Nur mit viel Glück kann die junge Ajana einigen unglaublichen Unfällen entgehen, dann taucht auch noch ein geheimnisvoller Anwalt auf, der sie als Erbin einer fast vergessenen Urgroßmutter ermittelt hat und ihr ein schönes Amulett übergibt. Es übt eine magische Anziehungskraft auf Ajana aus, und schließlich gelangt sie mittels eines magischen Musikstücks nach Nymath, eine Welt, in der Elben und andere Geschöpfe mit Menschen zusammenleben. Doch in Nymath steht es nicht zum Besten: Die Nebel, die das Land vor Eindringlingen schützten, haben sich gelichtet, und das Volk der Uzoma dringt mordend und brandschatzend ein. Ist Ajana die prophezeite Retterin, die die Nebel erneuern kann?
-Es begab sich zur Zeit, da König Sanforan vom Blute der Onur in zwölfter Linie seine Hand zum Wohle über Andaurien breitete, daß große Plagen und schlimme Nöte das Land anheim suchten.-
Aus der Chronik Nymaths
2004 erschien die neue Trilogie von Monika Felten mit einem für damalige (und eigentlich auch noch heutige) Verhältnisse ungewöhnlichen Marketingaufwand: Merchandising mit Puzzles und Kalender begleitete die Veröffentlichung, der Roman selbst war opulent aufgemacht und brachte seinen eigenen Soundtrack auf CD mit.
In der schicken Verpackung steckt jedoch ein etwas biederer Standard-Fantasy-Roman, der ein bisschen wie aus dem Baukasten wirkt und kaum Überraschungen bereithält. Nymath, die Welt, in die es die günstigerweise passend mit einem Fantasy-tauglichen Namen ausgestattete Heldin alsbald verschlägt, ist tolkienesker Prägung – sogar die Elben von Nymath sprechen Tolkiens Elbisch; Sindarin, um genauer zu sein. Für zwei Nebenfiguren wurden zudem die Namen Feanor und Cirdan aus Tolkiens Kosmos entliehen. Eine Verneigung vor dem Altmeister des Genres? Schade, dass er dann im Nachwort, Impressum oder sonstwo in keiner Weise erwähnt wird. Man findet lediglich einen weniger aufschlussreichen Hinweis auf die Internet-Seite, von der die Elbensprache übernommen wurde – und das gibt dem Ganzen doch einen recht schalen Beigeschmack.
Die Nebelsängerin bietet eine einfach gestrickte Fantasy-Geschichte, in der ein Mensch ein in diesem Fall musikalisches Portal in eine andere Welt findet und dort zum Retter im Kampf gegen das Böse ausersehen ist. Dadurch, dass die Uzoma (Nymaths Orks, die für die Bedrohung zuständig sind) zwar grausam, aber dennoch auch Vertriebene sind, die sich in gewissem Maße nur wehren, wurde versucht, etwas Tiefe in die Geschichte zu bringen und das Schwarz-Weiß-Schema zu verwischen. Aufgegangen ist diese Taktik allerdings nicht, denn die einzelnen Figuren sind alle beinahe vom ersten Satz an als gut oder böse zu identifizieren, und man merkt sogleich, dass der wirkliche Bösewicht der Geschichte kein Opfer widriger Umstände ist.
Aber subtil ist ohnehin nicht Monika Feltens Stärke. Da kann es schon mal passieren, dass man zwei Hauptcharaktere schon bei ihrem ersten Treffen als zukünftiges Liebespaar ausmachen kann, weil sie sich so gerne in die Augen schauen, oder dass sich nach einer halben Seite, auf der ein absolut verwüstetes Dorf beschrieben wird, bei der Heldin Ajana die unheilvolle Erkenntnis einschleicht, dass hier etwas furchtbares geschehen war. Bei diesen Holzhammer-Hinweisen gewinnt man den Eindruck, dass die Autorin ihren Lesern keine eigenen Schlüsse zutraut.
Feltens flüssiger Stil, der dafür sorgt, dass man den Roman in Windeseile durchlesen kann, macht die gemeuchelte Spannung auch nicht wett. Letztendlich werden in der ganzen Handlung nur Vermutungen bestätigt, die man von Anfang an anstellen konnte.
Es gibt seit jeher ein großes Angebot einfach gestrickter Metzel-Fantasy, die mit heldenhaften Abenteuern, Schlachten und muskelbepackten Helden hauptsächlich die Träume von (jungen) männlichen Lesern zu befriedigen versucht. Monika Felten wirkt, als hätte sie sich mit ihren Pferden, Falken, zauberhafter Musik und sensiblen Heldinnen, die ihre Bestimmung und ihre große Liebe finden, eher auf die Träume von kleinen Mädchen spezialisiert. Aber letzendlich ist es eine Frage der Erwartungen, die man an einen Roman stellt: Wenn man sich geradlinige, romantisch angehauchte Geschichten mit einem Schuss Vorhersehbarkeit und hohem Wiedererkennungsfaktor wünscht, ist Die Nebelsängerin so gut oder schlecht wie viele andere maßgeschneiderte Romane.
Die Lektüre lohnt sich langfristig ungefähr genauso sehr wie die begleitende Soundtrack-CD, die mystisch-belanglos vor sich hinhaucht und schnell wieder vergessen ist.