Ökosystem Buchregal: Wenn Nerds sortieren

Gerade bin ich über einen Artikel gestolpert, den ich recht amüsant fand. Denn die Verfasserin “Klappentexterin” beschreibt darin einen kleinen Spleen, der bei ihren Freunden offensichtlich für Heiterkeit sorgte und mich an meinen eigenen Freundeskreis erinnerte. Es geht kurz gesagt um ein Notfallregal, in dem Klappentexterin eine kleine Auswahl von Büchern hortet, die sie in einer Notsituation, bei der sie schnell das Haus verlassen muss, sofort bereitstehen hat, um die Lieblinge in Windeseile einpacken zu können. Was andere für schrullig halten würden, finde ich einfach nur romantisch. Nichts zelebriert die eigene Liebe und das Gefühl eines lebendigen Buches mehr als ein solches Notfallregal.

Während ich mir nun dachte »Was für eine zauberhafte Idee!« kam ich nicht umhin einen Blick in mein eigenes Regal zu werfen. Zur Zeit ist das eines dieser Expedit-Regale mit 25 Kuben, das bei uns in der WG als Raumteiler funktioniert. Pickepacke voll gestopft mit Büchern.Im Buchregal
Ich hatte mal gedacht, meine Bücher gehören eigentlich in mein persönliches Zimmer, doch da ich mich die meiste Zeit im Wohnzimmer aufhalte, hätte ich meine Schätze so kaum zu Gesicht bekommen. Also wanderten sie ins Wohnzimmer, wo ich sie tagein, tagaus aus nur zwei Metern Entfernung regelmäßig anschauen und anhimmeln kann. Mit dem Artikel von Klappentexterin im Hinterkopf kam ich nicht umhin festzustellen, dass auch ich gewisse Gruppen erstellt habe. Das beginnt ganz grob damit, dass auf der mir zugewandten Seite des Regals nur jene Bücher stehen dürfen, die mich nachhaltig beeindruckt oder einfach nur erfreut haben, während die Rückseite mit den weniger ans Herz gewachsenen Büchern – von denen ich mich bisher trotzdem nicht ganz trennen konnte – gefüllt ist. Innerhalb der beiden Seiten gibt es weitere Unterkuben, die auf der Rückseite allerdings nun weniger interessant sind. Auf der Frontseite dagegen gibt es einen Kubus für »Sammlerausgaben«, »Vampire, Werwölfe, Sagen«, “Artbooks“, “Episches” und, ganz unbewusst, auch ein Notfallregal bzw. in diesem Fall einen Notfallkubus, in dem sich alle meine heiß und innig geliebten Bücher aufhalten dürfen. Dort findet man im Augenblick Namen wie z.B. Diana W. Jones, Jim Butcher, Erin Morgenstern, Patrick Rothfuss, Dan Wells, Paul Kidby, Gail Carriger und Richard Matheson. Erstaunlicherweise wird mir erst jetzt bewusst, dass dieser Kubus meinem restlichen Kategorisierungswahn völlig widerspricht, wenn hier Artbook neben  Steampunk neben Märchen neben Urban Fantasy neben epischer Highfantasy usw. aufgereiht steht.
Wenn ich das später meinem Mitbewohner erzähle, ernte ich garantiert einen erneuten Kopfschüttler inklusive verkniffenem Grinsen und einem gemurmelten “Nerd!” … Ist es nicht schön, ein Nerd zu sein? 😀

Wie sieht es in euren Regalen aus? Habt auch ihr versteckte oder routinierte Ticks eingebaut, von denen ihr bisher vielleicht noch gar nichts geahnt habt?

11 Kommentare zu Ökosystem Buchregal: Wenn Nerds sortieren

  1. Elric sagt:

    Hihi,
    Also ganz so “schlimm” ist es bei uns nicht. (wenn aber was passieren würde, müssten wir zwei komplette Billys mitnehmen…)
    Die Aufteilung nach “sehr gut-wieder lesen” bis hin zu “Na ja, halt gelesen” gibt es bei uns allerdings auch: Im Wohnzimmer stehen die wirklich tollen, teuren Bücher, die uns wichtig sind. Da reihen sich Cook und Rothfuss ein, Harry Potter und der Goldene Kompass, Martin, Bakker, Erikson und Abraham, nicht zu vergessen der volle Regalboden Tolkien (“meine Ausgabe ist schöner, die stellen wir hier rein!”;) )
    Im Schlafzimmer ist ganz viel in Richtung “war wirklich gut, schafft es aber nicht”, genauso wie im Esszimmer (wobei da auch ein paar Gurken sind – ist also nicht so hochwertig wie im Schlafzimmer 😉 )
    Und der Flur muss sich mit den “nun ja”-Bänden zufrieden geben. Tja… der Dachboden hat nur Zeug, das wir nicht mehr sehen wollten… 😀
    Interessant wird es erst, wenn man mal was sucht! 😉 Unsere Logik hat nämlich nix mit Genre oder Subgenre zu tun, nur was mit Aussehen und Gefallen! 😀

  2. moyashi sagt:

    Ihr sortiert in Zimmern! Ok. Jetzt fühle ich mich mit meiner Handvoll Bücher irgendwie unterbesetzt. O.o

    Bei der Suche muss ich dafür an Kvothe im Archiv denken, als Fela ihm das “System” erklärt. 😀

  3. Elric sagt:

    Tja, ich weiß genau, wo meine Bücher sind! Kann dir meistens sogar sagen, in welchem Fach das wie vielte Buch es ist! 😀
    Ist das jetzt noch nerdiger?
    Und das mit den Zimmern liegt ganz einfach an dem zwei-Personen-sammeln-verrückt-Haushalt! 😉

  4. Ivy sagt:

    Ich hab meine Bücher tatsächlich sehr buchhändlerisch sortiert. Ich hab mehrere Regale Belletristik und Phantastik, Comics und humorvolle/nerdige Sachbücher und Biographien in einem Zimmer. In meinem Arbeitszimmer sind dann die ganzen Bücher für die Uni, aber auch nach Fächern sortiert, die Zeichenratgeber, Wörterbücher, und andere allgemeine Sachbücher, Reise und Kinder- und Bilderbücher. Innerhalb der “Warengruppen” sind sie natürlich auch noch alphabetisch nach Autorennamen bzw. bei Künstlermonographien nach Künstlernamen bzw. bei Ausstellungskatalogen nach dem ersten sinntragenden Wort sortiert. Und stehen natürlich bündig vorn an der Kante des Regals.
    Aber davon abgesehen… 🙂

  5. Katerchen sagt:

    Für’s Büchersortieren bin ich zuständig und bei mir kommt eben schon der Bibliothekar durch. Die Bücher sind sachlich geordnet, wobei dem Arbeitszimmer/Bibliothek quasi die “wissenschaftliche” Literatur vorbehalten ist: von der Geschichte, der Bavarica über Politik zur Botanik bis hin zur Technik. In unserem Dachgeschoß (ein schöner, ausgebauter Speicherraum) befindet sich ein stabiles, weißes Bücheregal in das die gesamte Belletristik eingezogen ist. Ein wenig nach Genres geordnet, wobei meine “schwarze Bibliothek” einen Sonderstatus einnimmt: sie soll noch erheblich erweitert werden (ich bin hier sozusagen im Bestandsaufbau), deshalb hat sie einen eigenen abgeschlossen Regalbereich und wird von mir besonders gepflegt. 🙂

  6. moyashi sagt:

    Da scheint ihr als Buchhändler/ Bibliothekare ja schon klar im Vorteil zu sein, was die Zuordnung und Einteilung angeht. Alphabetisch sortiert hatte ich es sogar eine Weile mal, aber dann kam irgendwann der Gestalter in mir durch und ich fing Bücher nach ‘schickes Cover, hässliches Cover’ zu sortieren. Ich konnte irgendwie nicht damit leben, dass ein totschick gestaltetes Buch neben so einem Praktikantenunfall versauerte. :-/
    Ich fürchte meine Methode des Sortierens ändert sich auch immer mal wieder.

  7. Katerchen sagt:

    Naja… wie man’s nimmt…
    Als mein Beruf meinen Umgang mit Büchern noch nicht so… beeinträchtigt hatte – standen die Bücher bei mir nach Größe geordnet. Wurscht was drinstand. Da konnte es dann schon passieren, das ein Krimi neben einem Kinderbuch gelandet ist… *räusper*
    Das “Büchernörgele” hätte seine Freude gehabt…
    Jetzt bringt mich meine Privatregierung regelmäßig an den Rand der Verzweiflung, wenn er z. B. den neuesten Scholl-Latour anschleppt. Scholl-Latours Werke stehen unter dem Schlagwort “Politik” und “Politik” nimmt in unserer “WB” einen beträchtlichen Raum ein. Jetzt kommt es vor, das ich ganze Regalmeter verschieben muß, damit die “Politik” auch wieder schön ordentlich zusammensteht.
    Mein Gatte schüttelt auch immer nur den Kopf, wenn er mich laut schimpfend wie einen Rohrspatz beim “Bücherumsortieren” antrifft… 🙂

  8. moyashi sagt:

    Man kann es ihm nicht verdenken, das klingt schon sehr nach Slapstick. 😀
    Ich finde diese Einblicke in des Buchnarren Ordungsmethoden aber ganz wunderbar. Da fühlt man sich mit seinen eigenen kleinen Ticks und geernteten schiefen Blicken nicht so alleine. 😀

  9. Katerchen sagt:

    Nerds eben…
    Aber du ahnst ja nicht vor welche Schwierigkeiten einen die Biographie von Helmut Kohl und Wilhelm II bringen kann…
    Außerdem warf ich gestern noch mal einen Blick in mein “Belletristikregal”. Nur Belletristik steht da auch nicht drin.
    Ein paar Sachbücher haben sich da auch reinverirrt: (Pflanzenbestimmungsbücher von btv zum Beispiel in einem eigenen Regal und die Biographie von Coco Chanel, weil ich nicht wußte wo zum Kuckuck ich die Coco nun in unserer “WB” unterbringen sollte. Deshalb steht die Coco gerade ziemlich allein in einem Regalmeter. Flankiert oberhalb und unterhalb von Asterix, Abraham, Poe, E. T. A. Hoffmann, Wilde, Meyrink, Rossegger, Tolkien, Lindgren, Ende, Jahnsson…, PM History und National Geographic und Opernführern.)

  10. Pegasus sagt:

    Ein Notfallregal ist ja mal eine tolle Idee! 😀
    Allerdings müsste ein der Notfallräumung gewidmetes Regal im Flur und dort vorzugsweise in der Nähe der Wohnungstür stehen. Was hieße, dass ich meine Schätze kaum noch im Blick haben würde. Vielleicht sollte ich statt dessen eine Notfallräumung trainieren: Regal 1, Reihe 3, Bücher 2-10; Regal 2, Reihe 2, Bücher 2-7 (allerdings von hinten), Regal 3, Reihe 1, Bücher 1-4 (von hinten)… Ich geb’s auf. 😉 Obschon interessant wäre, wie viele unserer gut 800 Bücher als Kandidat für eine Notfallräumung in Frage kämen.

    Bei uns geht es – wohl auch vor allem wegen der Katalogisierung der Bücher bei LibraryThing – recht sortiert zu: Im Arbeitszimmer stehen die arbeits- bzw- studiumsrelevanten Bücher sowie ein paar Wörterbücher. In der Küche stehen die Kochbücher. Im Schlafzimmer liegen die Bücher, die gerade gelesen werden. Im Wohnzimmer gibt es ein Regal mit Fantasy, eines mit SF und eines mit allem, was weder Fantasy noch SF ist. Dieses hat die Abteilungen Klassiker, Philosophie, Religion, Geschichte, Mythologie, Bildbände, Antiquarisches, Historischer Roman und Abenteuerroman sowie einen Regalboden für alle Romane, die da nicht reinpassen. 😀
    Geordnet sind die Bücher alphabetisch nach Autoren. Sollte dies wie z. Bsp. bei Sammelbänden nicht möglich sein nicht möglich sein, nach Titel.

  11. moyashi sagt:

    800 Bücher! Meine Güte. Forumos sprengt wieder alle Grenzen.
    Ich stelle fest, in manchen Haushalten hat einfach kein Notfall einzutreffen, das wäre wohl schlicht inakzeptabel. 😀

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