Zum Gedenken an Robert Bloch

Bibliotheka Phantastika erinnert an Robert Bloch, dessen Todestag sich vor rund zwei Wochen zum 25. Mal gejährt hat. Der am 05. April 1917 in Chicago, Illinois, geborene Robert Albert Bloch dürfte vermutlich tatsächlich zu den Autoren zählen, an die man erinnern muss, denn den jüngeren Lesern und Leserinnen dürfte er – wenn überhaupt – wahrscheinlich allenfalls noch als Autor des Romans Psycho (1959) ein Begriff sein, der Vorlage für den gleichnamigen Film von Alfred Hitchcock (1960), welcher wiederum als eines der wichtigsten Werke des “Master of Suspense” und als Klassiker des amerikanischen Kinos gilt.*
Robert Bloch: PsychoFür Bloch selbst war Psycho (dt. Kennwort Psycho (1960) bzw. Psycho (1966), NÜ Psycho (2012)) – dem er mit Psycho II (1982, dt. Psycho II (1990)) und Psycho House (1990; dt. Psycho-Haus (1992)) noch zwei Fortsetzungen folgen ließ – ein Meilenstein in seiner damals schon 25 Jahre dauernden Karriere; von nun an galt er als Meister des psychologischen Horrors, und schon bald öffneten sich ihm auch die Türen zu neuen, lukrativen Märkten z.B. als Drehbuchautor für diverse TV- und Filmprojekte (so schrieb er beispielsweise in der zweiten Hälfte der 60er die Skripte für drei Episoden der originalen Star-Trek-Serie).
Angefangen hat Robert Bloch jedoch als Autor phantastischer Kurzgeschichten, und erschienen sind diese Storys – wie die vieler seiner Zeitgenossen – im vielleicht wichtigsten phantastischen Pulp-Magazin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: in Weird Tales. Er war ein langjähriger Leser des Magazins und stand schon als 17-Jähriger in Briefkontakt mit H.P. Lovecraft, gehörte einige Zeit später selbst zum “Lovecraft-Circle”. Und schrieb in diesem Alter einen Leserbrief, in dem er Howards Conan-Storys harsch kritisierte, der in der November-Ausgabe von WT veröffentlicht wurde – zwei Monate, ehe seine erste eigene Story “The Feast in the Abbey” erschien. Man könnte sich wahrlich einen besseren Start vorstellen, und Blochs Kritik führte auch zu einer Mini-Kontroverse in “The Eyrie”, der Leserbriefspalte von WT, doch letztlich erwies sich das alles als Sturm im Wasserglas; im Laufe der nächsten siebzehn Jahre sollte Bloch noch fast 70 Storys in Weird Tales veröffentlichen und war zeitweise eine der Stützen des Magazins. Und er hat eines aus der ganzen Sache gelernt: “It also taught me a valuable lesson. From that point on and to this very day I have avoided public criticism of my fellow writers, no matter how lousy and rotten their crummy efforts may be.”**
Blochs frühe WT-Storys waren stark vom Schaffen seines Mentors H.P. Lovecraft beeinflusst oder gar direkt zum Cthulhu-Mythos zu zählen, doch allmählich machte er sich nicht nur vom Schatten seines großen Vorbilds frei, sondern fand in Magazinen wie Amazing Stories, Strange Stories, Unknown, Fantastic Adventures und vielen anderen noch weitere Abnehmer für seine teils mit einem bösen Twist versehenen, teils auch humoristischen Geschichten. Als die vielleicht typischste Bloch-Story aus dieser frühen Phase seiner Karriere – und als eine seiner besten – gilt zu recht “Yours Truly – Jack the Ripper” (WT, July 1943)***, in der er sich zum ersten Mal dem Mythos um Jack the Ripper zuwandte, den er später noch häufiger thematisiert hat, u.a. in dem Roman The Night of the Ripper (1984; dt. Der Ripper (1987)) und in der Star-Trek-Episode “Wolf in the Fold”.
Bei einem Autor, der schon im ersten Jahrzehnt seiner Karriere mehr als 100 Kurzgeschichten geschrieben hat, ist es nur folgerichtig, dass seine erste Buchveröffentlichung dann auch ein Sammelband – der erste von mehr als 30 (!) – war: The Opener of the Way (1945). Blochs erster Roman The Scarf – ein Thriller – erschien 1947, gefolgt von vier weiteren Thrillern in den 50ern … und dann kam Psycho.
The Best of Robert BlochAuch nach dem Erfolg von Psycho schrieb Bloch weiter fleißig Storys – immerhin hatte er im gleichen Jahr mit “That Hell-Bound Train” (The Magazine of Fantasy & SF, September 1958) seinen ersten (und – sieht man von einem gesondert vergebenen Special Award für 50 Jahre als Profi im Jahre 1984 ab – auch einzigen) HUGO Award gewonnen – sowie gelegentlich den einen oder anderen Roman, verfasste etliche Drehbücher für Filme und TV-Produktionen und sah einen steten Strom seiner Kurzgeschichtensammlungen auf den Markt kommen, in denen zumeist altes und neues Material gemischt zu finden war.
Robert Bloch war ein ungemein vielseitiger und fleißiger Autor, der im Rahmen seiner langen, 60 Jahre währenden Karriere vor allem als Kurzgeschichten-Autor brilliert hat; von daher kann dieser Beitrag seinem Oeuvre noch nicht einmal ansatzweise gerecht werden. Seine Beiträge zum Cthulhu-Mythos – die von wenigen Ausnahmen abgesehen, zu denen man auch den erst spät entstandenen Roman Strange Eons (1978; dt. Cthulhus Rückkehr (2000)) zählen könnte, nicht zu den Glanzlichtern seines Schaffens gehören – sind in dem Band Mysteries of the Worm (1981, rev. u. erg. 1993) gesammelt. Viele, wenn auch längst nicht alle seine Storys – darunter auch die bereits im Text genannten – sind auch auf Deutsch erschienen, zum Teil in übersetzten Sammelbänden (z.B. The Living Demons (1967) als Boten des Grauens (1970), The Best of Robert Bloch (1977) gekürzt als Die besten SF-Stories von Robert Bloch (1980) oder Bloch and Bradbury (1969) als Der Besucher aus dem Dunkel (1972)°), zum Teil als Originalzusammenstellung wie etwa 15 Grusel-Stories (1964) oder Die Göttin der Weisheit und andere Stories (1967), zum Teil in Anthologien.
Neben Geschichten, die man mangels einer passenderen Bezeichung als mal phantastischen, mal psychologischen Horror bezeichnen mag, hat Bloch auch etliche SF-Stories (und den SF-Roman Sneak Preview (1971; dt. Das Regime der Psychos (1974)) geschrieben, sich an humoristischen Geschichten im Stile eines Damon Runyon oder Thorne Smith versucht, von denen drei in dem Band Dragons and Nightmares (1969; dt. Die Pension der verlorenen Seelen (1973)) enthalten sind – und er hat (was angesichts der o.e. Kontroverse auf den Seiten von Weird Tales überraschen mag°°) mit “The Dark Isle” (WT, May 1939) eine Story verfasst, die man ohne wenn und aber der Sword & Sorcery zurechnen kann. Ihre Hauptfigur ist Vincius the Reaper, ein römischer Legionär und Veteran, der zu einer römischen Truppe gehört, die die Druiden von Mona auslöschen soll, wogegen sich Letztere verständlicherweise mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln – und das sind einige – zur Wehr setzen. Die Story ist durchaus atmosphärisch und spannend, nimmt sich allerdings hinsichtlich des historischen Hintergrunds einige Freiheiten (um es wohlwollend auszudrücken). Nichtsdestotrotz beweist Bloch mit “The Dark Isle”, dass er auch Sword & Sorcery schreiben konnte – bzw. hätte schreiben können, wenn er denn mehr in dieser Richtung hätte machen wollen –, die sich vor den Versuchen vieler anderer Autoren keineswegs verstecken muss.
Außer den bereits erwähnten HUGO Awards hat Robert Bloch auch einen World Fantasy Award für sein Lebenswerk erhalten und mehrfach den Stoker Award gewonnen; seine letzten Jahre waren von seiner Krebserkrankung überschattet, doch er hat unverdrossen bis kurz vor seinem Tod am 23. September 1994 weitergeschrieben – wenn auch nicht mehr in dem Tempo wie zum Anfang seiner Karriere.

* – lustigerweise ist bei den aus tausenderlei Gründen im Sommer unter den Tisch gefallenen Autoren auch einer dabei, bei dem der Film, der nach seinem Roman gedreht wurde, bei weitem bekannter ist als das Buch.
** – in Once Around the Bloch: An Unauthorized Autobiography (1992), s. 72. Die ganze Geschichte ist ein bisschen komplexer als da oben beschrieben; wer an einer detaillierten Darstellung interessiert ist, wird hier fündig (und wirklich umfassend informiert).
*** – die deutschen Titel der im Text genannten Storys werden (falls vorhanden) bei Bedarf in einem Kommentar nachgereicht; sie in den Fließtext zu integrieren, würde das Lesen denn doch ein bisschen zu mühevoll machen.
° – dieser Band, der Geschichten von Robert Bloch und Ray Bradbury enthält, war nebenbei bemerkt meine erste Begegnung mit dem Story-Autor Robert Bloch, die mich damals schwer beeindruckt hat
°° – nun gut, gar so überraschend ist das dann auch wieder nicht, denn Bloch hatte keineswegs Howard als Autor kritisiert, sondern vor allem die Figur Conan; von Howards Solomon-Kane-Storys oder z.B. “The Valley of the Worm” war er hingegen begeistert.

Ein Kommentar zu Zum Gedenken an Robert Bloch

  1. Pogopuschel sagt:

    Ach, wusste gar nicht, dass Bloch aus der Phantstik kam. Bis auf “Psycho” war mir sein Werk tatsächlich nicht bekannt. Spannend!

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