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Tricked von Kevin HearneAtticus’ Auftritt in Asgaard hat dem Druiden mehr als genug Feinde gemacht und ihm und Granuaile bleibt nichts anderes übrig, als unter neuer Identität ein anderes Leben anzufangen. Im Navajo Reservat scheint die nötige Ruhe gegeben, bis Coyote, trickreicher Gott der Navajos, einen Gefallen bei Atticus einfordert. Kaum angekommen sehen sich Atticus, Granuaile und Wolfshund Oberon einer weiteren schlecht gelaunten Gottheit sowie einem Duo von Gestaltwandlern gegenüber, und ein neuer Vampirchef gibt sich ebenfalls die Ehre. Da bleibt nicht viel Zeit für Ruhe und Glückseligkeit.

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Märchenmond von Wolfgang HohlbeinBibliotheka Phantastika gratuliert Wolfgang Hohlbein, der heute 60 Jahre alt wird. Sein Durchbruch als Autor gelang ihm mit dem Jugendbuch Märchenmond, das er gemeinsam mit seiner Frau Heike verfasste. Seither veröffentlichte er regelmäßig mehrere Bücher im Jahr und zählt zu den meistgelesenen deutschen Fantasy-Autoren. Dabei umfasst sein Oeuvre keineswegs nur das Fantasy-Genre, sondern ebenso Science Fiction, Horror, historische Romane und Verschwörungsthriller, wobei sich in seinen Büchern gerne Elemente der verschiedenen Sparten der Phantastik vermengen, wie schon eines seiner frühen, großen Werke, die Enwor-Saga zeigt, in der sich Sword & Sorcery und Science Fiction verbinden.

Mit seinem vielfältigen Werk stellte und stellt Wolfgang Hohlbein einen wichtigen Einstiegspunkt in die Phantastik dar, für junge LeserInnen ebenso wie für ältere Neueinsteiger.

Einen ausführlicheren Überblick über Wolfgag Hohlbeins Leben und Werk geben wir im entsprechenden Portrait, das wir aus diesem Anlass überarbeitet und aktualisiert haben.

Hier geht es zum Portrait von Wolfgang Hohlbein.

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The Ocean at the End of the Lane von Neil GaimanEin Mann mittleren Alters kehrt zum ersten Mal seit Jahrzehnten an den Ort zurück, an dem er aufgewachsen ist. Von einem Gefühl getrieben findet er sich auf dem Bauernhof der Hempstock-Frauen wieder und langsam kehren die Erinnerungen an seine Kindheit zurück. An den einen Sommer, als die Hempstocks seine Nachbarn waren, als er mit der jüngsten der drei Frauen, Lettie, auszog, um einem unbenannten Bösen das Fürchten zu lehren. Und an den Preis, den er für seine Neugier bezahlen musste. Denn Magie fordert immer ihren Preis und hinterlässt ihre Spuren, wo man sie nicht erwartet. Und manchmal findet sie sogar ihren Weg an den Ort, an dem man ihr lieber nicht begegnen würde …

Zur Rezension bitte hier entlang – und herzlich Willkommen an sisterdew, die unser Rezensententeam mit ein paar kurzen, knackigen Rezis erweitern wird!

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Bibliotheka Phantastika gratuliert (aus technischen Gründen leicht verspätet) Paul Witcover, der heute 55 Jahre alt wird. Der nun schon seit etlichen Jahren in New York City lebende Paul Witcover wurde am 09. August 1958 in Zürich geboren und ist in den Randbezirken von Washington, D.C. aufgewachsen. Seine Schriftsteller-Karriere begann 1984 mit der Veröffentlichung der Erzählung “Red Shift” (als Judith Lessing) in der Januarausgabe von Isaac Asimov’s Science Fiction Magazine. Einige weitere Geschichten folgten ungefähr im Jahresabstand in Magazinen wie Night Cry oder Rod Serling’s The Twilight Zone Magazine, und mit “Jangletown” (in The Further Adventures of Batman (1990)) und “Lucifer over Lancaster” (in The Further Adventures of Superman (1993)) unternahm er zusammen mit Elizabeth Hand erste schriftstellerische Abstecher ins DC-Superheldenuniversum. Dort war auch die 16-teilige Comicserie Anima angesiedelt, die er ab Dezember 1993 – wieder zusammen mit Elizabeth Hand – getextet hat.
Waking Beauty von Paul WitcoverNach dem – wie immer in solchen Fällen auf mangelnde Verkaufszahlen zurückzuführenden – Ende von Anima blieb es einige Jahre ruhig um Witcover, bis er 1997 mit seinem ersten Roman auf die literarische Bühne zurückkehrte. Und diese Rückkehr hatte es in sich, denn Waking Beauty ist einer der ungewöhnlichsten und verstörendsten Fantasyromane der letzten zwanzig Jahre. In der einem Kastensystem nicht unähnlichen Welt des Hierarchats lockt ein nachts aus dem Wald aufsteigender Duft die Männer – die diesen Duft im Gegensatz zu ihren Frauen nicht nur wahrnehmen, sondern sich auch seiner Anziehungskraft nicht widersetzen können – aus ihren Häusern und weg von ihren Familien. Es sei denn, ihre Frauen oder Mütter oder Töchter binden sie auf ihren Betten fest und verschließen ihnen die Nasenlöcher. Atmen können sie schließlich zur Not auch durch einen Atemschlauch, der ihnen durch einen während ihres Mannbarkeitsrituals erfolgten rituellen Luftröhrenschnitt direkt in die Luftröhre eingeführt werden kann. Natürlich müssen die Frauen trotzdem die ganze Nacht wach und wachsam bleiben – und das sollten sie auch, denn eine Frau, die ihren Mann, ihren Sohn oder ihren Vater an den nur als “Beauty” bezeichneten Duft verliert, macht sich des schlimmsten Verbrechens schuldig. Zur Strafe wird sie ihren Namen und ihre Haare los und als “Cat” – als Prostituierte – an eines der in der zwar überaus religiösen, aber gleichzeitig auch dekadenten Gesellschaft wohlgelittenen offiziellen Bordelle verkauft. Genau das passiert Rose Rubra, die ihren frisch angetrauten Ehemann in der Hochzeitsnacht an Beauty verliert, und deren Leben dadurch schlagartig auf den Kopf gestellt wird. Aber die neue Cat ist nur eine der Figuren, durch deren Augen die Leser und Leserinnen die Welt des Hierarchats und ihre ebenso faszinierenden wie erschreckenden Geheimnisse – zu denen natürlich auch das der erwachenden Beauty zählt – nach und nach entdecken. Stilistisch anspruchsvoll im Präsens erzählt, gewinnt Waking Beauty an vielen Stellen die Qualität eines surrealen Traums, der nur allzuschnell zu einem Alptraum wird.
Es dauerte acht Jahre, bis mit Tumbling After (2005) Witcovers zweiter Roman auf den Markt kam, ein SF-Roman, dessen einer Handlungsstrang – in dem ein Rollenspiel mit einem postapokalyptischen Szenario eine wichtige Rolle spielt – 1977 angesiedelt ist, während im zweiten genau dieses Szenario das Setting bildet. Schon ein Jahr später erschien mit Dracula: Asylum die “offizielle” Fortsetzung von Tod Brownings Dracula aus dem Jahre 1931.
2009 kam schließlich der Sammelband Everland and other Stories heraus, der einige der nach Meinung des Autors besten frühen und ein halbes Dutzend neue bzw. bislang unveröffentlichte Geschichten enthält. Und vor kurzen ist mit The Emperor of all Things (2013) der erste Teil des während des Siebenjährigen Kriegs spielenden Zweiteilers The Productions of Time erschienen, in dem u.a. die im 17. Jahrhundert gegründete Worshipful Company of Clockmakers und eine ganz besondere Uhr eine wichtige Rolle spielen; das klingt zumindest nach einem mit originellen Fantasyelementen ausgestatteten historischen Roman.
Paul Witcover gehört zu einer kleinen Gruppe von Autoren und Autorinnen, die sich mit ihren Romanen und Erzählungen an den Rändern oder auch in den Grauzonen der verschiedenen Subgenres der phantastischen Literatur tummeln. Was sie dort zu Tage fördern, ist nicht immer angenehm – aber zumindest im Fall von Waking Beauty von schrecklich schöner, alptraumhaft morbider Eleganz.

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Wie bereits im ersten Teil dieser Serie haben wir wieder eine kleine Auswahl von besonders gelungenen Buchanfängen zusammengestellt. Titel und Autoren werden wir später in den Kommentaren ergänzen, ebenso gegebenenfalls die deutschen Versionen der Texte – was euch natürlich nicht von Ratespielen abhalten soll, denn diesmal stammen einige der gewählten Ausschnitte aus wahren Klassikern 😉 :

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Die Welt, werte Herren, hat begonnen größer zu werden. Aber gleichzeitig ist sie auch kleiner geworden.
Ihr lacht? Weil ich, wie es scheint, Unsinn rede? Weil das eine das andere ausschließt? Gleich werde ich Euch beweisen, dass dies keineswegs der Fall ist.

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»Know, oh prince, that between the years the oceans drank Atlantis and the gleaming cities, and the years of the rise of the Sons of Aryas, there was an Age undreamed of, when shining kingdoms lay spread across the world like blue mantles beneath the stars – Nemedia, Ophir, Brythunia, Hyperborea […]. But the proudest kingdom of the world was Aquilonia, reigning supreme in the dreaming west. Hither came Conan, the Cimmerian, black-haired, sullen-eyed, sword in hand, a thief, a reaver, a slayer, with gigantic melancholies and gigantic mirth, to tread the jeweled thrones of the Earth under his sandaled feet.«

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The man in black fled across the desert, and the gunslinger followed.
The desert was the apotheosis of all deserts, huge, standing to the sky for what looked like eternity in all directions. It was white and blinding and waterless and without feature save for the faint, cloudy haze of the mountains which sketched themselves on the horizon and the devil-grass which brought sweet dreams, nightmares, death. An occasional tombstone sign pointed the way, for once the drifted track that cut its way through the thick crust of alkali had been a highway. Coaches and buckas had followed it. The world had moved on since then. The world had emptied.

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They were haunted hills. The villagers of Mon said that, trying to warn the young traveler. They warned of vengeful ghosts who would lead a boy astray, demons which could appear as foxes and owls, and dragons which could take human form. Most persuasive in their estimation – the boy’s quest was useless: the master took no students.

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It was the chill before dawn that woke him, and the snuffling and stamping of the great bull in his stall. The dawns were always cold then, whatever the season, in the Long Winter of the Old World, in the dominion of the ice. So the chronicles record, and though copied and recopied by many hands, the voice of one who has seen, and felt, speaks still from their pages. But now, on this day, it was newly spring, and the keen air was making the great beast impatient to run free in the pastures among its cows. So the boy sprang out of his pile of skins, wincing at the air’s bite, and began scrambling into those of them that were garments. If he let the bull begin bellowing here so early, it would mean a beating. He swung the moth-eaten fur cloak round his shoulders and seized the long goad off the wall, the strange shapes and characters in the icy metal branding his fingers with unknown wisdom. The bull’s tossing head, with its horns as long as his body, was no more than a lighter patch in the blackness high above him, but with the ease of long practice he slipped along the stall wall, a slab split from a sandstone boulder, and quickly looped the goad through the carved ring in the bull’s noistrils. Instantly the outswept horns ceased goring the air, the great head drooped, and the bull stood docile while the boy undid its tethers and urged it out of the stall. It waited placidly while he untied the rest of the herd and shooed and bustled the huge beasts, white as soiled ice, out into the pallid air, their breath billowing in clouds as they lowed and snorted, their hooves crushing the half-frozen mud. Thus the day that was to change all days began, for him, like any other.

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Zettelkasten

Three Parts Dead von Max GladstoneVierzig Jahre nach dem Krieg zwischen den alten Göttern und den gleichmächtigen Magiern gibt es nur noch wenige Städte, die von einer der alten Gottheiten regiert werden. Kos Everburning ist die Gottheit von Alt Coulumb und gerade dahingeschieden, als der Novize Abelard sein Gebet abhält. Mit dem unerwarteten Ableben des Gottes droht das von Götterkraft angetriebene Alt Coulumb nun beim nächsten Vollmond in sich zusammen zu fallen. Wen ruft man in so einem Fall? Die Thaumaturgen von Kelethres, Albrecht & Ao natürlich – um mit etwas Glück ein Fragment des Gottes wiederauferstehen zu lassen und die Stadt so vor dem sicheren Untergang zu bewahren.

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Mythago Wood von Robert HoldstockBibliotheka Phantastika erinnert an Robert Holdstock, der heute 65 Jahre alt geworden wäre. Der am 2. August 1948 in Hythe geborene Brite war bekannt als Autor fantastischer Literatur und mythisch angereicherter Science-Fiction. Seinen Durchbruch als Autor erlebte er 1984 mit seiner Buchreihe Ryhope Wood, zu seinem Repertoire zählten aber auch zahlreiche Kurzgeschichten und die Hintergrundgeschichte zum Computerspiel Elite. Regelmäßige Besucher unseres Forums werden ihn vielleicht auch als Autor von Raven, Swordmisstress of Chaos (1978) (dt. Raven, die Schwertmeisterin) kennen. Hier schrieb er jedoch unter dem Pseudonym Richard Kirk.

Robert Holdstock war ein Autor mit vielen Namen – nach seinem Durchbruch begann er gleich unter mehreren Pseudonymen zu schreiben, manche davon in Kooperation mit einem zweiten Autor. Da es kaum möglich ist, die Vielzahl an Werken Robert Holdstocks und seiner Pseudonyme im Rahmen eines Jubiläumstextes zusammen zu bringen, haben wir ihm anlässlich seines Geburtstags ein Portrait erstellt und laden euch ein, mehr über diesen Autor zu erfahren, der wegen seines Umgangs mit Mythen und phantastischen Elementen schon in einem Atemzug mit Ursula K. LeGuin, John Crowley und Marion Zimmer Bradley genannt wurde.

Hier geht es zum Portrait von Robert Holdstock.

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Das Land des Lachens von Jonathan CarrollDas Buch des Monats im August hätte auch gut zu den Fünf Büchern über Bücher gepasst, denn darin geht es vor allem um eines: Eine an Obsession grenzende Büchersucht. Das Objekt der Begierde in Das Land des Lachens von Jonathan Carroll ist der (fiktive) Kinderbuch-Autor Marshall France. Thomas Abbey, ein etwas zielloser Mann mit einem ernsthaften Vaterkonflikt, durchforstet mit Vorliebe Antiquariate nach Frances Werken, die mit ihren eindringlichen phantastischen Figuren und ihrer filigranen, beinahe gespenstischen Welt in ihm wohlige Kindheitserinnerungen heraufbeschwören. In einer solchen Situation lernt er Saxony kennen, eine weitere France-Jüngerin, in der er zunächst eine Nebenbuhlerin sieht – kann ja gar nicht sein, dass es einen anderen Fan gibt, der den angebeteten Autor mit der gleichen Leidenschaft liebt! Trotzdem beschließen die beiden, sich zusammenzutun und eine ultimative Marshall-France-Biographie zu schreiben. Zu diesem Zweck reisen sie nach Galen, dem Ort, an den sich der Autor zurückzog und schließlich viel zu früh verstarb. Wenn man nun vermutet, dass es im Land des Lachens nicht viel zu lachen gibt, liegt man richtig – der Trip nach Galen führt nicht in eine Idylle, sondern in einen Abgrund.
Dort beginnen deutlich phantastischere Elemente als lediglich ein erfundener Star-Autor in die Handlung einzubrechen: In dem beschaulichen Örtchen wimmelt es nicht nur von unheimlich intelligenten Bullterriern (Frances Lieblingshunden), auch die dem Biographen-Duo gegenüber höchst aufgeschlossenen Einwohner kommen Thomas und Saxony merkwürdig vertraut vor. Die einzige, die sich der Recherche anfangs entgegenstellt, ist ausgerechnet Frances geheimnisvolle Tochter Anna. Als die Biographie langsam Gestalt annimmt, werden auch die Zwischenfälle häufiger …
Mit Horrorelementen und einer symbolisch stark aufgeladenen und mit Frances Werk verwobenen Handlung spielt Das Land des Lachens mit Autorschaft und Autorenverehrung, Fiktion und Realität und steuert auf einen Clou zu, der wahrscheinlich niemanden mehr überrascht, aber selten auf so verstörende Weise umgesetzt wurde.
Kleiner Wermutstropfen: Als Bücherwurm würde man sich am liebsten sofort – vergeblich – im Antiquariat seines Vertrauens auf die Suche nach Marshall-France-Klassikern wie “Das Land des Lachens” oder “Der grüne Hund” begeben, die bestimmt zu den unvergesslichsten Büchern zählen, die niemals ein Mensch gelesen hat …

Die deutsche Übersetzung Das Land des Lachens von Rudolf Hermstein (1986, ISBN 3518384546) ist nur noch antiquarisch erhältlich, anders als die TB-Ausgabe des Originals Land of Laughs (1980, ISBN 0312873115).

Buch des Monats

Bibliotheka Phantastika gratuliert Angélica Gorodischer, die heute 85 Jahre alt wird. Die am 28. Juli 1928 in Buenos Aires geborene Angélica Gorodischer, die im Alter von acht Jahren nach Rosario in der zentralargentinischen Provinz Santa Fe gezogen ist und seither dort lebt, hat sich in ihrem Heimatland und weit über dessen Grenzen hinaus mit Krimis und in den verschiedenen Subgenres der phantastischen Literatur angesiedelten Erzählungen und Romanen einen Namen gemacht und gilt heute im Bereich dieser Genres als eine der wichtigsten lateinamerikanischen Schriftstellerinnen. Darüber hinaus hat sie mehr als 350 Vorträge – vor allem über phantastische Literatur und das Schreiben von Frauen – im In- und Ausland gehalten und 1998, 2000 und 2002 in ihrer Heimatstadt Rosario drei bedeutende Kongresse über das literarische Schaffen argentinischer Schriftstellerinnen organisiert.
Kalpa imperial von Angélica GorodischerAls ihr wichtigstes Werk im Bereich der Fantasy gilt Kalpa imperial, eine Sammlung von Erzählungen, die zunächst in zwei Bänden – Libro I: La casa del Poder (1983) und Libro II: El imperio más vasto (1984) – in Argentinien erschienen ist, kurz darauf aber auch in einem Band (als Kalpa imperial (1984)) in Spanien veröffentlicht und seither mehrfach neu aufgelegt wurde. Interessanterweise taucht Kalpa imperial in Angélica Gorodischers Bibliographie häufig als Roman auf, doch der Inhalt besteht aus elf nur durch den Hintergrund und die Stimme des Erzählers zusammengehaltenen Stories, die verschiedene Episoden aus der Geschichte des besagten Imperiums bzw. Reiches erzählen und sich häufig um dessen mal gute, mal schlechte, mal schlicht verrückte Herrscher und Herrscherinnen drehen. Da geht es um Reichsgründer und Usurpatoren, um Kronprinzen, die sich entscheiden müssen, um Generäle und Deserteure, für die das ebenfalls gilt, und manchmal auch um Städte und Karawanen. Außerdem spielt der Erzähler selbst gelegentlich eine wichtige Rolle. Manche dieser Geschichten sind ziemlich witzig, manche tragisch und manche auch brutal, und viele transportieren eine leise, unaufdringlich vermittelte Botschaft. Magie hingegen gibt es kaum. Was das angeht, bewegt sich Kalpa imperial eher in der Tradition des Magischen Realismus. Und all das zusammen ergibt eine Mischung, die über einen schwer zu beschreibenden Reiz verfügt.
Ein anderes, ebenfalls häufig gelobtes Werk Angélica Gorodischers ist Trafalgar (1979), ein Sammelband mit SF-Erzählungen.
Für deutschsprachige Leser und Leserinnen war und ist es allerdings nicht einfach, sich einen Einblick in das Oeuvre dieser Autorin zu verschaffen. Viele Jahre lang gab es von ihr auf Deutsch nur einen einen einzigen Roman – einen Krimi mit dem Titel Eine Vase aus Alabaster (1992; Originaltitel: Floreros de alabastro, alfombras de Bokhara (1985)) –, und erst 2010 ist mit Im Schatten des Jaguars ein Sammelband mit phantastischen Erzählungen hinzugekommen.
Die englischsprachige Welt ist da ein bisschen besser dran, denn dort ist Kalpa imperial – übersetzt von niemand Geringerem als Ursula K. Le Guin – im Jahr 2003 als Kalpa Imperial: The Greatest Empire That Never Was auf den Markt gekommen. Es ist kaum anzunehmen, dass Angélica Gorodischer auch ohne diese Veröffentlichung 2011 mit dem World Fantasy Award für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden wäre. Vor wenigen Wochen ist zudem eine Übersetzung von Trafalgar, des bereits erwähnten Sammelbands mit SF-Erzählungen unter eben diesem Titel in den USA erschienen. Es wäre zu hoffen, dass die englischsprachigen Verlage noch weitere Titel von Angélica Gorodischer veröffentlichen, denn dann hätten die nicht-spanischsprachigen Leser und Leserinnen eine Option mehr, um zumindest Teile des Werks dieser in der spanischsprachigen Welt so bedeutenden und angesehenen Autorin kennenzulernen.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Kate Elliott, die heute 55 Jahre alt wird. Wobei es sich bei Kate Elliott um ein (offenes) Pseudonym handelt, das die am 27. Juli 1958 in Des Moines, Iowa, geborene Alis A. Rasmussen seit 1992 für alle ihre Romane und Erzählungen benutzt. Begonnen hat sie ihre schriftstellerische Karriere unter ihrem richtigen Namen, unter dem The Labyrinth Gate (1988) – ein Fantasyroman um eine Alternativwelt mit matrilinearer Herrschaftsstruktur – und The Highroad Trilogy (1990) – eine Space Opera über eine junge Heldin und ihren überaus musikalischen robotischen Begleiter – erschienen sind. Doch aus vielerlei Gründen wollte sie einen Neuanfang, daher kamen die Novels of Jaran (1992-94) nicht nur bei einem anderen Verlag, sondern auch unter einem neuen Namen heraus. Und bei diesem Namen ist es bis heute geblieben.
The Golden Key von Kate ElliottNach den vier Novels of Jaran – in denen es um den Kontakt zwischen Erdenmenschen und dem nomadischen Volk der Jaran bzw. die sich daraus ergebenden Verwicklungen geht – schrieb Kate Elliott zusammen mit ihren Freundinnen und Kolleginnen Melanie Rawn und Jennifer Roberson (die damals wesentlich bekannter als sie selbst waren) The Golden Key (1996), einen ambitionierten Fantasyroman, der in den leicht verfremdeten, aber dennoch erkennbaren Ländern (v.a. Spanien, Frankreich und den nordafrikanischen Mittelmeerstaaten) einer Alternativwelt spielt. Im Mittelpunkt von The Golden Key steht die Malerfamilie der Grijalvas, deren männliche Nachkommen über die besondere Begabung verfügen, mit ihren Bildern die Welt um sich herum beeinflussen und verändern zu können. Seit Generationen nutzen die Grijalvas ihre Fähigkeiten, um Einfluss auf die Herrscherfamilie und die Politik ihres Heimatlandes zu nehmen, doch auch sie können die tiefgreifenden gesellschaftlichen Veränderungen, die sich ringsum auf der Welt anbahnen, nicht dauerhaft verhindern. Hier in Deutschland ist dieser durchaus gelungene Roman in drei Teilen erschienen, so dass Leser oder Leserinnen, die nur an den Arbeiten von einer oder zwei der drei beteiligten Autorinnen interessiert sind, sich entsprechend für Das Bildnis der Unsterblichkeit (Roberson), Die Farben der Unendlichkeit (Rawn, beide 1997) oder Zeit der Wiederkunft (Elliott, 1998) entscheiden können (auch wenn das – auf die gesamte Geschichte bezogen – natürlich wenig sinnvoll sein dürfte).
1997 erschien dann mit King’s Dragon der Auftaktroman von Crown of Stars, einem insgesamt siebenteiligen Zyklus, der sich nahtlos in die Reihe der großen, vielbändigen Fantasy-Epen einreiht und so manche von ihnen in mehrfacher King's Dragon von Kate ElliottHinsicht übertrifft. In King’s Dragon beginnt die Geschichte der beiden Hauptfiguren Liath – oder Liathano – und Alain, die anfangs den Geschehnissen, die sich jeweils rings um sie herum entwickeln, hilflos ausgeliefert erscheinen, die aber im Verlauf der weiteren Bände Prince of Dogs (1998), The Burning Stone (1999), Child of Flame (2000), The Gathering Storm (2003), In the Ruins (2005) und Crown of Stars (2006) mehr und mehr ihre Bestimmung erkennen und ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Das Setting ist ein Alternativwelt-Europa etwa zur Zeit der Ottonen, und eine der Stärken des Zyklus liegt in der für Fantasy-Verhältnisse relativ authentischen Darstellung einer frühmittelalterlichen Gesellschaft mit ihrem Reisekönigtum, den in immerwährende Machtkämpfe verstrickten Adelsfamilien oder den Verflechtungen zwischen weltlicher und kirchlicher Macht, aber auch dem Weltbild der in einer solchen Epoche lebenden Menschen. Hinzu kommen fantasyspezifische Komponenten wie die (durch eine erkennbar ans Christentum angelehnte, sich in einem Punkt aber von ihm wesentlich unterscheidende Religion begründete) deutlich aufgewertete Stellung der Frau, die nur noch aus Legenden bekannten, aber ein wichtiges Plotelement bildenden Lost Ones oder Aoi, die aus dem Land der Greife stammenden Qumaner – und nicht zu vergessen die Aika (bzw. Eikha). Und natürlich gibt es auch Magie. Das Worldbuilding, der sich erst allmählich entfaltende, gelegentlich mit überraschenden Wendungen aufwartende Plot – der ebenso von sehr irdischen Intrigen wie magischen Ereignissen getragen wird – und last but not least die überzeugend gezeichneten und vor allem glaubhaft agierenden Figuren – neben den bereits erwähnten Liath und Alain gibt es noch ein gutes Dutzend weiterer wichtiger Figuren und eine große Zahl von Komparsen – machen Crown of Stars zu einem der besten mehrbändigen Fantasyzyklen der letzten zwanzig Jahre. Von daher ist es bedauerlich, dass der Sternenkrone in ihrer zwölfteiligen (die ersten fünf Originalbände wurden gesplittet) deutschsprachigen Inkarnation – Erben der Nacht (1998), Im Namen des Königs, Auf den Flügeln des Sturms, Die Kathedrale der Hoffnung (alle 1999), Der brennende Stein, Das Rad des Schicksals (beide 2000), Kind des Feuers, Schatten des Gestern (beide 2001), Ins Land der Greife (2005), Die magischen Tore (2006), Das verwüstete Land (2007) und Die letzte Schlacht (2008) – nicht annähernd der Erfolg beschieden war, den sie verdient gehabt hätte.
Traitor's Gate von Kate ElliottNach dem Ende von Crown of Stars hat sich Kate Elliott mit Crossroads – einem aus den Bänden Spirit Gate (2006), Shadow Gate (2008) und Traitors’ Gate (2009) bestehenden Zyklus – erneut der klassischen Fantasy zugewandt. In diesem Fall ist das Setting allerdings nicht an ein geschichtlich zu verortendes europäisches Vorbild angelehnt, sondern wesentlich fantasyhafter. So gibt es zum Beispiel die auf riesigen Adlern reitenden Reeves, eine Art Polizeitruppe, die nach dem Verschwinden ihrer Herren, der Guardians, die jahrhundertelang das Land of the Hundred beherrscht haben, allergrößte Mühe haben, weiterhin für Recht und Ordnung zu sorgen. Dabei bekommen sie es zunehmend nicht nur mit die Handelswege bedrohenden Räuberbanden zu tun, sondern auch mit Übergriffen fremder Mächte. In dieses unruhige, an der Schwelle zum Krieg stehende Land kommt der Qin-Krieger Anji, der aus bestimmten Gründen aus seiner Heimat flüchten musste und schon bald erkennt, dass turbulente Zeiten zwar bedrohlich sind, sich in ihnen für einen entschlossenen Mann aber auch außergewöhnliche Möglichkeiten ergeben. Auch Crossroads wartet mit überzeugenden Figuren auf, und auch hier wird erst nach und nach deutlich, in welche Richtung sich die Geschichte wirklich entwickelt und was es mit den sagenhaften Guardians wirklich auf sich hat. Wenn man der Trilogie – auf die nach einem Brückenband eine weitere, zeitlich deutlich später angesiedelte Trilogie folgen soll – etwas vorwerfen kann, dann allenfalls, dass sie dem Setting und dem Hintergrund der einen oder anderen Figur ein bisschen mehr Platz hätte einräumen können. Aber vielleicht wird das ja in den noch geplanten Romanen geschehen.
Bis es soweit ist, werden sich die Leserinnen und Leser aber noch ein bisschen gedulden müssen, denn zunächst einmal hat sich Kate Elliott mit der inzwischen vollständig vorliegenden Spiritwalker Trilogy (Cold Magic (2010), Cold Fire (2011) und Cold Steel (2013)) einem vollkommen neuen Setting zugewandt, das sich deutlich von ihren bisherigen High-Fantasy-Szenarien unterscheidet, und das sie am besten selbst beschreiben sollte: “Read an Afro-Celtic post-Roman icepunk Regency fantasy adventure with airships, Phoenician spies, the intelligent descendents of troodons, and a dash of steampunk whose gas lamps can be easily doused by the touch of a powerful cold mage.” Das klingt zunächst einmal ziemlich interessant.
Kate Elliott ist eine Autorin, die sich durch den in ihren Werken immer spürbaren, aber nie aufdringlichen emanzipatorischen Ansatz unter Fantasy-Lesern nicht nur Freunde gemacht hat. Dabei zählt sie zu den wenigen Autorinnen, denen es gelingt, diesen Ansatz bruchlos in das jeweilige Setting einzubetten, die Welt glaubwürdig zu gestalten und mit überzeugenden Figuren zu bevölkern – und das Ganze, ohne sich allzu sehr an bekannte Vorbilder (bzw. das eine, vor allem bekannte Vorbild) anzulehnen. Von daher kann man nur hoffen, dass sie noch lange weiterschreibt – denn immerhin hat sie bereits bewiesen, dass es möglich ist, ein mehrbändiges Fantasy-Epos nicht nur stimmig, sondern auch innerhalb eines zeitlich vertretbaren Rahmens zu Ende zu bringen.

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