Tag: Jubiläen

Die Bibliotheka Phantastika gratuliert Elizabeth Ann Scarborough, die heute 65 Jahre alt wird. Die am 23. März 1947 in Kansas City geborene Autorin studierte bis 1968 Geschichte. Um ihr Studium zu finanzieren, trat sie dem Army Nurse Corps bei. Ihre dafür geschuldete 3-jährige aktive Dienstzeit leistete sie als Krankenschwester bzw. Sanitätsoffizier in Danang in Vietnam ab.

Cover der Gretchen Grau-Romane von E.A. ScarboroughIhr Debüt-Roman Song of Sorcery (1982; dt. Zauberlied (1987)) ist der erste Band der Agonia-Reihe (dt. Gretchen-Grau-Romane). Ihm folgen The Unicorn Creed (1983; dt. Einhorn-Codex (1987)), Bronwyn’s Bane (1983; dt. Bronwyns Fluch (1987)) und The Christening Quest (1985; dt. Die seltsamen Taufgäste (1988)). Die Reihe erzählt die Abenteuer von Gretchen Grau, einer jungen Hexe, die auf Haus- und Herdzauber spezialisiert ist. Gretchen stammt aus einer alten Zaubererfamilie, zu der u.a. auch Elspat, eine Hexe mit Pfefferkuchenhaus und einer merkwürdigen Vorliebe für kleine Kinder gehört.
Wie in diesem Beispiel schon anklingt, greift Scarborough in ihren Erzählungen gern bekannte Motive auf und verarbeitet diese mit leisem Humor und einer Prise Ironie, so dass ganz neue eigenständige Geschichten entstehen. Diese Art zu erzählen durchzieht den größten Teil ihres schriftstellerischen Werkes. Aus den Märchen aus 1001 Nacht schöpft sie z.B. für The Harem of Aman Akbar (1984; dt. Aman Akbars Harem (1986)) und verarbeitet diese in liebevoll-spöttischem Ton.

Ein Western der ganz anderen Art, gespickt mit Fantasy-Elementen und voller Charaktere, die einmal mehr nicht das tun, was man von ihnen erwartet, ist The Drastic Dragon of Draco, Texas (1986). Im zweiten Teil, The Goldcamp Vampire, or Sanguinary Sourdough (1987), fügt Scarborough dem Goldgräber-Milieu auch noch eine Vampir-Geschichte hinzu.

Für ihren 1988 erschienenen Roman The Healer’s War greift sie auf Erfahrungen aus ihrem Vietnam-Einsatz zurück und erhält dafür 1989 den Nebula Award.
Ähnlich ernste Pfade verfolgt sie auch in den folgenden beiden Büchern: Nothing Sacred (1991) ist eine Dystopie, in der alle Arbeitslosen automatisch zum Militär geschickt werden, um genug Soldaten für den Endlosen Krieg zu haben. Warrant Officer Viveka Vanachek wird gefangen genommen kämpft in einem Kriegsgefangenenlager ums Überleben. Der Folgeband Last Refuge (1992) spielt Jahre später im Himalaya, wo das friedliche Leben der letzten Überlebenden einer nuklearen Katastrophe empfindlich gestört wird, als plötzlich Kinder ohne Seele geboren werden.

Cover der Songkiller Chronicles von E.A. ScarboroughZu ihrer Vorliebe für bekannte Motive, dieses Mal aus Volksliedern und Balladen aus dem irisch-schottisch-englischen Sprachgebiet, kehrt Scarborough in The Songkiller-Saga (Phantom Banjo (1991), Picking the Ballad’s Bones (1991) und Strum Again? (1992)) zurück. In dieser Geschichte versucht eine Gruppe von Musikern die Welt vor den bösen Mächten (hier u.a. in Gestalt der Dämonen Dummheit, Ignoranz und Zweckmäßigkeit) zu retten, die der Menschheit nicht nur die Musik, sondern damit auch ihre Menschlichkeit nehmen wollen.
Märchen aus dem mitteleuropäischen Raum lässt Scarborough dann wieder in die Godmother Series (The Godmother (1994), The Godmother’s Apprentice (1995) und The Godmother’s Web (1998)) fließen, versetzt diese u.a. in das Seattle der 1990er Jahre und erschafft so eine lebendige Urban-Fantasy-Reihe.

Ebenfalls bekannt vorkommen dürfte dem Leser eine der Hauptfiguren aus Carol for Another Cristmas (1996) – Ebeneezer Scrooge besucht hier eine einsame Frau, um sie den Geist der Weihnacht zu lehren. In The Lady in the Loch (1998; dt. Die Frau im Nebel (2003)) erzählt Scarborough eine Gothic Novel ganz in der Tradition eines Frankenstein-Romans.

Anfang der 1990er Jahre wendet sich Elizabeth Ann Scarborough auch der Science Fiction zu. Gemeinsam mit Anne McCaffrey schreibt sie die Petaybee Series (1993-1995; dt. Die Eisplanet-Trilogie (1994-1996)). Später kommt noch die Trilogie The Twins of Petaybee (2005-2008) hinzu. Ab 1999 bzw. dem dritten Band arbeitet Scarborough auch an McCaffreys Acorna Universe (1997-2004) mit und schreibt mit ihr zusammen nicht nur die folgenden Bücher der Hauptreihe sondern auch die im selben Universum spielende Fortsetzung Acorna’s Children (2005-2007).
Mit den zweibändigen Tales of the Barque Cats (2010) erschaffen die beiden Autorinnen in einem weiteren Gemeinschaftswerk ein waschechtes Animal-Science-Fiction-Werk, in welchem Katzen wichtige Crew-Mitglieder auf Raumschiffen sind und einige von ihnen sogar danach trachten, die Herrschaft über das gesamte Weltall zu übernehmen.

Cover der Eisplanet-Trilogie von E.A. Scarborough

Aber auch ohne Co-Autorin schreibt Scarborough SF-Romane, so z.B. die wiederum zweibändige Cleopatra-Serie (Channeling Cleopatra (2002) und Cleopatra 7.2 (2004)), in welcher durch DNA-Übertragung die Seelen von Verstorbenen auf lebende Menschen transferiert werden können – wobei sich Wirt- und “Gast”-Seele in Zukunft einen Körper teilen – Cleopatra meets Dolly, gemixt mit einer Prise Humor und einem Hauch Romantik.

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Cover von The Dream-Quest of Unkown Kadath von H.P. LovecraftBibliotheka Phantastika erinnert an H.P. Lovecraft, dessen Todestag sich heute zum 75. Mal jährt. Es ist einerseits fast unmöglich, im Rahmen eines kurzen Erinnerungstextes auf das umfangreiche Ouevre des am 20. August 1890 in Providence, Rhode Island, USA, geborenen und am 15. März 1937 verstorbenen Howard Phillips Lovecraft einzugehen – und es käme andererseits wohl auch dem Versuch gleich, Eulen nach Athen zu tragen, denn Lovecraft, der wohl wichtigste Autor des Pulpmagazins Weird Tales und Schöpfer des Cthulhu-Mythos, ist auch in Deutschland einer der bekanntesten Autoren phantastischer Literatur, dessen Werk praktisch komplett in drei verschiedenen Übersetzungen vorliegt.* Deshalb soll es an dieser Stelle auch gar nicht um die Großen Alten und ihre Handlanger gehen, sondern um jenen Text, der klassischer Fantasy am nächsten kommt.
Anfang 1927 beendete Lovecraft nämlich eine längere Erzählung mit dem Titel “The Dream-Quest of Unknown Kadath”, die erst einige Jahre nach seinem Tode veröffentlicht wurde – das erste Mal 1943 in dem Sammelband Beyond the Wall of Sleep – und in der ein gewisser Randolph Carter (ein Protagonist, der in mehreren Lovecraft-Stories auftaucht und mehr oder weniger als Alter Ego des Autors betrachtet werden kann) eine von immer wieder abrupt unterbrochenen Träumen inspirierte Reise in die Dreamlands unternimmt – d.h. einen Weg sucht und findet, wach und willentlich die Lande des Traums zu betreten –, um sich dort auf die Suche nach der ihm in seinen Träumen erschienenen Stadt Kadath zu begeben, in der angeblich die Götter leben sollen. Unterwegs begegnet er allerlei bizarren Kreaturen und besucht merkwürdige Orte, um am Ende zu finden, was er gesucht hat – und doch auch wieder nicht.
“The Dream-Quest of Unknown Kadath” ist stilistisch gewiss nicht jedermanns Sache, denn in dieser wie den übrigen Geschichten des Dream Cycle (das sind im wesentlichen “The White Ship”, “The Cats of Ulthar”, “Celephaïs” und “The Silver Key”) ist der Einfluss, den die Erzählungen Lord Dunsanys auf das Frühwerk Lovecrafts hatten, deutlich spürbar – und das Ergebnis ist nicht immer gelungen. Andererseits bietet die Reise Randolph Carters eine durch die merkwürdige Traumlogik bedingte, ziemlich einzigartige Atmosphäre. Und sie hat andere Autoren inspiriert, ihre eigene Version der Dreamlands zu erschaffen, was wiederum bei Lovecraft, dessen Cthulhu-Mythos inzwischen unzählige Autoren mit ihren eigenen Geschichten und Visionen erweitert haben (oder auch nicht), nicht weiter verwunderlich sein dürfte. Auf Deutsch ist Die Traumfahrt zum unbekannten Kadath (1980) bzw. Die Traumsuche nach dem unbekannten Kadath (1992) zweimal als einzelnes Buch erschienen (und mehrfach neu aufgelegt worden), findet sich aber auch – genau wie die übrigen Geschichten des Traumlande-Zyklus – in dem Sammelband Die Katzen von Ulthar (1980) so wie in den entsprechenden Bänden der Lovecraft-Werkausgaben.

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* Ebenso bekannt sein dürften - spätestens nach Nnedi Okorafors
Auseinandersetzung mit ihrer World-Fantasy-Award-Statuette und der
sich daraus entspinnenden Diskussion - Lovecrafts zutiefst 
rassistische und antisemitische Überzeugungen, die sich 
besonders in seinen Cthulhu-Werken widerspiegeln. Damit hat 
sich auch unser geschätzter Kollege Anubis in diesem Blogbeitrag 
auseinandergesetzt, der mit weiteren interessanten Links aufwartet.

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Zum 10. Todestag von Cherry Wilder

Bibliotheka Phantastika erinnert an Cherry Wilder, die heute vor zehn Jahren gestorben ist. Am 03. September 1930 in Auckland, Neuseeland, als Cherry Barbara Lockett geboren, hat sie das Wilder-Pseudonym verwendet, seit sie Mitte der 70er Jahre ihre ersten SF-Erzählungen veröffentlichte. Für ihren ersten Roman, The Luck of Brin’s Five (1977; dt. Das Glück von Brins Fünf (1982)) erhielt sie den Ditmar Award. Dieser Roman, der den Auftakt zur Torin Trilogy bildet und später mit The Nearest Fire (1980; dt. Das Feuer, das am nächsten liegt (1982)) und The Tapestry Warriors (1983; dt. Die Gobelin-Krieger (1985)) fortgesetzt wurde, schildert die Abenteuer eines gestrandeten irdischen Raumfahrers auf der Welt Torin, die sich an der Schwelle von einer Art Renaissance zum Maschinen-Zeitalter befindet. Vor allem die ungewöhnliche Familienstruktur der äußerlich menschenähnlichen – und sich Menschen nennenden – Bewohner Torins (zu jeder Familie gehört ein alter Mensch, sowie ein “Glück”, d.h. jemand, der oder die irgendeine Art von Unheil erlitten hat bzw. körperlich oder geistig behindert ist) bietet einen originellen Ansatz in einer ansonsten typischen planetary romance, wie sie in der SF häufig zu finden ist.
Yorath the Wolf von Cherry WilderDie Torin-Trilogie ist nicht zuletzt aufgrund ihres Settings auch für Fantasyfans durchaus lesbar, doch in den 80ern hat Cherry Wilder – die damals in Deutschland lebte – auch eine echte Fantasy-Trilogie verfasst, die praktisch zeitgleich in den USA (als Rulers of Hylor) und Deutschland (als Die Königskinder) veröffentlicht wurde. Die drei Romane A Princess of the Chameln (1984; dt. Prinzessin Aidris), Yorath the Wolf (1984; dt. Wolfskrieger Yorath) und The Summer’s King (1985; dt. König Sharn) erzählen die Geschichte eines Herrschergeschlechts in den Wirren eines von Krieg und Umwälzungen heimgesuchten alternativen Europa. Sie beeindrucken weniger durch den zwar durchaus farbenprächtigen und liebevoll ausgemalten, aber letztlich wenig originellen Hintergrund, als vielmehr durch Wilders feine Charakterzeichnungen und ihr Gespür für zwischenmenschliche Interaktionen. Während Prinzessin Aidris ein bisschen Zeit braucht, um sich zu einem überzeugenden Buch zu entwickeln, sieht das bei Wolfskrieger Yorath und König Sharn anders aus. Vor allem die schnörkellos und prägnant erzählte Geschichte Yoraths, der – anfangs aufgrund eines körperlichen Defekts verabscheut und ausgegrenzt – vom Außenseiter zum Retter seines Volkes wird und seinen ganz persönlichen Umgang mit seiner Rolle finden muss, zeigt Cherry Wilder erneut als Autorin, für die die Akzeptanz des Andersseins eine wichtige Rolle spielt.
2004 erschien mit The Wanderer der Auftakt einer zweiten Trilogie um die Rulers of Hylor – posthum und fertiggestellt von Katya Reimann. Cherry Wilder konnte das Erscheinen des Romans, an dem sie zwei Jahre lang gearbeitet hatte (und letztlich daran gescheitert war, ihn auf die vom Verlag gewünschte Blockbuster-Länge aufzublasen), nicht mehr erleben. Am 14. März 2002 ist sie im Alter von 71 Jahren an Krebs gestorben.

Zum 55. Geburtstag von Tad Williams

Bibliotheka Phantastika gratuliert Tad Williams, der heute 55 Jahre alt wird. Der am 14. März 1957 in San Jose, Kalifornien, geborene Williams ist Autor der umfangreichen Fantasyzyklen Memory, Sorrow and Thorn, Otherland und Shadowmarch. Anlässlich seines Geburtstags haben wir ein Portrait fertiggestellt, in dem ihr mehr über ihn und sein Werk nachlesen könnt.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Brent Weeks, der heute 35 Jahre alt wird. Der am 07.03.1977 in Montana geborene Fantasy-Autor hat mit seinem Debut The Way of the Shadows (2008, dt. Der Weg in die Schatten (2009)) ein bewährtes Thema aufgegriffen: Der im Elendsviertel aufwachsende Azoth bringt alle Voraussetzungen für eine kleinkriminelle Karriere mit sich, doch er ist auf mehr aus und will sich von niemand Geringerem als dem berüchtigtsten Assassinen von Cenaria ausbilden lassen. Azoths Werdegang ist dabei nur ein Night Angel Trilogy von Brent Weekskleiner Teil der Geschichte, die im weiteren Verlauf mit geschickten politischen Intrigen und Azoths Dilemma zwischen seinem Dasein als Assassine und seinem Privatleben aufwartet und in Shadows Edge (2008, dt. Am Rande der Schatten (2010)) und Beyond the Shadows (2008, dt. Jenseits der Schatten (2010)) zu Ende geführt wird. Weeks versteht es dabei, eine harte, düstere Welt mit einem vielschichtigen und sehr präsenten Magiesystem zu versehen – etwas, das man mit Sicherheit auch von seiner zweiten Reihe sagen kann, von der bisher der erste Band The Black Prism (dt. Schwarzes Prisma (2011)) erschienen ist. Dort ist die Magie, die sich Chromaturgie nennt, ganz den Farben untergeordnet, die für unterschiedliche magische Effekte stehen, und nur die mächtigsten Chromaturgen können mehrere Farben beherrschen. Das Schicksal des Lord Prisma, der als einziger über alle Farben gebietet und ein Anführer der lose verbundenen Sieben Satrapien ist, steht im Mittelpunkt der Reihe. Gavin Guile zahlt wie jeder Lord Prisma einen hohen Preis für seine Fähigkeiten – eine extrem kurze Lebensspanne –, und muss sich mit den dunklen Geheimnissen seiner Vergangenheit genauso auseinandersetzen wie mit der sich durch Aufstand und Krieg anbahnenden Bedrohung für eine Zukunft, die er selbst nicht mehr erleben wird. Der zweite Band dieser von der Night Angel Trilogy unabhängigen Reihe, die auch eine etwas modernere Welt mit Feuerwaffen zum Schauplatz hat, erscheint als The Blinding Knife (dt. Die blendende Klinge) im Herbst.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Robin Hobb, die heute 60 Jahre alt wird. Die eigentlich als Margaret Astrid Lindholm Ogden am 05. März 1952 in Berkeley, Kalifornien, geborene Autorin ist seit den frühen 80ern eine feste Größe in der Fantasy: zunächst unter dem Namen Megan Lindholm und schließlich noch weit erfolgreicher als Robin Hobb schrieb sie nebst einem SF-Roman etliche Fantasy-Reihen und Einzelromane, die meist auf die Geschichte der Hauptfiguren fokussiert und häufig aus der Ich-Perspektive erzählt sind.
Wir haben zur Feier des Tages ein Portrait von Robin Hobb fertiggestellt, in dem ihr mehr über die Autorin der Windsänger– und der Weitseher-Reihe erfahren könnt.

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I An Not A Serial Killer von Dan WellsBibliotheka Phantastika gratuliert Dan Wells, der heute 35 Jahre alt wird. Der am 04. März 1977 in Salt Lake City geborene Autor wurde 2009 durch seine Trilogie John Cleaver bekannt. Der erste Teil, Ich bin kein Serienkiller (I Am Not A Serial Killer) sorgte für frischen Wind im Genre von Horror und Thriller, beschreibt der Roman doch in aller Sorgfalt und mit farbigen Details die mordlüsternen und erschreckend organisierten Gedanken des Teenagers und diagnostizierten Soziopathen John Cleaver. Der erfolgreiche Roman, dessen Inhalt zusätzlich die Grenze zur Fantasy übertritt, fand seine ebenso erfolgreiche Fortsetzung 2010 mit Mr. Monster (Mr. Monster) und 2011 mit Ich will dich nicht töten (I Don’t Want To Kill You). Mit der Figur John Cleaver hat Wells einen Antihelden erschaffen, der den Leser das Fürchten lehrt und gleichzeitig Sympathien weckt.
Bei der Veröffentlichung der Romane trat eine seltene Besonderheit auf: die deutsche Übersetzung erschien jeweils vor der Veröffentlichung des Originals. So auch bei Du stirbst zuerst (2011; The Hollow City), welches hierzulande bereits im Oktober 2011 erschien, während die englische Ausgabe erst im Juli 2012 erwartet wird. Thematisch bewegt sich auch dieser Roman zwischen Thriller, Horror und Fantasy und handelt von einem Mann, Michael, der als schizophren gilt und grauenhafte Halluzinationen hat. Der Roman greift erneut das Thema des Serienkillers auf, steht aber in keinerlei Verbindung zu den John Cleaver Books.

Partials von Dan WellsAuf ein neues und etwas stärker phantastisches Gebiet bewegte sich der Autor dann mit A Night Of Blacker Darkness (2011; Sarg niemals nie, 2012), worin er – wie viele seiner Kollegen in den letzten Jahren – das Vampirthema aufgreift.
Wells aktuellstes Werk, Partials (2012), begibt sich dagegen in eine düstere Zukunft, in der die menschliche Rasse nach einem Krieg mit den Partials, gentechnisch gezüchteten menschlichen Wesen, nahezu ausgelöscht wurde und es aufgrund eines waffenfähig gemachten Virus’ keine neuen Geburten mehr gibt.
Mit diesem jüngsten Roman liefert Dan Wells nicht nur sein erstes Jugendbuch, sondern auch seinen ersten Science-Fiction-Roman ab.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Tim Powers, der heute 60 Jahre alt wird. Der am 29. Februar 1952 in Buffalo im amerikanischen Bundesstaat New York geborene Timothy Thomas Powers brauchte zwei recht belanglose SF-Romane, um sich warmzuschreiben, bis er mit dem historischen Fantasyroman The Drawing of the Dark (1979) seine Stimme gefunden hat. Vordergründig geht es in diesem Roman um die Belagerung Wiens durch die Türken im Jahre 1529, doch in Wirklichkeit ist das nur die Kulisse für einen viel größeren Kampf zwischen Licht und Dunkelheit, zwischen Ost und West. Darüber hinaus spielt noch ein ganz besonderes Bier eine Rolle – und der Fisher King, der geheime Herr über Westeuropa, hat hier seinen ersten Auftritt in einem Powers-Roman.
Cover von The Anubis Gates von Tim PowersThe Drawing of the Dark ist bis heute mehr oder weniger ein Geheimtipp geblieben – ganz im Gegensatz zu The Anubis Gates (1983), Powers’ nächstem Roman, der den Philip K. Dick Award gewonnen hat und wohl sein erfolgreichstes und bekanntestes Werk ist. Die Tore zu Anubis Reich (1988) – so der deutsche Titel – erzählt die Geschichte des Literaturprofessors Brendan Doyle, der nach einer erfolgreichen Zeitreise im London des frühen 19. Jahrhunderts strandet. Zwar kennt Doyle sich in dieser Epoche dank seiner Beschäftigung mit dem Werk des Dichters William Ashbless ziemlich gut aus, doch auf das, was ihn erwartet, ist er dennoch ganz und gar nicht vorbereitet. Wie hätte er auch ahnen können, dass er zwar einerseits die Bekanntschaft von Lord Byron und Samuel Taylor Coleridge machen, es aber andererseits mit ägyptischen Zauberern, einem körpertauschenden Werwolf und Harrobin, dem schrecklichen Herrscher der Londoner Unterwelt zu tun bekommen wird? Und das ist noch längst nicht alles … The Anubis Gates ist nicht nur ein wunderbar erzählter, spannender Abenteuerroman, sondern auch eine der Keimzellen des Steampunk, auch wenn keine Dampfmaschinen darin vorkommen und er heutzutage zumeist gar nicht mehr unter Steampunk gelistet wird.
Deutlich weniger farbig ausgefallen und wesentlich gradliniger erzählt ist Dinner at Deviant’s Palace (1985; dt. Zu Tisch in Deviants Palast (1989), ein in einem postapokalyptischen, in SF-Begriffen beschriebenen Los Angeles angesiedelter Roman, der ebenfalls den Philip K. Dick Award gewonnen hat, und in dem ein Psychovampir – ein nichtmenschliches Wesen aus dem Weltall – die überlebenden Menschen mehr und mehr in seinen Bann zieht und von dem Musiker Rivas bekämpft werden muss.
On Stranger Tides (1987; dt. In fremderen Gezeiten (1989)) ist einer der wenigen phantastischen Romane, der im Piratenmilieu (einer Alternativwelt) spielt, und das so überzeugend, dass der vierte Teil des Blockbusters Fluch der Karibik sich vieler der im Roman vorkommenden Elemente bedient (aber keine Verfilmung im eigentlichen Sinne ist). Genau wie Brendan Doyle macht auch John Chandagnac eine Reise, die einen ganz anderen als den geplanten Verlauf nimmt, und das ist nicht die einzige Parallele zwischen den beiden. Doch so spannend Chandagnacs Auseinandersetzung mit dem Piraten und Magier Blackbeard auch inszeniert sein mag – wenn es um Atmosphäre geht, kann die Karibik trotz Zombies mit den nebligen, von Gaslaternen erleuchteten Straßen Londons nicht ganz mithalten.
Cover von The Stress of her Regard von Tim PowersSchon öfters hat Tim Powers historische Persönlichkeiten in seinen Romanen auftreten lassen, doch so weit wie in The Stress of Her Regard (1989; dt. Die kalte Braut (1991)) hat er es zuvor nie getrieben. In diesem mit dem Mythopoeic Fantasy Award ausgezeichneten Roman erweisen sich so bekannte Autoren und Autorinnen wie Lord Byron, Percy Bysshe Shelley, Mary Shelley oder John Keats als Figuren in einem Spiel, das von uralten, vampirischen Kreaturen gespielt wird. Eine allgegenwärtige Atmosphäre des Verlusts macht dieses Buch zu Powers vermutlich am schwersten zugänglichen und düstersten Werk. Und darüber hinaus ist es eines, in dem die Thematik der Geheimgeschichte – der hinter den Kulissen ablaufenden wirklichen Geschichte – eine wesentliche Rolle spielt.
Die nächsten drei Romane bilden eine thematische Einheit, denn bei Last Call (1992), Expiration Date (1995) und Earthquake Weather (1997; dt. in zwei Bänden: Dionysos erwacht und Der Fischerkönig (beide 2002)) handelt es sich um Powers’ Umsetzung und Neu-Interpretation der Legende vom Fisher King, die allerdings in ein modernes Setting – die amerikanische Westküste und Las Vegas – verlegt wird. Zumindest das amerikanische Publikum ist Tim Powers auch in die Gegenwart gefolgt, denn alle drei Romane haben den Locus Award gewonnen.
Mit Preisen – nämlich dem World Fantasy Award und dem International Horror Guild Award – wurde auch Declare (2000; dt. Declare. Auf dem Berg der Engel (2004)) ausgezeichnet, ein Spionagethriller, in dem nicht nur der Spion Kim Philby auftritt, sondern auch Dschinne vorkommen – mal ganz davon abgesehen, dass uns darin erklärt wird, wie der Kalte Krieg wirklich abgelaufen ist …
Ebenfalls um eine Geheimgeschichte – in der u.a. Albert Einstein, Charlie Chaplin und die “Harmonische Konvergenz” eine Rolle spielen – geht es in Three Days to Never (2006), während der für nächsten Monat angekündigte Roman Hide Me Among the Graves anscheinend an The Stress of Her Regard anknüpft. Zumindest gibt es ein Wiedersehen mit Lord Byron – und auch die Namen Christina Rossetti und Dante Gabriel Rossetti klingen vielversprechend.

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Bibliotheka Phantastika gratuliert auch Chris Wooding zum 35. Geburtstag. Der am 28. Februar 1977 in Leicester, England geborene Autor begann seine Schreibkarriere im jungen Alter von neunzehn Jahren mit seinem Debütroman Crashing (1998). Dieser, wie auch seine nächsten Frühwerke, hat einen realistischen Handlungsbogen, der sich vor allem mit den Problematiken des The Haunting of Alaizabel Cray von Chris WoodingTeenager-Daseins auseinandersetzt. The Haunting of Alaizabel Cray (2001; Alaizabel Cray (2002)) unterscheidet sich dagegen deutlich von Woodings vorangegangenen Werken, lieferte er damit doch seinen ersten Vorstoß in die Genres Fantasy, Steampunk und Horror ab. Die in einem alternativen viktorianischen London angesiedelte Erzählung, in der Magie und Monster zum alltäglichen Leben gehören, wird vom siebzehnjährigen Protagonisten Thaniel Fox getragen, der sich nachts auf die Jagd nach den gefürchteten Hexlingen macht. Der Roman zeichnet sich durch eine dichte und atmosphärisch stimmungsvoll ausgearbeitete Welt aus. Diesem mehrfach preisgekrönten Jugendbuch folgte mit Poison (2003; Poison) ein weiterer Einzelroman, ehe sich Wooding, ebenfalls 2003, mit The Weavers of Saramyr (Die Weber von Saramyr (2004)) an seine erste etwas klassischere Fantasyreihe The Braided Path (Der verschlungene Pfad) traute, auch wenn er das in Grundzügen vertraute Intrigenspiel zwischen mächtigen Magierfamilien und verstoßener Kaiserin in ein Setting versetzt, das fernöstlich angehaucht ist, ohne allzu offensichtlich von einer bestimmten Kultur inspiriert zu sein. Komplettiert wurde die Reihe durch die beiden Folgebände The Skein of Lament (2004; Das Gambit der Kaiserin (2005)) und The Ascendancy Veil (2005; Der Schleier der Erleuchtung (2006)).
Mit The Fade (2007; Welt aus Stein (2009)) wagte der Autor sich schließlich in ein originelleres Setting vor und entführt den Leser auf einen Mond, auf dem das Leben wegen der zwei begleitenden Sonnen nur unterhalb der Oberfläche möglich ist und von zwei sich bekriegenden Lagern dominiert wird. Die Oberfläche der Welt bekommt der Leser nur kurz zu Gesicht, als die Protagonistin Orna, eine Kriegerin, die um das Leben ihres Sohnes kämpft, zu den sogenannten Sonnenkindern flieht, die sich mit spezieller Ausrüstung auch ins Licht wagen. Neben der Höhlenwelt bietet der Roman auch eine ungewöhnliche Erzählstruktur, bei der Kapitel aus Vergangenheit und Gegenwart im Reißverschlusssystem ineinandergreifen.
Woodings aktuellste Arbeit, Tales of the Ketty Jay (Die Geschichten der Ketty Jay), erschien zwischen 2009 und 2011. Die aus den Titeln Retribution Falls (2009; Piratenmond (2011)), The Black Lung Captain (2010) und The Iron Jackal (2011) bestehende Reihe beschreibt die Abenteuer des Luftschiffkapitäns Frey und seiner Crew in einer Steampunkwelt und weist inhaltliche Ähnlichkeiten zur abgesetzten TV-Serie Firefly auf.

 

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Bibliotheka Phantastika gratuliert Bernd Perplies, der heute 35 Jahre alt wird. Der am 28. Februar 1977 in Wiesbaden geborene Perplies zählt zur Riege der jungen deutschen Fantasy-Autoren, die sich in den letzten Jahren etablieren konnten, und debütierte mit einer klassischen Fantasy-Trilogie. Sohn des Fluchbringers erschien 2008 und erzählt mit seinen beiden Fortsetzungen Erbe der Kristalldrachen (2009) und Ritter des Ersten Lichts (2009) die Tarean - Ritter des Ersten Lichts von Bernd PerpliesGeschichte des jungen Tarean, der nicht nur in der Tatsache, seinen Namen so prominent als Titel der ganzen Trilogie zu verleihen, etwas mit Paolinis Eragon gemeinsam hat: Mit seinem magischen Schwert zieht Tarean aus, um gegen einen bösen Hexenmeister zu kämpfen, dessen Herrschaft sein Vater herbeigeführt haben soll, schart allerlei Gefährten um sich und hat viele Abenteuer zu bestreiten, bevor er bereit für den großen Kampf ist. Dem leichten Jugendbuchcharakter und der sehr geradlinigen Handlung stehen dabei sprachlich überzeugende und bildgewaltige Einzelszenen gegenüber, die wohl auch der Liebe des beim Deutschen Filminstitut beschäftigten Autors zum Kino geschuldet sind.
Perplies’ zweite Trilogie Magierdämmerung bewegte sich ein Stück weit von klassischen Settings weg ins viktorianische England. In Für die Krone (2010), Gegen die Zeit (2011) und In den Abgrund (2011) bedrohen die Rückkehr der Magie und die Machtkämpfe, die damit einhergehen, die Gesellschaft. Auch hier steht eine überschaubare Handlung mit Abenteuern und dramatischen Wendungen im Vordergrund, gepaart mit einer auch in der Sprache gekonnt umgesetzten Jules-Verne-Atmosphäre.
Für 2012 ist mit Flammen über Arcadion der Auftakt einer weiteren Reihe angekündigt, die abermals ein neues Setting auftischen wird – diesmal eine postapokalyptische Welt.

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The Adventures of Alyx von Joanna RussBibliotheka Phantastika erinnert an Joanna Russ, die heute 75 Jahre alt geworden wäre. Zwar ist die am 22. Februar 1937 in der Bronx geborene und am 29. April 2011 verstorbene Joanna Russ vor allem durch ihre feministischen SF-Romane wie The Female Men (1975) oder The Two of Them (1978) sowie ihre theoretische, in mehreren Essaysammlungen dokumentierte Auseinandersetzung mit der SF bekannt geworden, doch sie hat auch einen – vom Umfang her geringen, thematisch aber gar nicht so unbedeutenden – Beitrag zur Fantasy geleistet. Denn sie hat dem damals in den USA noch hauptsächlich von schwertschwingenden Barbaren und anderen Kämpfern geprägten Genre die erste Amazone seit Jirel of Joiry geschenkt – und das immerhin schon 1967. In diesem Jahr erschienen nämlich in der von Damon Knight herausgegebenen Anthologie Orbit 2 die ersten beiden Geschichten mit der Abenteuererin Alyx: “I Gave Her Sack and Sherry” und “The Adventuress”. 1968 folgten der (kurze) Roman Picnic on Paradise und eine weitere Kurzgeschichte, “The Barbarian” (in Orbit 3), ehe Alyx 1970 in “The Second Inquisition” (in Orbit 6) ihren letzten Auftritt hatte.
Wobei es sich bei den Alyx-Abenteuern eigentlich um SF-Erzählungen im Fantasygewand handelt, denn die anfangs in der Stadt Ourdh agierende taffe junge Heldin, die entweder anderen Frauen hilft, vor einer ungewollten Hochzeit zu fliehen, oder selbst lieber Piratin als Ehefrau wird, erweist sich in dem Roman schließlich als Agentin der Trans-Temporal Authority. Unveränderlich bleiben jedoch Alyx’ Einstellungen und Überzeugungen.
Die vier Erzählungen und der Roman wurden mehrfach als Sammelband nachgedruckt (wobei zwei der Erzählungen neue Titel bekamen), zum ersten Mal 1976 als Alyx, zuletzt 1986 als The Adventures of Alyx. Bei der deutschen Ausgabe von Alyx (1983) handelt es sich nur um die Übersetzung von Picnic on Paradise, doch immerhin drei der vier Kurzgeschichten sind in den Anthologien Damon Knight’s Collection 3 bzw. 7 (beide 1972) auch auf Deutsch erschienen.
Ebenfalls der Fantasy zuzurechnen ist Kittatinny. A Tale of Magic (1978), ein Jugendbuch, bei dem es sich eigentlich eher um eine längere Erzählung handelt, die allerdings nichts mit Alyx zu tun hat und sich auch stilistisch von den Alyx-Abenteuern deutlich unterscheidet. Auf Deutsch ist diese Geschichte in ganzer Länge als “Die wunderbare Geschichte von Kittatinny” im Goldmann Fantasy Foliant 3 (1985) zu finden.

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