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Die Seuche Band 2Die Oldis sind ein Volk von Jägern, Sammlern und Handwerkern, das in Frieden leben könnte, wenn nicht die kriegerischen Borun die Nachbarschaft unsicher machen würden – und wenn vor allem die Seuche nicht wäre. Wahllos rafft sie Alte und Junge dahin, und mit keiner Heilmethode ist ihr beizukommen. Der junge Jautry verliert dadurch seinen Bruder, und dessen Mutter Valnes beschließt, der Sache auf den Grund zu gehen. Doch da wird ein toter Borun gefunden, und die Vorurteile und gegenseitigen Schuldzuweisungen kochen über.

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Little, Big von John CrowleyBibliotheka Phantastika gratuliert John Crowley, der heute 70 Jahre alt wird. Der am 01. Dezember 1942 in Presque Isle, Maine, geborene Crowley zählt gewiss zu den literarisch anspruchsvollsten zeitgenössischen angloamerikanischen Autoren und Autorinnen, die phantastische Literatur schreiben (oder geschrieben haben, denn seine neuesten Romane enthalten keine oder allenfalls marginale, als solche kaum noch erkennbare phantastische Elemente), was vermutlich mit dazu beigetragen hat, dass seine Romane – von einer Ausnahme abgesehen – nie der große Publikumserfolg waren und er sich weder im Genre noch im Mainstream eine große Stammleserschaft erworben hat. Allerdings muss man auch zugeben, dass er es seinen Lesern und Leserinnen vor allem in seinen Nicht-SF-Romanen nicht gerade leicht macht.
Begonnen hat John Crowley als Autor von SF-Romanen, die in ihrem Instrumentarium tief auf SF-Konventionen zurückgreifen, dabei aber bereits auf mehr oder weniger eigenwillige Weise sehr ungewöhnliche Geschichten erzählen. In The Deep (1975; dt. In der Tiefe (1981)) ist eine scheibenfömige, auf einer unermesslich weit in die allumfassende, titelgebende Tiefe reichenden Säule platzierte Welt der Schauplatz einer Handlung, deren feudale Fehden und Intrigen auch jedem Fantasyroman zur Ehre gereichen würden – allerdings ist der wichtigste personale Erzähler ein reichlich mitgenommener Androide mit Erinnerungsproblemen. Der etwas konventionellere, in einer unbestimmten, aber recht nahen Zukunft angesiedelte zweite Roman Beasts (1976; dt. Geschöpfe (1980)) spielt in den in viele miteinander verfeindete Kleinstaaten zerfallenen USA und dreht sich um genetisch veränderte, dem Menschen plötzlich sehr ähnliche Tiere bzw. vor allem darum, wie die Menschen mit ihnen umgehen. Engine Summer (1979; dt. Maschinensommer (1982)), Crowleys dritter Roman, lebt vor allem von der anfangs gewöhnungsbedürftigen, aber faszinierenden Erzählstimme des Ich-Erzählers Rush That Speaks, der sich in einer ferneren Zukunft mit den Lebensumständen in den dieses Mal postapokalyptischen USA herumschlagen muss. Wobei diese Lebensumstände keineswegs von andauernden Kämpfen geprägt sind, im Gegenteil, das Setting hat mehr von einer dem Untergang geweihten ländlichen Idylle mit deutlichen Anklängen an indianische Kulturen und New-Age-Elementen. Dennoch wartet Engine Summer am Schluss mit einer Enthüllung auf, die man (wenn man die Konsequenzen durchdenkt) eigentlich nur als herzzerreißend bezeichnen kann.
Mit Little, Big (1981; dt. Little Big oder Das Parlament der Feen (1984)) verabschiedete sich Crowley zumindest als Romanautor von der SF und wandte sich der Phantastik zu. Für diesen Roman – dessen Titel in gewisser Hinsicht Programm ist, denn “the further in you go, the bigger it gets” (was auf den Bezug zwischen der äußeren, mundanen und der inneren, phantastischen oder spirituellen Welt verweist) – erhielt er 1982 den World Fantasy Award, und er wurde auch sein größter kommerzieller Erfolg. Und das, obwohl die Handlung, in der ein Haus, das innen größer ist als außen und in dem es neben einem Modell des Sonnensystems auch Portale in andere Realitäten zu geben scheint – oder auch nicht – eine ebensogroße Rolle spielt wie Menschen, die vielleicht auch Faeries sind, oder der wiedergeborene Friedrich Barbarossa, und in der sich etliche Anspielungen und Verweise auf Lewis Carrolls Alice’s Adventures in Wonderland finden lassen, alles andere als leicht zugänglich oder verständlich ist. Auch wenn es ein bisschen hilft, sich an der ebenfalls vorhandenen Familiengeschichte und der Suche des vielleicht am ehesten als Hauptfigur zu bezeichnenden Smoky Barnables nach der Welt der Faeries entlangzuhangeln.
Der Erfolg von Little, Big scheint Crowley Mut gemacht zu haben, sein nächstes, noch wesentlich ambitionierteres – und noch weniger leicht zugängliches – Werk anzugehen: einen manchmal als Ægypt Tetralogy bezeichneten Megaroman, Daemonomania von John Crowleyder aus den vier Bänden Ægypt (1987; rev. The Solitudes (2007); dt. Ægypten (1991)), Love & Sleep (1994), Dæmonomania (2000) und Endless Things (2007) besteht. Die komplexe Handlung dreht sich einerseits um die geheime Geschichte der Welt bzw. die Suche der in der nahen Zukunft lebenden Hauptfigur Pierce Moffat nach der “wirklichen” Welt – einer Welt, in der Magie einst tatsächlich Magie und als solche anwendbar war, und die durch ein Ereignis so verändert wurde, dass sich auch die Vergangenheit mit verändert hat –, andererseits um mehrere, durch unterschiedliche Beziehungen miteinander verbundene Personen, aber auch um wirkliche und fiktive Bücher, um Giordano Bruno und John Dee, um Hermes Trismegistos und die auf ihn zurückgehende Hermetik, und ganz generell um die Frage, was die Wirklichkeit ist und wie man sie als solche erkennt. Teilweise wunderbar geschriebener, aber inhaltlich harter Stoff, der noch dazu über einen Zeitraum von 20 Jahren erschienen ist.
Neben diesen – und drei neuen, in diesem Jahrtausend erschienenen nicht phantastischen – Romanen hat Crowley auch einige teils phantastische Kurzgeschichten und Erzählungen geschrieben, die in den Sammlungen Novelty (1989), Antiquities (1993) und Novelties & Souvenirs: Collected Short Fiction (2004; diese Sammlung enthält die ersten beiden und ein bisschen neues Material) veröffentlicht wurden. In der ersten (und dann logischerweise auch der letzten) Sammlung ist die Novelle “Great Work of Time” erschienen, für die Crowley 1990 ebenfalls den World Fantasy Award erhalten hat, und die eine der faszinierendsten und zugleich erschreckendsten Umsetzungen der Zeitreisethematik bietet. Wer wissen möchte, was orthogonale Zeit ist, und warum Eingriffe in die Vergangenheit so gefährlich sind, findet hier eine umfassende Antwort. Allerdings muss er oder sie die Geschichte im Original lesen, denn “Great Work of Time” wurde bisher ebensowenig ins Deutsche übersetzt wie die Bände zwei bis vier von Ægypt – und das ist, allen Vorbehalten hinsichtlich der komplexen, bewusst hermetisch und opak erzählten (späten) Romane Crowleys zum Trotz schlicht bedauerlich.

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Mit unserem Buch des Monats im Dezember möchten wir euch einladen, euch in eine kuschlige Leseecke zu verziehen und in den Langen Winter der Alten Welt einzutauchen.
Alv, ein Waisenjunge, der das Schicksal vieler Fantasy-Helden teilt und erst einmal alles verlieren muss, ehe er seine wahre Bestimmung annehmen kann, wird Lehrling bei einem Meisterschmied. Seine Ausbildung ist umfassend und strapaziös, die drei Gesellenstücke, die er nach langer Lehrzeit anfertigen soll, sind außergewöhnlich: Ein Armreif, ein Tarnhelm und ein Schwert. In der einsamen Schmiede hoch im Norden, am Rande des ewigen Eises, das die Welt zu verschlingen droht, gehen jedoch merkwürdige Dinge vor, und der Meister ist dem Lehrling schon lange nicht mehr geheuer.
Es braucht viele Abenteuer, bis Alv zu sich selbst findet und den Namen Elof wählt, zusammen mit dem Schwertkämpfer Kermorvan einer der wenigen wird, die die Gastfreundschaft des älteren Volkes genießen dürfen, und sich schließlich seinem alten Meister stellen kann.

Michael Scott Rohans Der Amboß aus Eis, der erste Band der Trilogie Der Winter der Welt, ist klassische Fantasy, wie sie eigentlich schon seit geraumer Zeit kaum mehr veröffentlicht – und vielleicht auch nicht mehr geschrieben – wird. Mit Der Amboß aus Eis von Michael Scott Rohandem starken Bezug zur (nordischen) Mythologie, ohne ein direktes Derivat zu sein, der Heldenreise und dem Kampf gegen das Böse (das hier in einer unfassbar-unheimlichen Gestalt in Form der Eismassen auftritt, hinter denen der Wille steht, alles Lebende zu verschlingen) ist sie auf eine Weise tolkienesk, die die meisten Herr-der-Ringe-Nachfolger nie erreicht haben. Auch formal ist die Parallele unübersehbar, Der Amboß aus Eis wird nicht selten im Stil einer Chronik erzählt und behält auch in den szenischen Passagen einen getragenen Ton bei. Gedichte und ein ausführlicher Anhang (der die Fiktion der Chronik aufrecht erhält, aber die alternative Erklärung eines Klimawandels anbietet) runden das Bild ab.
Zwischen vorzeitlichen Geschöpfen wie Zeuglodons, deutlich naturverbundeneren Völkern und der gewaltigen Präsenz des Eises, neben der alles andere unbedeutend erscheint, wirken die Menschen in Michael Scott Rohans Alter Welt ein wenig verloren und haben kaum Chancen, das Wirken der Mächte zu verstehen, die sich in ihr Leben einmischen. Doch auch sie haben sich Magie angeeignet, und die eindrucksvollsten Passagen in Der Amboß aus Eis sind mitunter die Szenen, in denen Alv die Schmiedekunst und die ihr innewohnende Magie erlernt, mit der Kräfte in Gegenständen gebunden werden können.
Wenn man groß angelegte, epische Fantasy mit Tiefgang und archaischem Weltentwurf vermisst, ist man mit Der Amboß aus Eis (The Anvil of Ice, 1986, dt. 1993, ISBN 3-453-07252-9) gut beraten. Der Roman führt am Ende etliche Fäden zusammen, einige (und der grundlegende Konflikt) werden allerdings in den Fortsetzungen Die Schmiede im Wald und Der Hammer der Sonne weitererzählt.

Buch des Monats

Jeder bei bp liebt Geschichten, und die Geschichte, wie aus einem vergnüglichen Schreibprojekt einiger eab- und Foren-Mitglieder ein Buch entstand, wäre vielleicht auch erzählenswert – aber heute wollen wir erst einmal verraten, was wir genau fabriziert haben, damit ihr entscheiden könnt, ob es dafür vielleicht eine Lücke in eurem Regal oder ein freies Speicherplätzchen auf dem eBook-Reader gibt. Dafür haben wir mal abgeklopft, ob unser Meisterstück den ehernen Grundregeln für Fantasy-AutorInnen folgt:

Work in progress, Phase 1
1. Verarbeiten Sie unbedingt ein gängiges Modethema, wenn Sie Erfolg haben wollen! Setzen Sie Ihren Figuren Goggles auf! Oder Vampirzähne! Oder wenigstens einen Evergreen des Genres – ein Breitschwert muss sein!
Vielleicht liegt es daran, dass Bücherwürmer anatomisch nicht dafür geschaffen wurden, auf fahrende Züge aufzuspringen oder auf Wellen zu reiten: unsere vier Erzählungen sollen eine Einladung an den Leser sein, Neuland jenseits von Verlagsprogrammen zu erforschen. Es werden euch weder Edwards, noch dampfbetriebene Gesellen, oder Hobbits (oder gar dampfbetriebene Hobbits-Edwards) begegnen – eher wandelnde Lurche, Könige im Fellwechsel oder frierende Geister.

2. Keine Experimente! Klischeehafte Figuren helfen Ihrem Leser, sich in einer Fantasywelt heimisch zu fühlen. Sie können dazu auf eine Reihe langerprobter Stereotypen zurückgreifen – nutzen Sie sie!

Als Autor übernimmt man auch soziale Verantwortung: wir haben uns deshalb u.a. der totgeschwiegenen Probleme alleinerziehender Wikingerväter und Hexen ohne festen Wohnsitz angenommen und hoffen, dass wir unsere Leser für diese Themen sensibilisieren können. Ähnlich brisant sind nur die sozialen Zwangslagen von Einsiedlern mit zu vielen Freunden und die harte Tarifpolitik von Kutschenfahrern – und auch darüber haben wir uns deshalb ausgelassen.

3. Echte Fantasy braucht Platz! Schreiben Sie, bis das Manuskript einen guten Türstopper abgibt, und planen Sie mindestens eine Romantrilogie!
Als Geisteswissenschaftler ist sie einem nicht gerade in die Wiege gelegt: die Kunst, sich kurz zu fassen. Wir haben es dennoch für euch probiert und präsentieren euch eine Textform, die in Deutschland unter Fantasylesern noch unbeliebter ist als die utopische Totenklage in Sonettform – wir haben Kurzgeschichten geschrieben!

Work in progress, Phase 3
Unsere kleine Anthologie Götter, Molche, Drachenzähmer kommt noch rechtzeitig, um auf den Gabentisch zu passen, wo sie, so viel können wir versprechen, auch unglaublich gut aussehen wird. Ihr werdet sie als eBook oder in der Printausgabe bei Amazon kaufen können, und ansonsten ist sie rundum made in & by Forumos, und zwar von Colophonius, mistkaeferl, moyashi, Seyra und Wulfila. Für unsere Forumsmitglieder gibt es die Anthologie demnächst außerdem bei einer kleinen Rätselei zu gewinnen. Haltet die Augen offen!

Eselsohr

Bibliotheka Phantastika gratuliert David Zindell, der heute 60 Jahre alt wird. Sein Debüt als SF-Autor gab der am 28. November 1952 in Toledo, Ohio, geborene David Zindell mit der Kurzgeschichte “The Dreamer’s Sleep” im Dezember 1984 im semiprofessionellen Magazin Fantasy Book, doch so richtig Aufsehen erregte er mit der Erzählung “Shanidar”, mit der er den ersten Writers of the Future Contest gewann, und die er später leicht abgewandelt in seinen ersten Roman Neverness (1988; dt. Neverness (1991)) einarbeitete.
Neverness vermischt auf eigenwillige, nicht oft gesehene Weise Elemente der klassischen Space Opera mit denen einer kosmologischen SF, wie sie beispielsweise Olaf Stapledon geschrieben hat. Was bedeutet, dass Mallory Ringess, der Held und Ich-Erzähler des Romans, der als Raumschiffspilot und Mitglied des Order of Mystic Mathematicians and Other Seekers of the Ineffable Flame ein Privilegierter des von Neverness aus beherrschten Galaktischen Imperiums ist, sich alsbald ziemlich zentral mit Fragen über den Ursprung, die Natur und das Ende der Galaxis (oder des Universums?) auseinandersetzen muss. In der sich anschließenden, aus den Bänden The Broken God (1993), The Wild (1995) und War in Heaven (1998) bestehenden Trilogie A Requiem for Homo Sapiens muss sich Mallorys Sohn Danlo noch etwas mehr (und breiter ausgewalzt) mit dieser Problematik herumschlagen. Wie sehr den Autor die Fragen nach der Natur des Universums und den Platz – oder der Aufgabe – des Menschen darin beschäftigen, kann man daran erkennen, dass sich auch sein zweiter umfangreicher Zyklus um eschatologische Fragen dreht.
The Lord of Lies von David ZindellThe Ea Cycle (dt. Das Valashu-Epos) ist allerdings lupenreine Fantasy, und Zindell bedient sich in diesem Zyklus des klassischsten aller Fantasy-Plots, denn er schickt seinen Helden (natürlich – wie es sich für Helden in der High Fantasy gehört – in Begleitung mehrerer treuer Gefährten) auf eine Queste. Auf eben diese begibt sich Valashu Elahad, der siebte Sohn des Königs eines Bergkönigreichs im ersten Band The Lightstone (2001; dt. Der magische Stein (2003)), denn es gilt, besagten Lightstone – eine Art Gral – zu finden und zu verhindern, dass er in die falschen Hände fällt. Sein großer Gegenspieler ist Morjin, der “Herr der Lügen”, ein im wahrsten Sinne des Wortes gefallener Engel, dessen schmeichelnde, verführerische Stimme Valashu bei dessen Suche (die auch eine Suche nach sich selbst ist) mindestens ebenso viele Probleme macht wie die Feinde, die sich ihm in Fleisch und Blut auf dem Schlachtfeld entgegenstellen. In den Folgebänden Lord of Lies (2003; dt. Der Herr der Lügen (2004)) und Black Jade (2005; dt. Der verfluchte Wald (2006)) wird die Geschichte fortgeführt, bis sich die Kontrahenten im Abschlussband The Diamond Warriors (2007) schließlich in der letzten Schlacht gegenüberstehen. Das ist aber nur das, was vordergründig geschieht. Hintergründig geschieht sehr viel mehr, wenn Valashu und seine Gefährten mehr oder minder rasch an ihren Aufgaben wachsen, wenn die Frage, was es letztlich bedeutet, ein Mensch zu sein, sich immer mehr in den Vordergrund schiebt, und wenn Val erkennen muss, dass alles im Leben seinen Preis hat.
Man hat David Zindell die thematische Ähnlichkeit des Ea Cycle mit seinen SF-Romanen ebenso vorgeworfen wie Parallelen zum Herr der Ringe oder zum Artus-Mythos. Diese Vorwürfe mögen zum Teil berechtigt sein, orientieren sich aber fast ausschließlich an bewusst eingesetzten oberflächlichen Motiven und ignorieren, dass die jeweiligen Protagonisten sich ihren “letzten Fragen” doch auf sehr unterschiedliche Weise nähern.
Zindells formal klassische Queste mit ihrer Mischung aus populärkulturellen, vor allem aber mythologischen und spirituellen Elementen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen hat es trotz – oder vielleicht aufgrund – ihrer poetischen Sprache und ihrer immer durchschimmernden lebensbejahenden Aussage nicht geschafft, eine große Zahl von Lesern und Leserinnen zu finden; und das, obwohl die Fragen, die in ihr gestellt werden, eigentlich interessanter sein müssten als die, um die sich viele andere Zyklen im Bereich der High Fantasy – ob “grim & gritty” oder nicht – drehen. Das mag man bedauern. Man kann sich aber auch einfach nur an dem erfreuen, was man hat, beispielsweise an einem der schönsten kosmologischen Entwürfe der modernen Fantasy (und SF) – denn wo gibt es das sonst, dass übernatürliche (und in diesem Sinne “göttliche”) Wesen ein neues Universum ins Dasein singen?

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Bibliotheka Phantastika erinnert an L. Sprague de Camp, dessen Geburtstag sich heute zum 105. mal jährt. Es hat schon einen Hauch von Tragik, wenn der Name eines Autors ein bisschen mehr als zehn Jahre nach seinem Tod ausgerechnet in den Kreisen am häufigsten genannt wird, in denen er nicht den allerbesten Ruf genießt. Und das – die Reduzierung auf seine mittlerweile umstrittene Mitwirkung an der Popularisierung und Fortschreibung der Conan-Saga – hat Lyon Sprague de Camp (geb. am 27. November 1907 in New York, gest. am 06. November 2000) denn doch nicht verdient. Immerhin hat er im Laufe seiner langen, erfolgreichen Karriere mehr als 100 Bücher veröffentlicht (nicht nur SF-, Fantasy- und historische Romane, sondern auch knapp zwei Dutzend Sachbücher und etliche Anthologien), sowie unzählige Kurzgeschichten, Erzählungen, Artikel und Essays verfasst.
Begonnen hat diese rund 60 Jahre lange Karriere 1937 mit der Veröffentlichung der SF-Story “The Isolinguals” in der September-Ausgabe von Astounding Stories. Auch in den folgenden Jahren blieb de Camp Astounding und dessen – für Fantasy im weitesten Sinne zuständigem und wesentlich kurzlebigerem – Schwesternmagazin Unknown weitgehend treu, und in den beiden Magazinen sind die Erzählungen bzw. Kurzromane vorabgedruckt worden, mit denen er sich rasch einen Namen machte. In Astounding waren das vor allem der bis heute als eines seiner bekanntesten und besten Werke geltende SF-Roman Lest Darkness Fall (1939, erw. 1949; dt. Das Mittelalter findet nicht statt (1965) bzw. Vorgriff auf die Vergangenheit (1972)) – ein Alternativweltroman, in dem der Archäologe Martin Padway durch ein Zeitloch ins Rom des Jahres 535 n.Chr. fällt und dort durch seine Kenntnisse dafür sorgt, dass der Titel der ersten deutschen Ausgabe zutrifft –, sowie die ersten Teile einer zum Gesamtkomplex der Viagens Interplanetaris zählenden Sequenz von Geschichten, die auf dem exotischen Hinterwäldler-Planeten Krishna spielen (und die später – z.T. unter neuen Titeln – um weitere Romane ergänzt als Krishna Tales zusammengefasst und veröffentlicht wurden).
The Mathematics of Magic von L. Sprague de Camp und Flechter PrattIn Unknown fanden u.a. die zusammen mit Fletcher Pratt verfassten ersten Abenteuer des Psychologen Harold Shea und seiner Freunde (The Roaring Trumpet und The Mathematics of Magic (beide 1940)), die sich mittels formaler Logik in fremde mythologische oder literarische Welten versetzen können, ihre erste Heimat. In den beiden o.g. Kurzromanen besuchen Shea und Konsorten (nicht immer absichtlich) die Welt der nordischen Mythologie und die Welt von Edmund Spensers The Faerie Queene, in den später erschienen Romanen geht es in die Welten von Ludovico Ariostos Orlando Furioso (The Castle of Iron (1950)), der finnischen Kalevala (The Wall of Serpents (1953)) und der irischen Mythologie (The Green Magician (1954)).
Das Motiv des Reisens in alternative Welten findet sich auch in The Carnelian Cube (1948, ebenfalls mit Fletcher Pratt), wie sich generell bestimmte Motive und Themen durch de Camps gesamtes Werk ziehen. Eine weitere erwähnenswerte Kollaboration mit Pratt ist die Kurzgeschichtensammlung Tales from Gavagan’s Bar (1953), ein Beispiel für die im englischen Sprachraum beliebten Bar- oder Clubgeschichten – ein Subgenre, das Lord Dunsany mit seinen Jorkens-Stories begründet hat, und in dem sich seither viele bekannte SF- und Fantasyautoren von Arthur C. Clarke bis Spider Robinson versucht haben.
Die Beschäftigung mit Robert E. Howards Conan-Stories – die wenig später in seine o.e. Mitwirkung an der Veröffentlichung der Conan-Saga mündete – inspirierte de Camp zu einem eigenen, in einer prähistorischen Epoche angesiedelten Heroic-Fantasy-Zyklus: der aus den Romanen The Tritonian Ring (1951) und einer Handvoll Kurzgeschichten bestehenden Pusadian (oder Poseidonis) Series. Die während der letzten Eiszeit spielenden Geschichten sind von den (nicht nur geographischen) Hintergründen her sauber recherchiert und gewiss nicht schlechter als Vieles, was in den 60er und 70er Jahren im Rahmen des Sword-&-Sorcery-Booms auf den Markt kam, auch wenn de Camp mit einem Howard oder Leiber bei weitem nicht mithalten kann. Was möglicherweise damit zu tun hat, dass für de Camp das Schreiben immer eher ein Job – den er diszipliniert und im Rahmen seiner Fähigkeiten so gut wie möglich gemacht hat – aber eben keine Berufung oder gar Besessenheit war.
Sein Mitwirken an der Popularisierung des Conan-Franchise sorgte dafür, dass etliche Jahre lang nur wenig SF- oder Fantasyromane von de Camp erschienen sind. Erst 1968 kam mit The Goblin Tower der erste Teil der Novarian Series auf den Markt, die mit The Clocks of Iraz (1971) und The Unbeheaded King (1983; alle drei auch als Sammelband The Reluctant King (1995)) fortgesetzt wurde, und in der die Abenteuer des unbedarfterweise durch Zufall zum König gewordenen Jorian erzählt werden (bzw. dessen Versuche, die Königswürde wieder loszuwerden, ohne dabei den Kopf zu verlieren). Die auf einer Parallelwelt in einem an das klassische Griechenland und das mittelalterliche Italien erinnernden Milieu spielenden Romane haben fast alle Merkmale, die die besseren Werke de Camps aufweisen: sie sind, was die Hintergründe angeht, sauber recherchiert, behandeln interessante Themen (ohne allerdings The Fallible Fiend von L. Sprague de Campmehr als an der Oberfläche zu kratzen) und sind voller ironischer, gelegentlich auch sarkastischer oder zynischer Anmerkungen über das Wesen und Verhalten des Menschen an sich. In The Fallible Fiend (1973) – einer Nebengeschichte der eigentlichen Sequenz, in der die Geschichte des Dämons Zdim erzählt wird, der ein Jahr lang Dienst auf der Ebene der Menschen leisten muss – wird dieser Blick auf (allzu) menschliche Verhaltensweisen auf die Spitze getrieben, während The Honorable Barbarian (1989) wieder konventioneller ist; in diesem Roman steht Jorians jüngerer Bruder Kerin im Mittelpunkt, der seine Abenteuer allerdings in einer ganz anderen Ecke der Welt erlebt.
Es ließe sich noch viel über de Camps Werke schreiben, etwa über The Incorporated Knight (1988) und The Pixilated Peeress (1991), seine beiden (offiziellen) Kollaborationen mit seiner Frau Catherine Crook de Camp (mit der er schon früher häufig zusammengearbeitet hat). Oder über seine Meriten als Herausgeber mehrerer Anthologien, die mit zum Heroic-Fantasy-Boom der 60er und frühen 70er beigetragen haben. Über seine Sachbücher wie Lost Continents: The Atlantis Theme in History, Science and Literature (1954, rev. 1970) oder Great Cities of the Ancient World (1972), seine umstrittenen Biographien über H.P. Lovecraft (Lovecraft: A Biography (1975)) und Robert E. Howard (Dark Valley Destiny: The Life of Robert E. Howard (1983), mit Catherine Crook de Camp und Jane Whittington Griffin). Oder über seine historischen Romane von An Elephant for Aristotle (1958) bis The Golden Wind (1969). Aber all das und noch Einiges mehr muss einem noch zu schreibenden De-Camp-Portrait vorbehalten bleiben.

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Bibliotheka Phantastika erinnert an E. R. Eddison, der heute vor 130 Jahren geboren wurde. Auch wenn sein Name einem Großteil der heutigen Fantasyleserschaft vermutlich kaum noch etwas sagen wird, nimmt der hauptberuflich lange Zeit als Beamter im britischen Handelsministerium tätige Eric Rücker Eddison (geb. am 24. November 1882 in Adel, Yorkshire, England, gest. am 18. August 1945 in Marlborough, Wiltshire) zu recht einen prominenten Platz in der Ahnengalerie der Fantasy ein. Und das, obwohl sein Oeuvre vergleichsweise schmal und sein eigentliches Hauptwerk unvollendet geblieben ist. Sowohl in Eddisons Leben wie in seinem Werk gibt es einige bedenkenswerte Parallelen zu J.R.R. Tolkien, auf die an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden kann. Beiden gemein ist sicher die Rückwärtsgewandtheit, die Sehnsucht nach einer Welt, die zu dem Zeitpunkt, als sie ihre Werke schrieben, längst Vergangenheit war. Ihr Umgang mit diesem Thema ist allerdings vollkommen unterschiedlich.
The Worm Ouroboros von E.R. EddisonNirgends wird dies deutlicher, als in Eddisons erstem und bis heute bekanntestem Roman The Worm Ouroboros: A Romance (1922; dt. Der Wurm Ouroboros (1981 bzw. 1993)). Von einer auf der Erde beginnenden, aber nie abgeschlossenen Rahmenhandlung um einen Mann namens Lessingham zusammengehalten – bzw. nicht zusammengehalten –, erzählt er die Geschichte des Krieges zwischen den Herren des Dämonenlandes und dem König des Hexenlandes auf einer erdähnlichen Welt namens Mercury (Merkurien), wobei man sich von den Begriffen nicht irreführen lassen sollte; die Demons (Dämonen), Witches (Hexen), Goblins (Kobolde) etc.pp. sind alle von menschlicher Gestalt. Die Guten in diesem Spektakel – deren Heldenhaftigkeit allerdings durchaus fragwürdige Züge trägt – sind Lord Juss, Goldry Bluszco, Lord Spitfire und Brandoch Daha, die Fürsten des Dämonenlandes, der Böse ist Gorice XI. (bzw. XII.), der König des Hexenlandes – und die interessantesten Charaktere sind Gorices Armeeführer Corund, Corsus und Corinius mit ihren eher menschlichen und nachvollziehbaren Problemen und der in seiner Loyalität schwankende Lord Gro aus Koboldland. Das Ganze ist in einer ebenso archaischen wie barocken Sprache inszeniert und nimmt mit seinem Kampf zwischen gut und böse oder dem (in diesem Fall auf die Spitze getriebenen) zyklischen Geschichtsbild thematisch einen Großteil dessen vorweg, was man in den meisten später erschienenen, der Heroic Fantasy oder Sword & Sorcery zugehörigen Werken finden kann. Dass die nur für ihre Ehre und den Kampf lebenden, im wahrsten Sinne des Wortes rein hedonistischen “Helden” ein problematisches Konstrukt sind, ist unbestritten. Dass The Worm Ouroboros vor allem aufgrund seiner einzigartigen Sprache (die nur in der zweiten deutschen Übersetzung adäquat wiedergegeben wird), sowie seiner Funktion als Genrekonventionen vorwegnehmender bzw. schaffender Vorläufer eines beträchtlichen Teils der modernen Fantasy eine Wiederentdeckung – gerne mit kritischem Auge – mehr als verdient hätte, allerdings auch.
1926 veröffentliche Eddison mit Styrbiorn the Strong (dt. Styrbjörn der Starke (1996)) die Nacherzählung einer alten isländischen Sage; der nur am Ende ins Phantastische abkippende Roman ist eine Verbeugung vor seiner lebenslangen Faszination für die nordischen Sagas, der er auch mit der Übersetzung einer weiteren Saga (Egil’s Saga (1930)) noch einmal Ausdruck verliehen hat.
A Fish Dinner in Memison von E.R. Eddison1935 erschien mit Mistress of Mistresses der erste, handlungschronologisch allerdings letzte Band der Zimiamvian Trilogy (deren Bände jedoch in beliebiger Reihenfolge gelesen werden können), sechs Jahre später gefolgt von A Fish Dinner in Memison. Der unvollendet gebliebene dritte Band The Mezentian Gate wurde erst 1958 (und damit 13 Jahre nach Eddisons Tod) veröffentlicht, und viele Jahre später gab es mit Zimiamvia: A Trilogy (1992) auch noch einen Sammelband. Die Zimiamvische Trilogie (Die Herrin Zimiamvias, Ein Fischessen in Memison (beide 1982), Das Tor des Mezentius (1983)) ist ein wesentlich komplexeres Werk als der Wurm und mit diesem einerseits durch die Figur Lessinghams, andererseits durch die Tatsache, dass Zimiamvia so etwas wie die Nachwelt oder das Jenseits Merkuriens ist, verbunden. An die Stelle heldenhafter Kämpfe treten machiavellische Intrigen und amouröse Abenteuer, wobei sich aber auch hier wieder zwei universelle Prinzipien (die Eddison Zeus und Aphrodite nennt) gegenüberstehen. Die komplizierte Handlung – in deren Verlauf unter anderem auch die Erde bzw. deren Bezug zu Zimiamvia eine Rolle spielt –, deren Hintergründe sich erst nach und nach enthüllen, lässt es um so bedauerlicher erscheinen, dass Eddison durch seinen frühen Tod weder den dritten Band fertigstellen, noch weitere (geplante) Bände der Sequenz schreiben konnte. Natürlich vertritt Eddison auch hier wieder eine fragwürdige Philosophie, in der Ruhm und Schönheit alles sind und alles andere nichts ist. Andererseits nimmt er erneut Themen vorweg, die in der Fantasy mittlerweile zu einem Teil des Standardrepertoires gehören. Und zumindest sprachlich hat er diese Themen auf seither nicht mehr erreichte Weise behandelt. Was natürlich auch bedeutet, dass Leser und Leserinnen, die von den heute aktuellen Erzählkonventionen des Genres geprägt sind, sich die Lektüre des Worm Ouroboros oder der Zimiamvian Trilogy regelrecht erarbeiten müssen. Beim Worm gibt es immerhin eine adäquate Übersetzung (die mit dem ihr vorangestellten Vorwort und den zahlreichen Anmerkungen im Text als vorbildlich für die Präsentation eines Klassikers betrachtet werden kann), die Übersetzung der Zimiamvian Trilogy wird Eddisons – im Vergleich zum Worm weniger archaischer – Sprachgewalt leider nicht ganz gerecht.

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Die Landkarte der Zeit von Félix J. PalmaSie planen eine Zeitreise? Besser, Sie packen eine passende Landkarte ein! Zeitparadoxa sind in diesem Roman vorprogrammiert und laden den Leser dazu ein, sich irgendwo in der Zeit zu verlieren.
In drei Episoden folgt man einem jungen Mann, der seine Geliebte an Jack the Ripper verloren hat und in die Vergangenheit reist, um das Verbrechen zu verhindern; dann trifft man auf Claire, die sich in ihrer Gegenwart des 19. Jh. fehl am Platz fühlt und sich ins Jahr 2000 flüchtet, wo sie sich unerwartet verliebt; zuletzt begleitet man Inspektor Garrett bei der Jagd nach einem Mörder, dessen Waffe noch gar nicht erfunden wurde – und alles läuft zusammen bei H.G. Wells höchstpersönlich …

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Wir gedenken Boris Strugazkis, der gestern im Alter von 79 Jahren verstorben ist. Die Romane der Brüder Arkadi (1925-1991) und Boris Strugatzki gehören für mich zu den Meilensteinen meines Leselebens; ihre scharfen, klugen Satiren, ihr feiner bis absurder Humor, ihr politisches Engagement und ihre unablässige philosophische Suche nach dem Menschlichen in der Science Fiction machen sie zu den bedeutendsten Autoren der sowjetischen SF.

Doch nicht nur für sowjetische Zeitgenossen waren die Strugatzkis eine Offenbarung: auch in der ehemaligen DDR sind einige Werke der Brüder (in zensierter Form) erschienen und haben kritischen Lesern ermöglicht, innerhalb einer Zensurdiktatur von einer anderen Welt und einer anderen Ordnung zu träumen. Unter dem Mantel der Science Fiction gelang es ihnen, politische und gesellschaftskritische Themen zu behandeln und in einen öffentlichen Diskurs zu bringen.

Wir laden euch ein, in unseren Strugatzki-Rezensionen zu stöbern und hineinzutauchen in das Mittagsuniversum – oder eine der vielen anderen Welten, die Boris und Arkadi Strugatzki geschaffen haben.

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Etwas endet, etwas beginnt von Andrzej SapkowskiEtwas endet, etwas beginnt ist der dritte bei dtv erschienene Kurzgeschichtenband von Andrzej Sapkowski, in dem auch zwei Erzählungen mit Bezug zum Hexer Geralt enthalten sind. Die Geschichten sind allesamt phantastisch, spielen aber in sehr unterschiedlichen Welten.

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