Zyklus: Books of Ember@The

The City of Ember von Jeanne DuPrauDie Stadt Ember existiert im dunklen Innern der Erde, erhellt nur durch das elektrisch erzeugte Licht eines einzigen Generators. Doch ausgerechnet der droht nun zu zerfallen und die marode gewordene Stadt in vollkommene und nie enden wollende Dunkelheit zu tauchen.
In dieser Zeit macht die junge Lina Mayfleet eine Entdeckung unter den Erinnerungsstücken ihrer Großmutter – eine Kiste, in der sich die bruchstückhaft erhaltenen Anweisungen der Erbauer Embers befinden. Anweisungen, die die Bewohner retten und in eine neue Stadt führen könnten.

»They must not leave the city for at least two hundred years«, said the chief builder. »Or perhaps two hundred and twenty.«
»Is that long enough?« asked his assistant.
»It should be. We can’t know for sure.«
»And when the time comes«, said the assistant, »how will they know what to do?«
»We’ll provide them with instructions, of course«, the chief builder replied.
– The Instructions, S. 1

Es wird abenteuerlich und schmutzig! Das wird nicht nur schon beim Betrachten des Buches selber klar, wo eine altmodisch gezeichnete Stadtkarte für den nötigen Überblick sorgt und vergilbtes Papier den Hauch von Alter vermittelt.
The City of Ember (Lauf gegen die Dunkelheit) ist das Debüt der Autorin Jeanne DuPrau, die eine Welt unterhalb der Erdoberfläche erschaffen hat, als letzte Hoffnung für das Überleben der Menschheit. Den Emberanern ist die Bedeutung ihrer Heimat dabei nicht bewusst. Für sie ist die Stadt die einzige Form der Existenz, die sie kennen, sozusagen das ganze Universum. So wie man einst glaubte, das Meer fließe am Ende der Welt über den Rand der Erdscheibe hinaus, so glauben die Bewohner Embers, hinter dem Licht der Stadt läge nur ein weites Nichts.

In gigantischen Lagerräumen haben die Erbauer den Emberanern einst Unmengen von allem hinterlassen, was man zum Überleben braucht: Lebensmittelkonserven, Medizin, Vitamin-Präparate, Kleidung, Glühbirnen … doch nach beinahe 250 Jahren ist von diesen einstigen Reichtümern nicht mehr viel geblieben. Der Leser bewegt sich durch eine rostige Welt des Zerfalls, durch eine reine Nutzgesellschaft, die keine Herstellungsprozesse kennt. Embers Bewohner wissen nicht einmal mehr, wie man Elektrizität oder Feuer erzeugt und somit auch nicht, wie man den Generator reparieren, transportable Lichtquellen oder neue Energiequellen schaffen könnte. Sie sind gerade noch in der Lage, die Dinge am Laufen zu halten. Dabei ist es unheimlich spannend zu erleben, wie der eigene Kosmos und das wenige Wissen um unser Universum in Ember zu einer Art Mikrokosmos wird. Für die Emberaner existieren weder Sonne noch Mond, doch elektrisches Licht und Dunkelheit treten hier als stellvertretende Pendants auf. Die Dunkelheit wird zur Weite des Universums, die Erbauer zur Schöpfungskraft … alles, was man als Leser erkennt, entdeckt man gleichzeitig völlig neu, weil es in Ember eine ganz andere Bedeutungsschwere bekommt. Unweigerlich schleicht sich da der Gedanke ein, ob nicht auch unsere Erde eine Art Ember sein könnte. Doch genug der Meta-Ebene und des Philosophierens!

Man schreibt vermutlich das Jahr 241 – “vermutlich” weil das regelmäßige Aufziehen der großen Uhr oder die Einhaltung der Tages- und Nachtzeiten gelegentlich auch mal vergessen wurde –, als die Schüler Lina und Doon ihren Abschluss machen. Wie alle Emberaner beenden auch sie ihre Schulzeit im Alter von zwölf Jahren und treten sofort in das Berufsleben ein. Wer nun denkt, ein Kinderbuch präsentiert zu bekommen, darf gleich wieder aufatmen. Die beiden Helden dieser Geschichte sind für ihr Alter überraschend erwachsen, verantwortungsbewusst und clever, nur in seltenen Momenten erhält man einen Hinweis darauf, dass es tatsächlich noch Kinder sind. Dadurch fällt es auch erwachsenen Lesern nicht schwer sich mit Lina und Doon, den beiden Hauptfiguren, zu identifizieren und ihrem Abenteuer zu folgen.

Doon, ein rebellischer und hitziger Junge, der manchmal mit unbedachtem Eifer nach der rettenden Lösung für Embers Probleme sucht, und Lina, ein Mädchen voller Energie und Tatendrang, kommen durch den Fund eines alten Dokuments der Erbauer möglicherweise zu genau dieser Lösung. Angespornt von ihrem gemeinsamen Ziel, Embers Bewohner zu retten, entziffern Lina und Doon nach und nach die Überreste der Anweisungen.
Mit diesen beiden lebendig gezeichneten Charakteren bewegt sich der Leser nun durch eine klassische Queste mit Hinweisen und Entdeckungen, zwischen tropfenden Rohren, verborgenen Türen, neu entdeckten und gleichzeitig unbekannten Gebrauchsgegenständen, die Lina und Doon zunächst Rätsel aufgeben. Es beginnt ein Reise, die an Jules Vernes Abenteuer erinnert, mit vielen Fragen im Hinterkopf. Wie lange noch kann Ember überleben? Wird das Licht der Stadt eines Tages für immer erlöschen? Gibt es eine Stadt außerhalb Embers und damit eine Hoffnung für das Überleben der Bewohner?

Die Suche nach Antworten wird von einem stimmigen Weltenbau begleitet und vielen sozialkritischen Aspekten, die man in einem Jugendbuch nicht unbedingt erwarten würde. Vertraute Details sorgen außerdem dafür, dass der Roman ein heimeliges Gefühl vermittelt. Da sind z.B. Konserven mit den Etiketten unserer vergangenen Gesellschaft oder Redewendungen, von Generation zu Generation weitergetragen, die in Ember weiter benutzt werden, deren Worte aber oft sinnlos erscheinen. So wird “im selben Boot sitzen” zwar sinngemäß verstanden als “in der selben Situation sein”, doch was ein “Boot” ist und was es bedeutet, das kann niemand mehr sagen. Dieses Zusammenspiel von Alt und Neu, Wissen und Unwissen, Gewohnt und Ungewohnt, macht The City of Ember zu einem nahezu romantischen Lesegenuss für Jung und Alt. Nichts ist so spannend wie die Suche nach unseren Wurzeln, und das findet man in diesem Roman, während man sich mit Lina und Doon auf die Spuren der Erbauer begibt.

Viele dystopische Romane schildern so ein Szenario auf wenig erfreuliche, schon gar nicht wünschenswerte Weise. Doch Ember ist anders. Trotz ihres inzwischen kläglichen Zustands ist sie voller Leben und erfüllt von dem Geist eines Neuanfangs. Die Stadt wurde erbaut, um die Menschheit zu retten und dieser Plan geht auf. The City of Ember begleitet unsere glückliche Rückkehr in die Welt und bietet ein nostalgisches Leseerlebnis mit einem wehmütigen Blick zurück auf das Verlorene. Die Konstruktion der Stadt wirkt dabei solide durchdacht. Nur selten fragt man sich, ob dieses oder jenes in der Realität wirklich funktionieren kann oder ob es sich die Autorin nicht gerade doch zu einfach macht.

Das halboffene Ende des Romans klärt nicht alle Fragen, es kann aber getrost so stehen gelassen werden und wer auf den Geschmack gekommen ist, darf sich über zwei Fortsetzungen und ein Prequel freuen.
(Sprachlich ist The City of Ember übrigens leicht verständlich gehalten und damit auch für Englisch-Einsteiger im Original zu empfehlen.)

Verfilmung:
Das Buch wurde 2008 stimmungsvoll verfilmt. Neben der aufstrebenden Schauspielerin Saoirse Ronan in der weiblichen Hauptrolle treten u.a. Bill Murray, Tim Robbins, Martin Landau und Marianne Jean-Baptiste auf.
Einen ausführlichen Bericht zum Film gibt es im Blog.

The People of Sparks von Jeanne DuPrauNachdem die Emberaner dank Lina und Doon den Weg an die Oberfläche gefunden haben, treffen sie nach Tagen des Wanderns auf die ländliche Stadt Sparks, wo sie sich Hilfe in dieser fremden Welt erhoffen. Anfangs sind beide Parteien überrascht und aufgeregt über die gegenseitige Entdeckung, die Bewohner von Sparks nehmen die Emberaner bei sich auf, versorgen sie mit Nahrung und Unterkunft. Doch die Ressourcen sind knapp, die Emberaner unwissend, wie sie sich selbst versorgen können, und so dauert es nicht lange, bis Streit, Neid und Vorurteile entstehen, die dazu führen könnten die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

– The people were coming down. Over the crest of the hill they came and kept coming, dozens of them, more and more, like a mudslide. –
What Torren saw, Part 1 – The Arrival, S. 7

The People of Sparks (Ankunft im Licht) beginnt dort, wo The City of Ember (Lauf gegen die Dunkelheit) den Leser verließ. Lina und Doon haben es geschafft, die Bewohner ihrer zerfallenden Stadt an die Oberfläche zu lotsen, doch aus der Stadt herauszukommen war nur der Anfang der eigentlichen Herausforderung. In The People of Sparks lernen die Emberaner nun eine völlig fremde Welt kennen, die dem Leser dafür umso bekannter erscheinen wird. Als Nachfahren der Überlebenden einer nicht näher definierten Katastrophe, bei der die Zivilisation, wie wir sie kennen, zerstört wurde, lebt Sparks von der eigenen Landwirtschaft und dem Handel mit den Überresten der alten Zivilisation. Ausgeschlachtete Autos, die als Viehkutschen umfunktioniert werden, sind aber schon beinahe alles, was dazu dienen soll, dieses Endzeitszenario charakterisieren. Etwa 300 Jahre nach der Zerstörung gibt es nur noch Legenden von der einst hoch entwickelten Menschheit, in der man immerhin einmal das überwucherte Gerippe einer längst zerfallenen Großstadt sieht. Wie diese einstige Zerstörung genau aussah, zustande kam oder wie weit sie reicht (vermutlich weltweit), erfährt man als Leser jedoch nicht. Leider ist damit nämlich schon alles gesagt, was das Buch an Informationen mitzuteilen hat, denn eine Ausarbeitung von Hintergründen findet nicht statt, auch die Legenden selber lernt man nur in kurzen Einsprengseln kennen. Greifbares hält der Roman kaum bereit.

Im Zentrum steht nun auch vor allem das Thema des Umgangs mit Hilfsbedürftigen, Flüchtlingen, Menschen, die Asyl brauchen und ohne Unterstützung und Anleitung in einer fremdartigen Welt nicht überleben können. Ein Umkehren ist für die Emberaner nicht möglich, alleine weitermachen ebensowenig, da die Emberaner nicht wissen, wie sie ihre eigene Nahrung gewinnen oder sich gegen Witterungsverhältnisse schützen können. Als reine Nutzgesellschaft haben sie nie gelernt, selbst etwas zu bauen oder herzustellen, und so ist es nun an den Bewohnern Sparks, ihnen alles Nötige beizubringen. Doch die Anzahl der Emberaner übersteigt die Anzahl der Bewohner von Sparks, und so stellt sich bald die Frage: wo sollen die Neuankömmlinge leben? Wie sollen so viele zusätzliche Mäuler gestopft werden, wenn die Ressourcen schon für die eigene Bevölkerung oft kaum reichen?
Jeanne DuPrau verlagert hier ganz alltägliche Konflikte und Problemsteigerungen in eine postapokalyptische Welt irgendwo im Nirgendwo, die nachvollziehbar und mit Wiedererkennungswert daher kommen, allerdings ohne großen Unterhaltungswert oder Überraschungen.

Was die Charaktere angeht, treffen wir einerseits wieder auf die bereits bekannten Figuren Lina und Doon. Hinzu kommt der junge Tick, der mit seinen knapp elf Jahren eine eher unglaubwürdige Rolle als aufrührerischer Anführer der Emberaner übernimmt, massenhaft Ideen für Projekte beginnt und dafür die halbe Stadt begeistern kann. Während Lina und Doon in The City of Ember trotz ihres junges Alters eine passende Rolle ausfüllten und stimmig in das Gesamtbild passten, ist es bei Tick schwer zu glauben, dass ein so typisch junges Kind Erwachsene dazu bringen soll, ausgesprochen naive Dinge zu tun, und diese ihm auch noch eine derart starke Führungsrolle zugestehen.
Im Vergleich zu The City of Ember, das auch für Erwachsene sehr gut funktionierte, kann The People of Sparks in vielen Punkten nicht überzeugen und erweist sich deutlich als Jugendbuch. Sehr schade ist auch der kaum vorhandene Bezug zu den Hintergründen, die Ember entstehen ließen, oder wie Menschen an der Oberfläche überleben konnten. Das verschenkte Potential, was daraus alles hätte werden können, ist nur mit etwas Wehmut zu verdauen.

Schlussendlich ist The People of Sparks eine nette Geschichte für Zwischendurch, der aber trotz Andeutungen von übernatürlichen Visionen und Postapokalypse das Phantastische und Steampunkige fehlt und die daher nicht an die lebendige Atmosphäre von The City of Ember anknüpfen kann. Zu offensichtlich ist der Versuch, hier eine Unterrichtslektion an den Leser weiterzugeben, die nur zu Unterhaltungszwecken eines junges Publikums in eine Geschichte verpackt wurde. Kann man lesen, muss man aber nicht, jedenfalls nicht, wenn man eine Fortsetzung zu The City of Ember möchte, denn im Grunde erhält man hier nur fertige Tatsachen ohne Herleitung, einen Baum ohne Wurzeln.

The Prophet of Yonwood von Jeanne DuPrauDie elfjährige Nickie und ihre Tante fahren in das kleine Städtchen Yonwood, wo sie sich um den Nachlass des verstorbenen Urgroßvaters kümmern wollen. Während Nickies Tante die alte Villa verkaufen möchte, plant Nickie sich dort ihr neues Zuhause einzurichten, fern des drohenden Krieges, der seine Schatten über die Großstädte wirft.
Doch Yonwood ist nicht so idyllisch, wie sich das Mädchen den Ort vorgestellt hat. Eine Einwohnerin Yonwoods hatte eine schreckliche Zukunftsvision, in der die Welt im Feuer untergeht. Eine eingeschworene Gruppe versucht fortan die kryptischen Worte der Prophetin zu interpretieren um die drohende Zerstörung zu verhindern.

– She felt herself flung high into the sky, and from there she looked down on a dreadful scene. The whole earth boiled – a howling and crashing and crackling – and finally, when the firestorm subsided, there came a silence that was more terrible still.-
The Vision, S. 1

The Prophet of Yonwood ist der dritte Teil in der Reihe The Books of Ember. Hierbei gilt es allerdings gleich zu beachten, dass es sich dabei um ein Prequel handelt und die Geschichte völlig losgelöst ist von den Abenteuern die Lina und Doon in The City of Ember (Lauf gegen die Dunkelheit) oder The People of Sparks (Ankunft im Licht) erleben.

Der Roman setzt ca. 50 Jahre vor dem Bezug Embers ein und zeigt eine Zeit, die unserer Gegenwart sehr nahe sein muss. Wer nun aber hofft, den Bau der unterirdischen Stadt zu erleben und zu erfahren wie alles begann, der wird dieses Buch recht enttäuschend finden. Die Verknüpfung mit Ember findet erst im Epilog statt, und obwohl diese Verknüpfung ganz charmant ist, tröstet sie nur wenig über die Enttäuschung hinweg, die man als Leser bei diesem Buch empfindet.
The Prophet of Yonwood
erzählt stattdessen von Nickie, die in die alte Villa ihres Urgroßvaters in Yonwood kommt. In dieser Stadt wiederum gibt es eine Frau, die als Prophetin betrachtet wird, deren Worte von einer anderen Frau interpretiert werden, und eine Stadt, die diesen Interpretationen und entstehenden Anweisungen folgt. Im Prinzip spielt sich hier ein klassisches Kleinstadtdrama mit religiösem Hintergrund ab. Eine ganze Stadt fängt an im Namen Gottes Opfer zu bringen, in dem Glauben, ihre Stadt sei auserwählt zu überleben, wenn ihre Einwohner nur gut und rechtschaffen handeln. Unter dieser Prämisse geschehen in dem kleinen Städtchen schnell ungerechte Dinge bei dem Versuch, alles richtig zu machen. Menschen, die sich dem Glauben an die Prophetin versperren und sich in irgendeiner Form falsch verhalten, werden als Unruhestifter verschrien, verurteilt und bestraft. Der Roman zeigt in einer leider eher langatmigen Schilderung, wie die Furcht Menschen dazu bringt, absurde Entscheidungen zu treffen und ebenso absurde Ideen zu haben. Findet sich dann noch ein Besserwisser mit selbstbewusstem Auftreten bei völliger Ahnungslosigkeit, ist das Chaos perfekt.
Autorin Jeanne DuPrau thematisiert in ihrem dritten Roman hauptsächlich die Furcht vor dem drohenden Krieg und die Auswirkungen von blindem Glauben und fehlgeleiteten guten Absichten, was theoretisch kein schlechter Ansatz ist, hier aber nur kläglich umgesetzt wurde.

Nickie, deren Vater irgendwo in der Welt einen geheimen Auftrag ausführt, erhält derweil per Postkarte achso seltsame P.S.-Nachrichten, die schnell als versteckte Hinweise und geheimes Rätsel vorgestellt werden, ohne dabei im Verlauf der Handlung ein Miträtseln zu ermöglichen. Stattdessen wird einem die Lösung schließlich in einem beiläufigen Nebensatz auf dem Silbertablett serviert und man fragt sich: wozu? Denn der Inhalt der Nachrichten ist belanglos und das Rätsel selbst aufgrund des mangelhaften Aufbaus nicht im Mindesten spannend. Während The City of Ember wie eine große Abenteuerreise daherkommt, in der es allerhand Geheimnisse aus der Vergangenheit zu entdecken gab, scheitert The Prophet of Yonwood darin, sich das selbe Prinzip zunutze zu machen.
Weiterhin bewegt sich Nickie auf Spurensuche durch das viktorianische Haus ihrer Vorfahren, findet dort alte Briefe, Fotografien und das Tagebuch ihres Urgroßvaters, in dem er allerlei seltsame Beobachtungen aufgezeichnet hat. Unter anderem erwähnt er hierin die Begegnung mit einem Geist und die String-Theorie. An diesem Punkt läuft man Gefahr neugierig zu werden und neue Hoffnung für das Buch zu schöpfen, nur um dann mit anzusehen, wie diese interessanten Ideen im Keim erstickt werden. Welchem Zweck die Aufnahmen dienten oder was genau Nickies Urgroßvater mit seinen Notizen beabsichtigt hat, kann man nur erahnen. Man fragt sich, worin der Sinn besteht, diese Dinge zu erwähnen, wenn sie nirgendwo hinführen. Mehr als einen gewissen nostalgischen Charme für die Villa erzeugen sie nicht und so kann man nur hoffen, dass zumindest die Notizen des Urgroßvaters für den letzten Teil dieser Buchreihe noch genutzt werden.
Übrigens: Auszüge von Nickies Fundstücken wurden auch als Bildmaterial in den Roman eingefügt, vielleicht ist das für den ein oder anderen von Interesse.

Wer nun also auf die eingangs erwähnten wenigen charmanten Verknüpfungen zu The City of Ember verzichten kann – Handlungsrelevantes erfährt man hier nicht – der darf The Prophet of Yonwood getrost ignorieren und ungelesen lassen, denn dieses Buch endet dort, wo es hätte beginnen sollen und liefert einem nichts als Entschädigung.

The Diamond of Darkhold von Jeanne DuPrauNeun Monate nach ihrer Flucht aus Ember haben sich die ehemaligen Bewohner in der kleinen Stadt Sparks eingerichtet und die Differenzen mit den dortigen Einwohnern überwunden.
Doch das Leben ist nicht unbedingt leicht in Sparks. Der Winter ist angebrochen und die Lebensmittelversorgung der Stadt sieht nicht gut aus. Lina und Doon beschließen, noch ein letztes Mal nach Ember zurückzukehren, um dort nach brauchbaren Dingen zu suchen, die das Überleben in Sparks vereinfachen könnten. Doch was mag in der Dunkelheit ihrer einstigen Heimat inzwischen lauern?

-„When the people emerge from the city,“ he said, „they will find themselves in a devastated world.“
„Unfortunately true,“ said his assistant.-
The Vault, S. 1

The Diamond of Darkhold stellt den Abschluss der Books of Ember dar und man ist beinahe geneigt, sich erlöst zu fühlen von der Qual, zu der die schöne Stadt Ember geworden ist. Obwohl der vierte Teil ein klein wenig unterhaltsamer ist als die beiden Vorgänger, fällt es doch insgesamt schwer zu glauben, dass The City of Ember (Lauf gegen die Dunkelheit) von derselben Autorin geschrieben worden sein soll wie die drei Nachfolger. Die Unterschiede sind leider beträchtlich, daher gleich vorweg der Rat: Spart euch die Bände 2-4 und belasst es bei The City of Ember als Einzelbuch.

The Diamond of Darkhold leidet wie die beiden Vorgänger unter dem Fehlen einer mitreißenden Atmosphäre und Geschichte. Alles wirkt zwanghaft um den Kern – in Form einer moralischen Botschaft – herum konstruiert. Die Charaktere haben viel von ihrer anfänglichen Cleverness eingebüßt, was natürlich vor allem an Lina und Doon deutlich wird, die inzwischen wesentlich jünger und naiver wirken als sie es im ersten Teil waren. Erwachsene Figuren scheinen generell nur pro Forma vorhanden zu sein, wirklichen Nutzen oder gar Führungsqualitäten bieten sie nicht. Genaugenommen befindet sich der Intellekt der Erwachsenen irgendwo im Bereich Sechs- bis Zehnjähriger, was dann doch arg unglaubwürdig wirkt.

Nachdem Lina und Doon nun ein altes, zerfleddertes Buch finden, das eindeutig von den Erbauern stammt, liefert Jeanne DuPrau nach bereits bewährter Taktik ein neues Rätsel um Ember und einen geheimnisvollen Diamanten. Leider gelingt es der Autorin nicht mehr, etwas Neues und Unerwartetes zu präsentieren. Der Roman folgt Punkt für Punkt dem bereits bekannten Schema der Vorgänger, abzüglich nachvollziehbarer Erklärungen. Des Rätsels Lösungen sind plötzlich da und man weiß nicht recht, woher sie kamen und wie sie sich ergeben haben. Keine Spur mehr von Abenteuer und Spurensuche, ja nicht einmal die vermeintlichen Gefahren wecken beim Leser noch Interesse. Geschichte und Figuren treiben so voran, ganz gemächlich, bis man am Ende angelangt ist, wo eine letzte Lektion für den Leser wartet.

Einzig positiv an diesem Abschlussband ist die kurze Rückkehr nach Ember, wo man als Leser gleich wieder in die eigenartige Sogwirkung der unterirdischen Stadt gerät. Man kann die Gerüche beinahe wahrnehmen und den metallischen Geschmack der Stadt kosten. Phantasien erwachen vor dem geistigen Auge zum Leben.
Schade, dass es nur ein kurzer Aufenthalt ist, der in einer Art weichgespültem Hollywood-Ende gipfelt, ohne je die unbeantworteten Fragen zu klären, die einen als Leser wirklich interessiert hätten. So muss man letztlich doch recht enttäuscht Abschied nehmen von dieser vielversprechenden Stadt unter der Erde.

The City of Ember vermochte viele Eindrücke zu vermitteln und Neugierde zu wecken – auch bei einem erwachsenen Publikum. Ab The People of Sparks aber muss man ganz klar sagen, dass es reine Kinder-/Jugendbücher sind, die man besser auch dieser Altersgruppe überlässt, denn es wird, trotz aller Hoffnungen, nicht mehr besser.