Zum 45. Geburtstag von Ekaterina Sedia

Bibliotheka Phantastika gratuliert Ekaterina Sedia, die heute 45 Jahre alt wird. In ihren eher am Rande des Genres – sei es magischer Realismus, Urban Fantasy oder Alternative History – angesiedelten Geschichten und Romanen greift die am 09. Juli 1970 in Moskau, UdSSR, als Ekaterina Holland geborene Ekaterina Sedia, die seit 1991 in den USA lebt, häufig auf ihre russischen Wurzeln und ihre Erfahrungen als Immigrantin zurück.
Mit einer vage ans orientalische Altertum erinnernden, vom Krieg zerrissenen Welt, in der man das Schicksal des jungen Josiah verfolgt, bildet Sedias Romandebut According to Crow (2005, als E. Sedia), ein Jugendbuch mit leichten Fantasy-Elementen, in Setting und dargestellter Ära eine Ausnahme in ihrem Oeuvre. Ganz anders dagegen ihr einziges ins Deutsche übersetzte Werk, The Secret History of Moscow (2007, dt. Die geheime Geschichte Moskaus (2009)): Darin erfährt man die Geschichte der jungen Galina, die mitbekommt, wie ihre jüngere Schwester Masha sich in eine Dohle verwandelt und davonfliegt, nachdem sie ihr Kind geboren hat. Da Galina immer mal wieder Visionen hat und deswegen auch schon in psychiatrischer Behandlung war, versucht sie sich zunächst einzureden, dass das nur wieder eine dieser Visionen war. Doch dann begegnet sie dem dem Straßenmaler Fjodor, der ebenfalls merkwürdige Beobachtungen gemacht hat, die mit Vögeln zu tun haben, und The Secret History of Moscow von Ekaterina Sediadem Polizisten Jakov, der nach verschwundenen Menschen sucht – und kurz darauf befinden sich alle drei in der Unterwelt Moskaus. In dieser Unterwelt, die auf magische Weise irgendwo “neben” den Schächten und Tunneln der Moskauer U-Bahn existiert, leben die Sagengestalten des alten Russland – wie etwa Väterchen Frost und die Kuh Zemun, die die Milchstraße erschaffen hat – ebenso weiter wie die Nachwehen belegbarer historischer Ereignisse und Figuren, die untrennbar mit der Geschichte der Stadt verbunden sind. Mit The Secret History of Moscow hat Ekaterina Sedia einen Urban-Fantasy-Roman geschrieben, der sich durch seine ungewöhnlichen Bilder und die ihm innewohnende russische Melancholie von den meisten anderen Werken dieses Subgenres deutlich unterscheidet.
The Alchemy of Stone (2008) ist mit seinen Automaten auf Seelensuche und einem Krieg zwischen neuer und alter Ordnung (Mechanik und Alchemie) klassischer Steampunkstoff. In diese Auseinandersetzung gerät Mattie, ein mechanisches Wunderwerk, das sich um den Erhalt der (der alten Ordnung folgenden und daher gefährdeten) Gargoyles kümmert, auch wenn sie ihrem Wesen und ihren Bedürfnissen nach dem Fortschritt verpflichtet ist.
Auch in The House of Discarded Dreams (2010) greift Sedia auf die Auseinandersetzung von alt und neu zurück, als die Protagonistin Vimbai von den Legenden ihrer den simbabwischen Traditionen verhafteten Mutter heimgesucht wird, während in Heart of Iron (2011), einem Jugenbuch mit Steampunk-Anklängen, nicht nur die Transsibirische Eisenbahn, sondern viele weitere Neuerungen ein alternatives Russland aufmischen, so etwa die Tatsache, dass erstmals Frauen zum Studium zugelassen werden. Eine davon ist Sasha Trubetskaya, die eigentlich nur als Landei in der Adelsgesellschaft von Sankt Petersburg Fuß fassen will, sich aber unversehens als wissenschaftliche Pionierin wiederfindet. Da sie aus einer Familie mit starken Frauen stammt, nimmt sie das und auch die Komplikationen, die sich später ergeben, einigermaßen stoisch auf sich: Als chinesische Studenten verschwinden und es auf der Kippe steht, ob ihr hin- und hergerissenens Land sich politisch eher nach Osten oder nach Westen orientiert, wird Sasha in eine Verschwörung verwickelt und nutzt die fortschrittlichen Reisemöglichkeiten, die Entfernungen rapide verkürzen, zu ihrem Vorteil. Die Steampunk-Elemente treten in diesem Gesellschaftsroman eher als Hintergrundrauschen auf, vor dem eine ungewöhnliche, aber gut in ihrem historischen Kontext verwurzelte Frauenfigur glänzen kann.
Neben ihren bislang fünf Romanen hat Ekaterina Sedia – beginnend mit der SF-Story “Alphabet Angels” (mit David Bartell) in der Märzausgabe 2005 von Analog – noch knapp fünfzig Kurzgeschichten verfasst, die zum Teil in der Sammlung Moscow But Dreaming (2012) zu finden sind, und sich auch als (Mit-)Herausgeberin etlicher Anthologien um die kurze Form verdient gemacht.

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