Lady Alexia Maccon kann es wieder einmal nicht lassen. Obwohl sie bereits im achten Monat schwanger ist und den gefühlten Umfang eines Walfisches angenommen hat, lässt sie sich von ihren Pflichten als Mujah in eine abenteuerliche, kriminologische Suche verwickeln. Nachdem sie ein reichlich verwirrter Geist gewarnt hat, die Königin solle ermordet werden, macht sich Alexia sofort auf die Suche nach der Bedrohung, wenig beeindruckt von ihrem unerhört großen Bauch oder dem Westminster Hive, welches die werdende Mutter weiterhin nur in einer Form sehen möchte: tot und das möglichst schnell.
– “Oh, blast it, I’m positively starving.”
Instantly, all three men proffered up comestibles extracted from inner waistcoat pockets. (…) Months of training had seen the entire werewolf household running attendance on an increasingly grumpy Alexia and learning, to a man, that if food was not provided promptly, fur might fly, or worse, Lady Maccon would start to weep. As a result, several of the pack now crinkled as they moved, having desperately stashed snacks all about their personage. –
Kapitel 1, S. 12
Erheben wir die Teetassen für ein weiteres Abenteuer des Parasol Protectorate! Man darf sich wieder auf viel Witz und unvorhersehbare Wendungen freuen, Verbindungen die man so sicher nicht erwartet hat, und die ein oder andere äußerst pikante Erfindung. In Heartless (Feurige Schatten) werden bekannte Probleme zum Teil neu aufgegriffen und andere weiter verfolgt. Nur eines bleibt ungeklärt: die Vorgeschichte der Preter- und Supernaturals, welche nach Blameless (Entflammte Nacht) auf eine Ausarbeitung hoffen ließ. Wer sich also nach dem Ende von Blameless auf Heartless gefreut hat, weil er erfahren wollte, wie es mit diesem Faden der Geschichte weitergeht, der wird sich leider vorerst mit Warten begnügen und auf Timeless hoffen müssen. Die Handlung im vorliegenden Band ist nämlich wieder eine gänzlich andere, diesmal in Manier eines klassischen Detektivromans nach dem Vorbild eines Sherlock Holmes etwa. Gegner der Romantik dagegen dürfen sich freuen, denn es geht in Heartless recht nüchtern zur Sache.
Ganz ohne Kritik kommt der aktuelle Band diesmal jedoch nicht davon, auch wenn die Kritikpunkte in ihrer Gewichtung eher als kleine Flecken auf einer ansonsten schneeweißen Weste betrachtet werden sollten. Im Ganzen gesehen, ist Heartless einfach nur ein wenig anders als seine Vorgänger. Es sind die bekannten Personen, die gewohnten wunderbaren Wortgefechte, selten komische Modeaccessoires, zweckentfremdete Wandschränke und eine außerordentlich auffällige Erfindung.
Technisch betrachtet wirkt die Story diesmal allerdings ein wenig zu konstruiert mit zu vielen scheinbar zufälligen Vernetzungen, die nicht ganz so überraschend einschlagen, wie es wohl der Plan war. Das Geschehen kann so auch nicht wirklich überzeugen. Heartless ist durchaus noch witzig und erfinderisch, individuell betrachtet aber der bisher schwächste und weniger amüsanteste Teil dieser Reihe. Es scheint, als bereite Heartless ein alles verbindendes Finale für Timeless vor und wirkt dadurch weniger in sich geschlossen. Man darf gespannt sein, ob es dann letztlich auch so kommen wird oder ob Teile der bisherigen Ereignisse im Sande verlaufen werden.
Anders sind vor allem auch die Protagonisten. Eine hochschwangere Heldin, die noch dazu keine Sentimentalitäten für ihr “infant inconvenient” aufkommen lässt, ist sicherlich eine Besonderheit und sorgt nicht selten für eine ganz spezielle Komik. Alexia dürfte in diesem Roman eine ihrer besten Shows abgeliefert haben, so überzeugend und plastisch wie sie sind die übrigen Charaktere in Heartless aber nicht. Man gewinnt den Eindruck, jede bis hierher erwähnte Figur sollte noch einmal zum Zuge kommen und die Rolle eines wichtigen Puzzleteils im Gesamtbild übernehmen. Das hat unweigerlich zur Folge, dass man das Gefühl hat, keinen so richtig anzutreffen. Es ist wie ein flüchtiges Zusammenstoßen zwischen Tür und Angel. Das mag natürlich ein persönlicher Eindruck sein, doch vor allem Professor Lyall wirkt in diesem Teil des Parasol Protectorates wie eine völlig neue Person: weniger gewitzt, weniger organisiert, mehr wie ein unbesungener und vor allem tragischer und verzweifelter Held eines ebenso tragischen Bühnenstücks. Man erfährt zwar deutlich mehr über seine Vergangenheit, im Gegenzug verliert er aber leider viel von seiner bisherigen Ausstrahlung. Was ein beklagenswerter Verlust für diesen sonst so souveränen Charakter ist.
Sprachlich ist an dem Roman dafür weiterhin nichts zu kritisieren. Im Gegenteil. Schon Kapitelüberschriften wie The Octopus Stalks at Midnight oder Death by Teapot zeigen einmal mehr die humorvollen Qualitäten der Autorin. Manche Szene wirkt dank der sprachlichen Finesse derart real, dass einem unweigerlich die absurdesten Bilder lebhaft vor dem Auge herumtanzen und herzhaftes Gelächter auslösen. Freunde der bekannten Erzählstruktur, sprachlichen Eleganz und der vielfältigen Ideen werden also auch in Heartless wieder voll auf ihre Kosten kommen.