Als Buch des Monats im Dezember haben wir ein kuschliges, kleines Kammerspiel von Peter S. Beagle erkoren: In Es kamen drei Damen im Abendrot (der Originaltitel The Innkeeper’s Song wird dem Fokus der Handlung besser gerecht, die Übersetzung von Hans J. Schütz ist aber durchaus empfehlenswert) sieht der Wirt Karsch drei merkwürdige Frauen in seiner Herberge eintreffen (“eine weiße, eine schwarze und eine braune”), und er ahnt gleich, dass sie ihm Ärger ins Haus bringen: Bei den Damen handelt es sich um die ertrunkene und wiedererweckte Lukassa, Lal, offenbar mit magischen Kräften ausgestattet, und die flüchtende Nyateneri, die von einem Fuchs begleitet wird. Die drei Damen sind ein erzwungenes Bündnis eingegangen, gerufen von einem gemeinsamen alten Freund, einem Magier – und Karschs Wirtshaus wird ihre Basisstation und der Nexus der folgenden Ereignisse, und ist damit beinahe einziger Schauplatz dieses kompakten Romans.
Auf die verschlungene Geschichte, die sich dort abspielt, muss man sich einlassen. Weder die (durchaus detailreiche) Welt noch die Haupthandlung stehen im Vordergrund, sondern vielmehr das Verhältnis der beteiligten Figuren – neben den Damen noch etliche Nebenfiguren bis hin zu Nyateneris Fuchs, die abwechselnd als Erzähler berichten und die Ereignisse in einem unterschiedlichen Licht erscheinen lassen. Beagles poetische Sprache lässt die Figuren, jede auf ihre Art, lebendig werden, besonderen Genuss bereiten Lals Kapitel – und die des Fuchses, eines ausgewachsenen Schlitzohrs, der einige wunderbare Szenen hat und Untaten ohne Reue ausplaudert (“Wachhund taugt nichts, wann kommen neue Tauben?”).
Trotz der Künstlichkeit der Erzählperspektive (Ich-Erzähler, die nach einigen Jahren auf die Ereignisse zurückblicken) wirken die Stimmen unmittelbar und authentisch. Dass noch dazu (zunächst) drei von Klischees unbeleckte Heldinnen das Zentrum der Geschichte bilden, ist das Tüpfelchen auf dem i. Die Themen, die über diese Figuren verhandelt werden, sind universell und Beagles Lieblingsthemen – Liebe und Tod. Gefühlvoll stellt er Beziehungen und ihre Nähe, aber auch ihr Zerbrechen dar, vieles steht vernehmlich, aber zurückhaltend zwischen den Zeilen.
Das erstaunlichste an Es kamen drei Damen im Abendrot ist vielleicht, dass sich durchaus eine große Geschichte abspielt, dass die drei Damen auf einer Queste sind, doch die wird relativ unwichtig, findet letzten Endes sogar teilweise außerhalb der erzählten Handlung statt, die epischen Elemente treten zugunsten der persönlichen in den Hintergrund.
Es kamen drei Damen im Abendrot (ISBN:3-423-20179-7) ist ein Einzelband, Figuren und Schauplätze sind in Beagles Erzählkosmos eingeflochten – mit Lal gibt es eine Kurzgeschichte in Der Zauberer von Karakosk, und man kann raten, wer der Magier in Nöten eigentlich ist. 😉
Ausgezeichnete Wahl. Ein sehr schönes Buch! 🙂 Kann ich sehr empfehlen, inklusive der Kurzgeschichte.
Danke für diese wunderbare Rezension! Ich hatte schon lange vor etwas von Peter Beagle zu lesen und habe mir jetzt dieses Buch (da nur noch antiquarisch erhältlich, als Import aus England ^^) besorgt.
Ich war von der poetischen Kraft der Erzählung total überwältigt. Auch die unterschiedliche Sprechweise und Einstellung der Charaktere ist sehr gut herausgehoben und lässt die Geschichte sehr authentisch wirken.
Eines meiner neuen Lieblingsbücher. :)))
Vielen Dank für das Feedback!
Wenn wir jemandem zu einer lohnenden Lektüre oder gar einem neuen Lieblingsbuch verhelfen können, ist das eigentlich das Lob, über das wir uns am allermeisten freuen. 🙂
Wenn du mit Beagle noch weitere Versuche machen willst, finde ich, dass “Das letzte Einhorn” noch ähnlich viel Spaß macht wie die Drei Damen. Dazu gibt es momentan keine Rezi bei uns, aber einen Blogeintrag: klick