Zum 65. Geburtstag von Adrian Cole

Bibliotheka Phantastika gratuliert Adrian Cole, der heute 65 Jahre alt wird. Wem dieser Name nichts sagt, dürfte sich hierzulande in guter Gesellschaft befinden, denn bei gerade einmal drei übersetzten Geschichten kann man nicht behaupten, dass das Oeuvre des am 22. Juli 1949 in Plymouth in der englischen Grafschaft Devon geborenen Adrian Christopher Synnot Cole in Deutschland sonderlich präsent gewesen wäre – und das, obwohl er in den 70er und 80er Jahren recht fleißig und im angloamerikanischen Sprachraum auch durchaus bekannt war.
Angefangen hat alles 1974, als Coles erste Kurzgeschichten in Anthologien erschienen, auf die recht bald die Trilogie The Dreamlords – bestehend aus den Romanen A Plague of Nightmares, Lord of Nightmares (beide 1975) und Bane of Nightmares (1976) – folgte. Auf dem Cover anfangs (d.h. bei der Erstauflage der beiden ersten Bände) als “Fantasy and Horror in the tradition of Tolkien and Lovecraft” beworben, wurde daraus bei Band drei “Heroic Fantasy in the tradition of Robert E. Howard”. Das Problem ist nur, dass keine dieser Aussagen stimmt. Gewiss, es gibt in den Dreamlords Heroic-Fantasy- und Horrorelemente (und Letztere sind für die düstere Grundstimmung verantwortlich, die die ganze Trilogie durchzieht), doch am ehesten handelt es sich bei diesen drei Romanen um fantastische Planetenabenteuer in der Tradition eines Edgar Rice Burroughs (nur eben wesentlich düsterer und ein bisschen moderner).
Oblivion Hand von Adrian ColeBesagte düstere Grundstimmung ist auch ein Kennzeichen der Geschichten um The Voidal, die – beginnend mit “The Coming of the Voidal” (1977) – Ende der 70er bis Mitte der 80er Jahre in diversen Magazinen wie Fantasy Tales, Fantasy Crossroads oder Weirdbook, aber auch in noch wesentlich kleinauflagigeren Publikationen und gelegentlich sogar einmal einer Anthologie (Heroic Fantasy (1979)) erschienen (oder auch nicht). The Voidal ist eine weitere Version des (verfluchten) Wanderers, den man vor allem in der Sword & Sorcery recht häufig finden konnte, allerdings sind sowohl die Figur wie vor allem auch das Setting, in dem sie ihre Abenteuer erlebt, recht ungewöhnlich: the Voidal ist ein Krieger, dem von den Dark Gods all seine Erinnerungen geraubt wurden, und der nun dazu verdammt ist, auf der Suche nach seiner Vergangenheit, seiner Identität und seiner Seele – zumeist von seinem familiar Elfloq begleitet – die Welten eines fantastischen Omniverse zu durchwandern. Da die Dark Gods anscheinend noch Pläne mit ihm haben, haben sie the Voidal mit einer mächtigen Waffe – der Oblivion Hand – ausgestattet, doch diese Waffe hat ihren eigenen Willen, sodass the Voidal immer wieder auch für jene zur Gefahr wird, die ihm wohlgesonnen sind. Auf ihrer langen Wanderung durch das Omniverse geraten the Voidal und Elfloq auf ebenso bizarre wie alptraumhafte Welten und begegnen machtgierigen Zauberern, verrückten Götten und allerlei menschlichen und nichtmenschlichen Monstrositäten, die Cole manchmal auf eine etwas zu barocke, adjektivüberladene Weise schildert. Und so liest sich das Ganze ein bisschen wie eine Mischung aus Michael Moorcock und Jack Vance, versehen mit einem kräftigen Spritzer Clark Ashton Smith und einer Prise H.P. Lovecraft (oder, um das Medium zu wechseln: wie eine Umsetzung der überbordenden Tableaus, die der französische Comiczeichner Phillippe Druillet im Rahmen seiner Lone Sloane Saga geschaffen hat). So richtig lassen sich die Geschichten um the Voidal allerdings erst würdigen, seit sie gesammelt erschienen sind. Auf den ersten Band Oblivion Hand (2001) mussten die Leser und Leserinnen der ersten Stunde nicht ganz 25 Jahre warten, auf die beiden Folgebände The Long Reach of Night und The Sword of Shadows (beide 2011) dann noch einmal zehn Jahre länger. In diesen drei Bänden sind sämtliche Geschichten um the Voidal und Elfloq – teilweise in leicht überarbeiteteter Form – enthalten, darunter auch etliche, die zwar bereits in den 80er Jahren geschrieben aber nicht veröffentlicht wurden, weil das Magazin, in dem sie erscheinen sollten, eingestellt wurde. Und erst in dieser, vor allem im dritten Band um neue Abenteuer ergänzten Ausgabe wird so richtig deutlich, wohin die ganze Geschichte eigentlich läuft, wenn locker miteinander verbundene Stories allmählich zu Episoden in einer deutlich weiter gespannten Handlung werden.
Zwischen 1976 und 1983 – also ungefähr in der Zeit, in der the Voidal noch in diversen Magazinen sein Unwesen trieb – verfasste Adrian Cole sieben Einzelromane, die größtenteils dem Horror zuzurechnen sind, ehe er sich mit der Omaran Saga wieder der Fantasy zuwandte. Die vier Romane A Place Among the Fallen (1986), Throne of Fools (1987), The A Place Among the Fallen von Adrian ColeKing of Light and Shadows und The Gods in Anger (beide 1988) bieten mehr oder weniger klassische epische Fantasy, die mit einem echten Paukenschlag beginnt und in der Cole ebenfalls wieder seiner Leidenschaft für bizarre Figuren und absonderliche Gegebenheiten und Örtlichkeiten frönt (wenn auch nicht auf so ausgeprägte Weise wie in den Voidal-Stories). Auch in diesen vier Romanen herrscht eine düstere Grundstimmung, die sie vom Fantasy-Mainstream der zweiten Hälfte der 80er Jahre deutlich unterscheidet und eine Brücke zur (damals mehr oder weniger vom Markt verschwundenen) Sword & Sorcery bzw. Heroic Fantasy schlägt.
Auf die Omaran Saga folgte eine vierteilige Reihe mit dem Titel Star Requiem, deren vier Romane Mother of Storms, Thief of Dreams (beide 1989), Warlord of Heaven und Labyrinth of Worlds (beide 1990) den Kampf der letzten Überlebenden der Menschheit gegen mächtige Aliens schildern. Anschließend wandte Cole sich wieder Einzeltiteln wie Blood Red Angel (1993) und Storm Over Atlantis (2001; beides Fantasy) und The Crimson Talisman (2005; einem Roman zum Rollenspiel-Universum Eberron) zu. Nach einigen Jahren Pause ist Adrian Cole inzwischen wieder aktiv und hat mit Night of the Heroes (2011) eine Hommage an die Pulps verfasst, und in Kürze wird mit The Shadow Academy (2014) ein Alternativwelt-Roman über ein etwas anders Britannien erscheinen. Ob es allerdings einer dieser Titel jemals zu einer deutschen Ausgabe bringen wird, darf angesichts der Tatsache, dass es noch nicht einmal die Omaran Saga nach Deutschland geschafft hat, durchaus bezweifelt werden.

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