Zum 80. Geburtstag von Antony Swithin

Bibliotheka Phantastika erinnert an Antony Swithin, der heute 80 Jahre alt geworden wäre. Ebenso wie J.R.R. Tolkien oder M.A.R. Barker war auch der am 15. Juli 1935 in Sheffield, South Yorkshire, England, geborene William Antony Swithin Sarjeant ein Uni-Professor (in diesem Fall für Geologie an der University of Saskatchewan in Saskatoon, Kanada), der sich parallel zu seiner eigentlichen Tätigkeit eine Spielwiese geschaffen hat, die er für literarische Ausflüge nutzte. Wobei die Wurzeln dieser Spielwiese bis in seine Kindheit zurückreichen, in der er die geheimnisvolle Insel Rockall – in natura ein noch nicht einmal 800 Quadratmeter großer, mehr als 400 Kilometer nordwestlich von Irland im Atlantik gelegener Felsklotz, der bei Swithin zu einer Insel von etwa der doppelten Größe der iberischen Halbinsel und zum Überbleibsel des versunkenen Atlantis wird – erstmals zum Schauplatz seiner Geschichten gemacht hatte. Anders als Tolkien war Sarjeant allerdings kein sonderlich großer Erfolg beschieden, und sein Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts unter dem aus seinem zweiten und dritten Vornamen gebildeten Pseudonym Antony Swithin erschienener vierbändiger Zyklus The Perilous Quest for Lyonesse hat auch keinen Kult-Status erlangt (was Barkers Tekumel-Romanen zumindest in Rollenspielerkreisen gelungen ist).
Im Mittelpunkt der vier Romane steht der junge Simon Branthwaite, der im Jahr 1403 – kurz nachdem König Henry IV. die Rebellion von Henry Percy niedergeschlagen hat – in Bristol ein Segelschiff besteigt, das ihn nach Rockall bringen soll. Simon muss aus England fliehen, da seine Familie in der Schlacht von Shrewsbury auf der falschen Seite gekämpft hat, daher folgt er seinem Vater und seinem Bruder, die einige Zeit vor ihm nach Lyonesse – einem Land auf der Insel Rockall – Princes of Sandastre von Antony Swithinaufgebrochen sind. In Princes of Sandastre (1990), dem ersten Band, landet Simon zwar auf der Insel, doch in einem Land namens Sandastre – und dort hat man noch nie von Lyonesse gehört. Simon ist entschlossen, Lyonesse zu finden, und so gibt er sich die größte Mühe, die Sprachen seiner neuen Heimat zu erlernen und sich mit den politischen und sonstigen Gegebenheiten vertraut zu machen. Zum Glück findet er nicht nur rasch Freunde wie etwa Prince Avran, den Sohn des Herrschers von Sandastre, sondern in dessen Schwester Princess Ilven auch die Liebe seines Lebens. Trotz seines neu gefundenen Glücks hat Simon sein ursprüngliches Ziel aber nicht vergessen, und so bricht er schließlich in The Lords of the Stoney Mountains (1991) begleitet von Avran auf, um sich auf die Suche nach Lyonesse zu begeben – eine Suche, die auch in The Winds of the Wastelands (1992) und The Nine Gods of Safaddné (1993) weitergeht und auf der er und seine Gefährten es mit allerlei Gefahren zu tun bekommen.
Was man The Perilous Quest for Lyonesse auf alle Fälle zugute halten kann, ist die Akribie, mit der Antony Swithin sein Rockall entworfen hat, denn auf der Insel gibt es nicht nur jede Menge ansonsten bereits ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten, sondern auch die politischen, historischen und kulturellen Gegebenheiten sind bis ins Detail ausgearbeitet – und werden den Lesern und Leserinnen bei passender Gelegenheit auch nahegebracht. Was dazu führt, dass die Queste von Simon und Avran und ihren unterwegs dazustoßenden Gefährten immer mal wieder ins Stocken gerät, wenn weitschweifige Erklärungen besagter Gegebenheiten in die Geschichte eingeflochten werden. Hinzu kommt ein eher betulicher Erzählduktus und die Tatsache, dass man trotz aller Gefahren, mit denen Simon und seine Begleiter konfrontiert werden, nie so recht glaubt, dass ihnen wirklich etwas passieren könnte. Wer auf gelungenes Pacing und einen wirklich spannenden Plot Wert legt, sollte daher besser die Finger von The Perilous Quest for Lyonesse lassen. Wem es allerdings Spaß macht, eine liebevoll und mit viel Sinn für Details erschaffene Welt zu erkunden, der könnte durchaus einmal einen Blick in Princes of Sandastre und die Folgebände – die nebenbei bemerkt mit beeindruckenden und zudem noch passenden Titelbildern ausgestattet sind – werfen.
Dem Zyklus war – wie bereits erwähnt – kein sonderlich großer Erfolg beschieden, was wohl mit dafür verantwortlich war, dass Antony Swithin für den bereits komplett geschriebenen zweiten (dieses Mal fünfbändigen) Zyklus keinen Verlag mehr gefunden hat. Und da Swithin am 08. Juli 2002 an den Folgen einer Krebserkrankung gestorben ist, wird es vermutlich auch keine weiteren Geschichten über Rockall mehr geben.

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