Unsere liebsten Anfänge (2)

Wie bereits im ersten Teil dieser Serie haben wir wieder eine kleine Auswahl von besonders gelungenen Buchanfängen zusammengestellt. Titel und Autoren werden wir später in den Kommentaren ergänzen, ebenso gegebenenfalls die deutschen Versionen der Texte – was euch natürlich nicht von Ratespielen abhalten soll, denn diesmal stammen einige der gewählten Ausschnitte aus wahren Klassikern 😉 :

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Die Welt, werte Herren, hat begonnen größer zu werden. Aber gleichzeitig ist sie auch kleiner geworden.
Ihr lacht? Weil ich, wie es scheint, Unsinn rede? Weil das eine das andere ausschließt? Gleich werde ich Euch beweisen, dass dies keineswegs der Fall ist.

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»Know, oh prince, that between the years the oceans drank Atlantis and the gleaming cities, and the years of the rise of the Sons of Aryas, there was an Age undreamed of, when shining kingdoms lay spread across the world like blue mantles beneath the stars – Nemedia, Ophir, Brythunia, Hyperborea […]. But the proudest kingdom of the world was Aquilonia, reigning supreme in the dreaming west. Hither came Conan, the Cimmerian, black-haired, sullen-eyed, sword in hand, a thief, a reaver, a slayer, with gigantic melancholies and gigantic mirth, to tread the jeweled thrones of the Earth under his sandaled feet.«

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The man in black fled across the desert, and the gunslinger followed.
The desert was the apotheosis of all deserts, huge, standing to the sky for what looked like eternity in all directions. It was white and blinding and waterless and without feature save for the faint, cloudy haze of the mountains which sketched themselves on the horizon and the devil-grass which brought sweet dreams, nightmares, death. An occasional tombstone sign pointed the way, for once the drifted track that cut its way through the thick crust of alkali had been a highway. Coaches and buckas had followed it. The world had moved on since then. The world had emptied.

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They were haunted hills. The villagers of Mon said that, trying to warn the young traveler. They warned of vengeful ghosts who would lead a boy astray, demons which could appear as foxes and owls, and dragons which could take human form. Most persuasive in their estimation – the boy’s quest was useless: the master took no students.

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It was the chill before dawn that woke him, and the snuffling and stamping of the great bull in his stall. The dawns were always cold then, whatever the season, in the Long Winter of the Old World, in the dominion of the ice. So the chronicles record, and though copied and recopied by many hands, the voice of one who has seen, and felt, speaks still from their pages. But now, on this day, it was newly spring, and the keen air was making the great beast impatient to run free in the pastures among its cows. So the boy sprang out of his pile of skins, wincing at the air’s bite, and began scrambling into those of them that were garments. If he let the bull begin bellowing here so early, it would mean a beating. He swung the moth-eaten fur cloak round his shoulders and seized the long goad off the wall, the strange shapes and characters in the icy metal branding his fingers with unknown wisdom. The bull’s tossing head, with its horns as long as his body, was no more than a lighter patch in the blackness high above him, but with the ease of long practice he slipped along the stall wall, a slab split from a sandstone boulder, and quickly looped the goad through the carved ring in the bull’s noistrils. Instantly the outswept horns ceased goring the air, the great head drooped, and the bull stood docile while the boy undid its tethers and urged it out of the stall. It waited placidly while he untied the rest of the herd and shooed and bustled the huge beasts, white as soiled ice, out into the pallid air, their breath billowing in clouds as they lowed and snorted, their hooves crushing the half-frozen mud. Thus the day that was to change all days began, for him, like any other.

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9 Kommentare zu Unsere liebsten Anfänge (2)

  1. Pogopuschel sagt:

    Wie gemein! Mit einem der Absätze habt Ihr doch glatt das Ende eines Werkes gespoilert. 😉

  2. mistkaeferl sagt:

    Immer diese Zirkelschreiber 😉

    Hier kommen auf jeden Fall die versprochenen Titel, Autoren und deutschen Übersetzungen der Anfänge:

    1. Andrzej Sapkowski: Gottesstreiter
    deutsch von Barbara Samborska

    2. Robert E. Howard: The Complete Chronicles of Conan (The Phoenix on the Sword)
    deutsch von Jürgen Langowski unter dem Titel “Im Zeichen des Phönix” (u.a. in “Conan”):

    »Wisse, o Prinz, dass zwischen den Jahren, als die Ozeane Atlantis und die strahlenden Städte verschlangen, und jener Zeit, als die Söhne von Aryas aufstiegen, ein unbekanntes Zeitalter existierte, in dem auf der Welt prachtvolle Königreiche wie kostbare Tücher unter den Sternen ausgebreitet lagen – Nemedien, Ophir, Brythunien, Hyperborea […]. Das stolzeste Königreich der Welt aber war Aquilonien, das unumstritten im träumenden Westen herrschte. Hierher kam Conan der Cimmerier, schwarzhaarig und düsteren Blickes, das Schwert in der Hand – ein Dieb, ein Plünderer, ein Mörder voll gewaltiger Melancholie und gewaltiger Heiterkeit, um mit Sandalen an den Füßen die edelsteingeschmückten Throne dieser Welt zu zertreten.«

    3. Stephen King: The Gunslinger
    deutsch von Joachim Körber unter dem Titel “Schwarz”:

    Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm.
    Die Wüste war der Inbegriff aller Wüsten; sie war riesig und schien sich Ewigkeiten in alle Richtungen bis zum Himmel zu erstrecken. Weiß, grell, ohne Wasser, konturlos, abgesehen vom schwachen, dunstigen Schimmer der Berge, welche sich am Horizont abzeichneten, und dem Teufelsgras, das süße Träume, Albträume, Tod brachte. Gelegentlich wies ein Grabsteinzeichen den Weg; einstmals war der verwehte Pfad, der sich seinen Weg durch die dicken Salzkrusten bahnte, nämlich eine Landstraße gewesen, auf der Stellwagen und Buckas gefahren waren. Seither hatte die Welt sich weiterbewegt. Die Welt war leer geworden.

    4. C.J. Cherryh: The Paladin
    deutsch von Norbert Stöbe unter dem Titel “Der Paladin”:

    Es seien verwunschene Berge, meinten die Einwohner von Mon, die den jungen Reisenden warnen wollten. Sie warnten vor rachsüchtigen Geistern, die einen junge Mann in die Irre führen würden, vor Dämonen, welche die Gestalt von Füchsen und Eulen annähmen, und vor Drachen, die sich in Menschen verwandeln konnten. Das ihrer Meinung nach schwerstwiegende Argument – das Begehren des Knaben sei aussichtslos: Der Meister nehme keine Schüler an.

    5. Michael Scott Rohan: The Anvil of Ice
    deutsch von Irene Bonhorst unter dem Titel “Der Amboß aus Eis”:

    Es war die Kälte vor dem Morgengrauen, die ihn aufweckte, und das Schnauben und Stampfen des großen Bullen in seinem Stall. Zu jener Zeit war es im Morgengrauen immer kalt, gleich zu welcher Jahreszeit, damals im Langen Winter der Alten Welt, im Reich des Eises. So steht es in den überlieferten Berichten, und obwohl die Stimme eines Dabeigewesenen, der gesehen und gefühlt hat, durch zahllose Kopisten verfälscht und wieder verfälscht worden ist, spricht sie immer noch aus ihren Seiten. Aber heute, an diesem Tag, war ein neuer Frühling erwacht, und die frische Luft machte das große Tier unruhig; er wollte auf der Weide zwischen seinen Kühen frei herumlaufen. Also schwang sich der Junge von seinem Stapel von Fellen, zuckte bei der bissigen Kälte der Luft zusammen und zog sich jene Felle an, die ihm als Kleidung dienten. Wenn er dem Bullen erlauben würde, hier so früh herumzubrüllen, würde das bedeuten, dass er sich geschlagen gab. Er warf sich einen mottenzerfressenen Pelzumhang um die Schultern und griff sich einen langen Viehtreiberstock von der Wand; die seltsamen Formen und Muster des eisigen Metalls zeichneten seine Hände mit unbekanntem Wissen. Der sich herumwerfende Kopf des Bullen mit den Hörnern, die so lang waren wie sein Körper, war nicht mehr als ein hellerer Fleck in der schwarzen Dunkelheit hoch über ihm, doch mit der Lässigkeit langer Erfahrung huschte er an der Stallwand entlang; wobei sich eine Platte vom Sandstein löste, und schlang geschwind den Stock durch den verzierten Ring in den Nüstern des Bullen. Unverzüglich hörten die nach außen gerichteten Hörner auf, sich in die Luft zu bohren, der große Kopf sackte herab, und der Bulle stand zahm da, während der Junge ihn losband und aus dem Stall führte. Das Tier wartete ruhig, während jener den Rest der Herde losband und das Großvieh, weiß wie schmutziges Eis, voranschob und mit Rufen antrieb, hinaus in die fahle Luft; ihr Atemhauch bildete Dunstwolken, wenn sie muhten und schnaubten, ihre Hufe zermalmten den halbgefrorenen Schlamm. So begann für ihn jener Tag, der alle zukünftigen Tage verändern sollte, wie jeder andere.

  3. Elric sagt:

    Also der letzte gefällt mir sehr gut – the anvil of ice!
    Wenn ich jetzt aber frage, ob mir jemand was dazu sagen will, hab ich das Gefühl, dass ich bald wieder einkaufen muss… Kann das sein? 😉
    Ich versuch’s trotzdem! 😀 Also los! 😉

  4. mistkaeferl sagt:

    Hm, du könntest dir z.B. Buch des Monats anschauen … da hattest du sogar was dazu geschrieben 😉 .

  5. Elric sagt:

    Ich wusste es! Das Alter… Okay, is ja gut, ich notiere es mir in meiner Liste… Jetzt bin ich völlig überzeugt!

    (und bin ganz leise, weil ich schon gar nicht mehr weiß, was ich geschrieben hatte…;) ) Danke, Käferl!!! 😀

  6. gero sagt:

    @ Elric:

    Dir muss ich ja vermutlich nicht den – als Übersetzer eigentlich kontraproduktiven – Rat geben, dir das Buch (und eventuell dann die ganze Trilogie) auf Englisch zuzulegen, oder?

  7. Elric sagt:

    So schlimm schon wieder?
    Bin von “Lied für Arbonne” eigentlich sehr positiv überrascht…
    Aber ich vertraue auf dein Urteil! 😀
    Davon abgesehen ist es auf Englisch noch günstiger… 😉

  8. gero sagt:

    Je, nu …

    So the chronicles record, and though copied and recopied by many hands, the voice of one who has seen, and felt, speaks still from their pages.

    So steht es in den überlieferten Berichten, und obwohl die Stimme eines Dabeigewesenen, der gesehen und gefühlt hat, durch zahllose Kopisten verfälscht und wieder verfälscht worden ist, spricht sie immer noch aus ihren Seiten.

    Ich gebe ja durchaus zu, dass dieser etwas getragene Stil nicht ganz leicht zu übersetzen ist, aber … “die Stimme eines Dabeigewesenen”? Hallo? Lässt sich da wirklich keine andere Lösung finden? Und wo steht im Original, dass diese Stimme “verfälscht” wurde? Klar, implizit steht das da, aber von “copied and recopied” zu “verfälscht und wieder verfälscht” ist dann imho schon ein sehr großer Sprung.

    The bull’s tossing head, with its horns as long as his body, was no more than a lighter patch in the blackness high above him, but with the ease of long practice he slipped along the stall wall, a slab split from a sandstone boulder, and quickly looped the goad through the carved ring in the bull’s noistrils.

    Der sich herumwerfende Kopf des Bullen mit den Hörnern, die so lang waren wie sein Körper, war nicht mehr als ein hellerer Fleck in der schwarzen Dunkelheit hoch über ihm, doch mit der Lässigkeit langer Erfahrung huschte er an der Stallwand entlang; wobei sich eine Platte vom Sandstein löste, und schlang geschwind den Stock durch den verzierten Ring in den Nüstern des Bullen.

    Fällt dir daran etwas auf? (By the way: wenn das Semikolon kein Tippfehler ist, dann ist es schlimm. ;)) Schau dir das Original an, und dann schau dir die Übersetzung an.

    Ich bin normalerweise sehr zurückhaltend damit, Kollegen und Kolleginnen zu kritisieren, weil es eh schon genug Übersetzer-Bashing (natürlich in erster Linie von Leuten, die vom Übersetzen keine oder nur sehr wenig Ahnung haben) gibt. In diesem konkreten Fall würde ich bei einem Werk, das auch sehr stark von seinem Sprach- und Erzählduktus lebt, und bei dem mir schon auf der ersten Seite ein paar fragwürdige Sachen auffallen, jemanden wir dir, der Englisch liest, zum Original raten.

  9. Elric sagt:

    Okay, du hast mich überzeugt! 😉 Dann schau ich mal, was sich machen lässt – die englischen Originale sind ja noch günstiger als die Übersetzung…
    Danke Gerd! 😀 (okay, mein Geldbeutel freut sich nicht, aber: so what!? 😉 )

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