Ein Problem, das wir alle kennen: Das Regal ist voll. Nieten aussortieren ist eine Sache. Level 2 allerdings sind ungelesene Bücher, bei denen man eine Ahnung hat, dass sie auch fürderhin ungelesen bleiben werden. Zu Beginn eine einfache Übung: Folgebände mehrteiliger Reihen. Man hat sie sich im ersten Enthusiasmus angeschafft, aber wenn man wie ich Reihen kaum je hintereinander wegliest, stellt man irgendwann fest, dass das Interesse erloschen ist.
1. The Oracle’s Queen (Lynn Flewelling)
Bei der Tamír Trilogy hat mir der erste Band Spaß gemacht. Als die Reihe erschienen ist, war es das, was ich damals gern mochte, schöne (Gender-)Trickspielchen mit ausführlich ausgeleuchteten Charakteren. Schon beim zweiten Band hatte sich das Konzept ein klein wenig abgenutzt, und als dann ein paar Jahre ins Land zogen, ehe der dritte erschien, war die Reihe zum Großteil aus meinem Gedächtnis verschwunden. Schlechtes Zeichen. Nochmals einlesen werde ich mich wohl nicht.
2. A Fortress of Grey Ice (J.V. Jones)
Die Sword of Shadows-Reihe war J.V. Jones’ Beitrag zur damals heranwogenden grim&gritty-Welle. Den ersten Band habe ich ganz nett in Erinnerung, vor allem das eisige Setting war nach meinem Geschmack. Und am Ende so gestrickt, dass man unbedingt wissen will, wie es weitergeht. Also her mit dem zweiten Band. Allerdings kam danach sehr, sehr lange kein dritter, und den zweiten habe ich nie zur Hand genommen. Was ich damals unbedingt wissen wollte, ist mir inzwischen auch entfallen, deswegen werden Raifs Abenteuer wohl ohne mich weitergehen.
3. Red Seas Under Red Skies (Scott Lynch)
Jetzt kommen wir zu den Titeln, bei denen der Abschied etwas schwerer fällt. Den Vorgänger Lies of Locke Lamora fand ich gewitzt und spannend, wenn auch etwas merkwürdig strukturiert. Ich hätte gern noch einen Roman mit ähnlichen Hintergründen gelesen. Dass der zweite dann so eine piratige Anmutung hatte, hat mich wohl bisher vom Lesen abgehalten. Und der dritte Band ist eines DER Problembücher der Fantasy, die (in diesem Fall aus guten Gründen) schon ewig auf sich warten lassen. Ein bisschen schade finde ich es trotzdem, den Autor fallenzulassen, aber an Red Seas Under Red Skies habe ich trotzdem so gar kein Interesse entwickelt.
4. Kushiel’s Chosen (Jacqueline Carey)
Schon Kushiel’s Dart war ein harter Brocken. Die ganze Fifty-Shades-of-Kushiel-Nummer mit der mit Schürhaken und ähnlichem traktierten Heldin dürfte zwar inzwischen niemandem mehr ein müdes Lächeln entlocken, aber der Roman hat gebraucht, bis er sich zwischen Hofintrigen, Bettgeschichten und Benimmregeln in ein famoses Abenteuer entwickelt hat. Und das war leider nicht nur toll erzählt und sprachlich wie weltschöpferisch interessant, sondern hatte auch sehr viel verzwickt-tragische Romantik. Die Andeutungen, wie es rund um die Romantik weitergehen könnte, waren für mich doch nicht überzeugend genug, um weiterzuverfolgen, wie Phèdre nó Delaunay und ihr Leibwächter Joscelin nicht zusammen glücklich werden können. Ach!
5. The Great Hunt (Robert Jordan)
Einen Band vom Rad der Zeit muss man einfach mal testen, wenn man epische Fantasy mag. Und ganz unspanned war es auch nicht. Ich wollte mir also anschauen, wo das Ganze hinläuft, wenn es mal über den ersten Vorstoß nach Mittelerde hinaus ist. Ob es allerdings die abschreckende Vorstellung der vielen Bände, die merkwürdigen Frauenfiguren oder das doch etwas zu klassische und wenig reizvolle Setting war, das dazu geführt hat, dass ich nie weiterlesen wollte, kann ich nicht einwandfrei klären. Vielleicht ist das eine der Reihen, die man eher in einem zarten Alter lieben lernen muss, um ihr zu verfallen?
Und die Moral von der Geschicht könnte heißen: Autoren und Autorinnen, braucht nicht zu lange. Zum Glück habe ich auch etliche Reihen im Regal, in die ich problemlos nach langer Pause oder auch über viele Bände hinweg gerne wieder einsteige. Aber damit das für mich klappt, muss das Gelesene wohl eine bessere Langzeitwirkung auf mich haben als bei den hier vorgestellten, auch wenn ich von den ersten Bänden seinerzeit mitunter viel gehalten habe.