Als die Truppen des Lord des Tohan-Clans, Iida Sadamu, Tomasus Dorf verwüsten und alle Bewohner töten, wird der sechzehnjährige Junge von dem Lord des Otori-Clans, Shigeru, gerettet. Da Tomasu Ähnlichkeiten mit dem ermordeten Bruder des Lords aufweist, nimmt Shigeru ihn bei sich auf, nennt ihn fortan Takeo, läßt ihn ausbilden und adoptiert ihn schließlich. Zur gleichen Zeit lebt das ebenfalls sechzehnjährige Mädchen Kaede seit acht Jahren als Geisel auf Schloß Noguchi, bei einem Verbündeten von Iida Sadamu. Aufgrund von politischen Intrigen soll Kaede Lord Shigeru heiraten. Shigeru liebt aber seit langem Lady Maruyama, die Sadamu für sich beansprucht. Als alle diese Personen in Inuyama, der Hauptstadt des Tohan-Reiches zusammentreffen, entscheidet sich ihr Schicksal.
– Meine Mutter drohte oft, mich in acht Stücke zu reißen, wenn ich den Wassereimer umstieß oder vorgab, ihren Ruf nicht zu hören, während die Dämmerung dichter wurde und die Zikaden lauter schrillten.-
Kapitel 1
Wer Liebesgeschichten mag, die in einem exotischen Ambiente angesiedelt und mit politischen Intrigen gewürzt sind, hat mit Das Schwert in der Stille (Across the Nightingale Floor) die richtige Lektüre gefunden. Lian Hearn ist eine sehr gute Erzählerin, die es versteht, eine Handlung zu entwickeln, und die genügend Kenntnisse der japanischen Kultur besitzt, um eine an das mittelalterliche, feudale Japan angelehnte Welt, die von verfeindeten Kriegerkasten beherrscht wird, glaubwürdig darzustellen.
Allerdings hat entweder die Autorin oder die Übersetzerin an einigen Stellen zu moderne Ausdrücke gewählt, die die fast perfekte Illusion zerstören und den Leser aus der Geschichte in die Gegenwart katapultieren. So beschimpft Takeo Wachleute als nutzlose Idioten. In der Stadt wird eine Bar besucht. Die Autorin teilt an einer Stelle mit, das Zimmer sei gut geschnitten, was den Leser eher an seinen letzten Wohnungsbesichtigungstermin mit einem Makler denken läßt, als an ein einfaches mittelalterliches japanisches Haus und als Krönung der Ausrutscher in die Moderne sagt Lord Shigeru: “Kenji leitet selbst ein sehr erfolgreiches Unternehmen für Sojaprodukte…”
Dieses Buch ist in erster Linie ein pseudohistorischer Roman, in dem Magie eine untergeordnete Rolle spielt, und von daher für Fantasy-Puristen weniger geeignet. Takeo gehört zum “Stamm” und besitzt besondere Fähigkeiten. So kann er sich unsichtbar machen oder an zwei Orten gleichzeitig sein und er hat ein außerordentlich feines Gehör.
Am deutschen Titel Das Schwert in der Stille ist nichts auszusetzen. Er ist nicht, wie ich zuerst argwöhnte, ein Titel, der einfach nur poetisch ist und mit dem Roman nichts zu tun hat und der wahrscheinlich gewählt wurde, weil der Originaltitel, der in Bezug auf die Geschichte einleuchtender ist, nur holprig klingend ins Deutsche übersetzt werden kann. Allerdings muß man das Buch sehr genau lesen, damit man die Stelle, auf die sich der Titel bezieht, nicht überliest.