Moyas Meckerkiste (5): Gekonnt ungekonnt

Nachdem es schon eine Weile nichts mehr zu meckern gab (oder die Mecker-Gründe haben sich nur gut vor mir versteckt), fand ich nun doch wieder ein Highlight am Buchcoverhimmel.
Wer unseren sonntäglichen Updates folgt, wird sich vielleicht daran erinnern, dass ich vor kurzem Sisters Red von Jackson Pearce gelesen habe. Mein Hauptgrund, zu diesem Buch zu greifen, war nicht unbedingt die Story, obwohl sie mich schon angesprochen hatte. Nein, Sisters Red war in erster Linie ein klassischer Cover-Kauf.
Sisters Red von Jackson PearceDieses pfiffige Zusammenspiel der Motive der beiden Schwestern, von denen eine sogar klar ihr Haar über die Gesichtshälfte fallen lässt, um ihr fehlendes Auge zu verbergen – ein Detail, das auch im Buch erwähnt wird. Die beiden Schwestern, die sich hier auf dem Cover wie ein Spiegelbild gegenüberstehen, harmonieren ganz wunderbar in Farbe und Form. Es drückt einerseits die Gleichheit, andererseits auch die feinen Unterschiede der beiden Persönlichkeiten aus, vor allem, weil darin kleinere Details verarbeitet wurden, die der Beschreibung der Charaktere im Buch entsprechen. Im unteren Bereich wandelt sich das schwarze Haar in den Pelz eines gierigen, bedrohlichen Wolfes. Später, wenn man das Buch gelesen hat, wird einem auffallen, wie mehrdeutig dieses Buchcover Hinweise auf die Handlung gibt. Das macht es nicht nur ganz allgemein zu einer Wohltat fürs Auge und einem in sich gelungenen Werk, es passt eben auch inhaltlich ganz wunderbar zu Titel und Inhalt von Sisters Red. Man merkt hier in jedem Detail, dahinter stecken Ideen und auch ein Auseinandersetzen mit der Geschichte.

Blutrote Schwestern von Jackson PearceGanz anders fällt da das Cover der deutschen Ausgabe aus: Blutrote Schwestern aus dem Hause PAN. Es ist ein altes Geheimnis, dass die Buchcover übersetzter Titel ihrem Original häufig nicht das Wasser reichen können. Man findet sich als Leser freilich notgedrungen damit ab. Welche Wahl hat man schon, wenn man auf die Übersetzung angewiesen ist? Es fällt mir trotzdem nicht leichter, einen Anfang zu finden für die Worte, die mir beim Anblick dieses Covers in den Sinn kommen. Die Reaktionen reichen von totaler Sprachlosigkeit über brabbelndes Gestammel bis hin zu unaussprechlichen Flüchen. Vielleicht beginne ich mit einem Zitat von Gero, welches die Antwort auf eine meiner Fragen war und in einem einzigen Satz ganz wunderbar sagt, was ich von diesem Machwerk halte:

»Das waren doch diese schwebenden Rotkäppchen, die bestimmt dieser Leonardo Dilletanti gebastelt hat, oder?«

Ja, genau, das waren sie. Leonardo Dilletanti ist in diesem Fall vermutlich ein ahnungsloser Praktikant gewesen, betreut von einer auserlesenen Gruppe Verantwortlicher, die allesamt bei der Erstellung dieses Covers die Augen großzügig geschlossen haben.
Man hat natürlich ganz clever die Farbgebung beibehalten und sich auf den schwarzroten Farbkontrast gestürzt, der das Originalcover schließlich schon so stimmungsvoll wirken ließ. Was einmal funktioniert, funktioniert immer. Richtig?
Falsch.
Hier sehen wir nun nämlich wieder ein Beispiel für den Einsatz gleicher Werkzeuge mit qualitativ völlig unterschiedlichen Ergebnissen, die gegensätzlicher kaum sein könnten. Der schwarzweiße Wald ist wohl noch das beste an diesem missglückten Cover, obwohl ich behaupten möchte, es handelte sich hierbei einst um eine bei Tageslicht gemachte Aufnahme, die nun wie eine nächtliche Szene daherkommen soll. So ganz will das mit den Lichtverhältnissen nicht funktionieren. Auch der künstlich hineingepinselte Nebel muss wohl ein Ausdruck von photoshop’schem Expressionismus sein, denn er schwebt eher wie ein Ufo in der Mitte herum. Ohne Kontakt zum Boden und scheinbar auch nur auf einen sauber definierten Streifen konzentriert. Das wirkliche Juwel sind jedoch die Kartoffelsäcke im schicken Rot. Nur zur Info: das sollen die Schwestern mit ihren Umhängen sein! Wir sehen hier unnatürlich geblähten Stoff in einem ansonsten windstillen Wald, merkwürdig verzurrte Kapuzen, die wirklich mehr aussehen wie geschnürte Säcke, Lichteffekte, die einerseits auf Latex, andererseits auf parallelweltliche Lichtverhältnisse schließen lassen, und dann wäre da noch das Problem mit der Schwerkraft und theoretisch vorhanden Füßen, die den Boden nicht berühren. Auch der Rest dieser “Figuren” sieht aus wie ausgeschnitten und draufgeklebt. Dieses Cover passt weder zum Buchinhalt, noch wirkt es wie eine realisische Szenerie. Es taugt nicht einmal, um sich einfach nur an einer schönen, wenn schon nicht passenden Aufmachung erfreuen zu können. Es ist nichtssagend, hässlich und technisch eine Katastrophe. Leonardo Dilletanti hat hier also wirklich ganze Arbeit geleistet!
Um es auf den Punkt zu bringen: dieses Cover ist richtig peinlich und wird sogar von so mancher Buchgestaltung aus BoD-Verlagen geschlagen – was schon eine ziemliche Leistung ist, wenn man sich mal anschaut, wie notgedrungen unprofessionell dortige Buchcover in der Regel aussehen. Von einem großen Verlag wie PAN sollte man solch einen Fauxpas eigentlich nicht serviert bekommen.

6 Kommentare zu Moyas Meckerkiste (5): Gekonnt ungekonnt

  1. Ivy sagt:

    Recht hast du. Blöderweise scheint man bei dieser umsatzstarken Warengruppe wenig Geld in die Präsentation stecken zu wollen. Entweder ist das Gottvertrauen in die Leser, die es eh kaufen, oder man ist gedanklich noch nicht in der Konkurrenzsituation angekommen, die die Verlage mit ihren Fantasy/Jugendbuchlabels sich gerade selbst schaffen.
    Ich hab das Buch jedenfalls, so interessant es klang, nicht eingekauft, und selbst dem Vertreter war es seinerzeit peinlich. “Eden” aus dem gleichen Hause ist übrigens genauso ein Schmuckstück, auch wenn es inhaltlich gute Besprechungen bekommen hat.

  2. Nala sagt:

    Ich habe zuerst gar nicht realisiert, dass es sich um den gleichen Buchinhalt handelt. Ich dachte, das seien nur ein gutes Beispiel und ein schlechtes… bis ich dann den Text gelesen hatte.
    Die deutsche Ausgabe käme mir nicht ins Haus, was natürlich schade für den Inhalt ist.

  3. moyashi sagt:

    Um den Buchinhalt ist es wirklich schade, aber die deutsche Ausgabe würde ich mich wirklich nicht trauen in die Hand zu nehmen. Das Buch ist auch ganz lange an mir vorbei gegangen, weil ich kurz nach dem Erscheinen der deutschen Ausgabe das Cover gesehen hatte und das Original zu dem Zeitpunkt noch nicht kannte. Bei dem Anblick habe ich dann aber sofort das Interesse verloren ohne irgendetwas anderes über das Buch zu wissen. Auf das englische Original bin ich dann kürzlich zufällig gestolpert und habe danach erst realisiert, dass es das Original von Blutrote Schwestern ist – der Schock war groß!

    @Ivy
    Bei solchen Büchern würde mich ja wirklich mal interessieren, wie die sich auf dem deutschen Markt dann schlagen. Oh und Eden werde ich jetzt auch mal unter die Lupe nehmen. 🙂

  4. Lyn sagt:

    Mich würde interessieren, warum deutsche Verlage nicht die Originalcover verwenden (dürfen?). Mir ist kein Werk bekannt, bei dem die Übersetzung hübscher ausgesehen hätte. Ein neues Cover kostet zudem Zeit und Geld. Warum also nicht?

  5. moyashi sagt:

    Hallo Lyn,

    da gibt es sicher verschiedene Faktoren. Der häufigste dürfte aber sein, dass die deutschen Verlage für die Verwendung des Originalcovers Nutzungsrechte einkaufen müssen. Zeit und Geld kostet das also auch bei “fertigen” Covern. Wie die Preise da aussehen kann ich nicht sagen, da gibt es keinen Fixpreis der für alle Buchcover gilt und je nach Ursprungsland scheitert es vielleicht auch noch an anderen Dingen. Manchmal wird das aber schon gemacht, bei Sisters Red/Blutrote Schwestern wäre das sicher auch die bessere Idee gewesen …

    Ab und an gibt es mMn schon Fälle in denen übersetzte Titel schönere Cover bekommen als ihr Original. Spontan fällt mir jetzt z.B. Die Buchreihe von Gail Carriger (Parasol Protectorate) ein, bei denen ich die deutschen Ausgaben (mal abgesehen von dem Titel) deutlich schöner finde als die Originalaufmachung.
    Vielleicht sollte ich zu dem Thema auch mal etwas recherchieren. 🙂

  6. Lyn sagt:

    Moin,

    das mit den Nutzungsrechten hab ich mir schon gedacht. Trotzdem hätte ich erwartet, dass deutsche Verlage zusehen, die Wirkung des Originals bei dem eigenen Cover auch zu schaffen oder zumindest vom Stil her treu zu bleiben. Bei diesem Beispiel stell ich mir direkt das Resümée vor… “Das Cover ist grässlich.” – “Ja, aber es war billig.” Die Schicht der Coverkäufer sollte man ja nicht unterschätzen 😉
    Die Titelübersetzungen schlagen diesen Weg leider auch sehr oft ein. Insgesamt wirkt das gerne mal als billigen Abklatsch, auch wenn der (übersetzte) Inhalt dem ganz und gar widerspricht (naja…auch nicht immer). Schade.

Hinterlasse einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Du kannst diese HTML Tags und Attribute nutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>