nebenbei ist auch eine Love-Story am köcheln (Kitschfaktor kleiner gleich Null). Für deutsche Leser besonders amüsant sind die eingebauten dt. Heldensagen und deutsche Konversationsfetzen – einfach süß!
Nur gegen Ende gibt es ein, zwei kleinere Wehwehchen, die wahrscheinlich durch überhastetes Schreiben zustande gekommen sind. Einmal weicht Patricia Briggs vom obersten Gebot der Autorenzunft ab (“show, don’t tell”) und lässt zwei Figuren (Mercy und Christiansen) einander die Handlung samt gegenwärtigem Stand der Verschwörungstheorie erklären. Es reißt den Leser aus dem bis dato flotten Tempo heraus und wirkt etwas unbeholfen. Auch vom eigentlichen Gegenspieler, der die Fäden im Hintergrund zieht, hätte ich mir mehr erwartet als die letztendlich etwas lahme Konfrontation. Aber bitte, bitte, lasst euch nicht von meiner etwas pingeligen Kritik davon abhalten, dieses fantastische Buch zu lesen!

The Night Circus von Erin MorgensternDer Zirkus erscheint plötzlich. Er ist nur bei Nacht geöffnet und seine Zelte, seine Akteure, alles ist ganz und gar schwarz und weiß. Hellseher, Illusionisten, Zelte, die in die Wolken oder in weiße Gärten aus Eis führen. In seinem Zentrum brennt ein weißes Feuer, das niemals erlischt. Der Nachtzirkus ist anders als jeder normale Zirkus, er ist der Inbegriff der Mystik.
Doch was niemand weiß: er ist das neue Spielbrett zweier sehr alter Magier, die ihre eigenen Schüler gegeneinander antreten lassen – in einem Wettstreit um Leben und Tod. Es gab schon viele Schüler, und nun gibt es zwei Neue: Celia und Marco wachsen getrennt voneinander auf, werden verschieden ausgebildet, gefangen in einem lebenslangen Spiel, dessen Regeln sie nie erfahren.

– The Circus arrives without warning.
No announcements precede it, no paper notices on downtown posts and billboards, no mentions or advertisements in local newspapers. It is simply there, when yesterday it was not.
The towering tents are striped in white and black, no golds and crimsons to be seen. No color at all … –
Anticipation, S. 3

Erin Morgenstern liefert mit ihrem Debütroman The Night Circus (Der Nachtzirkus) ein ungewöhnliches und nachhallendes Lesevergnügen ab. Zunächst erscheint einem die Entscheidung, im Präsens zu erzählen, sehr gewöhnungsbedürftig, doch nach einer Weile stellt sich dadurch verstärkt der Eindruck ein, das Ganze direkt mitzuerleben. Durch die episodenhafte Aufteilung der Kapitel und einer nicht chronologischen Erzählstruktur, die in der Zeit vor und zurück springt, erfährt man zunächst auch nur die grobe Rahmenhandlung und ist darüber hinaus als Leser ebenso ahnungslos wie die beiden Spielfiguren Celia und Marco. Die Autorin schildert die Welt dabei sehr plastisch und schafft es trotz einer wenig ausgefallenen Sprache, Leben in jedes Zelt und jeden Charakter zu hauchen. Als Freund bildhafter Beschreibungen ist man mit The Night Circus daher gut beraten. Doch auch die Ideen selbst verstehen zu faszinieren, es ist beinahe enttäuschend, dass man als Leser nicht die Chance hat, den Zirkus leibhaftig zu besuchen.

Anfangs bleibt lange unklar, was die eigentliche Handlung dieses Romans ist und was der Zirkus damit zu tun hat. Man entdeckt gerne jedes einzelne Zelt und kann sich als Leser an den wunderbaren Ideen und Beschreibung ergötzen, doch was der Zweck des Ganzen ist, wird nur vage angedeutet. Erst nach und nach setzen sich ab Buchmitte alle Episoden zu einem großen Puzzle zusammen. Die Handlung erstreckt sich über ca. 30 Jahre und wird durch die Sprünge in der Erzählung bereits komplex, doch auch die Beweggründe und das Verhalten der Protagonisten werden erst dann nachvollziehbar, wenn man sich immer mal wieder einen Moment Zeit nimmt, um sich in die Figuren hineinzuversetzen und über ihr Handeln und ihre Reaktionen nachzudenken. Das Buch macht einen traurig und glücklich zur selben Zeit, wenn man versteht, was das alles für die betroffenen Charaktere und ihr Leben bedeutet. Dieses Gefühl spiegelt auch perfekt wider, wie der Nachtzirkus – The Circus of Dreams – auf seine Besucher wirkt, und erklärt, weshalb ihm eine Schar von Menschen rund um den Globus folgt. Er berührt Sehnsüchte nach Geheimnissen, Magie und Mystik in der Welt.
Es erwarten einen hier keine großen Spannungsmomente, keine epischen Schlachten, nicht einmal aufgebauschte Dramatik oder ein fulminantes Finale. The Night Circus schafft es auf ganz alltägliche, sanfte Weise ergreifend und faszinierend zu sein, angereichert mit einem Hauch von Magie, die sich nicht in bombastischen Effekten zeigt, sondern im Erschaffen von Attraktionen. Für den Romantiker wird auch bald ersichtlich, dass … nein, das wollen wir an dieser Stelle nicht verraten. Nur so viel: das Verhältnis zwischen Celia und Marco entwickelt sich auf erwachsene und beiläufige Weise, vermag es aber trotz hintergründigem Ablauf, die Pläne der beiden Wettväter gründlich zu stören und den Wettstreit zu einem noch grausameren Akt zu machen, als er es ohnehin schon ist.

Neben stark gezeichneten Charakteren, die mit jedem Kapitel mehr Persönlichkeit bekommen und einen dazu bewegen, Interesse an ihrem Leben zu entwickeln, ist vor allem die Idee interessant, wahre Magie hinter technischen Konstrukten zu verstecken um sie glaubhaft zu machen. Der Roman spielt in unserer realen Welt um 1870 bis ca. 1900, später wird auch ein noch deutlich neueres Datum angedeutet – das einen von Schmunzeln begleiteten Aha-Effekt auslöst – und so bleiben die Magier selbstbestimmt unerkannt und verbergen ihre Talente hinter dem Scheinbild des Zirkus. Bei allem hat man stets eine gewaltige Welt aus feinen, detaillierten Scherenschnitten vor Augen, sobald man den Zirkus betritt, was sicherlich der reduzierten Farbgebung und künstlerischen Beschreibung zu verdanken ist.

The Night Circus ist keine schnell zu verschlingende Lektüre. Daher die Warnung: wer leichte Kost für zwischendurch sucht, wird mit diesem Roman sicher nicht glücklich werden. Allen, die Bücher vor allem emotional erleben und erfühlen wollen, ist dieser faszinierende, ruhige Roman dagegen dringend zu empfehlen. Ansonsten verhält es sich mit The Night Circus wie mit der Farbgebung der Zelte in schwarz oder weiß: Entweder man liebt es oder man hasst es, dazwischen dürfte es kaum Graustufen geben.

Resenting the Hero von Moira J. MooreDie junge Dunleavy Mallorough ist ein “Shield” – sie kann einen Magier beschützen, während dieser die großen Naturkatastrophen verhindert, die Dunleavys Heimat regelmäßig heimsuchen. Nach ihrer Ausbildung hofft sie, mit einem netten und bescheidenen “Source”-Magier ein Bündnis eingehen zu können, doch zu ihrem Leidwesen ist es der berühmt-berüchtigte Lord Shintaro Karish, ein Angeber und (Frauen-)Held, der sie auswählt. Während Dunleavy noch mit dem Schicksal hadert, schleppt ihr Gefährte sie schon zu ihrer ersten Aufgabe: Sie sind der größten und gefährlichsten Stadt des Kontinents zugeteilt worden. Dunleavy hat allerdings nicht lange Zeit zu murren, denn jemand scheint es auf die Magier der Stadt abgesehen zu haben …

-“Not feeling any uncontrollable urges, are you?” the low voice in my ear teased.
I looked up at the speaker and said, “Huh?”-
Chapter One

Leicht, locker und lustig – das scheint schon das Titelbild von Moira J. Moores Debutroman zu versprechen. Und wenn man sich keinen Terry Pratchett erwartet und eine Portion lustig gegen eine Prise romantische Anflüge austauscht, liegt man damit ganz richtig, hockt allerdings auch zwischen den Stühlen, denn für eine Komödie ist die Sache zu ernst, für eine Romanze herrschen – noch? – die ganz und gar falschen Gefühle zwischen den beiden Hauptcharakteren, und ob die Source & Shield-Reihe Parodie oder doch eher Ernst sein will, läßt sich mit der Lektüre dieses Bandes nicht abschließend klären.

Die aus der Ich-Perspektive berichtende Protagonistin Dunleavy wünscht sich alles andere als einen aufschneiderischen Helden an ihrer Seite, als sie den Dienst beim “Triple S” (Source & Shield Service) beginnt. Triple S schützt mit seinen Magiern die Menschen vor der ihnen feindlich gesonnenen Umwelt – an dieser Stelle klingt ganz leicht ein “Lost Colony”-Thema an: die Menscheheit ist einst mit Raumschiffen auf diesem unwirtlichen Planeten voller Naturkatastrophen gelandet.

Vom ersten Augenblick an vertragen sich Dunleavy und ihr Partner bis ans Lebensende, Lord Karish, in etwa so gut wie Hund und Katz. Da liegt die Vermutung nahe, daß sich die Handlung nun im Zusammenraufen der beiden widerstrebenden Naturen ergeht und sich die Helden am Ende in den Armen liegen werden, aber so einfach ist Resenting the Hero dann vorerst nicht gestrickt, obwohl man zu Beginn recht seifenopernmäßig in die Handlung eingeführt wird. Die kurzen Kapitelchen machen als leichte Lektüre Spaß und lesen sich sehr flott und nach der Einstiegsphase auch spannend, selbst wenn man zu wissen glaubt, wie der Hase läuft. Unterwegs warten einige interessante Wendungen, wenn auch der Schluß samt einem so bösen Fiesling, daß er beinahe zur Karikatur geraten wäre, ein Stück übers Ziel hinausschießt.

Wie es bei der Ich-Perspektive manchmal Fall ist, leidet auch hier die Hauptfigur unter üblen (und konstruiert wirkenden) Fehleinschätzungen und erscheint bisweilen arg begriffstutzig. Insgesamt sind die beiden Protagonisten aber lebendig und menschlich gezeichnet, gerade Dunleavy werden auch negative Seiten zugestanden und ihr Hang zum Egoismus dürfte nicht jedermanns Sache sein.
Da das Büchlein relativ dünn und schnell gelesen ist, gibt es bei den anderen Figuren starke Abstriche, sie bleiben im Hintergrund oder sind sehr formelhaft; und man darf sich gewiß auch keine Wunder an Weltschöpfung und epischer Handlung erwarten, im Gegenteil, der Plot läuft ein wenig ins Leere, als würden der Autorin die Seiten ausgehen. Der “Triple S” bzw. die Magie von Source & Shield ist dagegen eine ganz nette Erfindung, und auch sonst sticht die Welt an einigen Stellen ein wenig hervor (zum Beispiel ist man trotz der eher mittelalterlichen Anmutung  der technisch zurückgeworfenen Kolonisten recht frei in Liebes- und Geschlechterfragen), insgesamt bleibt aber alles eher blaß, worauf schon kreative Ortsnamen wie High Scape oder Middle Reach schließen lassen.

Als niedlich-harmlose Unterhaltung läßt sich Resenting the Hero dennoch lesen – da bleibt nur abzuwarten, ob sich die Dynamik der hadernden Hauptfiguren in den Fortsetzungen verliert, und ob die Autorin sich doch noch auf eine verhinderte Liebesgeschichte einschwingt oder bei einer interessanten Freundschaft bleibt.

The Rest Falls Away von Colleen GleasonMiss Victoria Gardella Grantworth ist die letzte der Gardella-Blutlinie und damit auch die letzte vom Schicksal bestimmte Vampirjägerin. Sie ahnt von ihrer Bestimmung nichts, bis sie immer wieder von dem gleichen Traum heimgesucht wird, in dem Vampire sie verfolgen. Unsicher, was dies bedeutet, fragt sie ihre Tante Eustacia um Rat. Als sich das Geheimnis offenbart, muss Victoria eine Entscheidung treffen, die ihr Leben für immer verändern wird.

– His footsteps were soundless, but Victoria felt him moving. –
In Which Our Story Commences, S. 1

Auf den ersten Blick lässt das Zitat ja doch hoffen. Hoffen auf ein Buch mit Spannung, mit dunklen Ecken, in denen düstere Gestalten lauern, mit einer packenden Atmosphäre und einer starken Heldin, die eine Vorfahrin von Buffy sein könnte.
Könnte.
Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt …

The Rest Falls Away (Bleicher Morgen) verspricht erst einmal einen interessanten Ansatz. Nicht unbedingt eine neue Geschichte, aber es hätte, wenn es gut erzählt worden wäre, durchaus solide werden können. Leider mangelt es der Autorin an mehreren Dingen. Zum einen scheinen sich viele Gedankengänge zur Handlung ausschließlich in ihrem Kopf abgespielt zu haben, denn die Story holpert doch gewaltig von einer Aktion über eine plötzliche Schlussfolgerung bis hin zu einer längst überfälligen Erkenntnis der Protagonisten, stolpert zurück zum Anfang und springt wieder ans Ende der Charakterentwicklung. Es liest sich daher etwas sehr launisch. Die erzählerische Wirkung tendiert gegen Null, das häufige Problem ist eine in sich unschlüssige Handlung.

Sieht man darüber dennoch hinweg, wird man gleich von blassen Charakteren in Empfang genommen, die einem allesamt so gar nicht ans Herz wachsen wollen. Sie wollen einem auch sonst keine Regung abgewinnen, denn sie bleiben alle vollkommen oberflächlich gezeichnet, ohne die Möglichkeit irgendeinen wie auch immer gearteten Zugang zu ihnen zu finden. Es gibt bestimmte Attribute, welche die Autorin ihnen zuschreiben wollte: die schlagfertige und aufopfernde weibliche Heldin, der liebevolle, witzige, charmante, aber völlig ahnungslose Marquis, der die Heldin aufrichtig liebt, der arrogante, unnahbare und absolut unausstehliche Kollege unserer Heldin, der natürlich heimlich ein Auge auf sie geworfen hat, die mütterliche und weise Tante als Lehrmeisterin und diverse andere Stereotypen, die man in der Regel ohne weiteres erkennt und dennoch alle irgendwie mag, weil sie einem aufgrund dieser Merkmale sofort vertraut erscheinen. In diesem Fall jedoch lernt man die Personen nicht kennen, sie entwickeln sich nicht, stattdessen bekommt man von der Autorin gesagt, was man von ihnen halten soll.
Mit den Gegnern verhält es sich auch nicht besser. Sie stellen nie eine echte Gefahr dar und wirken daher auch nicht bedrohlich, infolge dessen erscheinen die Protagonisten wiederum nicht kompetent. Kurzes Beispiel gefällig? Aber gerne:
Gardist der Obervampirin Lilith und absolut ernst zu nehmender Vampir greift an! – (Achtung Zitat:) Poof! Asche. Drei der obersten, ältesten und mächtigsten Vampire, genannt Imperials, greifen gleichzeitig an! – Poof! Poof! Poof! Asche hoch drei! Wir kämpfen gegen mehrere Gardisten und Imperials auf einmal! – So oft kann man innerhalb weniger Sekunden gar nicht Poof! sagen …
Das geht so locker flockig vom Pfahl, da fragt man sich doch, wozu es noch ein Expertenteam zur Jagd von Vampiren braucht.

Auch der Weltenbau ist so uninteressant und detaillos wie die Charaktere. Angesiedelt in einer vermeintlich viktorianischen Epoche, liest man eigentlich nur von Korsetts, hin und wieder einem Tee, verschiedenen Bällen und ausgefallenen Kleidern, und damit ist nicht etwa eine Beschreibung der Kleider gemeint. Nein, es sind einfach nur ausgefallene Kleider, mit dem Rest verhält es sich genauso. Aha! Na dann ist doch schon alles klar, da formen sich fantastische Bilder vor dem geistigen Auge, da kommt Atmosphäre auf, die Haare sträuben sich vor Spannung, nicht wahr?
Die Handlung wiederholt sich im Übrigen mehrfach, mit den selben Personen, dem selben Ablauf, den gleichen wässrigen Ausreden, weshalb die Heldin mal wieder eben verschwinden muss … Zusammenfassend passiert also eigentlich fast nichts, man entdeckt nichts und die Story kommt nur schleppend voran. Dies in Kombination mit der inkonsequenten Charakterentwicklung und den unlogisch späten Erkenntnissen, macht die Lektüre zu einem äußerst zähen Stück blutlosem Schinken.

The Rest Falls Away gehört der Gattung Paranormal Romance an, aber aufgrund des Schreibstils mag kaum Romantik aufkommen. Auf den letzten Seiten soll es dann plötzlich erotisch werden, wovon man leider auch nicht viel mitbekommt, denn es fallen bloß ein paar eindeutige Wörter, die nicht zum bisherigen Stil passen wollen. Das ist nur der letzte einer Vielzahl von sprunghaften Richtungswechseln, die aus dem Nichts auftauchen, sich nicht fließend in die Handlung einfügen wollen und auch eigentlich keinen Sinn ergeben, ganz zu schweigen davon, dass es den Roman noch irgendwie retten könnte.

Beim Lesen dieser Lektüre gewinnt man vor allem einen Eindruck: Die Autorin ist eine Anhängerin der Gothic-Szene und sie hat eine Vorliebe für Korsetts und Piercings. Was sie leider nicht hat, ist das Talent, eine flüssige und überzeugende Geschichte zu schreiben. Wer nun denkt “Hey super! Ich gehöre auch zur Szene!”, der vergesse es besser gleich wieder. Dieser Roman bietet viele Ansätze und Versuche, die offen stehen bleiben wie eine unfertige Skizze, die man nun gerne ausarbeiten würde. Es gibt in diesem Buch neben sehr vielen Kopf-schüttel-Situationen lediglich zwei (unbeabsichtigte) Lacher, die mit den erwähnten Piercings zusammenhängen und die einzige Entschädigung für die investierte Lesezeit darstellen.
Wie es schon im Titel heißt: The Rest Falls Away.

Der Kindgott Si’eh schließt mit den sterblichen Geschwistern Shahar und Dekarta einen Pakt: sie wollen auf ewig Freunde sein. Nach dem Blutschwur ist jedoch nichts, wie es vorher war: Si’eh verfällt in einen langen Schlaf, und als er erwacht, ist er ein Sterblicher, und auch das Reich der Amn sieht sich mit neuartigen Gefahren konfrontiert. Wird der Schwur der drei Bestand haben, um die Zerstörung der Welt aufzuhalten?

– Ein Liebhaber war noch nie genug für einen von uns”, sagte Itempas und lächelte traurig, als ob er wüsste, wie wenig er ihres Verlangens würdig war. –
Kapitel 1, S. 14

Gute Nachrichten für alle Hippies unter uns: Jemisins Elysium ist ein Ort der freien Liebe. Götter im Bett mit Menschen, flotte Dreier, wechselnde Geschlechter je nach Tagesvorliebe, Inzest, Hass als Grundlage für Sex, Liebe als Grundlage für Sex, Väter mit ihren Kindern, Mütter mit ihren Kindern, Frauen mit Katzen, kurz: jeder mit jedem, und da all das noch nicht genug ist, ist der Protagonist ein pubertierender Gott. Der Kindgott Si’eh, der mit dem Erwachsenwerden und seinem Penis konfrontiert wird, und in seiner freien Zeit schmollt oder durch den Palast erigiert, bestätigt eine alte Wahrheit: den Wirrungen der Jugend zuzusehen macht in den seltesten Fällen Spaß.
Der noble Vorsatz, vorurteils- und wertungsfrei für sexuelle Selbstbestimmung einzutreten, muss der Autorin zugute gehalten werden. Gleichzeitig ist das zentrale Thema des Romans auch seine größte Schwäche: erscheint die gnadenlose Übersexualisierung jeder menschlichen Beziehung, Handlung, Geste und Äußerung am Anfang noch verrucht und gewagt, verkommen die erotischen Ausflüge, in denen zwangsläufig alle Begegnungen enden, durch die ständige Repetition des Schema F zur langweilenden Effekt- und Orgasmushascherei. Eine inhaltliche Auseinandersetzung fehlt völlig, sodass jegliches kritisches, gesellschaftlich relevantes Potential ungenutzt bleibt. Von Jemisin, die sich selbst als „politische Kommentatorin“ bezeichnet, hätte ich mir mehr erwartet.

Der Gegensatz von Liebe und Hass, ein weiteres Grundmotiv des Romans, verkommt ebenfalls zur Plattitüde, da die beiden Gefühle in der Welt von Si’eh & Co. auf das selbe hinauslaufen, und der findige Leser wird schnell erraten, worauf genau. Richtig. Tatsächlich endet oder beginnt beinah jede Szene mit einem Geschlechtsakt, sodass dem Leser nichts anderes übrig bleibt, als sich mit hintergründigen Fragen die Zeit zu vertreiben: fallen sie vor oder nach dem bedeutungsschwangeren Dialog über die Geschicke der Welt übereinander her? Und – wird Si’eh den Akt wieder mit einer pubertären Peinlichkeit ausklingen lassen?

Das Potential der unheimlich interessanten und ambivalenten Figur des Kindgottes nutzt die Autorin in dem dritten Band ihrer Reihe leider nicht aus; zu schnell spult sich auch hier ein Schema ab: entweder Si’eh spielt, oder er tötet. Nachdem dieses Muster einmal präsentiert wurde, bleibt kein Raum für Überraschungen. Wut und Albernheiten wechseln sich ab wie Wolken und Sonne, ernste Szenen werden zwanghaft durchbrochen, und die mangelnde Reife des Protagonisten manifestiert sich mehr als deutlich auf sprachlicher Ebene, die in der deutschen Übersetzung nicht nur nervig-albern, sondern schlicht haarsträubend ist. Jede Andeutung von Atmosphäre wird durch eine sprachliche Unbeholfenheit und Ausdruckssprofanität ins Lächerliche gezogen, grammatische Stolpersteine reihen sich an völlig fehlplatzierte Anglizismen. Die Debatte um die Übersetzung von Eigennamen mag ihre Berechtigung haben, doch wenn ein in Sorge befindlicher Bürger „Bright Vater, hilf uns!“ [sic! S.464] schreit, dann ist klar, dass dem Leser in diesem Roman vieles geboten werden soll – Niveau jedoch nicht. Das wäre kein Problem, wenn unser aller Verstand da sitzen würde, wo Si’ehs Lebens- und Körpermittelpunkt ist, doch der denkende Leser kann nicht anders, als an der Ernsthaftigkeit zu zweifeln, mit der der Verlag seine Leser betrachtet.

Die Autorin bemüht sich durchaus, Spannung aufzubauen und die Handlung voranzutreiben, doch dabei offenbart sich leider die letzte Schwäche des Romans. Durch die bereits angesprochene Sprachprofanität und durch eine das Werk wie ein roter Faden durchziehende Unglaubwürdigkeit der Figuren wird jegliche Spannung genommen. Liebe und Hass, die inflationär als Handlungsmotoren eingesetzt werden, verkommen zu sinnentleerten Begriffen, die alles rechtfertigen: Verrat, Sex, Folter, Krieg, Besitzansprüche. Das Pendel, das zwischen Kitsch und Endzeitstimmung schwingt, verharrt schließlich im rosaroten Bereich, und beinah möchte man rufen: Bright Vater, erlöse uns!

Nach einem herausragenden Auftakt der Reihe mit dem Erstling Die Erbin der Welt (The Hundred Thousand Kingdoms), einem bereits nachlassenden zweiten Band Die Gefährtin des Lichts (The Broken Kingdoms) und diesem enttäuschenden Abschlussband kann man nur empfehlen, Die Erbin der Welt als sprachlich und inhaltlich außergewöhnlichen Einzelband zu lesen, in dem die Magie von Jemisins geschaffener Welt noch ungemindert den Leser zu verzaubern weiß.

Ruf des Mondes von Patricia BriggsAls Mercy Thompson den jungen Mac als Aushilfe in ihrer Autowerkstätte anheuert, ahnt sie noch nicht, was für einen Ärger sie sich damit aufhalst: Mac, ein junger Werwolf, der offensichtlich sein Rudel verlassen hat, hat gefährliche Feinde. Mercy, selbst nur eine Gestaltwandlerin und weniger stark als ein Werwolf, ist dem Fall bald nicht mehr gewachsen, denn es folgt auch ein Angriff auf das örtliche Werwolfsrudel, wobei die Tochter des charismatischen Anführers entführt wird. Bald sieht Mercy sich gezwungen, alle Register zu ziehen – sie bittet ihren Vampir-Freund um Hilfe und kehrt sogar zu ihren Wurzeln zurück, dem mächtigen Werwolfsrudel, das sie einst aufgenommen hat und an das sie vor allem schmerzliche Erinnerungen binden …

-Mir war nicht sofort klar, dass ich einen Werwolf vor mir hatte.-
1

Mercy Thompson, ihres Zeichens Automechanikerin, ist eine Heldin aus einer Legion von Frauen, die in den letzten Jahren vermehrt das Phantastik-Genre aufmischen, die Werwölfe, Vampire oder Dämonen jagen, mit Werwölfen, Vampiren oder Dämonen ins Bett steigen – oder, wie eben Mercy, versuchen, trotz Werwölfen, Vampiren und anderen Gestalten zurechtzukommen und ein ganz normales Leben zu fristen. Keine Frage, daß das nicht klappt, und Mercy Verwicklungen abenteuerlicher und romantischer Natur erleben muß, denn sie behauptet sich in einer Welt, in der einige Feenwesen sich aufgrund des Mediendrucks offenbaren mußten und in Koexistenz mit den Menschen leben, wohingegen die traditionell organisierten Werwölfe und Vampire sich damit noch zurückhalten und weiter im Geheimen agieren. Hier hat Patricia Briggs geschickt einige Elemente des modernen Alltags zu einer lebendigen Parallelwelt zusammengestrickt, um eine nette, wenn auch in Zeiten der Urban-Fantasy-Schwemme nicht sonderlich originelle Kleinstadtkulisse für Mercys Abenteuer zu bieten.

Immerhin sticht die Heldin aus der Masse ihrer Kolleginnen hervor: Umgeben von mächtigen Werwölfen und Vampiren ist sie nur eine kleine Gestaltwandlerin, die ab und an als Kojote durchs Bild huscht, wenn auch durchaus mit besonderen Kräften ausgestattet. Ganz selbstbewußt und unabhängig steht sie ihre Frau (man ist schließlich Automechanikerin!), umgeben von Männern, deren erstes Attribut immer ihre Attraktivität ist, und von den besonders attraktiven sind auch gleich alle bis auf den Quotenschwulen hinter unserer Heldin im Kojotenpelz her und streiten sich mitunter um sie oder leben ihren Beschützerinstinkt aus (Rollenverhalten wird überhaupt gerne mal auf Instinkt geschoben, der im Werwolfumfeld ganz groß geschrieben wird). Urban Fantasy und Rollenklischees sind offenbar einen fast untrennbaren Bund eingegangen, auch wenn man Mercy Thompson zugestehen muß, daß sie sich im Grunde wacker schlägt, ab und an alles mit einem Augenzwinkern abgemildert wird und in diesem Bereich wirklich Schlimmeres existiert.

Mit dem aus Ich-Perspektive erzählenden Hauptcharakter steigt man schnell in eine Handlung ein, in der die örtlichen Werwölfe – nicht eben Mercys beste Freunde – von einer Verschwörung bedroht werden, in die sie mitten hineinschlittert. Witzige Episoden und Charaktere, vom VW-Bus-fahrenden Vampir bis hin zum Werwolf-Anführer, der keiner Katze ein Haar krümmen kann, sorgen für gute, spannende Unterhaltung, die man locker weglesen kann. Allzu viele Gedanken sollte man dem Plot allerdings nicht widmen, sonst fällt er in sich zusammen wie ein Kartenhaus, vor allem beim konstruiert wirkenden und flott abgehandelten Ende wird deutlich, wie dünn die Handlung war. Die letzte Szene schrammt knapp an einem hochromantischen Ausgang vorbei und mündet stattdessen in das vergnügliche Hickhack zwischen den Charakteren, das im gesamten Roman präsent war.

Mercy als lockere Erzählerin tut ein übriges dafür, daß der Humor nicht zu kurz kommt, allerdings wirkt der Ich-Erzähler gerade anfangs stellenweise plump, wenn allzu offensichtlich Dinge erklärt und Informationen eingestreut werden, die, wenn schon auf diese Art, vielleicht immer noch charmanter mit einer direkten Ansprache des Lesers untergebracht worden wären, statt sie ihm in Monologen der Hauptfigur unterzuschieben, die die Handlung bremsen und wie Fremdkörper wirken. Nachdem man die ersten Erklärungen, die gleichsam Einführung in Mercys Welt sind, hinter sich gelassen hat, steht dem Spaß an der Lektüre allerdings nicht mehr viel im Wege, wenn man sie als das nimmt, was sie ist: Seichte Unterhaltung ohne große Hintergründe – jedoch vergnüglich und solide umgesetzt, und somit eine ideale Entspannungslektüre für alle, die nicht gleich in den wirklichen Untiefen der Urban Fantasy und Romantasy nach Lesefutter angeln wollen, sondern eine größtenteils bodenständige Heldin und Geschichte bevorzugen.

Die deutsche Ausgabe von Moon Called wartet allerdings noch mit einem großen Mangel auf: Einer phänomenalen Dichte an Fehlern – vom Tippfehler über verdrehte Namen bis hin zu nicht zu Ende geführten Sätzen, in einer Frequenz, die das Lesevergnügen durchaus beeinträchtigt.

Sisters Red von Jackson PearceScarlett und Rosie March sind seit dem Angriff eines Fenris-Wolfs in ihrer Kindheit gezeichnet. Ihre Großmutter, die Einzige, die sich je um sie gekümmert hat, wurde bei dem Angriff getötet, während Scarlett bei der Verteidigung ihrer kleinen Schwester schwer verwundet wurde und ihr rechtes Auge verlor. Seit jenem Tag ist sie besessen davon, jeden Fenris-Wolf zu töten. Zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Partner Silas macht sie des Nachts Jagd auf die Monster. Doch dann wird ihre Routine von einem besonderen Ereignis unterbrochen: Die Fenris-Wölfe haben einen Potentiellen gewittert, der zu einem von ihnen gewandelt werden kann. Die drei Jäger setzen alles daran, dies zu verhindern und den Potientellen vor den Wölfen zu finden.

– He’s following me. About time. … I give a fake shiver as a breeze whips through my glossy hair. That’s right … come along, now. Think about how badly you want to devour me. Think of how good my heart will taste. –
Chapter One: Scarlett March

Sisters Red greift lose das Märchen von Rotkäppchen der Brüder Grimm auf (mit einer Prise des Films The Company of Wolfes/Zeit der Wölfe) und verlagert es in eine moderne Zeit. Man darf nun keine direkte Nacherzählung von Rotkäppchen erwarten, denn es wurden nur kleine Details daraus übernommen: eine Großmutter, die in einer abgelegenen Gegend wohnt, Wölfe, die junge Frauen und Mädchen verspeisen und ein – nein, zwei – rote Umhänge. Das sind schon die ganzen Gemeinsamkeiten von Rotkäppchen und Sisters Red. Hier und da tauchen aufgrund der Herkunft der Großmutter noch deutsche Worte und Sätze auf, was man als Indiz auf die Brüder Grimm sehen könnte. Besonders charmant sind viele kleine Details, die einem während des Lesens selbst zunächst vielleicht gar nicht auffallen, mit etwas Abstand dann aber umso deutlicher hervorstechen. Sie sollen an dieser Stelle jedoch nicht verraten werden, denn sie selbst zu entdecken macht diesen Roman sofort vertraut.
Lässt man nun also das Märchen von Rotkäppchen größtenteils hinter sich, erhält man sehr schnell einen recht blutigen, spannenden, actiongeladenen und ernsten Jugendroman, der nicht versucht, das Thema Sexualität möglichst unschuldig zu verkleiden oder gar zu verbergen. Dadurch ist Sisters Red zwar trotzdem noch ein jugendgerechter Roman ohne zu offensichtliche Details, wird dankenswerterweise aber auch für erwachsene Leser nicht zur Nervenprobe.

Die Charaktere kämpfen in Sisters Red nicht nur mit scharfen Waffen wie Messer, Axt und Beil, sondern auch mit ihren Selbstzweifeln und ihrem Wunsch, das Richtige zu tun. Sie sind hin- und hergerissen zwischen dem, was sie sein könnten, und dem, was sie als ihre Pflicht empfinden: ihrer Verantwortung gegenüber den glücklichen Unwissenden. Diese Problemstellung hat die Autorin sehr ansprechend und glaubwürdig umsetzen können. Das zeigt sich auch in den gegensätzlichen Eigenschaften der Protagonisten. Besonders Scarlett wird durch ihre unerschütterliche Zielstrebigkeit und ihren Kampfgeist zu einer starken Figur des Romans, die erwachsener wirkt, als man es bei ihren 18 Jahren unter normalen Umständen erwarten würde. Angesichts der Vergangenheit der beiden jungen Frauen, die sie zu früh mit der Härte des Lebens vertraut gemacht hat, jedoch nicht verwunderlich. Auch die zwei Jahre jüngere Rosie benimmt sich nicht wie ein naiver Teenager, gleichzeitig wirkt sie aber auch noch nicht so erwachsen, dass ihre Figur unrealistisch erscheint. Sie ist gelegentlich leichter abzulenken als ihre Schwester, findet aber mit Hürden immer wieder den Fokus für ihre Aufgabe. Anders als ihre Schwester Scarlett wünscht sich Rosie jedoch mehr von ihrem Leben als nur die Jagd auf Fenris-Wölfe, wodurch die Handlung von Sisters Red vor allem durch die unterschiedlichen Gefühle der Charaktere bestimmt wird. Gefühle gibt es hier ganz große: einmal zwischen Scarlett und Rosie und dann zwischen Rosie und dem Jäger Silas, der dritten Hauptfigur dieses Romans, die wir jedoch nur aus der Sicht von Scarlett und Rosie kennenlernen. Dieser Roman ist zwar keine stereotype Romantikschmonzette, die vor Kitsch nur so trieft, aber wer generell mit Romantik in Büchern nichts anfangen kann, für den ist Sisters Red vielleicht weniger spannend zu lesen. Denn die sich entwickelnde Beziehung zwischen Rosie und Silas spielt von Anfang an mit und wird mit dem Voranschreiten der Handlung zu einem wichtigen Wendepunkt in Rosies Entwicklung.

Sisters Red wird abwechselnd aus der Sicht von Scarlett und Rosie erzählt. Man erhält jedoch nicht dasselbe Ereignis aus zwei Sichtweisen, nein, jede Schwester knüpft auf ihre eigene Weise dort an, wo das vorherige Kapitel endete. Dadurch lernt man die Blickwinkel beider Schwestern kennen, ohne sich mit Wiederholungen aufhalten zu müssen. Rosie mit ihrer liebevollen und etwas unsicheren Art ist da zwar etwas zugänglicher und schafft es, mehr Sympathie zu erzeugen, Scarlett dagegen wirkt durch ihre stark fokussierte Sicht etwas fremd und kühl, punktet aber mit ihrem Ehrgeiz und ihrer Liebe zu Rosie.

Was man zum Schluss als negativen Punkt anführen könnte, ist eine gewisse Vorhersehbarkeit der Handlung. Mit wenig Leseerfahrung im Fantasybereich sind viele Anhaltspunkte vermutlich weniger offensichtlich, als geübter Leser wird man jedoch einige wohl bekannte Fingerzeige sofort erkennen. Trotz dieser Vorahnungen bereitet einem Sisters Red aber eine große Lesefreude. Es besticht dadurch, das bereits Erahnte gerne bestätigt zu sehen, und man freut sich auf den Moment, in dem die Ahnung schließlich zur Tatsache wird.

Die Sternenbraut von Sara DouglassUnheimliche Gerüchte von finsteren Wesen, die die Menschen im Norden Achars bedrohen, überschatten die Feierlichkeiten zum Namenstag des Königs. Zusammen mit seinen Beratern schmiedet er einen Plan: Der Kriegsherr und Herzog Bornheld soll die Truppen im Norden anführen, während sein verhaßter Halbbruder Axis nach Informationen über die Bedrohung suchen soll. Tatsächlich stößt Axis auf eine geheimnisvolle Prophezeiung, die von der Ankunft eines Zerstörers kündet. Während er noch überlegt, was zu tun ist, rüsten sich die Gegner schon zum Angriff auf seine Truppen. Unter diesen Männern befindet sich auch Faraday, Bornhelds Verlobte, die sich verhängnisvollerweise viel mehr zu Axis hingezogen fühlt…

-Es werden erblicken das Licht der Welt zwei Knaben, blutsverbunden. Der eine, im Zeichen von Flügel und Horn, wird hassen den Sternenmann.-
Die Prophezeiung des Zerstörers

Eine dräuende Prophezeiung, in deren Mittelpunkt zwei Brüder stehen, ein Land, aus dem die Magie lange entschwunden ist und das sich nun geheimnisvollen Feinden gegenüber sieht – das klingt nach ganz klassischer Fantasy. Und den Hunger nach Abenteuern in einer fremden Welt, mit Magie und großen Schlachten garniert, vermag die Reihe Unter dem Weltenbaum wohl auch zu stillen – mit gewissen Abstrichen.
Zu Beginn des Romans wird eine ganz erhebliche Auswahl an Personen vorgestellt, ohne tiefer auf sie einzugehen, und auch später fokussiert sich die Handlung nicht allzu sehr auf eine geringere Figurenanzahl. Außerdem führen die häufigen Perspektivwechsel – oft mehrmals auf einer Seite – dazu, daß man sich niemals intensiver in eine Figur hineinfühlen kann, eine Identifikation fällt schwer, und manchmal auch schon das Verständnis für die Motivation der Charaktere. Dennoch sind ein paar ganz gut vorstellbare Helden entstanden, nur hätte ihnen mehr Tiefe gut getan, vor allem, um sie aus den romantisierten Geschlechterstereotypen zu holen, an denen sich die Autorin entlanghangelt.

Das Land Achar mit seinen Bewohnern, die dem Weg des Pfluges folgen und alle Bäume fällen, um dem Bösen keine Verstecke zu bieten, bietet eine farbenprächtige Kulisse für die große Prophezeiung und die Rückkehr der Magie, ist aber kein Ort der gut ausgearbeiteten Kulturen.
Leider ist die handlungstreibende Prophezeiung – so gut sie sich auch für diese Art von klassischer Fantasy eignen mag – sehr dominant. Bedingungslos unterwerfen sich die Figuren dem Diktat: Wenn die Prophezeiung vorschreibt, was zu geschehen hat, schreiten fast alle ohne großes Murren zur Tat – auch das mag seinen Teil dazu beitragen, daß man häufig keine Charaktere, sondern Abziehbildchen handeln sieht.

Durch den ganzen Band zieht sich ein Auftakt-Gefühl; Anlagen für eine gute Geschichte sind durchaus vorhanden, aber ob die Autorin es wirklich schafft, sie in den nächsten Bänden mit Leben und etwas weniger blassen Charakteren zu füllen, muß sich erst noch erweisen. Mit ihren vielen Action- und Wanderszenen, ihrem guten Schuß Romantik und ihrem hohen Tempo fällt Die Sternenbraut (BattleAxe, Teil 1) fürs Erste noch in die Sparte des Popcorn-Kinos im Kopf – Tiefgang kann später noch nachkommen.

Sternenströmers Lied von Sara DouglassDie Awaren und die Ikarier – die zurückgedrängten Völker, die bei den Menschen als die Unaussprechlichen bekannt waren – bereiten sich auf die bedeutsamen Jultiden-Riten vor, ohne die die Sonne den Winter nicht wieder vertreiben kann.
Gleichzeitig strömen die Horden des Zerstörers auf die Feste Gorken zu, wo sich gemäß der Prophezeiung inzwischen Faraday mit dem ungeliebten Bornheld vermählt und der Axtherr Axis sein Erbe als Sternenmann langsam begreift und antritt. Doch immer noch ist er auf der Suche nach seinem Vater – und während er seine Kräfte weder verstehen noch beherrschen kann, bahnt sich durch die Belagerung Gorkens eine Katastrophe an.

-Kaum zehn Schritte tief im Awarinheim-Wald fühlte Aschure sich wie in einer anderen Welt.-
1: Der Geistbaum-Klan

Wie schon im ersten Band plätschert auch hier die Handlung trotz vieler Actionszenen ganz gemächlich dahin, alle folgen brav wie Schafe den Anweisungen der Prophezeiung, und in deren Schatten vermögen auch die größten Ereignisse nicht richtig mitzureißen. Spannungsaufbau ist eine große Schwierigkeit, wenn die Autorin selbst schon eine ihrer Figuren über mögliche Enwicklungen resümmieren läßt: Das kann ja gar nicht passieren, das steht so nicht in der Prophezeiung.
Dabei ist die Prophezeiung an sich gut gelungen – sie ist rätselhaft, ja zweideutig, und bietet jede Menge Spielraum für Ängste und Interpretationen. Doch der Umgang der Personen mit dieser Thematik vereitelt ein echtes Leseerlebnis. Niemals stellen sie die überlieferten Worte in Frage; im besten Fall beklagen sie sich darüber, zur Zeit ihrer Wahrwerdung zu leben. So werden die schönsten Charaktere zu blassen Abziehbildern, obwohl es Sara Douglass durchaus versteht, im Einzelnen einnehmende und überzeugende Szenen zu präsentieren.

Zum Glück entwickelt das Buch in der zweiten Hälfte aber noch eine gewisse Eigendynamik – eine Belagerungsgeschichte zieht fast immer, und das direkt drohende Unheil beflügelt plötzlich auch die bisher lahmsten Figuren. Mit den Ikariern und den Awaren ist ein Gegenentwurf zu den gewöhnlichen Menschen entstanden, bei dem man sich ein bißchen mehr Detailfreude gewünscht hätte. Bis auf die äußerlichen Unterschiede gibt es nämlich keine allzu tiefgreifenden kulturellen Abweichungen, und Menschen mit sozusagen literarisch angepappten Anhängseln – ob es nun Flügel sind oder spitze Ohren, ist letztlich egal – hat man schon zur Genüge gesehen.
Damit bietet die Weltenbaum-Reihe allenfalls solide Unterhaltung. Da gibt es Szenen, die ganz laut “verlfilme mich” schreien, Abenteuer und Romantik (mit einem Hang zum Kitsch) – ein bunter Fantasy-Mix. Doch um dem Ganzen das Prädikat “episch” aufzustempeln, müßte wenigstens eine Prise Tiefgang enthalten sein.

Cover von Tochter des Windes von Elizabeth HaydonDie ehemalige Prostituierte Rhapsody flieht vor einem gewalttätigen Freier. Sie trifft auf den Meuchelmörder Achmed und den monströsen Riesen Grunthor, die auf der Flucht vor einem Dämon sind. Die drei schließen sich zusammen. Um ihren Verfolgern zu entgehen, steigen sie in das Erdinnere hinab und geraten schließlich in eine andere Welt.

– Meridion setzte sich an den Zeit-Editor und fing an zu arbeiten. –
Meridion

Dieser Roman ist vom Anfang bis zum Ende eine sprachliche Katastrophe und eine Zumutung für den Leser. Der Erzählstil ist dem Sujet völlig unangemessen und selbst für eine Liebesschmonzette zu schwülstig. Die Sätze sind umständlich konstruiert und die Autorin benutzt häufig Wörter und Wendungen, die im Kontext der Erzählung anachronistisch sind. Die Dialoge sollen oft einen witzigen oder ironischen verbalen Schlagabtausch darstellen, sie wirken aber bemüht und sind unnatürlich. So spricht einfach kein Mensch. Hier verschiedene Kostproben der sprachlichen Verirrungen: Als zwei Protagonisten Sex haben, glaubt die Autorin dem Leser folgendes mitteilen zu müssen: »Wie lange sie sich liebten, war aus Mangel an Vergleich oder Anhaltspunkten weder für sie noch für ihn nachzuvollziehen.« Der gewalttätige Freier sagt zu Rhapsody: »Ich träume fast jede Nacht von dir, und ich weiß, dir ergeht es ähnlich in Bezug auf mich.« Und um die Gefahr zu verdeutlichen, in der sich die Helden befinden, wählt Haydon folgenden Vergleich: »Als sich ihre Blicke trafen, verzogen sich beider Mienen zu einem Lächeln, wie es wohl auch in den Gesichtern von Schiffbrüchigen geschrieben stand, die, an irgendeinem Schwimmkörper festgeklammert, im Wasser trieben.«

Inhaltlich ist der Roman genauso schlecht wie sprachlich: Ein bißchen Edda, ein wenig König Artus-Legende, eine Prise keltische Mythen, die Sage von Atlantis und viel Naturmagie, das sind die Quellen aus denen die Autorin die Geschichte hauptsächlich zusammengeschustert hat. Die Handlung, die auf 150 Seiten Platz finden würde, wird auf 765 Seiten breitgetreten und strotzt nur so vor Längen. Die Charaktere sind unglaubwürdig. Mit keinem der Protagonisten kann sich der Leser identifizieren, daher kommt auch keine Spannung auf. Wenn Haydon Spannung erzeugen will, läßt sie die Bösewichte sich an Kindern vergreifen. Diese Szenen sind aber nur widerlich und abstoßend. Das Buch bewegt sich sprachlich wie inhaltlich auf unterstem Niveau und ist nur für Hardcore-Romantiker unter den Fantasyfans einigermaßen erträglich, aber auch die sind mit anderen Büchern besser bedient.