Zum 125. Geburtstag von Frans G. Bengtsson

Bibliotheka Phantastika erinnert an Frans G. Bengtsson, dessen Geburtstag sich heute zum 125. Mal jährt. Der am 04. Oktober 1894 in Tossjö in der damaligen südschwedischen Provinz Schonen geborene Frans Gunnar Bengtsson begann seine literarische Karriere in den 1920er Jahren, als er noch während seiner Studienzeit die Gedichtsammlungen Tärningkast (1923) und Legenden om Babel (1925) veröffentlichte, gefolgt von Litteratörer och militärer (1929; dt. Waffengänge (1942)), einem Band mit Essays über François Villon, Walter Scott, Joseph Conrad und Stonewall Jackson.* Nachdem Bengtsson 1930 in Philosophie promoviert hatte, verfasste er weitere Essaysammlungen und eine zweibändige Biographie Karls des XII. – Karl XII:s levnad (1935-36; dt. Karl XII. (1939)) – ehe er schließlich den Roman schrieb, der ihn über sein Heimatland hinaus bekannt machte (und der auch der Grund ist, warum er heute hier erwähnt wird) und der anfangs in zwei Bänden als Röde Orm: Sjöfarare i västerled (1941) und Röde Orm: Hemma och i österled (1945) veröffentlicht wurde.
Die Abenteuer des Röde Orm – so der Titel der 1951 erstmals vollständig erschienenen deutschen Ausgabe, die seither immer wieder neu aufgelegt wurde und zumindest ab Mitte der 70er Jahre durchgängig (!) lieferbar war und ist – schildert die Abenteuer von Orm Tosttesson, dem Sohn eines reichen schonischen Bauern, der alles andere als freiwillig an einem Raubzug des Wikingerhäuptlings Krok teilnehmen muss. Anfangs hat es der noch sehr junge Orm mit seiner Neigung zur Hypochondrie bei den rauen Gesellen nicht leicht, doch das legt sich rasch, und Orm – der wegen seines roten Barts alsbald Röde Orm genannt wird – findet in Toke nicht nur einen guten Freund, sondern auch Gefallen an seinem neuen Leben. Denn dieses Leben hält jede Menge Abenteuer für ihn bereit, führt ihn u.a. ins Kalifat von Cordoba, an den Hof des Dänenkönigs Harald Blauzahn, nach England (wo er an der Schlacht von Maldon teilnimmt) und schließlich bis ins Gebiet des heutigen Russland. Und zwischendurch wechselt er mehrfach den Glauben, heiratet, zeugt Kinder, baut eine Kirche und tut, was ein Wikinger halt so tut …
Die Abenteuer des Röde OrmDie Abenteuer des Röde Orm ist ein höchst ungewöhnlicher Roman (Bengtsson selbst nennt den Röde Orm nicht Roman, sondern “Berättelse”, was Erzählung oder Bericht bedeutet), der stilistisch an die Isländischen Heldensagas angelehnt ist und sich in der Darstellung der Figuren auf ihre Handlungen und das, was sie sagen, beschränkt, aber keine Innensichten liefert. Dessen ungeachtet gelingt es ihm überraschend gut, die Wert- und Weltvorstellungen dieser Figuren zu vermitteln, was den Roman sehr authentisch wirken lässt (auch und vor allem weil viele der besagten Wert- und Weltvorstellungen mit heutigen Sensibilitäten betrachtet mehr als nur ein wenig befremdlich wirken). Unterm Strich bleibt ein Roman, der – wenn man sich auf seine ungewöhnliche Erzählweise einlässt – ein in dieser Form selten gewordenes Leseerlebnis bietet und einen ganz eigenen Lesesog entwickelt.
Die Abenteuer des Röde Orm wurde unter dem Titel The Long Ships auch ins Englische übersetzt, und Motive daraus finden sich in dem gleichnamigen Film (der bei uns 1964 als Der Raubzug der Wikinger in die Kinos kam). Viel wichtiger ist allerdings, dass er dem Autor Runer Jonsson als Inspiration für sein Kinderbuch Vicke Viking (1963) diente, das in Deutschland als Wickie und die starken Männer (1964) auf den Markt kam und auf das nicht nur mehrere Fortsetzungen folgten, sondern das (mitsamt der Fortsetzungen) im Auftrag des ZDF unter dem gleichen Titel als 78-teilige Zeichentrickserie adaptiert wurde – und die dürfte aufgrund der häufigen Wiederholungen auch vielen jüngeren Lesern und Leserinnen ein Begriff sein.
Frans G. Bengtsson hat nach dem Röde Orm noch weitere Essays und kleinere Werke verfasst, und am 19. Dezember 1954 ist er im Alter von 60 Jahren verstorben.

* – ob der Band noch weitere Essays beinhaltet, lässt sich ohne ein entsprechendes Exemplar leider nicht sagen

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