Bibliotheka Phantastika gratuliert Jacqueline Carey, die heute ihren 50. Geburtstag feiert. Ihr Debüt machte die am 9. Oktober 1964 in Highland Park, Illinois, geborene Autorin 2001 mit Kushiel’s Dart (dt. zunächst 2002-3 als Die Geheimnisse des Nachtpalais, In den Händen der Feinde; Neuauflage 2007: Das Zeichen), der die D’Angelines einführt, ein von Engeln abstammendes Volk in einem alternativen Renaissance-Europa, das noch im Zentrum etlicher weiterer Romane stehen sollte. Man könnte die Kushiel-Reihe als Vertreter der damals langsam einsetzenden Romantasy-Welle sehen, wenn man die erotischen, oftmals im höfischen Milieu spielenden Abenteuer der Kurtisanen-Heldin Phèdre betrachtet. Doch neben den Intrigenspielchen um die Krone von Terre d’Ange sind Kushiel’s Dart und seine Folgebände Kushiel’s Chosen (2002, dt. Der Verrat (2008)) und Kushiel’s Avatar (2003, dt. Die Erlösung (2008)) auch waschechte Abenteuer-Fantasy, in der Phèdre mit ihrem treuen Leibwächter Joscelin etliche andere Kulturen kennenlernt, in Konflikte gerät und um ihr Leben kämpfen muss. Außerdem ist die Reihe damit auch als Historienfantasy qualifiziert, denn neben dem als Terre D’Ange verbrämten Frankreich gibt es auch noch alternative britische Inseln, eine Art Venedig und vieles mehr: In den ersten Bänden reist Phèdre durch “Europa”, in den folgenden Trilogien aus Kushiel’s Scion (2006), Kushiel’s Justice (2007) und Kushiel’s Mercy (2008) und Naamah’s Kiss (2009), Naamah’s Curse (2010) und Naamah’s Blessing (2011) sind es ihre Nachfahren, die bis ins alternative Asien und zurück reisen.
Nach der ersten Kushiel-Trilogie machte Carey einen Ausflug in die tolkieneske Fantasy, der für Genreleser und –leserinnen wahrscheinlich ihr bislang interessantestes Werk zur Folge hatte: Die beiden Bände Banewreaker (2004, dt. Der Herr der Dunkelheit (2009)) und Godslayer (2005, dt. Der Fluch der Götter (2009)), die zusammen The Sundering ergeben, sind eine, was den Handlungsverlauf angeht, sehr eng am Original gehaltene Nacherzählung von Tolkiens Werk (vor allem des Silmarillion und Herrn der Ringe), der Trick dabei ist, dass man die Handlung von der Seite des Bösen (oder in diesem Fall eher Unangepassten) aus betrachtet. Carey wird dabei auch dem epischen Erzählton gerecht, was The Sundering zu einer tragischen Saga macht, die, eher am Silmarillion orientiert, die Taten der Mächtigen (und nicht der kleinen Leute) nachzeichnet. Wer mehr darüber erfahren will, ist mit unseren Rezensionen oder dem Text zum Buch des Monats gut beraten.
Nach Kushiel und The Sundering scheint sich Carey von der epischen Fantasy allerdings wegbewegt zu haben und dem allgemeinen Trend zur Urban Fantasy gefolgt zu sein: Zunächst mit Santa Oliva (2009) und dem Nachfolger Saints Astray (2011), die das Schicksal einiger mit Superkräften ausgestatteter Menschen in der Nähe eines ehemaligen Militärstützpunktes verfolgen, und aktuell mit der Reihe Agent of Hel (neuester Band Poison Fruit (2014)), in der Daisy Johansson in einer Stadt, die vom paranormalen Tourismus lebt, an der Schnittstelle zwischen normaler und übernatürlicher Welt vermittelt und ermittelt. Ob es Jacqueline Carey gelungen ist, die vielen Kushiel-Fans in eines ihrer anderen Settings mitzunehmen, ist jedoch fraglich, auch wenn sich manche Themen – wie etwa ein offener Umgang mit Sexualität – universell über ihre Reihen zu erstrecken scheinen.
Sehr schön, Herzlichen Glückwunsch Frau Carey!
The sundering hat mir sehr gut gefallen. Das war auch der Grund, aus dem ich mir den ersten Kushiel-Band mal für günstig mitgenommen hatte. Allerdings klingt das mit den Superhelden doch auch sehr spannend und könnte mir wohl eher gefallen.
Die Dame kann einfach wirklich toll schreiben, besonders ihre Charakterbeschreibungen mit den ganzen feinen Nuancen ist sehr gelungen.
Hoffen wir auf mehr High Fantasy von ihr!