Bibliotheka Phantastika gratuliert Helga Glaesener, die heute ihren 60. Geburtstag feiert. Mit ihren in verschiedenen Epochen vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert angesiedelten historischen Romanen und historischen Krimis ist die am 19. November 1955 geborene Helga Glaesener nicht vorrangig als Fantasy-Autorin in Erscheinung getreten. Dabei weisen nicht nur einige ihrer Geschichten phantastische Elemente auf, sondern bereits ihr dritter Roman nach ihrem Debüt Die Safranhändlerin (1996) und dem Nachfolger Die Rechenkünstlerin (1998) war waschechte High Fantasy.
Im Kreis des Mael Duin (1998) erzählt eine klassische Geschichte von der Annäherung zweier Völker, die sich voller Vorurteile und Misstrauen gegenüberstehen, durch die sich holprig entwickelnde Freundschaft zweier Vertreter dieser Völker. In diesem Fall zieht Arrat aus, ein in Ungnade gefallener Hauptmann, der mit dem so gut wie aussichtslosen Auftrag betraut wird, beim Volk der mystischen, silberhaarigen Lharen zu investigieren, die möglicherweise für Angriffe auf Arrats Volk verantwortlich sind – und auf das Volk seiner Feinde, von deren Anführern sich ebenfalls einer der Mission anschließt. Unterwegs treffen sie auf den unbedarften jungen Lharen Salvain, mit dem sich Arrat widerstrebend und sehr langsam anfreundet und für den er bald eine väterliche Verantwortung verspürt. Doch richtiges Vertrauen kann in der kleinen Reisegruppe nicht aufkommen, zumal jeder Geheimnisse mit sich herumschleppt, in Intrigen verstrickt ist und die eine oder andere Eröffnung alles, was man bisher als sicher geglaubt hat, erneut in Frage stellt. Auch in der Heimat der elfenähnlichen Lharen ist nicht alles so, wie es scheint, und die Ereignisse und Geheimnisse ziehen sich immer enger um den mysteriösen Sumpf Mael Duin zusammen …
Die fein herausgearbeitete, schwierige Beziehung zwischen Salvain und Arrat ist die Achse, um die sich Im Kreis des Mael Duin dreht – wer also Charaktergeschichten mag, die sich im Vordergrund abspielen, während Abenteuer, Welterkundung und – in diesem Fall durchaus vorhandene – kriegerische Action sich im Hintergrund halten, ist mit diesem auch stilistisch angenehmen, abgeschlossenen Roman bestens beraten.
Während Helga Glaeseners nächster Roman Der singende Stein (1999) vor der Kulisse der Wikingerüberfälle ein magisches und Irland und Schottland zeichnet, kehrte sie mit Der schwarze Skarabäus (2000) noch einmal in eine voll ausgestaltete Fantasywelt zurück und war auch thematisch nicht ganz weit weg von Im Kreis des Mael Duin: Wieder geht es um einen jungen Mann, Gelwyn, einen Albenprinzen, der als Geisel in die Stadt seiner menschlichen Feinde gebracht werden soll und von Anfang an unerwünschte Aufmerksamkeit und Intrigen auf sich zieht, so dass er sich irgendwie mit Morton arrangieren muss, dem einzigen Menschen, der gewillt ist, die Vorurteile zu überwinden.
Weiter ist Helga Glaesener bisher nicht in die Fantasy eingetaucht, doch ihre eher leisen Freundschafts- und Völkerverständigungsgeschichten machten in der deutschen Fantasy vor ihrem Boom eine sehr gute Figur – es wäre spannend zu sehen, wo sie sich heute ins Genre einordnen würde.
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