Subgenre: Horror

The Adventures of the Princess and Mr. Whiffle: The Thing Beneath the BedIn einem abgeschiedenen Schloss aus Marzipan lebt eine kleine Prinzessin. Sie ist dort ganz alleine, erledigt die täglichen Arbeiten ganz alleine und ihr einziger Freund ist der Teddybär Mr. Whiffles. Mit ihm bestreitet sie Kämpfe und Abenteuer, erlebt riskante Rettungsmissionen und noch ganz andere Dinge.
Doch nicht nur unter dem Bett lauern unheimliche Wahrheiten …

– It looks like a children’s book. It has pictures. It has a saccharine-sweet title. The main characters are a little girl and her teddy bear. But all of that is just protective coloration. The truth is, this is a book for adults with a dark sense of humor and an appreciation of old-school faerie tales. –
Vorwort

The Adventures of the Princess and Mr. Whiffle ist ein Bilderbuch, welches stark betont, nicht für Kinder gemacht zu sein. Obwohl hier auch tatsächlich bewusst mit der erfahrungsreichen Phantasie erwachsener Leser gespielt wird, bleibt das Büchlein aber auch für junge Leser recht ungefährlich und kann beiden Altersgruppen kurzweilige bis gruselige Unterhaltung bieten.

Autor Patrick Rothfuss, bekannt für seine Buchreihe The Kingkiller Chronicles (Die Königsmörder Chroniken), beschreitet mit The Thing Beneath the Bed einen völlig anderen Pfad und taucht in die Märchenwelt ein. Sprachlich erwartet den Leser hier keine Offenbarung, nichts das mit dem bekannt poetischen Stil Rothfuss’ zu vergleichen wäre, die wenigen Textzeilen (es sind insgesamt ca. 150 Worte), sind sehr schlicht gehalten und verteilen sich auf 69 ganzseitig s/w illustrierte Seiten. Allerdings darf man sich auf versteckten Humor freuen, der zuweilen bitterböse wird.
Illustrator Nate Taylor ist dagegen der eigentliche Held dieses Werks, denn das Büchlein lebt eindeutig mehr durch Bilder als durch Texte. Seine wirkungsvollen Illustrationen transportieren den humorvollen Unterton der Geschichte auf wirklich charmante und sehenswerte Weise. Sie tragen die Erzählung stärker als die Worte selbst und erzählen all das, was zwischen den Zeilen verborgen liegt. Man sollte daher dringend die Details im Hintergrund beachten und sich lieber ein paar Minuten mehr Zeit lassen, um sich auf die Suche nach versteckten Informationen zu machen. Hier zeigen sich nämlich schon erste Anzeichen für ein verdrehtes Bild von Gut & Böse.

Für ein wenig Verwirrung sorgt eventuell die Aufteilung der drei möglichen Enden. Je nachdem, wie man es mag, gibt es ein süßes, märchenhaftes Ende, wie man es gewohnt ist, ein blutig-schauriges und zuletzt ein wirklich schauriges, wahres Ende. Man kann an beliebiger Stelle aufhören zu lesen, doch es lohnt sich, bis zum Schluss dran zu bleiben.
Konfusionspotential hat dabei die Kennzeichnung der unterschiedlichen Enden. Jedes Ende erhält eine extra Seite, auf der entsprechend “First Ending”, “Second Ending”, “Third Ending” geschrieben steht. Beachtenswert hierbei: Die Enden werden damit nicht eingeleitet, sondern beendet. Wenn man das nicht weiß, steht man möglicherweise zuletzt vor “Third Ending” und fragt sich, was einem die folgenden leeren Seiten sagen wollen – bis man erkennt, dass man einen Denkfehler gemacht hat.

The Thing Beneath the Bed bietet also insgesamt nur ein sehr kurzes Lesevergnügen, lädt aber durch die wirklich ansprechenden Illustrationen zum mehrfachen Stöbern und Entdecken ein. Die Erwartungen, die man zunächst an einen Autor wie Patrick Rothfuss stellt, kann es dabei zwar nicht erfüllen, ist man jedoch bereit, sich auf etwas völlig anderes einzulassen und das Buch als eigenständiges Werk zu betrachten, statt eines “typischen Rothfuss”, dann kann man herrlich böse Momente damit verbringen.
Als kleines zusätzliches Schmankerl des Verlags gibt es außerdem eine schicke Aufmachung im gebundenen Hardcover, mit leicht getönten Seiten, märchenhaft anmutender Typografie und einem Autogramm des Autors.

Cover des Buches Am Abgrund von Wolfgang HohlbeinTranssilvanien im 15. Jahrhundert: Der junge Frederic hat als Einziger das grauenhafte Massaker der Inquisition in seinem Heimatdorf überlebt. Er schließt sich dem Schwertkämpfer Andrej an, der ihn auf die Jagd nach den Mördern mitnimmt. Eine gefährliche und abenteuerliche Reise beginnt und schon bald hegt Frederic einen furchtbaren Verdacht: Ist sein scheinbar unverletzbarer Beschützer mit dem Teufel im Bunde?

-Ein dünner Ast peitschte in sein Gesicht und hinterließ einen blutigen Kratzer auf seiner Wange. Die Wunde war nicht tief und würde so schnell heilen wie alle anderen Verletzungen, die er sich im Laufe seines Lebens zugefügt hatte.-
Kapitel 1

Wolfgang Hohlbein erschuf mit der Chronik der Untersterblichen einen gelungenen Mix aus Geschichtsstunde und Horrorelementen, wobei er aber nicht auf das typische Klischee à la Dracula zurückgreift. Er nimmt vielmehr Elemente der traditionellen Vampir-Erzählungen auf und fügt ihnen eigene hinzu, so dass eine völlig neue Sichtweise auf den “Vampyr” entsteht. Als Beispiel sei an dieser Stelle die Vampir-Werdung genannt: Im Gegensatz zum ursprünglichen Biss durch einen Vampir, wurde Andrej Delany durch einen Unfall und einer folgenden, fast tödlichen Krankheit als Kind zu einem (fast) Unsterblichen, dem Krankheiten und Verletzungen nicht so viel anhaben können wie normalen Menschen. Auch stellt sich Hohlbein dem Mythos entgegen, dass Vampire tagsüber schlafen und und nur nachts reisen.

In diesem ersten Buch der Reihe ist Delany auf dem Weg in sein Heimatdorf, dass er seit Jahren nicht gesehen hat. Wer nun eine ausführliche Lebensgeschichte von Andrej befürchtet, kann beruhigt weiterlesen. Nur sporadisch wird etwas über Andrejs Leben erzählt, wobei der Schatten seiner Vergangenheit stets auf ihm lastet. Hohlbein baut mit Andrej Delany einen Helden auf, der an zwei Seiten zu kämpfen hat: die äußeren Bedrohungen, die ihm auf seinen Reisen begegnen und die Bedrohung in seinem Inneren: der Vampyr, der im Laufe der Zeit immer mächtiger wird. Wie lange Andrej ihn noch zurückhalten kann, bleibt offen.

Frederic, die zweite wichtige Person im Auftaktroman, scheint besessen zu sein von dem Gedanken der Rache, obwohl er gerade mal ein Kind ist. Es scheint  aus heutiger Sicht etwas befremdlich, dass ein Kind solche Ziele, die Rache an den Mördern seiner Eltern, hat, jedoch muss man auch den Hintergrund berücksichtigen: Im 15. Jahrhundert war der Sprung zum Erwachsenen viel schneller erreicht als heutzutage. Doch auch das tröstet nicht darüber hinweg, dass Frederics Charakter kaum über diesen Wunsch hinaus geht: er bleibt im Gegensatz zu Andrej eine etwas hohle Figur. Während Delany durch alle Bücher hindurch ganz verschiedene Entwicklungen durchmacht, ist Frederics Position relativ festgelegt, obwohl es auch überraschende Wendungen gibt.

Hohlbeins Stil fesselt schon nach den ersten Seiten und man möchte das Buch nicht so schnell aus der Hand legen. Einziges Manko: wegen der spannenden Geschichte ist man viel schneller mit dem Buch fertig als beabsichtigt. Auch die nachfolgenden Bücher bleiben recht dünn, obwohl es Hohlbein gelingt, stets eine gute Geschichte zu erzählen.
Alles in allem eine gute Alternative zu den Dracula-Büchern.

Am Ende der Straße von Brian KeeneEines Morgens geht über dem kleinen Städtchen Walden die Sonne nicht mehr auf. Sämtliche Verbindung mit der Außenwelt ist abgebrochen, die Elektrizität versagt, Telefonleitungen und auch der Mobilfunk sind tot. Sonne, Mond und Sterne… das gibt es nicht mehr. Die Stadt ist lückenlos eingehüllt von alles verzehrender Dunkelheit und wer immer Walden verlässt, kommt nicht mehr zurück.
Robbie, seine Freundin Christy und ihr Nachbar Russ finden heraus, dass sich etwas in der Dunkelheit befindet, etwas Tödliches. Doch auch innerhalb der Stadtgrenzen treibt das Übel der Menschen in rasantem Tempo an die Oberfläche.

– Die Dunkelheit ist lebendig, genau wie wir. –

Zu Am Ende der Straße liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

Anno Dracula von Kim NewmanEs ist 1888 und Königin Victoria von England hat sich einen neuen Gemahl gewählt: den Grafen Dracula. Täglich wächst die Gemeinde der Vampire, mal mehr, mal weniger freiwillig und so spalten sich bald die Gruppen derer, die den Vampirismus begrüßen, und derer, die sich auf eine Rebellion vorbereiten. In diese sensiblen Situation einer Gesellschaft, die mit der Veränderung noch nicht ganz zurecht kommt, mischt sich nun auch ein Serienkiller ein, der es mit seinem Silbermesser auf Vampirhuren abgesehen hat.

– Last nights delivery was easier than the others. Much easier than last week’s. Perhaps, with practice and patience, everything becomes easier. If never easy. Never … easy. –
In the Fog, Dr Seward’s Diary, S. 11

Mit Anno Dracula entführt uns Autor Kim Newman in eine alternative Realität des 19. Jahrhunderts – drei Jahre nach Bram Stokers Dracula – und stellt die Frage: Was wäre, wenn es Van Helsing seinerzeit nicht gelungen wäre Graf Dracula zu vernichten? Was, wenn der Vampir stattdessen quicklebendig, oder besser gesagt quickuntot, ins britische Königshaus eingezogen und die Queen zu einer seiner Frauen gemacht hätte?
Im vorliegenden Roman ist genau dieses Szenario real geworden. Dracula hat aber nicht nur überlebt, er hat seine Widersacher auch ausgeschaltet und badet in Blut und in seiner neuen Machtposition als britischer Thronhalter. In drei Jahren Herrschaft des Grafen hat sich die Gesellschaft Englands daher stark verändert. Auf der einen Seite ist der Vampirismus gesellschaftsfähig geworden und gehört inzwischen sogar zum guten Ton. Neugeborene Vampire leben hier mit britisch höflicher Erziehung ihr gewohntes Leben nahezu unverändert weiter und stillen ihren Blutdurst an freiwillig spendenden “Warmen”. Auf der anderen Seite wird diese scheinbar friedliche Koexistenz von den mittelalterlichen Vorgehensweisen Draculas und dessen persönlicher karpatischer Leibgarde immer wieder durchbrochen, da sie ein eng gesponnenes Netz aus Angst und Kontrolle über die Stadt gelegt haben. Blutbäder, Menschenjagd, Konzentrationslager, Blut-Prostitution und gewaltsames Blutsaugen sorgen für die Bildung rebellischer Gruppen unter den Warmen. Doch auch unter den Vampiren herrscht keine vollkommene Einigkeit, stellt uns Kim Newman hier doch die Idee verschiedener Blutlinien vor, von denen Dracula keinesfalls die Älteste, ja nicht einmal eine angesehene besitzt. In dieses wackelige Gefüge einer Gesellschaft, die mit der drastischen Veränderung noch nicht ganz zurecht kommt, gesellt sich nun noch die Jagd nach dem grausamen Serienkiller Jack the Ripper dazu, der des nachts durch die von Gaslicht spärlich erhellten Straßen Whitechapels schleicht und untoten Prostituierten mit seinem Silbermesser zum endgültigen Tod verhilft.

Die Handlung von Anno Dracula ist ein aufwendig konzipiertes Intrigenspiel, in dem es um Politik und Serienmord geht, und doch ist es schwer die wahre Stärke des Romans richtig zu beschreiben. Spannungsgeladene Handlungsbögen liefert dieser Roman nicht, denn der Leser lernt den Mörder bereits auf den ersten Seiten kennen. Wovon er nicht sofort etwas ahnt, das sind die Fäden, die im Hintergrund gezogen werden und auf ein gemeinsames Ziel zusteuern. Im Gesamtkonzept präsentiert sich Anno Dracula daher weniger wie ein Roman mit stringenter Queste, vielmehr gewinnt man den Eindruck eines klassischen Spionageromans mit verschiedenen involvierten Parteien und vielen kleinen Einzelgeschichten, die zu einem homogenen Ganzen verbunden werden. Das Spannende besteht letztlich darin zuzusehen, wie Kim Newman das Bekannte mit dem Neuen verbindet, um damit eine wirklich gut ausgearbeitete Atmosphäre und Erzählung zu schaffen, in der der Leser auf viele bekannte Namen und Orte aus Film und Literatur trifft. Sherlock Holmes, Bram Stoker, Jeanne D’Arc, der Diogenes Club, Oscar Wilde, Jack the Ripper, Professor Moriarty, Inspector Lestrade, Dr. Jekyll … die Beispiele sind manigfaltig in die Geschichte verwoben und liefern ein interessantes Crossover quer durch alle Genres, die das viktorianische Zeitalter, real und fiktiv, zu bieten hat.
Anno Dracula ist unterhaltsam, bildgewaltig und beklemmend zugleich. Wer echte Vampire sucht, der findet sie in diesem Roman garantiert.

Was die Sprache angeht, ist Anno Dracula nur denen im Original zu empfehlen, die in der englischen Sprache geübt sind. Zahlreiche eher selten gesehene Vokabeln tummeln sich hier neben weniger verbreiteten Redewendungen oder Zitaten. Wer also nur gelegentlich mal in englischsprachigen Büchern schmökert, der sollte auf die (leider deutlich weniger schöne) deutsche Ausgabe Die Vampire aus dem Heyne Verlag zurückgreifen, welche die drei bisher veröffentlichten Romane des Zyklus in gesammelter Form enthält.

Zusatzmaterial:
Die hier besprochene Neuauflage von Anno Dracula enthält einiges an Zusatzmaterial. Von einer über Jahre hinweg zusammengetragenen Sammlung der verwendeten Namen, Autoren, Filme, Titel usw., über ein alternatives Ende des Romans bis hin zu einer Kurzgeschichte des Autors. Fast 100 Seiten bieten noch mehr Einblick in Newmans blutig neue Welt und verschiedene Hintergründe zu seinem Roman.

Cover des Buches "Anubis" von Wolfgang HohlbeinMogens VanAndt ist Professor für Archäologie an einer kleinen Universität an der Ostküste der USA. Ihm stand einmal eine glänzende Karriere bevor. Doch es gibt einen dunklen Fleck in seiner Vergangenheit. Da erhält er eine neue Chance – ausgerechnet von dem Mann, den er für sein Unglück verantwortlich macht.
Es geht um die größte archäologische Entdeckung auf amerikanischem Boden, einen unterirdischen Tempel in Kalifornien. Einen Tempel, wie es ihn dort gar nicht geben dürfte. Und das Tor, welches die stummen Tempelhüter bewachen, öffnet einen Weg in das Reich der Toten …

-»Willst du behaupten, dass du plötzlich an Gott glaubst?«, fragte er.
»Ich habe gesagt, dass alle diese Welten dort draußen von einem Gott erschaffen worden sind«, bestätigte Graves. »Aber habe ich gesagt«, fügte er hinzu, und plötzlich klang seine Stimme ein kleines bisschen besorgt, »von welchem?«-

Wieder einmal versucht Wolfgang Hohlbein uns mit einem seitenstarken Werk in die dunklen Abgründe der Welt zu führen, Fakten gemischt mit Fiktion auf unheimliche Art zu verbinden und dem Leser eine neue Sichtweise auf unsere Welt zu geben. Und leider bleibt es bei dem Versuch.

Was Hohlbein dann wirklich abliefert, ist eine mehr als dürftige Gruselgeschichte, in der es zwar von Monstern wimmelt, die Spannung aber auf der Strecke bleibt. Dabei ist die Grundidee vielversprechend: ein ägyptischer Tempel in den USA! Etwas, das es nicht geben und das die Sichtweise auf unsere Welt grundlegend verändern dürfte.
Doch dann werden bereits nach knapp 200 Seiten die ersten schakalköpfigen Monster eingebaut, es gibt die ersten Toten. Danach stürzt der Roman in ein wildes Durcheinander von möglichst extremen Entdeckungen und bizarren Kreaturen, dem ich nur mit Mühe folgen konnte. Anscheinend ging es dem Autor ähnlich: Er liefert kaum eine Erklärung, was Mogens und der Rest denn überhaupt gefunden haben. Gelegentlich wird vage eine Andeutung gemacht, aber grundsätzlich nehmen die Charaktere das Gegebene einfach hin und versuchen nicht mal im Ansatz eine Erklärung für das Gefundene zu geben. Bis zum Schluss stellen sich keine Antworten ein, so dass der Leser es sich selbst zusammenreimen darf, was da gerade geschehen ist.

Auch sprachlich muss der Leser einiges hinnehmen. Abgesehen von teilweise wahnwitzig langen Sätzen wiederholt Hohlbein ständig dieselben Ausdrücke, was auf Dauer wirklich stört. Wenn Mogens in fast jedem Kapitel etwas falsch erscheint, es etwas gar nicht geben dürfte oder sein langjähriger Feind Jonathan Graves unmenschlich erscheint oder sich widernatürlich bewegt, dann fragt man sich, ob Hohlbein nicht mehr eingefallen ist oder Mogens einfach an Wahrnehmungsstörungen leidet. Zumal der Autor dann auch keine Erklärung geben kann, was eigentlich genau so falsch sein soll und der Leser damit ganz allein gelassen wird.
Auffällig sind auch die ganzen “Zufälle”, die der Autor braucht, um seine Hauptperson bei der Ausgrabungsstelle zu halten: Immer, wenn Mogens bereit ist, endlich mal seinen Instinkten zu trauen und zu gehen, taucht entweder der Dorfpolizist mit Fragen auf, nimmt ein Unwetter seinen Kurs auf die Ausgrabung oder jemand kommt zu Tode. Das alles wirkt arg konstruiert, so dass einfach keine Spannung aufkommt.
Schade eigentlich, denn hier wird eine gute Idee grundlos verheizt.

Cover von Bleicher Morgen von Colleen GleasonMiss Victoria Gardella Grantworth ist die letzte der Gardella-Blutlinie und damit auch die letzte vom Schicksal bestimmte Vampirjägerin. Sie ahnt von ihrer Bestimmung nichts, bis sie immer wieder von dem gleichen Traum heimgesucht wird, in dem Vampire sie verfolgen. Unsicher, was dies bedeutet, fragt sie ihre Tante Eustacia um Rat. Als sich das Geheimnis offenbart, muss Victoria eine Entscheidung treffen, die ihr Leben für immer verändern wird.

– Seine Schritte waren geräuschlos, und dennoch merkte Victoria, dass er sich bewegte. –
Unsere Geschichte nimmt ihren Anfang, S. 9

Zu Bleicher Morgen liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

Cover des Buches "Die Blutgräfin" von Wolfgang HohlbeinEuropa im 16. Jahrhundert: In einem abseits gelegenen, tief verschneiten Wald stoßen Andrej und Abu Dun auf brutal ermordete Menschen und werden gegen ihren Willen in gefährliche Ereignisse verwickelt. Der Bauer Ulric macht die  Blutgräfin  für die grausamen Morde und für das Verschwinden von mehreren jungen Frauen verantwortlich. Auf der Suche nach dem Täter begegnen sie dem dämonischen Leibwächter der Gräfin. Ihm gelingt das nahezu Unmögliche: Er besiegt Andrej und Abu Dun und bringt sie tatsächlich in Lebensgefahr. Anscheinend unverwundbar und unbezwingbar ist der Unbekannte doch kein Unsterblicher wie sie. Aber wer oder was ist er dann? Und wer verbirgt sich hinter der rätselhaften Blutgräfin?

-Es war die bei weitem größte Eule, die Andrej jemals gesehen hatte. In aufrechter Haltung würde sie ihm mühelos bis zum Oberschenkel reichen, und ihre Spannweite übertraf vermutlich die eines Adlers. (…) Ihr Schnabel, von dem zähflüssig rotes Blut tropfte, machte den Eindruck, als könne sie damit mühelos einem erwachsenen Mann die Hand zermalmen.-

Obwohl Hohlbein eine recht solide Fortsetzung geschrieben hat, hat mich das Buch nicht so wirklich überzeugt. Die Handlung setzt ein paar Wochen nach der Begegnung mit Frederic ein, die Unsterblichen sind wieder mal in einer abgelegenen Gegend mit misstrauischen Bewohnern. Erneut stoßen die beiden Unsterblichen auf ein Gemetzel, finstere Gestalten und dämonische Feinde. Ein altbewährtes Rezept, das auch hier zu einer recht spannenden Geschichte verarbeitet wird, jedoch gibt es einige kleine Schwächen.

Andrej wirkt im ganzen Buch unbeholfen, obwohl er doch eigentlich der erfahrerene Unsterbliche des Duos ist. Er stürzt von einem Gefühlschaos ins nächste, während er selbst kaum an der Handlung teilnimmt und eher von den Ereignissen mitgerissen wird. Ohne zuviel zu verraten, war mir von Anfang an klar, wer die Blutgräfin ist, jedoch gibt es überraschende Wendungen, die den Roman teilweise unvorhersehbar machen.
Pluspunkte verdient der Roman auch durch Andrejs Gegner: mit Blanche hat Hohlbein eine interessante Figur geschaffen, die nicht nur geheimnisvoll, sondern auch glaubwürdig ist, und einen Großteil zur Spannung beiträgt. Die Geschichte an sich ist im Nachhinein ganz gut gelungen, obwohl es hier und da einige Längen gibt.

Das Ende ist ebenso überraschend wie abgeschlossen. Offene Fragen vom fünften und sechsten Band werden überwiegend beantwortet und bilden einen runden Abschluss. Wie Hohlbein die Chronik der Unsterblichen weitererzählen will, bleibt abzuwarten. Der sechste Band jedenfalls ist lesenswert, wenn man ein Fan von Hohlbein ist. Es ist aber nicht der beste Teil der Chronik.

Carniepunk von Rachel Caine, Delilah S. Dawson, Jennifer Estep, Kelly Gay, Kevin Hearne, Mark Henry, Hillary Jacques, Jackie Kessler, Seanen McGuire, Kelly Meding, Allison Pang, Nicole D. Peeler, Rob Thurman, Jaye WellsVierzehn Kurzgeschichten ziehen in dieser Anthologie LeserInnen in die oft schaurige, pervertierte oder einfach nur surreale Welt des Zirkus.
Vierzehn Geschichten, vierzehn AutorInnen – und alle betreten den Zirkus auf ganz unterschiedliche Weise. Was alle gemein haben, ist die Verbindung zum Grauen oder zu Dämonen, die auf der Jagd nach Seelen sind …
Kommt zahlreich, mutige Abenteurer, die Manege ruft!

– It took me two days to die. On the first night, I met Madame Laida, and on the second night, I met the Cold Girl.
And this is how it happened. –
The Cold Girl, Rachel Caine, S. 153

Kurzgeschichten haben es in der Verlagswelt schwer, wahrgenommen zu werden, dabei bieten sie eine hervorragende Möglichkeit, Leser auf neue Autoren oder Serien aufmerksam zu machen, die ihrem Radar bisher womöglich entgangen sind. In Carniepunk haben sich vierzehn verschiedene Autoren zusammengefunden und unter dem Oberthema “Zirkus” ihre Geschichten beigesteuert. Manche stehen für sich alleine, andere ergänzen bestehende Buchreihen der einzelnen AutorInnen.
Die meisten dieser Geschichten sind nichts für junge Leser. Mal abgesehen von fließendem Blut und dem leise mitschwingenden Horror, der alle Geschichten vereint, finden hier teils sehr deutliche sexuelle Handlungen statt, die von Nekrophilie über die Erinnerungen eines Vergewaltigers bis zu den detaillierten Aktivitäten eines Sukkubus reichen. Meistens schaffen es die AutorInnen dabei, nicht ins Fremdschämen abzudriften – Ausnahmen bestätigen die Regel.

Die Qualität der Geschichten schwankt. Manche AutorInnen beherrschen ihr Handwerk besser als andere oder haben vielleicht auch einfach nur ein mal besseres, mal schlechteres Händchen für die Kunst, eine Kurzgeschichte zu schreiben. Manches lässt einen als LeserIn einfach nur verwirrt zurück, anderes wirkt, als habe der/die AutorIn sich schwer getan, seine Ideen in Zaum zu halten, und macht viele Sprünge, um all die Ansätze irgendwie in Kurzform zu bringen.

Hier eine Übersicht und ggf. Eindrücke der einzelnen Geschichten:

Painted Love – Rob Thurman
Der Weltreisende Doodle schließt sich für eine Weile dem Zirkusangestellten Bartholemew an und beobachtet dessen Alltag. Bartholemew ist ein waschechter Psychopath und hat sich gerade sein nächstes Opfer ausgesucht, was Doodle in eine schwierige Lage bringt. Einerseits sieht er sich selbst als reinen Beobachter, andererseits empfindet er eine gewisse Zuneigung für das nächste Opfer.
Die Geschichte funktioniert nur bedingt, da Doodles Figur wenig Zugangsmöglichkeiten bietet. Die Idee dahinter ist durchaus nicht schlecht, die Ausführung teils aber zu blass.

The Three Lives of Lydia – Delilah S. Dawson
Diese Geschichte gehört zu einer Buchreihe (Blud Series) und greift das Setting eines im viktorianischen Zeitalter angesiedelten Universums auf. Die Atmosphäre ist düster und steampunkig und die Wendungen überraschend. Lydia erwacht nackt auf einem leeren Feld, das von Zirkuswagen umkreist ist, trifft später auf Vampire und Werwölfe, die im Zirkus angestellt sind und nicht alle gute Absichten für sie hegen.
Eine stimmungsvolle Geschichte mit überraschendem Ende, die auch ohne Kenntnis der eigentlichen Buchreihe gut funktioniert.

The Demon Barker of Wheat Street – Kevin Hearne
Teil der Buchreihe The Iron Druid Chronicles. Die Geschichte findet zeitlich nach dem 4. Band statt (und nach der Kurzgeschichte Two Ravens and One Crow), kann aber gut für sich gelesen werden.
Druide Atticus und Lehrling Granuaile besuchen einen Zirkus und geraten dabei in die Fänge eines Dämons, der seine Attraktion zur Ernte ahnungsloser Seelen benutzt und sie geradewegs auf einen Trip in die Hölle schickt.
Witzig und im wahrsten Sinne höllisch gefährlich.

The Sweeter the Juice – Mark Henry
Post-Apokalyptisches Szenario, in dem Zombies allgegenwärtig und ihre Angriffe an der Tagesordnung sind. Die transsexuelle Jade Reynolds geht einen Handel ein, um sich ihre/seine Geschlechtsumwandlung leisten zu können, und soll für die behandelnde Ärztin eine neu zirkulierende Droge finden.
Diese Geschichte ist mehr im Horrorbereich zuhause, stopft aber so viele (teils eklige) Ausführungen in einen Sack, dass es für mich schwierig war, am Ball zu bleiben, und wurde dementsprechend abgebrochen.

Werewife – Jaye Wells
Nach dem Besuch einer Zirkusvorstellung verwandelt sich die Ehefrau in einen Werwolf, was sich als recht unkomfortabel für den Ehemann erweist. Als der selbe Zirkus nach einem Jahr in die Stadt zurückkehrt, überredet der Gatte seine Frau, erneut dorthin zu gehe,n um den Fluch aufzuheben, doch was sie dort erwartet, ist mehr als eine unschöne Erkenntnis.
Diese Geschichte ist aus Sicht des Ehemanns erzählt und bis auf das etwas überstürzte und nicht ganz überzeugende Ende sehr unterhaltsam.

The Cold Girl – Rachel Caine
Die sechzehnjährige Kiley besucht mit ihrem Freund einen Zirkus und vertauscht dabei versehentlich ihre Telefone. Als sie die Inhalte auf dem Telefon ihres Freundes sieht muss sie erkennen, dass der Junge, den sie liebt, eine schockierende Seite verbirgt, für die sie bisher blind war – obwohl andere die Anzeichen längst bemerkt haben.
Spannend, ergreifend und verstörend, ist dies eine der sehr gut gelungenen Geschichten der Anthologie.

A Duet With Darkness – Allison Pang
Teil der Abby Sinclair Series. Mel kann Noten und Melodien farblich wahrnehmen. Sie ist ein musikalisches Ausnahmetalent und hält sich für die beste in ihrer Band. Sie kann offenbar die Wilde Magie anzapfen, was bei einem geplanten Auftritt der Band die Aufmerksamkeit von jemandem erweckt, dem sie nicht gewachsen ist. Ihr Freund, ein gefallener Engel, versucht sie vor den Folgen ihres Stolzes zu bewahren, doch einer muss den Preis bezahlen.
Liest sich etwas wie ein Jugendbuch, ist nur inhaltlich nicht ganz jugendfrei. Die Welt und die Figuren sind aber gut beschrieben und durchaus interessant.

Recession of the Divine – Hillary Jacques
Die Versicherungsermittlerin Olivia untersucht den Brand in einem Zirkus, und es ist schnell klar, dass hier etwas nicht stimmt. Als die Angestellten merken, dass Olivia in die Erinnerungen anderer eintauchen kann, wird sie entführt und mit einem Bann ihrer eigenen Erinnerung beraubt, um sie angekettet als Wahrsagerin arbeiten zu lassen. Der Leser erfährt früh, dass sie eine Göttin in Menschengestalt ist, ihre Entführer lernen es auf die harte Tour.
Diese Geschichte war verwirrend, da die Autorin zahlreiche Zeitsprünge macht und eine eher weitreichende Handlung in einen so kurzen Text zu pressen versucht. Zeitsprünge erschweren das Ganze ebenso wie die Tatsache, dass nicht immer klar ist, was wessen Erinnerung ist oder was gerade doch real.

Parlor Tricks – Jennifer Estep
Teil der Serie Elemental Assassin Series. Detective Bria Coolidge bittet ihre Schwester, die Assassinin Spider, um Hilfe bei der Suche eines verschwundenen Mädchens, das zuletzt gesehen wurde, als es einen Zirkus besuchte. Als die beiden Frauen die Hintergründe ihres Verschwindens aufdecken, braucht es alles an Elementarmagie, was Spider zu bieten hat.
Die Figur der Spider, aus deren Perspektive erzählt wird, ist nur schwer zugänglich und so springt der Funke bei dieser Geschichte nicht recht auf die Leserschaft über. Ist vielleicht anders, wenn man die Buchreihe dazu kennt.

Freak House – Kelly Meding
Teil der noch im Entstehungsprozess befindlichen Buchreihe Strays Series, die recht viel Potential haben dürfte, wenn man diese Kurzgeschichte als Indikator nehmen darf.
Shiloh ist halb Djinn und hat jüngst erfahren, dass ihr Vater von einem Schwarz-Magier gefangen gehalten und als Zirkusattraktion ausgestellt wird. Zusammen mit zwei unerwarteten Verbündeten, von denen einer ein Werwolf ist, der andere ein pensionierter Soldat, und ausgestattet mit ihrem eigenen magischen Erbe, schleicht sie sich in die geschlossene Veranstaltung ein und findet weitere Gefangene vor. Für Shilo und ein paar andere zeichnet sich ein neues Ziel ab.
Interessantes Konzept, das neugierig auf mehr macht.

The Inside Man – Nicole Peeler
Teil der Jane True Series. Die drei Inhaberinnen der Triptych Agentur bekommen Besuch vom größten Gangsterboss der magischen Szene und werden “gebeten” herauszufinden, weshalb seine Schwester und alle anderen Bewohner ihrer Stadt ihre Erinnerungen und ihre Ambitionen verloren haben. Ihre Ermittlungen führen sie in die Fänge eines dämonischen Clowns, der ganze Städte heimsucht und nichts alle leere menschliche Hüllen zurücklässt.
Spannende Charaktere mit interessanten Hintergründen und ordentlich Frauenpower. Hier wird nicht lange gefackelt und gleich kurzer Prozess mit Dämonen wie menschlichen Bestien gemacht … Da lohnt sich wohl ein Blick in die Buchreihe.

A Chance in Hell – Jackie Kessler
Teil der Buchreihe A Hell on Earth. Die frühere Sukkubi Jezebel ist inzwischen menschlich und auf der Flucht vor dem Höllenfürst, um die Apokalypse zu verhindern. Ihre Mitbewohnerin soll Jez beibringen, was Menschlichkeit bedeutet, und nimmt den unmotivierten Ex-Dämon mit zu einem Zirkus. Der Tag verschlechtert sich deutlich, als Jez dort einem hochrangigen Dämon der Gier begegnet, der nichts lieber täte als Jezebels blitzblanke neue Seele in seine Finger zu kriegen.
Teilweise humorvoll, mit viel Erotik garniert.

Hells’s Menagerie – Kelly Gay
Teil der Buchreihe Charlie Madigan. Die zwölfjährige Emma, Tochter von Charlie Madigan, marschiert in Charbydon (Hölle) ein, um die entführten Welpen und das Weibchen ihres Höllenhundes Brim zu retten. Dabei riskiert sie lebenslangen Hausarrest, den Rauswurf aus der Schule und selbstverständlich ihr eigenes Leben, wie auch das ihres Begleiters, dem Djinn, der im Körper ihres dahingeschiedenen Vaters steckt.
Obwohl die Ansätze gut waren, habe ich diese Geschichte letztlich nur quer gelesen. Die Protagonistin war mir zu jung und die Rettung von Hundewelpen hat meinen Toleranzbereich für Niedlichkeiten gesprengt.

Daughter of the Midway, the Mermaid, and the Open, Lonely Sea – Seanan McGuire
Ada ist im Zirkus der Miller Familie geboren und aufgewachsen. Ihre Mutter ist die Hauptattraktion: eine echte Meerjungfrau, die als junge Frau schwanger Zuflucht im Zirkus gesucht hat. Nach beinahe zwanzig Jahren kommt der Zirkus an den Ort zurück, von dem Adas Mutter einst geflohen ist, und prompt wird das Mädchen von ein paar der Stadtbewohner entführt und gefangen gehalten. Ada entdeckt, dass es ein düsteres Geheimnis im Leben ihrer Mutter gab, die sich freiwillig entschieden hat, alles zu vergessen, indem sie sich dem Wasser hingab und ihre unvermeidliche Verwandlung in eine Meerjungfrau vollzog. Der Zirkus mag die Freakshow haben, doch die Monster leben außerhalb.
Eine Geschichte, die mit etwas mehr Tragik gefüllt ist und leider viele Aspekte der Charaktere nur andeutet, von denen mehr zu wissen spannend gewesen wäre.

Cover des Buches "Dämonensommer" von Terry BrooksEs ist der heißeste Sommer seit Jahrzehnten, als zwei unheimliche Fremde in das Städtchen Hopewell in Illinois kommen. Der eine stachelt die Streitigkeiten der Bewohner an, der andere hat offenbar die Fähigkeit, die Schrecken der Zukunft vorherzusehen. Und da ist Nest Freemark, ein junges Mädchen, das auf mysteriöse Weise mit den beiden Männern verbunden ist. Sie kann die übernatürlichen Wesen wahrnehmen, die bereits die ganze Stadt in ihren Bann geschlagen haben …

-Er steht allein im Zentrum einer der vielen ausgebrannten Städte Amerikas, doch in dieser war er schon einmal. Selbst in ihrem zerfallenem, geschwärztem Zustand sind die Gebäude, die ihn umgeben, erkennbar.(…) Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße hängt ein großes Plakat in Fetzen herab: Willkommen in Hopewell, Illinois! Wir wachsen euch ans Herz!-
Prolog

Mit Dämonensommer (Running with a Demon beginnt Terry Brooks eine fantastische Trilogie rund um das Mädchen Nest Freemarks. Sie lebt mit ihren Großeltern in dem beschaulichen Örtchen Hopewell, wobei ihr Leben alles andere als beschaulich ist. Im Geheimen führt sie einen Kampf gegen die “Fresser”, geheimnisvolle Wesen, die nur die Frauen von Nests Familie sehen können. Normalerweise sieht sie nur wenige von ihnen, doch in letzter Zeit werde es immer mehr. Und sie fangen an, Menschen anzugreifen. Gleichzeitig tauchen zwei Fremde auf, die beide mit Nest in irgendeiner Verbindung zu stehen scheinen.

Terry Brooks ist zurecht ein hochgelobter Fantasy-Autor: Dämonensommer zeichnet sich nicht nur durch eine mitreißende Handlung aus; durch den Sprachstil des Autors wird eine fantastische Welt aufgebaut, die den Leser sofort in ihren Bann zieht. Die Charaktere wirken überzeugend und der Waldschrat Pick bringt gekonnt ein wenig Humor in die ansonsten sehr düstere Handlung. Es gelingt dem Autor über den gesamten Roman einen Spannungsbogen aufzubauen, so dass es auch zwischendurch nicht langweilig wird. Offene Fragen werden bis zum Schluss auch offen gehalten, so dass das Ende nicht nach den ersten zwanzig Seiten vorhersehbar ist.
Als Einziges gestört hat mich der Name der Hauptfigur, aber wir wollen mal nicht kleinlich sein.
Der Anfangsroman des Zyklus macht jedenfalls süchtig und man will sofort nach dem nächsten Band greifen.

Darkness on the Edge of Town von Brian KeeneEines Morgens geht über dem kleinen Städtchen Walden die Sonne nicht mehr auf. Sämtliche Verbindung mit der Außenwelt ist abgebrochen, die Elektrizität versagt, Telefonleitungen und auch der Mobilfunk sind tot. Sonne, Mond und Sterne… das gibt es nicht mehr. Die Stadt ist lückenlos eingehüllt von alles verzehrender Dunkelheit und wer immer Walden verlässt, kommt nicht mehr zurück.
Robbie, seine Freundin Christy und ihr Nachbar Russ finden heraus, dass sich etwas in der Dunkelheit befindet, etwas Tödliches. Doch auch innerhalb der Stadtgrenzen treibt das Übel der Menschen in rasantem Tempo an die Oberfläche.

– According to the Bible, here’s how it all went down. You’ve got the word and the darkness and not much else. The two of them are just sort of hanging out together. The word and the darkness, chilling together in the void. And then the word says, “Let there be Light” and there was. And things continued just fine after that, for the most part.
Then, millennia later, some asshole comes along and fucks it all up.” –
One, S. 7

Darkness on the Edge of Town (Am Ende der Straße) ist das hinterlassene Notizbuch des Protagonisten Robbie Higgins. In Form rückblendender Aufzeichnungen schildert er dem Leser die Ereignisse, die mit der Ankunft der Dunkelheit begonnen haben. Die Art dieser Notizen und die gelegentlich direkte Ansprache des Lesers zielen einerseits auf ein unmittelbares Nacherleben ab, als würden die Aufzeichnungen just in diesem Moment gemacht, und andererseits erwecken sie den Eindruck, man habe als Leser Robbies Tagebuch gefunden.

Es gibt verschiedene kleine und große Ansätze philosophischer, religiöser und heidnischer Erklärungsversuche bis hin zu einem kritischen Blick auf die moderne Gesellschaft, in der keiner mehr seinen Nachbarn kennt und sich jeder nur noch für sich selbst interessiert. Verstärkt und beschleunigt durch den Einfluss der Dunkelheit, die im Weiteren nicht näher beschrieben wird, brechen daher in Walden die letzten verbliebenen moralischen Werte innerhalb von Stunden zusammen, Folter, Mord und Vergewaltigung werden zu einer alltäglichen, kaum beachteten Tagesordnung. Daneben sind die üblichen Ladenplünderungen schon zu vernachlässigen.

Was nun zunächst einmal gar nicht so schlecht beginnt und eine mysteriöse Endzeit-Geschichte mit Gruselfaktor versprechen mag, entpuppt sich als langweiliger Klon hundertfach erzählter Geschichten, ein bisschen Stephen King, ein bisschen Nebel des Grauens etc. – wäre es wenigstens eine gut durchdachte, spannende Erzählung, so könnte man den Roman sicher trotzdem genießen, so jedoch ist Darkness on the Edge of Town eine große Enttäuschung und leider auch eine Beleidigung für das Horror-Genre.
Der sprachliche Stil ist sehr einfach, man könnte auch sagen: zum Erbrechen simpel und stellt eine Ansammlung von Slang, Schimpfworten und gerauchten Joints dar. Die Handlung wirkt stark konstruiert und in sich nicht konsequent, es geschehen immer wieder die gleichen Dinge, dieselben Formulierungen tauchen regelmäßig auf, bestimmte Tatsachen werden zur Genüge wiederholt, auf dass der Leser sie auch wirklich zwischendurch nicht vergesse. Ein Widerspruch jagt den nächsten und weitere zahlreiche Ungereimtheiten tummeln sich unter dem Mantel des Mystery-Horrors.
In jedem Satz spürt man die Bemühung des Autors, etwas von der Furcht und dem Horror zu vermitteln, von dem der Ich-Erzähler in allzu gelangweilter, emotionsloser Manier berichtet, er scheitert dabei entsprechend auf ganzer Linie, trotz der eingangs erwähnten guten Ansätze. Auch der Versuch, einen Running-Gag einzubauen, muss vor der erzwungenen Komik der Sache kapitulieren.

Von den Charakteren kann man leider ebensowenig erwarten wie vom Rest dieses schmalen Romans. Sie bleiben bis zum Schluss blass und vermögen es nicht, den Leser in irgendeiner Form zu beeindrucken. Falls sie etwas anderes als uninteressant sind, dann kann man wohl nur sagen dumm und unglaubwürdig, zumindest verhalten sie sich häufig so, wenn sie nicht gerade wieder eine Bong mit Mariuhana rauchen.
Es mag eine Frage des persönlichen Geschmacks sein, doch es gab schon deutlich besser funktionierende Anti-Helden oder auch völlig normale Alltagsmenschen, die sich im Mittelpunkt einer hoffnungslosen Situation wiederfinden.

Was bleibt abschließend über diesen Roman zu sagen? Nachdem man sich schließlich fast 190 Seiten lang durch diese trockene Erzählung gekämpft hat, in der Hoffnung, die letzten Seiten würden einen für das Durchhalten entschädigen, schließt Darkness on the Edge of Town mit einem offenen Ende ab, welches noch einmal einen letzten kläglichen Versuch unternimmt, ein “Ende-der-Welt” Gefühl aufkommen zu lassen.
Eine insgesamt gute Idee, die leider völlig laienhaft umgesetzt wirkt und wohl eher als notdürftiger Lückenfüller taugt. Schade.

Cover von Dea Mortis von Andreas GößlingRick Nadar ist 25 Jahre alt und will jetzt, da seine Freundin Rachel im fünften Monat schwanger ist, ein geregeltes Leben führen. Also arbeitet er nun als Sicherheitsbeauftragter in einer Computerfirma. Doch aus seinem Traum von einem normalen Familienleben wird nichts. Als er von seiner Schicht nach Hause kommt, fordert ihn seine Freundin auf, sofort mit dem Auto loszufahren, sie könne nicht in dieser Stadt bleiben. Sie brechen auf, ohne daß Rick erfährt, wohin die Reise geht. Nachdem sie in mehreren Hotels abgestiegen sind, in denen merkwürdige Dinge vor sich gehen, gelangen sie zur Stadt Idleton. Dort verschwindet Rachel und Rick muß bald feststellen, daß er in Idleton seines Lebens nicht sicher ist.

-Diese Woche hatte Rick Nadar Nachtschicht, und als er um fünf Uhr früh nach Hause fuhr, ging über den Hügeln von New Providence gerade die Sonne auf.-
1.Kapitel NEW PROVIDENCE

Andreas Gößling hat sich zu seinem Roman von Bildern H.R. Gigers inspirieren lassen, die dieser in den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts geschaffen hat. Diese Bilder sind es, die DEA MORTIS (=Die Göttin des Todes) zu einem besonderen Buch machen. Viele von Gigers Schwarz-Weiß-Zeichnungen wirken wie eine Kreuzung von Gemälden Boschs und Brueghels mit dem Film Metropolis, da er häufig dämonische Geschöpfe mit maschinenähnlichen Gebilden, Stahlkonstruktionen oder futuristisch anmutenden Häuserfassaden, die aber genausogut Teile eines gotischen Doms darstellen könnten, verbindet. Die Bilder sind verstörend, unheimlich und voller religiöser und sexueller Bezüge. Wer also seinem achtjährigen Sprößling nicht erklären möchte, was sich da auf einigen Bildern so augenfällig in die Höhe reckt und auch schon mal direkt von unten in die Mitte zwischen die nackten Backen (denen auf der Hinterseite wohlgemerkt) einer Frau zielt, der sollte das Buch kindersicher aufbewahren.
Der Roman ist leider weder so verstörend, noch so unheimlich wie Gigers Bilder. Man wird nie das Gefühl los, daß man zwar nicht die Geschichte kennt, aber die Einzelteile, aus denen sie zusammengesetzt ist. Und allzu oft ist dem Leser von vorneherein klar, daß Andreas Gößling versucht, Erwartungen zu wecken, die er nicht einhalten wird. Wenn Rick Nadar sich also zu Beginn plakativ ausmalt, wie er mit seiner großen Liebe Rachel und dem gemeinsamen Kind das idyllische Leben einer Kleinfamilie führen wird, dann muß man weder ein Prophet sein, noch über langjährige Leseerfahrung verfügen, um zu wissen, daß sich seine Vorstellungen in Null Komma Nichts in Luft auflösen werden. Und wenn eine schwangere Frau holterdipolter darauf besteht, die Stadt zu verlassen, ihrem Liebsten nicht sagt, wohin die Reise geht, sondern ihn einfach durch die Gegend dirigiert, dabei wie ferngesteuert wirkt und unbedingt in äußerst merkwürdigen Hotels mit noch merkwürdigeren Bewohnern absteigen möchte, dann wird der Leser nicht unbedarft daran glauben, daß schwangere Frauen eben so komische Dinge machen und derartige Reisen für sie genauso normal sind, wie das plötzliche Verlangen, saure Gurken mit Erdbeeren und Schlagsahne zu verspeisen. Selbstverständlich wird er annehmen, daß sich die Geschichte entweder in Richtung Rosmarys Baby oder Alien entwickeln wird. So ist der Überraschungseffekt und damit auch ein Großteil der Spannung erstmal gestorben.
Im weiteren Verlauf erinnert der Roman weniger an bekannte Filme, sondern mehr an Albträume. Gößling beschreibt, immerhin ziemlich eindrucksvoll, Traumbilder, die jeder kennt, entweder aus eigenem nächtlichen Erleben oder weil sie hinlänglich bekannt sind. Ob Rick Nadar nackt auf der Straße steht, ob er von Jugendlichen verfolgt wird, die ihn verstümmeln und ermorden wollen oder ob er bei seiner Flucht kaum von der Stelle kommt, – die unheimlichen Frauen, bis hin zur Opfer fordernden Göttin, dazu die Erinnerungen Ricks an seine Kindheit und der Hinweis, daß hier Dinge vor sich gehen, die er so ähnlich in einem Film gesehen hat – das alles stößt den Leser mit der Nase darauf, daß hier surreale Traumbilder erzählt werden. Man erliegt nicht einen Augenblick der Illusion, hier könnte einem Menschen wie Du und Ich wirklich etwas Furchtbares passieren, was einem – Gott bewahre- vielleicht selbst zustoßen könnte, auch wenn die Wahrscheinlichkeit noch so gering scheinen mag. Aber nur, wenn es dem Autor gelingt, die Illusion wenigstens für einen Moment zu erschaffen, das Beschriebene könnte Realität sein, sodaß man erschrocken bei der Lektüre zusammenzuckt, wenn die schwangere Freundin ins Zimmer kommt und sagt: “Komm Schatz, laß uns einen Ausflug mit dem Wagen machen”, kann wirklich Spannung aufkommen. Hat man jedoch den Eindruck, hier wird ein Traum beschrieben und man nur noch rätseln darf, ob es der Albtraum des Autors nach der Betrachtung der Bilder H.R.Gigers ist, der des Helden, den unterbewußt doch die Panik vor einem Familienleben gepackt hat oder ob Gößling diese Traumbilder aus anderen Büchern zusammengetragen und mit Mythen vermischt hat, dann mag man vielleicht bewundern, wie der Autor Bilder in Sprache umgesetzt hat, atemberaubende Spannung kommt jedoch nicht auf, weil jeder Leser weiß: Albträume mögen zwar einige Zeit bedrohlich wirken, aber letztendlich sind Träume nur Schäume, von denen keine Gefahr ausgeht.

Cover des Buches "Fevre Dream" von George R. R. Martin Kapitän Marsh erhält ein verlockendes Angebot von einem exzentrischen Gentleman: Gemeinsam mit dem grantelnden Flussbootfahrer will Joshua York den größten, schönsten und schnellsten Schaufelraddampfer bauen, der je den Mississippi befahren hat. Für Kapitän Marsh wird ein Traum wahr. Als der Dampfer, die Fevre Dream, gebaut ist, glaubt er sich am Ziel all seiner Wünsche. Doch Kapitän York, sein mysteriöser Teilhaber, weist ein seltsames Verhalten auf: Er lässt sich nur bei Dunkelheit an Deck blicken, er scheint nachts wie eine Katze sehen zu können und er verschwindet manchmal tagelang in den abgelegenen Uferregionen des Flusses. Kapitän Marsh hat noch nie von Vampiren gehört, doch er schöpft Verdacht …

-Abner Marsh rapped the head of his hickory walking stick smartly on the hotel desk to get the clerk’s attention. “I’m here to see a man named York,” hes said. “Josh York, I believe he calls hisself. You got such a man here?”-
St. Louis, April 1857 – Chapter One

Vergesst Anne Rice, vergesst Stephen King: George R. R. Martin erweist sich mit diesem Roman als der unangefochtene Meister der Gothic Novel. Hier wechselt sich atemlose Spannung mit blankem Schrecken und nostalgischer Schönheit ab. O ja, Martin versteht es, die Welt auf dem Mississippi des 19. Jahrhunderts genauso, wie man sie sich seit der Lektüre Mark Twains vorgestellt hat, wiedererstehen zu lassen. Der Leser fiebert im wahrsten Sinne des Wortes mit, man spürt sie förmlich die Moskitos, die Sümpfe, das schweiß- und blutüberströmte Elend der Sklaven, die Hitze der Dampfkessel und die gediegene Atmosphäre der Salons auf den wunderschönen Flussbooten. Die dekadente Welt der Pflanzeraristokratie und der kreolischen Dandies nimmt vor dem inneren Auge Gestalt an; und der breite, knorrige Südstaatenakzent der Protagonisten klingt förmlich in den Ohren (daher unbedingt im Original lesen!).

Fevre Dream (Fiebertraum) beginnt als außergewöhnlich packender Roman der düsteren Phantastik, doch Martin hatte mehr im Sinne: Geschickt verschlüsselt beherrscht das Thema der Sklaverei diesen Roman. Die afrikanischstämmige Bevölkerung des amerikanischen Südens, ihr Leid und ihre Knechtschaft, sind wirklich Thema und nicht nur malerische, romantisch verklärte Kulisse wie in Interview with the Vampire (Interview mit einem Vampir), wo Schwarze höchstens als klischeehafte Voodootrommler auftreten.
Auch Martins Vampire heben sich wohltuend von den ätherisch-androgynen, ständig an romantischen Nichtigkeiten verzweifelnden Gestalten aus Rice’ Vampire Chronicles ab. Die Vampire aus Fevre Dream sind Raubtiere, ein von den Menschen gänzlich verschiedenes Volk, die aber gerade darum lebendig und glaubhaft wirken. Doch sind sie alles andere als eindimensionale Monstren, deren Aufgabe lediglich darin besteht, sich Pfähle durch die Brust hämmern zu lassen. Sie haben ihre eigenen, nichtmenschlichen und ganz und gar unromantischen Probleme, die den Fortbestand ihrer Art bedrohen. Da sie unter Menschen leben, nehmen sie stets eine menschliche Identität an, und indem sie im Lauf der Zeit an Alter und Macht gewinnen, werden sie entweder immer menschenähnlicher oder immer raubtierhafter. Es ist diese innere Zerissenheit, die sie so faszinierend macht. Diese Vampire sind Meisterwerke der Evolution, absolut tödlich, doch sie sind nur zu eigenem Kulturschaffen in der Lage, wenn sie die Menschen imitieren, die sie doch eigentlich als bloßes Schlachtvieh verachten. So kommt es, dass sie gleichzeitig kultiviert und bestienhaft sind, ambivalent und auf eindringliche Weise glaubwürdig.

Die Parallele zu den aristokratischen Plantagenbesitzern des Südens, die ihre Kultur und ihren Wohlstand parasitär auf dem Leben und der Arbeitskraft der schwarzen Sklaven aufbauen, ist deutlich. Besonders abstoßend und zugleich mitleiderregend wird dies dem Leser in der Figur des Sklavenaufsehers vor Augen geführt, White Trash, wie er verkommener und abgerissener nicht sein könnte, der sich nach nichts anderem sehnt, als selbst einer der eleganten und tödlichen Herren der Nacht zu sein. Den Kontrast dazu bildet Kapitän Marsh, der als Flusskapitän den höheren Gesellschaftsschichten angehört, jedoch trotz seiner grimmigen Art durch und durch gutmütig ist. Aufgrund seiner Erfahrungen mit den Vampiren reift er schließlich über seine eigenen Standesdünkel hinaus und überdenkt seine Haltung zur Sklaverei von Grund auf. Überhaupt sind die Vampire selbst manchmal eher Sympathieträger als furchteinflößende Feinde der Menschheit, da sie wohl zum Aussterben verurteilt sind, wenn sie nicht, ja wenn sie nicht …

Schwere Kost, könnte man meinen. Doch gewinnt der Roman auch einen wunderbaren Humor durch die Sprache der Protagonisten und vor allem durch den Kontrast zwischen dem wuchtigen Kapitän Marsh, der ausgedehnte Mahlzeiten und halsbrecherische Dampferrennen liebt, und dem kultivierten, Gedichte lesenden Joshua York. Man kann Fevre Dream als hochspannenden, atmosphärisch dichten Abenteuer- und Gruselroman lesen, doch steht es den Absichten des Autors sicherlich nicht im Wege, wenn man durch die Lektüre zum Nachdenken über Rassismus und Ausbeutung angeregt wird.
Übrigens: wer meint, ich hätte in dieser Rezension viel zu viel verraten, dem sei gesagt, dass ich noch nicht mal erwähnt habe, ob die Fevre Dream denn nun wirklich das schnellste Dampfboot auf dem Mississippi ist, ob das Gute oder das Böse den Sieg davonträgt (und wer letzten Endes überhaupt für welche Seite steht), ob die Queste der Vampire nach ihrer mythischen Stadt, ihrem Neuen Jerusalem, tatsächlich erfolgreich ist, und ob Billy Tiptons Traum vom Dasein als Vampir sich doch noch erfüllt …

Fiebertraum von George R.R. MartinKapitän Marsh erhält ein verlockendes Angebot von einem exzentrischen Gentleman: Gemeinsam mit dem grantelnden Flussbootfahrer will Joshua York den größten, schönsten und schnellsten Schaufelraddampfer bauen, der je den Mississippi befahren hat. Für Kapitän Marsh wird ein Traum wahr. Als der Dampfer, die Fevre Dream, gebaut ist, glaubt er sich am Ziel all seiner Wünsche. Doch Kapitän York, sein mysteriöser Teilhaber, weist ein seltsames Verhalten auf: Er lässt sich nur bei Dunkelheit an Deck blicken, er scheint nachts wie eine Katze sehen zu können und er verschwindet manchmal tagelang in den abgelegenen Uferregionen des Flusses. Kapitän Marsh hat noch nie von Vampiren gehört, doch er schöpft Verdacht …

– Abner Marsh schlug mit dem Knauf seines Hickoryspazierstocks scharf auf das Hotelpult, um den Angestellten auf sich aufmerksam zu machen. »Josh York, so nennt er sich, glaube ich. Gibt es hier einen solchen Gast?” –
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Zu Fiebertraum liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

I am Legend von Richard MathesonRobert Neville ist der letzte Mensch auf Erden, doch alleine ist er nicht. Nach dem Ausbruch einer ansteckenden Krankheit, deren Ursprung und Verbreitungsart zunächst unklar sind, hat sich der Rest der Menschheit in Vampire verwandelt und dürstet nach Roberts Blut. Bei Tag, wenn die Kreaturen nahezu komatös sind, tötet er so viele Vampire im Schlaf, wie er in ihren Verstecken finden kann, bei Nacht verschanzt er sich hinter Knoblauch und dicken Schlössern in seinem Haus und hofft auf den nächsten Sonnenaufgang. Zwischen Depression und Hoffnungslosigkeit entwickelt Robert schließlich eine Idee, die zum neuen Lebenssinn wird. Er will die Ursache der Krankheit finden und mit diesem Wissen ein Heilmittel entwickeln.

– Then he stood in the dark kitchen, eyes tightly shut, teeth clenched, hands clamped over his ears. Leave me alone, leave me alone, leave me alone! –
Kapitel 1, S. 14

Richard Mathesons Erstlingsroman aus dem Jahr 1954 ist zu recht ein Klassiker der Literatur. Man stelle sich vor, man wacht eines Morgens auf und die Welt hat sich endgültig in eine Art Vorhölle verwandelt, in der nur noch blutdurstige Kreaturen leben. Im ersten Moment denkt man da gar nicht groß darüber nach, was das im Detail eigentlich bedeutet.

Matheson dagegen macht es auf Furcht einflößende Weise.

In seinem Szenario sind es nicht die Angst vor den überall lauernden Kreaturen, die kaum mehr als Tiere sind und rein nach Instinkt handeln, oder die Existenznöte, die Robert zusetzen, sondern die Einsamkeit und das Wissen, dass er der letzte Mensch auf Erden ist und mit ihm die Menschheit aussterben wird. Hilflos musste er zunächst zusehen, wie Freunde, Nachbarn und Familie nacheinander sterben und als Vampire wiederkehren, während Robert alleine und gejagt in dieser Welt zurück bleibt, ohne Halt, Unterstützung oder jemanden, der ihm Nähe in irgendeiner Form entgegenbringen kann. Der Leser erfährt erst im Verlaufe Buches, was zu dieser Tragödie geführt hat und weshalb Neville nicht von der Krankheit betroffen ist, die man ihm beinahe schon als Erlösung von seinem Schicksal wünscht. Denn die Normalität hat sich gegen ihn gewendet, die Vampire sind die beherrschenden Geschöpfe auf diesem Planeten geworden und er, Robert, die wirklich fremde Kreatur. Die ganze Wahrheit dahinter, der Robert bei seiner Suche nach dem Heilmittel bald näher kommt, ist dabei fast noch Grauen erregender als alles bisher überstandene und kommt für den Leser sowohl überraschend als auch bedrückend.

Matheson schafft es mit seinem dichten, atmosphärischen Schreibstil, die Einsamkeit, Angst und wachsende Hoffnungslosigkeit seines Protagonisten auf nur 160 Seiten derart präzise und eindringlich zu schildern, dass einen beim Lesen ein nachhaltiges Gefühl der Beklemmung packt. Man erlebt das Geschehen aus Roberts Perspektive, was es noch einfacher macht, sich in ihn hineinzuversetzen. Dabei kommen manche Ereignisse so schlagartig und endgültig, so vernichtend und gnadenlos, dass es einem die Kehle zuschnürt. Ein einziger schlichter Satz vermag es dadurch, jeden keimenden Funken von Hoffnung so gründlich zu zerschmettern, dass dem ein oder anderen schließlich Tränen in die Augen steigen werden. I am Legend ist also eher aus psychologischer Sicht ein Horror-Buch, welches völlig auf spritzendes Blut und sonstige Splatter-Einlagen verzichtet, nicht einmal die Vampire selbst werden besonders reißerisch oder Angst einflößend beschrieben, und doch traut man sich abends kaum das Licht auszuschalten.
Bücher wie I am Legend gibt es wirklich nur selten, und es verfolgt den Leser noch lange, nachdem das Buch längst seinen Platz im Regal wieder eingenommen hat.

Einen winzigen Abzug könnte man für das etwas überstürzte Ende geben. Es stellt jedoch nur einen kleinen Schönheitsfehler in diesem Werk dar und schmälert das Leseerlebnis nicht.

Für Fans von Endzeit-Szenarien, Science-Fiction und Vampiren im klassischen Stil ist I am Legend unbedingt zu empfehlen.

Verfilmung:
Der recht kurze Roman wurde mehrfach (eher missraten) verfilmt, 1964 unter dem Titel The Last Man on Earth, 1971 mit Charlton Heston in der Hauptrolle von The Omega Man, 2007 mit Marc Dacascos in I am Omega und zuletzt ebenfalls 2007, nur einen Monat später und weitaus populärer, mit Will Smith unter dem Titel I am Legend. Die Filme bieten auf ihre Art und mit ihren verschiedenen Ansätzen vielleicht dem ein oder anderen nette bis trashige Unterhaltung, doch die eindringliche Atmosphäre, das realistische Bild der Vorlage und die tragische Eigenart des Romans vermögen sie nicht zu transportieren. Der filmische Handlungsablauf oder Roberts dargestellte Ängste schaffen es nicht einmal ansatzweise an die Qualität des Buches heranzukommen. Zusätzliches Manko bei dem vermutlich bekanntesten der Filme, I am Legend, ist das typisch hoffnungsvolle bzw. pathetische Hollywood-Ende (es gibt verschiedene Endsequenzen), welches so gar nichts mehr mit der Buchvorlage zu tun hat und damit einen Großteil dieser wirkungsvollen Geschichte zerstört. Wer also bisher nur die Filme kennt, der sollte dringend zum Buch greifen. Ihr werdet euch gruseln, ihr werdet hoffen, bangen und das Buch mehrfach aus der Hand legen müssen, um euch zu erholen. Kurz gesagt: ihr werdet es nicht bereuen!

I Am Not A Serial Killer von Dan WellsJohn Wayne Cleaver ist fünfzehn Jahre alt und studiert mit Vorliebe das Verhalten von Serienmördern, denn John ist ein Soziopath, der gegen seine Neigungen ankämpft, um nicht selbst zum Killer zu werden. Dazu hat er zahlreiche Regeln für sich selbst aufgestellt. Doch als ein echter, praktizierender  Serienkiller in seiner Stadt Einzug hält, beginnen Johns mühsam errichtete Regeln zu zerfallen und der Killer in ihm drängt immer weiter an die Oberfläche. Als John erkennt, dass der Serienkiller kein Mensch ist, sieht er seine Chance gekommen, seiner mordlüsternen Phantasie nachzugeben unter dem Deckmantel dabei etwas Gutes zu tun.

– In coming here, I was digging at the foundations of something larger and deeper, scratching tiny lines in a wall I dare not breach. There was a monster behind that wall, and I had built it strong to keep the monster at bay; now it stirred and stretched, restless in its dreaming. There was a new monster in town, it seemed – would its presence awaken the one I kept hidden? –
Kapitel 2, S. 30

I Am Not A Serial Killer (Ich bin kein Serienmörder) ist ein Buch, das unter die Haut geht und dort langsam und unheimlich unter der Oberfläche herum kriecht. Es laufen einem mitunter eiskalte Schauer über den Rücken, der Roman ist also nicht unbedingt etwas für Zartbesaitete. Im klassischen Sinne handelt es sich bei dieser dreiteiligen Buchreihe auch nicht gerade um waschechte Fantasy, vielmehr ist es ein Psychothriller mit einem Dämon in der Nebenrolle. Soviel vorweg gesagt, auf ans Eingemachte!

Der Debütroman des Autors Dan Wells schlägt eine sehr ungewöhnliche Richtung ein, indem er seine Geschichte aus der Sicht eines potentiellen Serienmörders erzählt. John Cleaver hat es bisher geschafft, seine dunklen Gelüste zu kontrollieren, doch der Leser bemerkt schon von den ersten Sätzen an, dass der Junge eine tickende Zeitbombe ist, die jeden Moment explodieren könnte. In seiner Freizeit hilft er leidenschaftlich gerne im Bestattungshaus seiner Mutter aus, seine Schulreferate drehen sich immer um Serienmörder. Nach außen hin wirkt John trotzdem fast wie ein normaler Teenager, doch in seinem Inneren herrscht ein unerbittlicher Kampf zwischen Gut und Böse. Es ist insbesondere dieser immer gegenwärtige Kampf mit sich selbst und der ungewöhnliche Einblick in den Geist eines Menschen, der davon träumt, jemanden zu töten, was I Am Not A Serial Killer so eindringlich macht. Man erlebt düstere Gedanken darüber, wie John im Geiste mit einer erschreckend analytischen und gut informierten Routine die Funktionen und Schwachpunkte des menschlichen Körpers durchgeht, wie er lauernd auf den richtigen Moment wartet und seine Anspannung aufspart. Der Junge weiß, wie er morden kann, aber auch, dass er nicht morden darf. Hin- und hergerissen zwischen Wunsch und Rechtsbewusstsein, fesselt der Protagonist den Leser auf diese Weise an das Buch, seien seine Schilderungen auch noch so “alltäglich”. Was für John zum normalen Tagesablauf gehört, wirkt auf den normalen Leser meist doch ziemlich erschreckend.

Als Antiheld tritt John nun einem Dämon gegenüber, der in vielen Belangen wesentlich menschlicher erscheint in seinem Handeln und seinen Beweggründen als der Junge. Trotzdem ist John ein Charakter, den man nicht hassen kann und dem man wünscht, dass er irgendwann einfach “gesund” werden kann. Der Dämon selbst wird dabei fast zur Nebensache, denn der Hauptgegner bleibt immer Johns eigene unterdrückte Seite. Nichtsdestotrotz bekleidet der Dämon eine wichtige Position in diesem Roman, denn er ist es, der Johns Tätigkeiten und Gedanken beflügelt. Alles wird von einem sarkastisch-zynischen Unterton des Protagonisten begleitet, der Galgenhumor als eine Option sieht, mit seinem inneren Ich zurechtzukommen. Das macht dieses Buch nicht nur extrem spannend, sondern auch sehr unterhaltsam, und stellenweise lockt es dem Leser ein böses Lachen über die Lippen.

I Am Not A Serial Killer ist ein Pageturner von der unheimlichsten Sorte, da er soviel realistische Möglichkeiten beleuchtet. Die Erzählung wirkt sehr glaubhaft konstruiert und nachvollziehbar. Zumindest für Leser, die weder Soziopathen noch Therapeuten sind, dürfte es sehr überzeugend erzählt sein und eine buchstäblich unheimliche Wirkung entfalten.
Wer sich neben Fantasy auch gerne mal in die Welt der Krimis und Thriller begibt und mit wenig phantastischen Elementen zufrieden ist, der wird John Cleaver garantiert lieben. Für eher schwache Nerven und Freunde klassischer Phantastik ist das Buch dagegen nicht zu empfehlen.

Ich bin kein Serienkiller von Dan WellsJohn Wayne Cleaver ist fünfzehn Jahre alt und studiert mit Vorliebe das Verhalten von Serienmördern, denn John ist ein Soziopath, der gegen seine Neigungen ankämpft, um nicht selbst zum Killer zu werden. Dazu hat er zahlreiche Regeln für sich selbst aufgestellt. Doch als ein echter, praktizierender Serienkiller in seiner Stadt Einzug hält, beginnen Johns mühsam errichtete Regeln zu zerfallen und der Killer in ihm drängt immer weiter an die Oberfläche. Als John erkennt, dass der Serienkiller kein Mensch ist, sieht er seine Chance gekommen, seiner mordlüsternen Phantasie nachzugeben unter dem Deckmantel dabei etwas Gutes zu tun.

– Hinten in der Leichenhalle war niemand außer mir und Mrs Andersons Leiche. –
Eins

Zu Ich bin kein Serienkiller liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

Ich bin Legende von Richard MathesonRobert Neville ist der letzte Mensch auf Erden, doch alleine ist er nicht. Nach dem Ausbruch einer ansteckenden Krankheit, deren Ursprung und Verbreitungsart zunächst unklar sind, hat sich der Rest der Menschheit in Vampire verwandelt und dürstet nach Roberts Blut. Bei Tag, wenn die Kreaturen nahezu komatös sind, tötet er so viele Vampire im Schlaf, wie er in ihren Verstecken finden kann, bei Nacht verschanzt er sich hinter Knoblauch und dicken Schlössern in seinem Haus und hofft auf den nächsten Sonnenaufgang. Zwischen Depression und Hoffnungslosigkeit entwickelt Robert schließlich eine Idee, die zum neuen Lebenssinn wird. Er will die Ursache der Krankheit finden und mit diesem Wissen ein Heilmittel entwickeln.

– Sechzehn Ur fünfzehn. Sechzehn Uhr dreißig. Sechzehn Uhr fünfundvierzig.
In einer Stunde würden sie wieder am Haus sein, die verdammten Bastarde – sobald das Tageslicht erloschen war. –
Erster Teil, Januar 1976

Zu Ich bin Legende liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

Cover des Buches "Imagon" von Michael Marrak Poul Silis ist Geophysiker und hasst den Winter, den Schnee und besonders die Kälte. Doch ausgerechnet er wird nach Grönland ins ewige Eis beordert, um mit einer Gruppe von Wissenschaftlern einen mutmaßlichen Meteoriteneinschlag zu untersuchen. Zahlreiche Menschen wollen das grelle Licht eines Himmelskörpers gesehen haben, und es befindet sich auch ein riesiger Krater im Eis. Von einem Meteoriten aber gibt es keine Spur. Stattdessen werden Schrecken lebendig, die älter als die Erdgeschichte sind.

-Abscheu und Neugier. Grauen und Faszination.
Ich stand vor dem Aqunaki und kam nicht umhin, ihn unverhohlen anzustarren, im Sternenlicht jede Hautfalte zu studieren, jede seiner Bewegungen zu verfolgen und jedes Geräusch wahrzunehmen, das diese bizarre Kreatur erzeugte.-
Kap. 15., S. 271

Imagon aus der Reihe “H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens” ist ein phantastischer Horrorroman, der in der von Lovecraft geschaffenen Welt des Cthulu Mythos spielt.
Der erste Satz beginnt mit: “Ich hasse den Winter”, und schon ist der Einstieg geschafft. Die darauffolgenden Seiten saugen den Leser förmlich in die Person Pouls und ziehen ihn mit in den Strudel der Ereignisse.
Poul ist eine angenehme Identifikationsfigur, und man leidet um so mehr mit ihm, als daß er eine ganz normale Person ist und aus seiner Sicht alles richtig macht, aber dennoch nicht seinem Schicksal entfliehen kann.

Marraks Schreibstil ist flüssig und in seinen Beschreibungen sehr lebendig. Insbesondere die plastische Darstellung der Örtlichkeiten entführt den Leser mit Leichtigkeit an die verschiedenen Handlungsorte. Im Gegensatz zu anderen Autoren, die in Lovecrafts Tradition schreiben, versucht er nicht, dessen Stil zu kopieren. Auch die Handlung ist nicht nur ein einfacher Austausch von Personen und Orten, sondern zeugt von eigener Kreativität. Die Handlungsstränge sind komplex, enthalten überaschende Wendungen und sind nicht linear aufgebaut. Selbst wenn man Lovecrafts Werke gut kennt, lassen sich die Geschehnisse kaum erahnen.
Wer allerdings noch nie mit der Welt der Alten Götter und von Cthulu in Berührung gekommen ist, kann schon ein wenig von den verschiedenen Wesen und ihren Beziehungen zueinander verwirrt werden. Besonders die Auflösung verlangt vom Leser höchste Aufmerksamkeit und geistige Flexibilität.

Insgesamt hat Marrak einen sehr spannenden Phantastikroman geschrieben, der es wert ist, in die Reihe der Lovecraftwelt aufgenommen zu werden. Mit den rund 400 Seiten ist er gerade lang genug, um in die dargestellte Welt einzutauchen und sich mit der Hauptperson zu identifizieren, aber kurz genug, um Längen zu vermeiden.

Cover des Buches "Die Kuppel" von Peadar Ó'GuilìnStolperzunge lebt bei einem Stamm unter schrecklichen Bedingungen in einer von Wildnis überwucherten Ruine: Seine Leute sind darauf angewiesen, Jagd auf die anderen Lebewesen ihrer Umgebung zu machen, oder selbst zur Beute der schrecklichen Monstren zu werden. Außerdem werden immer wieder “Freiwillige” ausgewählt, die bei den anderen Bewohnern der Wildnis gegen deren nutzloses Fleisch eingetauscht werden. Die Lage wird brenzlig, als Stolperzunges intelligenter Bruder ihn auf immer gewagtere Jagdzüge mitnimmt. Dabei entdecken sie, daß ihre Freßfeinde einen gemeinsamen Angriff auf die Menschen planen. Zusätzlich zu dieser Bedrohung fällt eines Tages eine seltsame, wunderschöne Frau vom Himmel, deren Sprache keiner der Menschen versteht.

-Weiterlaufen! Nichts anderes zählte. Nicht aufhören, nicht sterben! Der Stamm brauchte seine stärksten Mitglieder, um zu überleben.-
Brüder

Was bleibt von der Zivilisation unter schlimmsten Umständen?
Mit dieser Frage sieht sich der Leser gleich auf den ersten Seiten von Die Kuppel (The Inferior) konfrontiert, wenn er sich in einer Gesellschaft wiederfindet, in der Blut, Häute, Knochen und vor allem Fleisch die Dreh- und Angelpunkte des Daseins sind, und man auch vor einem aus der Not geborenen Kannibalismus nicht zurückschreckt. In einer feindlichen Umwelt versucht eine menschliche Stammesgemeinschaft zu überleben: Die Jagd auf andere, fremdartige und dennoch intelligente Spezies, die ebenfalls als Jäger agieren, bestimmt einerseits den Alltag, andererseits ist das Aufgeben nutzlos gewordener Stammesmitglieder eine ständige Bedrohung für den Einzelnen, der der Gemeinschaft in diesem Fall noch einen letzten Dienst zu erweisen hat. Eßbares Gemüse existiert nicht in dieser lebensfeindlichen Welt, und somit scheint Die Kuppel erst einmal nichts für Leser mit schwachem Magen zu sein.
Ob sich der junge Autor Peadar Ó’Guilín in seinem Debut-Roman mit diesem Thema einen Gefallen getan hat? Die Kuppel wird dadurch zu weit mehr als einer simplen Geschichte ums Erwachsenwerden, doch unsere Gesellschaft ist eine, die mit dem Schlachten und den weiteren Hintergründen des Fleischkonsums nicht konfrontiert werden will, und das Thema Kannibalismus löst wohl bei vielen eine instinktive Abwehrreaktion aus.
Um so erstaunlicher ist die Feinfühligkeit, mit der Ó’Guilín in eine Gesellschaft einführt, deren Vorbilder irgendwo zwischen realen Stammesgemeinschaften unter unwirtlichen Bedingungen (wie etwa Inuit), Goldings Herr der Fliegen und düsteren Zukunftsvisionen von degenerierten Kulturen liegen.
Wer hier Splatterorgien erwartet, wird enttäuscht werden, denn was einen anfangs vor den Kopf stößt, sind keineswegs ausgewalzte, bluttriefende Szenen, sondern die Normalität von Überlebenskonzepten, die uns völlig fremd erscheinen – und Ó’Guilín nutzt diesen Effekt geschickt aus und spielt mit den Empfindungen des Lesers, die sich später, nachdem man sich an die Welt gewöhnt hat, im Ekel der Figur Indrani spiegeln, die aus einer zivilisierteren Umgebung zu den „Wilden“ stößt.

Das Thema Barbarei contra Zivilisation zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung, denn auch für den stotternden Helden Stolperzunge ist eine so harte Umgebung, in der Männer in den Dreißigern schon Greise sind, kein guter Ort.
Wie sich dieser untypische Held trotz der widrigen Umstände durchschlägt, trägt einen Teil zur immensen Spannung bei, mit der der Roman aufwarten kann: Das Tempo ist fast durchgängig hoch, Konflikte – erst mit dem eigenen Stamm, dann mit dem Bruder, später mit der ganzen Welt – schaukeln sich kontinuierlich auf oder lösen einander ab, und diese Welt voller Gefahren und ohne einen Punkt, an dem man in aller Ruhe Atem holen könnte, wird dadurch greifbar. Die Kuppel ist ein Roman, den man nur schwer aus der Hand legen kann.
Weitere Sogwirkung schafft nebst der vordergründigen Spannung und der treibenden Charaktermotivation auch das Rätsel der Kuppel selbst: Nach und nach läßt sich erahnen, was es mit den Sphären, die am Himmel sichtbar sind, den seltsamen Ruinen, in denen die Menschen leben, und den anderen Spezies auf sich hat – der Leser ist dabei Stolperzunge stets einen Schritt voraus und erkennt Dinge, die sich dem Verständnis des „Wilden“ entziehen.

In einem gewöhnlichen Jugendbuch würden Stolperzunges Abenteuer, wenn er den Stamm verläßt und die Wahrheit über die Welt herausfindet, zu seiner Läuterung führen – er würde sich seiner zivilisierten Gefährtin anpassen, ein „besserer“ Mensch werden. Die Kuppel entzieht sich solchen Plattitüden aber immer wieder elegant und stellt ein differenziertes Bild vom Überlebenskampf und zivilisatorischen Praktiken zur Verfügung, ohne der Versuchung zu erliegen, am Ende durch eine weiterentwickelte, die Barbarei überwunden habende Gesellschaft den Konflikt aufzulösen. Einzig die gesellschaftlichen Strukturen, die als Hintergrund der Handlung dienen, scheinen am Ende allzu einfach aufgebaut – allerdings werden sie auch nicht näher ausgeleuchtet und nur aus Stolperzunges eingeschränkter Sicht geschildert, so daß der einzig wahre Anschein eines reinen Jugendbuches vielleicht aufkommt, wenn einmal -auf sehr charmante Weise- aus einer Liebesszene ausgeblendet wird. All Ages-Literatur also hier nur im besten Sinne, wenn eine vordergründig hoch spannende Geschichte mit nicht speziell für junge Leser heruntergebrochenen Themen kombiniert wird, die auch Erwachsene ansprechen und beschäftigen.

Erfahrene Leser werden – allein schon aufgrund des verräterischen deutschen Titels – natürlich frühzeitig merken, wohin der Hase läuft, und die Anklänge an Filme wie die Truman Show, Running Man oder Die Klapperschlange zu deuten wissen, doch die individuelle Charaktergeschichte, die nicht nur die Emanzipation vom eigenen Stamm und der falschen Fremdwahrnehmung von allen Seiten zum Thema hat, und die Dynamik der Handlung, die mit grusligen und manchmal auch überraschenden Monstren aufwartet, sorgen für gute Unterhaltung.
Sogar sprachlich bietet der Roman Interessantes, denn Sprache und letztlich die Frage, inwieweit sie mit Intelligenz und Zivilisation zusammenhängt, wird ebenfalls in vielen Varianten thematisiert: Vom stotternden Hauptcharakter bis hin zu fehlender Verständigung unter den Spezies und der Unmöglichkeit, sich trotz gleicher Sprachkenntnisse zu unterhalten, wenn einem die Konzepte für die Gedankenwelt des Gegenübers fremd sind.

Als Stolperzunge mit seiner zivilisierten Gefährtin auf der Reise zum Rand der Kuppel schon so gut wie gescheitert ist und er mehr über seine Welt erfahren hat als Generationen von Stammesbrüdern vor ihm, wird die zentrale Frage in Die Kuppel weitergeführt und gewinnt einiges an Relevanz und unbehaglichem Gegenwartsbezug, wenn es darum geht, was eine hochzivilisierte Gesellschaft an anderer Stelle an Barbarei in Kauf nimmt, um ihren angenehmen Status Quo zu erhalten.
Was bleibt von der Zivilisation unter besten Umständen?

Mayhem von Sarah PinboroughEs ist 1888 und zerstückelte Frauenkörper pflastern die Straßen in Whitechapel, London. Dr. Bond untersucht die gefundenen Überreste und kommt schon bald zu der Erkenntnis, dass Jack the Ripper nicht der einzige Serienmörder ist. Ein zweiter Killer treibt sich in den Armenvierteln herum und erlegt seine Opfer auf weit grausamere Weise. Was ist seine Motivation? Weshalb finden sich so viele Körperteile in der Themse wieder und andere bleiben verschollen? Bald schon macht Dr. Bond eine dämonische Entdeckung, die sein rationaler Verstand nicht zu begreifen bereit ist.

– »You cannot see it,« he whispered, eventually. »You cannot.« He smiled at her, and she found that she was sobbing. »But I will tell you a secret,« he whispered into her ear. There was a moment’s pause, and in it she held her terrified breath.
»It can see you.« –
Part One

»The Carnival of blood« – so nennen die Zeitungen den Sommer der ersten Morde. Mayhem zeichnet eine alternative Realität der Ripper-Morde und fügt den Fakten ein paar neue, übernatürliche Elemente hinzu, sowie einen weiteren Killer. Das zeitgleiche Agieren der beiden Mörder ist allerdings ein wenig irritierend, da der Roman nicht klar machen kann, weshalb er diese Figuren beide braucht. Zwar gibt es eine früh genannte Erklärung, die Notwendigkeit ist jedoch zweifelhaft, da Jack-the-Ripper stets nur beiläufig genannt wird und keine rechte Funktion erfüllt. Wenn man sich davon nicht zu sehr beeindrucken lässt, ist Mayhem aber ein interessantes und blutiges Leseerlebnis mit unter die Haut kriechendem Horror. Interessant daran ist, dass es nicht die Morde selbst sind, die schocken, sondern vielmehr die langsame Entdeckung des verantwortlichen Dämons und seine … Beschaffenheit.

Aufgebaut ist der Roman in drei Teilen. Im ersten Teil werden die Morde und die Nachwehen beschrieben, die die Bestie hinterlässt. Man startet also mitten im Geschehen, während den jüngsten Mordermittlungen.
Der zweite Teil ist der wirklich unheimliche Teil von Mayhem und wirkt noch besser bei stiller Umgebung und nächtlichen Lesestunden. Hierin lernen die LeserInnen die Bestie kennen, begegnen dem Menschen, von der sie Besitz ergriffen hat, und man verfolgt die schleichende Übernahme, der der Wirt wehrlos ausgeliefert ist.
Im dritten Teil schließlich folgt das Erkennen und Aufspüren der Bestie durch die Ermittler.
Entsprechend wechselt auch die Erzählperspektive. Der Hauptteil wird aus der Sicht von Dr. Bond erzählt, ein anderer Teil aus der Sicht des allwissenden Erzählers und wieder anderes durch Zeitungsschnippsel, die entsprechend optisch aufgemacht wurden. Die Erzählung verläuft nicht in chronologischer Linie, sondern mit Sprüngen in die Vergangenheit, um zur rechten Zeit ein wichtiges Detail zu verraten. Wer Rückblenden in Büchern verwirrend findet, sollte sich Mayhem vielleicht nicht unbedingt zulegen.

Die Charaktere in Mayhem sind ein wenig blass. Dr. Bond, der Arzt mittleren Alters, bietet da noch das beste Profil mit seiner Opiumsucht, seiner Schlaflosigkeit und den Alpträumen. Begleitet wird er von einem verkrüppelten Jesuitenpriester und einem tscheschichen Einwanderer, der von Visionen geplagt wird und dank einer ausgeprägten Furcht vor dem Wasser zum Himmel stinkt. Gemeinsam versuchen sie den Dämon aufzuspüren, scheinen aber immer einen Schritt hinterher zu hinken und müssen noch dazu im Schatten der offiziellen Polizeiermittlungen agieren. Denn wer würde dem seltsamen Trio schon die Geschichte von einem Dämon in Menschengestalt abkaufen? Helfen würde es Dr. Bonds Reputation freilich nicht.

Mayhem ist ein schwierig zu beurteilendes Buch. Einerseits sind die Ideen gut, doch der Ausarbeitung mangelt es zu oft an Herz, so dass alles ein wenig oberflächlich bleibt und es schwerfällt, von der Handlung mitgerissen zu werden. Wer sich aber gerne mit einer alternativen Erzählung der Rippermorde unterhalten möchte und ein wenig Gänsehaut hier und da sucht, findet in Mayhem eine solide Story mit Potential.
Ein weiteres Abenteuer von Dr. Bond ist bereits geplant, Mayhem schließt allerdings mit einem runden Ende ab und kann für sich stehend als Einzelband gelesen werden.

The Rest Falls Away von Colleen GleasonMiss Victoria Gardella Grantworth ist die letzte der Gardella-Blutlinie und damit auch die letzte vom Schicksal bestimmte Vampirjägerin. Sie ahnt von ihrer Bestimmung nichts, bis sie immer wieder von dem gleichen Traum heimgesucht wird, in dem Vampire sie verfolgen. Unsicher, was dies bedeutet, fragt sie ihre Tante Eustacia um Rat. Als sich das Geheimnis offenbart, muss Victoria eine Entscheidung treffen, die ihr Leben für immer verändern wird.

– His footsteps were soundless, but Victoria felt him moving. –
In Which Our Story Commences, S. 1

Auf den ersten Blick lässt das Zitat ja doch hoffen. Hoffen auf ein Buch mit Spannung, mit dunklen Ecken, in denen düstere Gestalten lauern, mit einer packenden Atmosphäre und einer starken Heldin, die eine Vorfahrin von Buffy sein könnte.
Könnte.
Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt …

The Rest Falls Away (Bleicher Morgen) verspricht erst einmal einen interessanten Ansatz. Nicht unbedingt eine neue Geschichte, aber es hätte, wenn es gut erzählt worden wäre, durchaus solide werden können. Leider mangelt es der Autorin an mehreren Dingen. Zum einen scheinen sich viele Gedankengänge zur Handlung ausschließlich in ihrem Kopf abgespielt zu haben, denn die Story holpert doch gewaltig von einer Aktion über eine plötzliche Schlussfolgerung bis hin zu einer längst überfälligen Erkenntnis der Protagonisten, stolpert zurück zum Anfang und springt wieder ans Ende der Charakterentwicklung. Es liest sich daher etwas sehr launisch. Die erzählerische Wirkung tendiert gegen Null, das häufige Problem ist eine in sich unschlüssige Handlung.

Sieht man darüber dennoch hinweg, wird man gleich von blassen Charakteren in Empfang genommen, die einem allesamt so gar nicht ans Herz wachsen wollen. Sie wollen einem auch sonst keine Regung abgewinnen, denn sie bleiben alle vollkommen oberflächlich gezeichnet, ohne die Möglichkeit irgendeinen wie auch immer gearteten Zugang zu ihnen zu finden. Es gibt bestimmte Attribute, welche die Autorin ihnen zuschreiben wollte: die schlagfertige und aufopfernde weibliche Heldin, der liebevolle, witzige, charmante, aber völlig ahnungslose Marquis, der die Heldin aufrichtig liebt, der arrogante, unnahbare und absolut unausstehliche Kollege unserer Heldin, der natürlich heimlich ein Auge auf sie geworfen hat, die mütterliche und weise Tante als Lehrmeisterin und diverse andere Stereotypen, die man in der Regel ohne weiteres erkennt und dennoch alle irgendwie mag, weil sie einem aufgrund dieser Merkmale sofort vertraut erscheinen. In diesem Fall jedoch lernt man die Personen nicht kennen, sie entwickeln sich nicht, stattdessen bekommt man von der Autorin gesagt, was man von ihnen halten soll.
Mit den Gegnern verhält es sich auch nicht besser. Sie stellen nie eine echte Gefahr dar und wirken daher auch nicht bedrohlich, infolge dessen erscheinen die Protagonisten wiederum nicht kompetent. Kurzes Beispiel gefällig? Aber gerne:
Gardist der Obervampirin Lilith und absolut ernst zu nehmender Vampir greift an! – (Achtung Zitat:) Poof! Asche. Drei der obersten, ältesten und mächtigsten Vampire, genannt Imperials, greifen gleichzeitig an! – Poof! Poof! Poof! Asche hoch drei! Wir kämpfen gegen mehrere Gardisten und Imperials auf einmal! – So oft kann man innerhalb weniger Sekunden gar nicht Poof! sagen …
Das geht so locker flockig vom Pfahl, da fragt man sich doch, wozu es noch ein Expertenteam zur Jagd von Vampiren braucht.

Auch der Weltenbau ist so uninteressant und detaillos wie die Charaktere. Angesiedelt in einer vermeintlich viktorianischen Epoche, liest man eigentlich nur von Korsetts, hin und wieder einem Tee, verschiedenen Bällen und ausgefallenen Kleidern, und damit ist nicht etwa eine Beschreibung der Kleider gemeint. Nein, es sind einfach nur ausgefallene Kleider, mit dem Rest verhält es sich genauso. Aha! Na dann ist doch schon alles klar, da formen sich fantastische Bilder vor dem geistigen Auge, da kommt Atmosphäre auf, die Haare sträuben sich vor Spannung, nicht wahr?
Die Handlung wiederholt sich im Übrigen mehrfach, mit den selben Personen, dem selben Ablauf, den gleichen wässrigen Ausreden, weshalb die Heldin mal wieder eben verschwinden muss … Zusammenfassend passiert also eigentlich fast nichts, man entdeckt nichts und die Story kommt nur schleppend voran. Dies in Kombination mit der inkonsequenten Charakterentwicklung und den unlogisch späten Erkenntnissen, macht die Lektüre zu einem äußerst zähen Stück blutlosem Schinken.

The Rest Falls Away gehört der Gattung Paranormal Romance an, aber aufgrund des Schreibstils mag kaum Romantik aufkommen. Auf den letzten Seiten soll es dann plötzlich erotisch werden, wovon man leider auch nicht viel mitbekommt, denn es fallen bloß ein paar eindeutige Wörter, die nicht zum bisherigen Stil passen wollen. Das ist nur der letzte einer Vielzahl von sprunghaften Richtungswechseln, die aus dem Nichts auftauchen, sich nicht fließend in die Handlung einfügen wollen und auch eigentlich keinen Sinn ergeben, ganz zu schweigen davon, dass es den Roman noch irgendwie retten könnte.

Beim Lesen dieser Lektüre gewinnt man vor allem einen Eindruck: Die Autorin ist eine Anhängerin der Gothic-Szene und sie hat eine Vorliebe für Korsetts und Piercings. Was sie leider nicht hat, ist das Talent, eine flüssige und überzeugende Geschichte zu schreiben. Wer nun denkt “Hey super! Ich gehöre auch zur Szene!”, der vergesse es besser gleich wieder. Dieser Roman bietet viele Ansätze und Versuche, die offen stehen bleiben wie eine unfertige Skizze, die man nun gerne ausarbeiten würde. Es gibt in diesem Buch neben sehr vielen Kopf-schüttel-Situationen lediglich zwei (unbeabsichtigte) Lacher, die mit den erwähnten Piercings zusammenhängen und die einzige Entschädigung für die investierte Lesezeit darstellen.
Wie es schon im Titel heißt: The Rest Falls Away.

Ritus von Markus HeitzFrankreich 1764. Eine rätselhafte Bestie streift durch die Wälder und versetzt die Menschen dort in Angst und Schrecken, denn ihre Kinder sind es, die die Bestie in einem gnadenlosen Ritus hetzt und tötet. Längere Zeit versucht der ansässige Comte de Morangiès, die Bevölkerung zur Ruhe zu bringen. Doch als die Bestie immer mehr Kinderopfer fordert, begeben sich Männer von Nah und Fern auf die Jagd nach der Bestie. Ihnen schließt sich der Wildhüter Jean Chastel mit seinen Söhnen Pierre und Antoine an. In den Herzen der Chastels schlummert ein dunkles Geheimnis, und selbst im Jahre 2004 ist der Fluch der Bestie noch nicht versiegt …

-Mit einer monotonen Melodie gluckerte der Bach über die runden Steine. Die Abendsonne fiel durch die wenigen lichten Stellen des dichten Blätterwerks und erzeugte goldenrote Flecken auf dem schattigen Waldboden. Insekten waren auf der Suche nach Nahrung und summten durch die warme Luft. Der verführerische Duft leitete sie. Es roch nach Frühling, nach neuem Leben. Und nach Verwesung.-
Prolog

Bereits als Markus Heitz‘ Roman Die Rache der Zwerge auf den Markt kam, wurde für sein nächstes Werk Ritus mit den großen Worten Eiskalte Spannung – Dunkle Geheimnisse geworben, und ich griff sofort zu, sobald dieses vielversprechend klingende Buch erhältlich war. Und ich musste feststellen, dass es bei großen Worten geblieben war.
Eines sei erst einmal klargestellt: Heitz’ Ideen sind dennoch sehr interesssant, vor allem die Idee, zwei Handlungsstränge in verschiedenen Epochen zu weben. Der erste Handlungsstrang erzählt von Jean Chastel, der Jagd nach der Bestie in den französischen Wäldern und dem Geheimnis, das Chastel und seine Söhne vor den anderen verbergen. Dieser ist der interessantere der beiden Stränge, und teilweise werden die historischen Informationen gut in die Story intigriert. Der zweite Strang erzählt von dem Werwolfsjäger Eric von Kastell im Jahre 2004, unverkennbar ein Nachfahre des Wildhüters Jean. Vor allem aber die Geschichte um ihn ist es, die vieles an der Innovation von Ritus zerstört. Markus Heitz versucht seinen Eric von Kastell als eine Mischung aus werwolfsjagendem James Bond und den Men in Black rüberzubringen. Eric metztelt und ballert sich fluchend durch Europa, eine Spur der Verwüstung hinterlassend, um nebenbei noch mit allen möglichen Frauen zu schlafen, unter anderem auf einer öffentlichen Toilette und unter einem Brückenpfeiler. Die spröden und übertriebenen Gewalt- und Sexszenen lassen das ganze schmuddelig wirken und rauben Eric von Kastell viel von seiner ohnehin dünn gesäten Glaubwürdigkeit. Somit will der historische Teil nicht mit dem modernen in Einklang stehen, die beiden Erzählstränge werden so oft gewechselt, dass man nach und nach den Überblick (und die Lust am Lesen) verliert. Sobald auch der historische Part mit Jean Chastel nur noch in bluttriefendes Gemetzel übergeht, ist nicht einmal etwas vom barocken Charme des 18. Jahrhunderts zu finden. Letztendlich wird der Leser in Unzufriedenheit über die völlig überzogene und undurchsichtige Handlung zurückgelassen. Von eiskalter Spannung und dunklen Geheimnissen, wie bereits angekündigt, kann keine Rede sein.

Cover von Der rote Tod von P.N. ElrodLong Island, 1773. Der junge Jonathan Barrett wird von seiner chronisch übelgelaunten Mutter nach Cambridge in England geschickt, um Jura zu studieren. Jonathan widmet sich nicht nur seinem Studium, sondern auch der schönen Nora. Als er wieder nach Hause kommt, gerät er zwischen die Fronten des Unabhängigkeitskrieges, was für ihn tödliche Folgen hat.

-“Du bist ein hochmütiger, halsstarriger, undankbarer Schuft!” Solchermaßen sprach -oder besser: schrie- meine Mutter mit mir, ihrem einzigen Sohn. –
Kapitel 1

Der rote Tod (Red Death) ist keineswegs so schlecht, daß er einen Verriß verdient, aber er ist auch nicht so gut, daß er zu Lobeshymnen Anlaß gibt. Besonders am Anfang wirkt die Sprache künstlich und theatralisch, man hat als Leser eher den Eindruck einer nicht besonders guten Theatertruppe zuzuhören, als den Gesprächen realer Menschen zu folgen. Und obwohl die Autorin zu dem Schachzug gegriffen hat, den Ich-Erzähler erklären zu lassen, er benutze bewußt eine moderne Sprache, gibt es einige Ausdrücke, die in einer Geschichte, die während des Unabhängigkeitskrieges spielt, stören. 1773 besucht man Feste oder Bälle und keine Parties, wenn man sich mit seiner Mutter unterhält, dann ist das ein Gespräch und kein Interview. Inhaltlich verbreitet die Geschichte für einen Vampirroman zu wenig Schrecken, es fehlt an (dem Thema angemessener) Grausamkeit. Die Vampire, die in diesem Roman ihr Unwesen treiben, haben die Macht, den Willen von Menschen zu beeinflussen, was zur Folge hat, daß die Menschen, die mit ihnen zu tun haben, sich kaum vor ihnen fürchten. Jonathan, der vor seiner Begegnung mit Nora noch keine Erfahrung mit Frauen hatte, hält es einfach für eine besondere Art des Liebesspiels als sie ihm in den Hals beißt und sein Blut trinkt und ein neugewordener Vampir wird nach einer kurzen Schrecksekunde wieder in den Schoß der Familie aufgenommen und ist nach seiner Verwandlung der gleiche nette Kerl wie vorher. Das ist ein weiteres Manko der Geschichte. Die Vampire sind nicht böse oder wenigstens amoralisch und sie befinden sich auch nicht im Konflikt mit ihrer neuen Natur, auch hier fehlt die Spannung. In diesem Roman gibt es zwar Sexualität, aber keine Erotik. Das Erotische an guten Vampirromanen ist ja gerade, daß Sex nicht beschrieben wird und dafür alles was mit Vampirismus zu tun hat höchst doppeldeutig geschildert wird, so daß die erotischen Bilder im Kopf des Lesers entstehen.
Das letzte Drittel des Romans ist Elrod am besten gelungen. Dieser Teil hat auch komische Züge und man bedauert, daß die Autorin ihre Geschichte nicht mit mehr Humor angereichert hat, denn das scheint eine ihrer Stärken zu sein.
Der Titel Der rote Tod ist für diesen eher gemächlich dahin fließenden Roman zu reißerisch, auch das rotgeflügeltes Ungeheuer, wie es auf dem Titelbild dargestellt wird, erweckt falsche Erwartungen. Dieser Roman ist etwas für Leute, die gerne historische Geschichten lesen, die mit phantastischen Elementen angereichert sind. Wer von einem Vampirroman atemlose Spannung und Gruseleffekte erwartet wird hier nicht auf seine Kosten kommen.

Sanctum von Markus HeitzNach einer langen Hetzjagd erreicht Eric von Kastell Rom, die Ewige Stadt. In den Straßen dieses geheimnisvollen Ortes fließen alle Fäden zusammen, die zum Vermächtnis einer rätselhaften Frau aus dem 18. Jahrhundert führen: Gregoria, die Äbtissin des entweihten französischen Klosters. Nach und nach stellt Eric fest, dass er und Gregoria untrennbar miteinander verbunden sind. Durch die heiligste Substanz, die sich auf Erden finden lässt: Das Sanctum …

-“Macht Euch nicht lächerlich, Abbé. Die Bestie ist tot.” So, wie Pierre-Charles, Comte de Morangiès, es sagte, klang es nach einem Befehl. Wie immer, wenn die Rede auf das Untier kam, das im Gévaudan mehr als drei Jahre lang gewütet hatte.-
Prolog

Bisher ist Sanctum Markus Heitz’ in jeder Hinsicht schlechtestes Buch, und diesmal wirken sich nicht einmal Heitz’ Ideen positiv auf die Bewertung dieses Romans aus. Wieder bestehen zwei Handlungsstränge – ein historischer und ein moderner – und da beide fast ausnahmslos in Rom spielen, verliert man schon bald wieder den Überblick und die aus Ritus bekannte Langeweile kommt auf. Schnell wird erneut – vor allem in Erics Part – gemetzelt, was das Zeug hält – Splatterszenen sind wohl das, was in diesen Büchern die dunkle Spannung beinhalten soll. Es geschehen abartige und unglaubwürdige Morde, die wohl eine Gänsehaut verursachen sollten, jedoch nur einen angewiderten Blick und Lustlosigkeit hervorrufen. Unter anderem zerstört Eric ein Café, ballert hemmungslos darin herum und liefert sich eine Verfolgungsjagd mit einer Sekte, die Werwölfe anbetet – Dan Brown lässt grüßen – ohne für seine Gewalttaten zur Rechenschaft gezogen zu werden. Da wird in aller Öffentlichkeit gemordet und die Zeugen gucken nur groß – so etwas wie eine Polizei scheint es in und um Rom nicht zu geben.
Wieder sind Heitz’ Inspirationsquellen ersichtlich: Illuminati und Sakrileg liefern nicht nur die Vorlage für den Handlungsort, Rom, sondern wohl auch für die lang bestehende Sekte, die stark an die Illuminati und Opus Dei in Dan Browns historischen Krimis erinnert.
Sanctum beherbergt noch mehr Charaktere als Ritus, und durch sich ähnelnde Namen und die Masse der Personen geschieht es leicht, dass man nicht weiß, welchen Handlungsträger man gerade vor sich hat.
Lange Zeit wird ein Geheimnis darum gemacht, was das Sanctum ist, und als das große Geheimnis gelüftet wird, stellt es sich eher als großes Manko heraus. Unlogik und Unglaubwürdigkeit stehen in Sanctum an der Tagesordnung, und man quält sich regelrecht von Seite zu Seite, immer wieder darauf hoffend, dass Markus Heitz doch noch einen großen Knall am Ende setzt. Leider war dem nicht so. Bloß das übliche Standard-Gemetzel und eine weitere, große Enthüllung – sollte das vielleicht der Knalleffekt sein? -, von der nie die Rede war und die bloß dazu dient, dass der Leser ein weiteres Mal erleben darf, wie Eric von Kastell jemandem das Nasenbein zertrümmert. Mit diesem Schluss ist jegliches Wohlwollen dem Buch gegenüber verspielt, und man stellt es mit dem traurigen Gefühl in der Magengegend ins Regal zurück, als Leser nicht ernstgenommen zu werden.

Cover von Der Vampir von Tom HollandDie Literaturwissenschaftlerin Rebecca Carville ist auf der Suche nach dem einzig verbliebenen Exemplar der Memoiren Lord Byrons. Sie vermutet das Manuskript in der Krypta von St.Jude’s. Der Anwalt, der den Schlüssel zu der Krypta besitzt, gibt ihn nur widerstrebend an Rebecca heraus und warnt sie eindringlich davor, diesen Ort der Totenruhe zu betreten. Natürlich hält sich die junge Frau nicht an den gutgemeinten Rat. Das Manuskript findet sie trotzdem nicht, statt dessen macht sie die Bekanntschaft des berühmten Dichters, der doch eigentlich seit 1824 tot sein sollte. Lord Byron ist so freundlich, der Literaturwissenschaftlerin von seiner Existenz als Vampir zu erzählen.

– Mr. Nicholas Melrose, Vorstand seiner eigenen Anwaltskanzlei und ein angesehener Mann, ließ sich nicht gern aus der Fassung bringen.-
1. Kapitel

Je mehr der Leser über das Leben und Werk Lord Byrons weiß und je mehr Freude er an der englischsprachigen Literatur des 19. Jahrhunderts hat, um so mehr Spaß wird er an der Lektüre des Vampirs finden. Holland verbindet geschickt Episoden aus Byrons realer Lebensgeschichte mit dem fiktiven Vampirmythos. Ein besonderes Zuckerstückchen ist der “Gastauftritt” von Mary und Percy Shelley. Der Roman wäre ein sicherer Vier-Sternchen-Kandidat, wäre der Anfang von Byrons Erzählung nicht so langweilig. Sobald der Dichter die Szenerie betritt ist klar, daß er zum Vampir geworden ist. Da der Leser dies weiß, ist er nicht überrascht, wenn Byron Rebecca schildert, wie er in Griechenland auf höchst merkwürdige Wesen traf, die zwar wie Menschen aussahen, sich aber absonderlich benahmen. Während also der noch lebende und normalsterbliche Byron die Vampirgeschichten, die er hört, als Aberglauben abtut, wartet der Leser mit zunehmender Langeweile auf das, was mit Sicherheit kommen muß und selbstverständlich auch eintrifft: Lord Byron wird zum Vampir. Von nun an wird der Roman mit jeder Seite besser. Leider zieht sich der “Anfang” von Byrons Erzählung über knapp 200 Seiten und das ist für einen spannungsarmen, vorhersehbaren Auftakt ohne Überraschungen zu lang.
Tom Hollands Idee die gothic romance wiederzubeleben, indem er die berühmtesten Verfasser der englischen (Schauer-)Romantik zu den Helden seines Romans macht, ist originell, aber leider fehlt ihm die schriftstellerische Klasse seiner Protagonisten.

Die Vampire von Kim NewmanDie Vampire ist ein Sammelband der die ersten drei Bücher aus Kim Newmans Reihe Anno Dracula zusammenfasst.
Schauplatz ist eine alternative Realität in der Graf Dracula überlebt hat und Vampire nicht länger im Schatten leben, sondern Teil der Gesellschaft geworden sind.

– Die Entbindung der vergangenen Nacht ging leichter als die anderen. Viel leichter als die der vergangenen Woche. Mit ein wenig mehr Übung und Geduld geht womöglich alles leichter. Wenn auch niemals leicht. Niemals … leicht. –
Im Nebel, Dr. Sewards Tagebuch

1. Buch: Anno Dracula
Es ist 1888 und Königin Victoria von England hat sich einen neuen Gemahl gewählt: den Grafen Dracula. Täglich wächst die Gemeinde der Vampire, mal mehr, mal weniger freiwillig und so spalten sich bald die Gruppen derer, die den Vampirismus begrüßen, und derer, die sich auf eine Rebellion vorbereiten. In diese sensiblen Situation einer Gesellschaft, die mit der Veränderung noch nicht ganz zurecht kommt, mischt sich nun auch ein Serienkiller ein, der es mit seinem Silbermesser auf Vampirhuren abgesehen hat.

Zu Anno Dracula liegt eine Rezension der Originalausgabe bei Bibliotheka Phantastika vor, dazu bitte hier entlang.

2. Buch: Der Rote Baron
Nach seiner Schreckensherrschaft über Großbrittanien und seiner Vertreibung vom Thron, hat sich Dracula nun mit dem deutschen Kaiser Wilhelm II. verbündet und entfesselt den Ersten Weltkrieg. Eine seiner wichtigsten Waffen dabei ist der untote Manfred Freiherr von Richthofen – der Rote Baron.

3. Buch: Dracula Cha Cha Cha
Es ist 1959 und wir befinden uns in Rom. Gerade ist Graf Dracula dabei seine sechste Frau zu heiraten, die Prinzessin Asa Vajda. Man vermutet hinter der Hochzeit einen erneuten Versuch Draculas sich eine Machtposition als Herrscher über Rumänien anzueignen.
Derweil reist die Journalistin Kate Reed nach Rom um ihren alten Freund Charles Beauregard und dessen Vampir-Partnerin Geneviève Dieudonné zu besuchen. Dabei stößt sie zufällig auf eine blutige Mordreihe an Vampirältesten, denen bereits 17 Vampire zum Opfer gefallen sind. Gemeinsam mit Geneviève, Hamish Bond und dem Paparazzi Marcello macht sie sich daran die Hintergründe aufzudecken.