Bibliotheka Phantastika gratuliert Brandon Sanderson, der heute seinen 40. Geburtstag feiert. Bei Erscheinen seines Debut-Romans Elantris (2005, dt. Elantris 2007) war noch nicht zu ahnen, dass der am 19. Dezember 1975 in Lincoln, Nebraska, USA, geborene Brandon Sanderson eine der steilsten Karrieren der Fantasy hinlegen und sich im Lauf der nächsten zehn Jahre zu einem populärsten Autoren des Genres mausern sollte.
Elantris ist eine in einem Band abgeschlossene High Fantasy, die das Schicksal von Prinz Raoden verfolgt, einem idealistischen jungen Anführer, der über Nacht von einer schrecklichen Magie gezeichnet wird, die ihn quasi zum lebenden Toten macht, der fortan in Elantris leben muss, zusammen mit anderen, die sein unabwendbares Schicksal teilen. Doch Raoden lässt sich von „unabwendbar“ nicht beeindrucken und sucht nach seiner Lösung. Und seine Verlobte, die versucht, sein zerfallendes Reich zusammenzuhalten, ist genauso hartnäckig, so dass die beiden ihrem Schicksal mit Magie, Optimismus und Klugheit trotzen können.
Elantris war zwar vielleicht noch nicht Sandersons großer Durchbruch, doch es enthält bereits einige Grundzüge, die auch für das weitere Werk des Autors charakteristisch sein sollten: Ein fein ausgearbeitetes und sehr systemisches Magieverständnis, bildhaft geschilderte und in cineastischen Szenen agierende Figuren, die den Lesern und Leserinnen schnell sympathisch sind, und eine gewissermaßen geradlinige Handlung mit vielen inneren Zusammenhängen und einem strukturiertem Aufbau.
Die Trilogie, die Sanderson als nächstes anging, sorgte für mehr Aufsehen: Mit The Final Empire (2006, dt. Kinder des Nebels (2009)), The Well of Ascension (2007, dt. Krieger des Feuers (2010)) und The Hero of Ages (2008, dt. Herrscher des Lichts (2010)), zusammen die Mistborn Trilogy, betrat Sanderson eine neue Bühne, auf der Magie bzw. Allomantie über Metalle gewirkt wird und das Böse triumphiert hat und über eine mehr oder weniger zerstörte Welt regiert. Doch natürlich gibt es auch hier Rebellion, der führende Kopf dahinter ist Kelsier, ein sogenannter Mistborn, dessen Allomantie besonders mächtig ist. Das Magiesystem und die giftige, beinahe post-apokalyptische Welt sind die tragenden Säulen der Mistborn Trilogy. Mistborn wurde nach einem Sprung von mehreren Generationen mit bisher zwei weiteren Bänden fortgesetzt: The Alloy of Law (2011, dt. Jäger der Macht (2012)) und Shadows of Self (2015) – die noch nicht erschienenen Bände Bands of Mourning und The Lost Metal sollen die Reihe abschließen. Während zwar weiterhin die Allomantie im Mittelpunkt steht, hat sich die Welt nach den Ereignissen der ersten Trilogie gewandelt, und man hat es nun mit einer Flintlock Fantasy zu tun, deren Setting an den Western angelehnt ist.
Sanderson zeigte sich auch neben seinen High-Fantasy-Projekten sehr umtriebig und veröffentlichte Novellen, eine Jugendbuchreihe und Einzelromane, sein großer Wurf war aber ganz sicher, dass er in der Nachfolge des 2007 verstorbenen Robert Jordan dessen Epos The Wheel of Time in den drei Bänden The Gathering Storm (2009, dt. Der aufziehende Sturm, Die Macht des Lichts (beide 2010)), Towers of Midnight (2010, dt. Der Traum des Wolfs, Die Türme der Mitternacht (beide 2011)) und A Memory of Light (2013, dt. Die Schlacht der Schatten, Das Gedächtnis des Lichts (beide 2013)) beenden durfte und das auch zur allgemeinen Zufriedenheit der Fans getan hat.
Damit hatte Sanderson sich endgültig als Großmeister der epischen Fantasy erwiesen und prompt auch als nächstes ein eigenes ambitioniertes Großprojekt begonnen, The Stormlight Archive. Von zehn geplanten Bänden sind bisher zwei erschienen, The Way of Kings (2010, dt. Der Weg der Könige, Der Pfad der Winde (beide 2011)) und Words of Radiance (2014, dt. Die Worte des Lichts (2014), Die Stürme des Zorns (2015)), bei denen in der klassischen Manier der epischen Fantasy die von Stürmen geplagte Welt die eigentliche Hauptrolle spielt, deren Natur und Kultur ausgiebig von einer Reihe von Figuren erkundet und vorgestellt wird. Mit Königsmord, einem alten, fast vergessenen Übel, das der Welt droht, mächtigen Artefakten und verschiedenen, einander feindlich gesinnten Kulturen sind eigentlich alle bekannten Zutaten da, die Sanderson dann in der ihm eigenen akribischen Weise aufbereitet und zu einer Geschichte schmiedet, in der unter anderem das alte Geheimnis der Knights Radiant aufgedeckt wird, die die Welt einst vor Gefahren schützten, die das Leben dort ausgelöscht hätten.
Wenn man The Stormlight Archive schon für ein gigantisches Projekt hält, dann ist The Cosmere noch um eine Ecke ambitionierter, denn unter diesem Oberbegriff hält Sanderson das Stormlight Archive, Mistborn, Elantris und noch etliche andere Werke unter einem Dach zusammen: Die Welten sind alle Planeten einer untereinander verwobenen Galaxis, und Sanderson erfreut seine Fans mit Eastereggs und Hinweisen, die auf das größere Ganze deuten, das im Verlauf weiterer Romane noch eine Rolle zu spielen haben und immer mehr in den Vordergrund treten soll. Da dass Cosmere-Universum insgesamt auf ein paar Dutzend geplante Romane ausgelegt ist, gehen Brandon Sanderson bestimmt nicht schnell die Ideen aus, und seine Leser und Leserinnen können sich auf etliche weitere neue Welten freuen. The Cosmere ist auf jeden Fall ein ziemlich einzigartiges Großprojekt in der Fantasy-Landschaft – das sich durch Sandersons Zuverlässigkeit und Fleiß auch sehr viel schneller entfaltet als so manches andere Opus magnum.
-
Rezensionen
-
Die fünf neuesten Rezensionen
Die jüngsten Kommentare
- Carlos Feliciano on Zum 100. Geburtstag von Kenneth Bulmer
- Kevin Korak on Zum 70. Geburtstag von Bernard Cornwell
- Klassiker-Reread: Esther Rochons „Der Träumer in der Zitadelle“ (3/3) – Sören Heim – Lyrik und Prosa on Zum 65. Geburtstag von Esther Rochon
- Neiden on Zum Gedenken an Hans Bemmann
- gero on Zum 65. Geburtstag von Gillian Bradshaw