Robin Hobb ist das Pseudonym von Margaret Astrid Lindholm Ogden, die unter dem Namen Megan Lindholm in verschiedenen Fantasy-Subgenres schreibt, während der Name Robin Hobb ihren High-Fantasy-Romanen vorbehalten ist.
Hobb wurde als Margaret Astrid Lindholm am 05.03.1952 in Kalifornien geboren. Bereits in jungen Jahren zog sie nach Alaska, wo sie mit ihrer Familie eine verfallene Blockhütte wieder aufbaute und viel über das Leben als Selbstversorger lernte, einschließlich Fischen, Jagen und handwerklichen Fähigkeiten. Zu dieser Zeit begann sie auch mit dem Schreiben. Ihre Familie hatte zeitweise einen Hund mit Wolfsanteil, der vermutlich Pate für den Wolf Nachtauge aus ihrer damals noch in weiter Zukunft liegenden Farseer-Reihe gestanden haben dürfte.
1969 schloss sie die High School ab und blieb nur ein Jahr an der Universität von Denver, danach heiratete sie und begleitete ihren Ehemann Fred Ogden, einen angehenden Schiffsingenieur, abermals nach Alaska, wo sie auf die Kodiak-Insel zogen.
Dort begann Robin Hobb ernsthaft an der Veröffentlichung ihrer Geschichten zu arbeiten und hatte anfangs Erfolge mit Kindergeschichten und Texten für Tageszeitungen. Ihre erste Fantasy-Veröffentlichung unter dem Namen Megan Lindholm war die Kurzgeschichte Bones for Dulath (dt. In der Grube) in der mit dem World Fantasy Award ausgezeichneten Anthologie Amazons! (1979, hg. Jessica Amanda Salmonson).
Ihr Roman-Debut Harpy’s Flight, der zum ersten Band des Ki and Vandien Quartet werden sollte, führte die Geschichte der beiden Hauptfiguren aus Bones for Dulath weiter: die Zigeunerin Ki mit ihrem Wagen und Gespann, und Vandien, einen Taugenichts, den Ki aufliest, obwohl sie nicht viel von ihm hält. Beide retten einander in den Folgebänden mehrfach das Leben und bekommen es unter anderem mit göttergleichen Harpyen, einem kopflosen Zauberer, der Schwesternschaft der Windsängerinnen und politischen Wirren zu tun, da die Aufträge, die sie erledigen, sie mit schöner Regelmäßigkeit in gefährliche Situationen führen. Die vier Romane bieten jeweils in sich abgeschlossene Abenteuer vor dem Hintergund einer nur vage umrissenen, in den Details aber liebevoll ausgearbeiteten Welt, und leben – ähnlich wie die Morgaine-Romane ihrer Autorenkollegin C.J. Cherryh – nicht zuletzt vom Zusammenspiel der beiden so unterschiedlichen Protagonisten. Darüber hinaus tauchen in ihnen auch bereits Elemente und Motive auf, die in den unter dem Hobb-Pseudonym verfassten späteren Zyklen eine wichtige Rolle spielen werden.
Mit Wizard of the Pigeons drang Megan Lindholm in die Urban Fantasy vor, die in den Achtzigern weniger mit Liebesgeschichten als vielmehr mit dem Blick für das Magische inmitten des modernen Stadtlebens befasst war. Lindholms magischer Ort war Seattle, wo ein obdachloser Zauberer eine Bedrohung für die Stadt und ihre Bewohner abwehrt und sich dabei auf die Magie in Graffitis, Jahrmarktsorakeln und Museumsexponaten verlassen muss.
Auch der alleinstehende Roman Cloven Hooves reichert die Moderne mit Mythen an – in einer fast autobiographisch anmutenden Weise handelt es von der Freundschaft eines Mädchens, das nach Alaska zieht, mit einem Satyr, die sie später als erwachsene Frau und nach einem familiären Bruch mit deutlich sexuellen Untertönen wiederaufleben lässt. Cloven Hooves ist auch der erste Roman Lindholms, der eine Ich-Erzählerin bietet, was in ihren Werken als Robin Hobb ein Markenzeichen werden sollte.
Mit den zwei Bänden der Reihe The Reindeer People folgt Lindholm einem Stamm von Jägern und Sammlern im prähistorischen Nordamerika, die über schamanistische Magie verfügen. Eine Kollaboration mit Steven Brust (mit dem sie schon 1985 bei der Shared-World-Anthologie Liavek zusammengearbeitet hatte) mit dem Titel Gypsy brachte Lindholm wieder zur Urban Fantasy, während sie mit Alien Earth ihren bislang einzigen SF-Roman veröffentlichte.
Da das Pseudonym Megan Lindholm der LeserInnen-Erwartung durch die Mischung der Subgenres nicht entgegengekommen war, startete Hobb aus ökonomischen Gründen ihre Karriere mit dem neuen Namen und einem Wechsel in klassischere Fantasy-Gefilde neu. Den nicht eindeutig auf eine Frau verweisenden Vornamen wählte sie, weil ihr erster Versuch unter dem neuem Namen mit einem männlichen Ich-Erzähler von statten gehen sollte – aber das “Debut” von Robin Hobb fällt auch in eine Zeit, in der die Wahl eines neutralen Vornamens für (High-)Fantasy-Autorinnen noch relativ häufig war.
Der Neustart von Hobbs Karriere war ein Erfolg – die Farseer-Trilogie, die mit Assassin’s Apprentice begann, hat inzwischen ganz besonders bei europäischen Lesern einen Klassikerstatus erreicht und wurde in etliche Sprachen übersetzt.
Aus der Sicht des königlichen Bastards FitzChivalry berichtet die Reihe von den Fährnissen der Sechs Provinzen, eines mittelalterlich anmutenden Feudalreichs, das sich gegen Intrigen im Inneren und Angriffe von außen wehren muss und dabei auf die Dienste loyaler Assassinen setzt, die unter großen persönlichen Einbußen für ihren Herrscher leben und sterben. Fitz wird zu einem solchen Assassinen ausgebildet, verfügt aber ebenso über eine angeborene, verbotene Magie, der er sich nicht auf Dauer entziehen kann.
Die Farseer-Reihe war für Hobb eine Aufarbeitung und Neuinterpretation von klassischen Fantasy-Klischees. Bedingt durch den Ich-Erzähler ist der Blick nach Innen in dieser Reihe stark ausgeprägt, was den Abenteuern des vielfach geplagten Fitz einen recht düsteren Einschlag verleiht. Dies und auch die Tatsache, dass Hobb wegen des eingeschränkten Erzählerblicks meist Schwierigkeiten hatte, ihre stark in die Breite gehenden Erzählungen mit einem adäquaten Finale auszustatten, haben dem Erfolg allerdings keinen Abbruch getan.
In derselben Welt wie die Farseer-Trilogie war auch die darauffolgende Trilogie Liveship Traders angesiedelt. Neben neuen Figuren, diesmal mehreren, die nicht als Ich-Erzähler auftreten, und einem neuen Schauplatz südlich der Sechs Provinzen steht in dieser Reihe die Vivacia im Mittelpunkt, ein Schiff mit einem Bewusstsein, das als Handels- oder Piratengefährt durch etliche Abenteuer schippert.
Ein Verbindungsstück zwischen der Farseer– und der Liveship-Reihe ist der Narr, eine Figur ohne eindeutiges Geschlecht, die im Hintergrund Dinge in Bewegung setzt und in Hobbs nächstem Projekt, der Tawny Man-Trilogie, ein wenig in den Vordergrund tritt. Dort nahm Hobb den Faden aus der Farseer-Reihe wieder auf und erzählt abermals mit FitzChivalrys Stimme die Geschichte der Sechs Provinzen, aber vor allem ihrer Figuren weiter.
Erst ihre nächste Trilogie war ein bewusster Schritt weg von Fitz und seiner mittelalterlichen Fantasy-Welt. Soldier Son spielt in einem moderneren Setting, in dem erste zaghafte Schritte Richtung Industrialisierung unternommen werden. Der Ich-Erzähler Nevare Burvelle ist von Geburt an zu einer Offiziers-Ausbildung bestimmt und dazu verpflichtet, seiner Bestimmung nachzukommen, doch ein Kontakt mit der ursprünglichen Magie des von seinen Leuten eroberten Volkes versalzt ihm die Suppe. Auch wenn Hobbs Recherchen für diese Reihe sich vor allem mit den Anfängen der US Cavalry befassten und es um die Eroberung eines autochthonen Volks geht, sieht Hobb die Soldier Son-Trilogie nicht als Analogie auf die Geschichte der USA.
Es sollte jedoch bei diesem kurzen Ausflug in eine andere Welt bleiben, denn mit den geplanten vier Bänden der Rain Wild Chronicles kehrte Hobb abermals in die Welt der Farseer und Liveships zurück und erkundet die lebensfeindlichen, vergifteten Regenwälder des Südens, in denen die letzten Drachen und ihre von der Umgebung deformierten Hüter leben.
Schon seit einiger Zeit steht im Raum, dass es auch wieder einen Megan-Lindholm-Roman geben wird – vorerst sind die beiden Namen, die sonst, was Stil und Subgenre angeht, penibel getrennt gehalten werden, 2005 in der Kurzgeschichtensammlung The Inheritance unter einem Dach vereint worden.
Als Megan Lindholm pflegt die Autorin einen deutlich knapperen, weniger von Emotionen und Innensicht geprägten und nicht so detailliert beschreibenden Stil, was auch zur Folge hat, dass sich dieses Pseudonym eher für Kurzgeschichten eignet als der zur Ausführlichkeit tendierende Stil von Robin Hobb. Die Lindholm-Romane sind grundsätzlich kürzer und dynamischer erzählt. Hobb selbst ist bei jeder ihrer sich meist in Form von Figuren einstellenden Ideen sofort bewusst, welches Pseudonym das Richtige sein wird.
Als Einflüsse auf ihr Schreiben nennt sie u.a. Rudyard Kipling, Louisa May Alcott, Fritz Leiber und T.H. White (nicht getrennt nach Pseudonymen 😉 ).
Sie lebt inzwischen mit ihrem Mann in Tacoma, Washington, und ist für ihre Fans in einer schon seit Jahren bestehenden Newsgroup zugänglich, in der sie regelmäßig aktiv ist.
Bibliographie
als Megan Lindholm:
Ki and Vandien Quartet – Windsänger-Zyklus
1982: Harpy’s Flight – Der Fluch der Zigeunerin
1984: The Windsingers – Die versunkene Stadt
1984: The Limbreth Gate – Der Lockruf der Sterne
1989: Luck of the Wheels – Das Glück der Räder
1986: Wizard of the Pigeons
Reindeer People
1988: The Reindeer People – Das Rentiervolk
1988: Wolf’s Brother – Wolfsbruder
1991: Cloven Hooves – Die Stunde des Fauns
1992: The Gypsy (mit Steven Brust)
1992: Alien Earth
als Robin Hobb:
Farseer Trilogy – Die Legende vom Weitseher
1995: Assassin’s Apprentice – Der Adept des Assassinen (neu: Der Weitseher)
1996: Royal Assassin – Des Königs Meuchelmörder (neu: Der Schattenbote)
1997: Assassin’s Quest – Die Magie des Assassinen (neu: Der Nachtmagier)
Liveship Trader Trilogy – Die Zauberschiffe
1998: Ship of Magic – Der Ring der Händler, Viviaces Erwachen
1999: The Mad Ship – Der blinde Krieger, Die Stunde des Piraten
2000: Ship of Destiny – Die vergessene Stadt, Herrscher der drei Reiche
The Tawny Man Trilogy – Die zweiten Chroniken von Fitz dem Weitseher
2001: Fool’s Errand – Der lohfarbene Mann
2002: The Golden Fool – Der goldene Narr
2003: Fool’s Fate – Der weiße Prophet, Der wahre Drache
Soldier Son Trilogy
2005: Shaman’s Crossing – Die Schamanenbrücke
2006: Forest Mage – Im Bann der Magie
2007: Renegade’s Magic – Die Stunde des Abtrünnigen
Rain Wild Chronicles
2009: The Dragon Keeper – Drachenhüter
2010: Dragon Haven – Drachenkämpfer
2012: City of Dragons
2012: Blood of Dragons
Fitz and the Fool Trilogy
2014: Fool’s Assassin
2015: Fool’s Quest
als Megan Lindholm & Robin Hobb:
2005: The Inheritance and Other Stories (Neuauflage 2011)
Links
robinhobb.com – Webseite beider Pseudonyme
Robin Hobbs Newsgroup