Mit unserem Buch des Monats im Dezember möchten wir euch einladen, euch in eine kuschlige Leseecke zu verziehen und in den Langen Winter der Alten Welt einzutauchen.
Alv, ein Waisenjunge, der das Schicksal vieler Fantasy-Helden teilt und erst einmal alles verlieren muss, ehe er seine wahre Bestimmung annehmen kann, wird Lehrling bei einem Meisterschmied. Seine Ausbildung ist umfassend und strapaziös, die drei Gesellenstücke, die er nach langer Lehrzeit anfertigen soll, sind außergewöhnlich: Ein Armreif, ein Tarnhelm und ein Schwert. In der einsamen Schmiede hoch im Norden, am Rande des ewigen Eises, das die Welt zu verschlingen droht, gehen jedoch merkwürdige Dinge vor, und der Meister ist dem Lehrling schon lange nicht mehr geheuer.
Es braucht viele Abenteuer, bis Alv zu sich selbst findet und den Namen Elof wählt, zusammen mit dem Schwertkämpfer Kermorvan einer der wenigen wird, die die Gastfreundschaft des älteren Volkes genießen dürfen, und sich schließlich seinem alten Meister stellen kann.
Michael Scott Rohans Der Amboß aus Eis, der erste Band der Trilogie Der Winter der Welt, ist klassische Fantasy, wie sie eigentlich schon seit geraumer Zeit kaum mehr veröffentlicht – und vielleicht auch nicht mehr geschrieben – wird. Mit dem starken Bezug zur (nordischen) Mythologie, ohne ein direktes Derivat zu sein, der Heldenreise und dem Kampf gegen das Böse (das hier in einer unfassbar-unheimlichen Gestalt in Form der Eismassen auftritt, hinter denen der Wille steht, alles Lebende zu verschlingen) ist sie auf eine Weise tolkienesk, die die meisten Herr-der-Ringe-Nachfolger nie erreicht haben. Auch formal ist die Parallele unübersehbar, Der Amboß aus Eis wird nicht selten im Stil einer Chronik erzählt und behält auch in den szenischen Passagen einen getragenen Ton bei. Gedichte und ein ausführlicher Anhang (der die Fiktion der Chronik aufrecht erhält, aber die alternative Erklärung eines Klimawandels anbietet) runden das Bild ab.
Zwischen vorzeitlichen Geschöpfen wie Zeuglodons, deutlich naturverbundeneren Völkern und der gewaltigen Präsenz des Eises, neben der alles andere unbedeutend erscheint, wirken die Menschen in Michael Scott Rohans Alter Welt ein wenig verloren und haben kaum Chancen, das Wirken der Mächte zu verstehen, die sich in ihr Leben einmischen. Doch auch sie haben sich Magie angeeignet, und die eindrucksvollsten Passagen in Der Amboß aus Eis sind mitunter die Szenen, in denen Alv die Schmiedekunst und die ihr innewohnende Magie erlernt, mit der Kräfte in Gegenständen gebunden werden können.
Wenn man groß angelegte, epische Fantasy mit Tiefgang und archaischem Weltentwurf vermisst, ist man mit Der Amboß aus Eis (The Anvil of Ice, 1986, dt. 1993, ISBN 3-453-07252-9) gut beraten. Der Roman führt am Ende etliche Fäden zusammen, einige (und der grundlegende Konflikt) werden allerdings in den Fortsetzungen Die Schmiede im Wald und Der Hammer der Sonne weitererzählt.
Hm, das klingt mir irgendwie nach einem Buch, das mich durchaus interessieren könnte… Jedenfalls ist die Rezi so, dass sie bei mir Lust auf mehr bereitet.
Sollte ich dir jetzt böse sein, Käferl? 😉