Zum 70. Geburtstag von Terry Brooks

Bibliotheka Phantastika gratuliert Terry Brooks, der heute seinen 70. Geburtstag feiert. Wenn es einen Autor gibt, an den sich die Kritik an der generischen Questen-Fantasy hauptsächlich richtet, dann ist es der am 8. Januar 1944 in Sterling, Illinois, USA geborene Terry Brooks, der mit seinem ersten Roman The Sword of Shannara 1977 vielen Autoren der 80er Jahre, in denen dieses Subgenre am populärsten war, den Weg bahnte. Und bei besagtem Erstling kann man der Kritik eigentlich auch nur recht geben: Brooks, damals noch praktizierender Anwalt, wurde durch den Erfolg der amerikanischen TB-Ausgabe von Tolkiens Herr der Ringe zum Schreiben angespornt, und diese Inspiration merkt man dem Roman sehr, sehr deutlich an. Die gute Nachricht: Man kann ihn völlig problemlos überspringen und zum zweiten Band der Reihe greifen, The Elfstones of Shannara (1982), der eine deutlich eigenständigere Geschichte mit schönem Konzept erzählt (hier besprochen).
The Wishsong of Shannara von Terry BrooksDie Shannara-Bände könnte man auch als Fantasy-Familiensaga bezeichnen: In den Vier Ländern, die von Menschen, Trollen, Elfen, Zwergen und Gnomen bewohnt und regelmäßig von außer Kontrolle geratenen Magiern oder anderen bösen Mächten heimgesucht werden, aber zum Glück über einen Druidenorden verfügen, der ein Auge auf derlei Entwicklungen hat (bald jedoch auch nur noch ein Mitglied), sind es immer Angehörige der gleichen Familien, die in verschiedenen Generationen die Heldenrollen bekleiden. Spannend sind dabei einerseits die von Brooks gestreuten Hinweise darauf, dass die Welt der Vier Länder unsere Welt nach einem apokalyptischen Ereignis ist, und sein liebevoller Umgang mit seinen häufig zwar stereotypen, aber sehr effektiv umgesetzten Figuren. Außerdem tauchen immer wieder interessante Konzepte auf, meist am Rande des Geschehens, manchmal aber auch mittendrin, wie etwa im dritten Band der Reihe, The Wishsong of Shannara (1985), in dem sich die Magie als Lied mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen bei zwei Geschwistern der Familie Ohmsford Bahn bricht.
Auch in der breiter angelegten Folgereihe The Heritage of Shannara (The Scions, The Druid, The Elfqueen, The Talismans … of Shannara (1990-1993)) finden sich Brooks’ Markenzeichen: Schlachten, reisende Helden mit ihren Gefährten, fremdartige Wesen, viel Magie und irgendwo zwischendrin immer wieder eine bizarre Figur oder ein zauberhafter Ort.
Schon nach der ersten Shannara-Trilogie wandte sich Brooks allerdings erst einmal einem anderen Setting zu: einem Fantasy-Königreich namens Landover, das sich der depressive Anwalt Ben Holiday aus einem Katalog kauft und prompt als König dorthin befördert wird, nur dass es in seinem neuen Königreich nicht besonders rosig aussieht. Im ersten Band Magic Kingdom for Sale – Sold! (1986) lernt Ben sich in der fremden Welt, die nach eigenen, magischen Regeln tickt, zu Magic Kingdom for Sale - Sold! von Terry Brooksbehaupten, in den Folgebänden (The Black Unicorn (1987), Wizard at Large (1988), The Tangle Box (1994), Witches’ Brew (1995), A Princess of Landover (2009)) schlägt er sich mit verschiedenen Feinden herum, immer wieder verknüpft mit Geschehnissen auf unserer Welt. Landover pendelt zwischen humorvoller und epischer Fantasy – die Welt ist bizarr (Bens Hofschreiber hat z.B. wegen eines verunglückten Zaubers einen Hundekopf) und beheimatet von Natur aus Slapstick-begabte Gnome, doch geht Brooks der Humor nicht immer leicht von der Hand.
Mit dem ersten Band der Word/Void-Trilogie, Running with the Demon (1997), betrat Brooks nur scheinbar Neuland: Die Welt – unsere –, in die zusehends Magie und Dämonen eindringen, bekämpft von einer Handvoll Menschen, verändert sich, und zwar, wie bald deutlich wird, zur Welt der Vier Länder. Die anschließend verfasste Trilogie The Genesis of Shannara verband die beiden Settings miteinander und verrät mehr über die Apokalypse, die zur Folge hatte, dass unsere Welt von Trollen, Zwergen und Gnomen bewohnt wird.
Die Shannara-Reihe wird von Terry Brooks bis heute weitergeführt und erzählt in Prequels und Jahrhunderte später angesiedelten Einzelbänden oder Reihen Geschichten, die ins SF-Genre eintauchen und dann wieder zur High Fantasy zurückkehren. Damit wird die Reihe zu einem der umfangreicheren Zyklen des Genres. Man kann sich allerdings einfach die gelungeneren Bände (vor allem Elfstones und Wishong) herausgreifen und wird dann auch feststellen, dass die Brooks’sche Fantasy zwar (vor allem im Rückblick) generisch ist, aber keineswegs der lieblos heruntergeschriebene Einheitsbrei, den man häufig bei Schreiben-nach-Zahlen-Autoren findet – denn eines kann man ihm wahrlich nicht absprechen: Er ist ein Autor, der sein (vielleicht über seine Blütezeit hinausgekommenes) Genre liebt.

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Die meisten Romane von Terry Brooks wurden ins Deutsche übersetzt, da aber in der Shannara-Reihe die Bücher häufig in drei Bände gesplittet wurden, werden die deutschen Titel der Übersichtlichkeit halber in einem Kommentar nachgeliefert.

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