Zum 80. Geburtstag von Dennis L. McKiernan

Bibliotheka Phantastika gratuliert Dennis L. McKiernan, der heute 80 Jahre alt wird. Als der am 04.04.1932 in Moberly, Missouri, geborene Dennis Lester McKiernan im Alter von 45 Jahren einen schweren Motorradunfall hatte, der ihn monatelang ans Bett fesselte, begann er zu schreiben – “to stay sane”, wie er selbst sagt. Dabei versuchte er sich ausgerechnet an einer Fortsetzung von J.R.R. Tolkiens The Lord of the Rings. Er fand auch einen US-Verlag, der die The Dark Tide von Dennis L. McKiernanGeschichte veröffentlichen wollte und versuchte, eine entsprechende Genehmigung des Tolkien Estate einzuholen, die allerdings nicht erteilt wurde. Deshalb musste McKiernan das Werk umschreiben und vor allem ein neues Setting – die Welt Mithgar – entwickeln, und um das Ganze stimmig zu machen, hat er sich außerdem eine Vorgeschichte einfallen lassen, die – logischerweise – dem Lord of the Rings recht ähnlich ist. Das ist das Geheimnis hinter der Iron Tower Trilogy (The Dark Tide, Shadows of Doom, The Darkest Day, alle 1984), die tatsächlich in Bezug auf Handlungsschauplätze, Personen und Plot deutliche, kaum zu übersehende Parallelen zum LotR aufweist, und die trotzdem – oder deswegen? – bis heute McKiernans bekanntestes Werk geblieben ist. (Möglicherweise liegt das aber auch an den überaus sympathisch gezeichneten Hobbits – pardon, Warrows bzw. Wurrlingen.)
Sein eigentlicher Erstling erschien unter dem Reihentitel The Silver Call zwei Jahre später als Zweiteiler (Trek to Kraggen-Cor und The Brega Path), und auch hier war die Nähe zum großen Vorbild noch deutlich spürbar. Mit Dragondoom (1990) – einem Roman, der deutlich früher als die vorherigen spielt – ist er dann jedoch aus dem Schatten Tolkiens herausgetreten, und in diesem Roman wird auch zum ersten Mal deutlich, dass Mithgar eben nicht Mittelerde, sondern eine eigenständige Welt ist. Hierzu trägt auch bei, dass McKiernan die Historie seiner Welt in bisher sechs Epochen gegliedert hat und die Mithgar-Saga nicht chronologisch erzählt, sondern immer mal wieder vor und zurück springt.
So spielen The Eye of the Hunter (1992) und Silver Wolf, Black Falcon (2000) in der 5. Epoche (d.h. der gleichen wie The Silver Call), während Voyage of the Fox Rider (1993) und The Dragonstone (1996) in der 1. Epoche und damit am frühesten in der Geschichte Mithgars angesiedelt sind. Die 2. Epoche bildet den Handlungshintergrund für die Hel’s Crucible Duology (Into the Forge (1997) und Into the Fire (1998)), wohingegen City of Jade (2008), der bisher letzte Roman, genau wie die Kurzgeschichtensammlung Red Slippers: More Tales of Mithgar (2004) in der jüngsten, der 6. Epoche spielt.
McKiernan nutzt die Möglichkeiten, die ihm der Jahrtausende umspannende geschichtliche Hintergrund seiner Welt bietet, um einerseits spannende Geschichten zu erzählen, doch darüber hinaus setzt er sich auch mit Themen auseinander, die man in einem (trotz aller Eigenständigkeit immer noch tolkienesken) Fantasyzyklus vielleicht nicht unbedingt erwarten würde – da geht es dann um Intoleranz, Rassismus, Unsterblichkeit und die Beziehung der Menschen zu ihrer Umwelt ebenso wie um die Frage nach der Natur des Bösen. Vielleicht ist dies mit ein Grund, warum die Mithgar-Saga auch nach mittlerweile fast 30 Jahren immer noch ihre Leser findet.
In Deutschland ist McKiernans Publikationsgeschichte etwas holpriger verlaufen. Nachdem in den 80ern die Iron Tower Trilogy veröffentlicht wurde – unter dem Reihentitel Der eiserne Turm und den Einzeltiteln Schwarze Flut, Kalte Schatten und Sonnentod (alle 1987) – und Dragondoom als Drachenkampf (1992) den Weg nach Deutschland fand, wurde es hierzulande lange still um McKiernan. Doch der Erfolg von Peter Jacksons Version der Ring-Trilogie und der sich daran anschließende Boom der “Tolkien-Völker-Elfenzauber von Dennis L. McKiernanRomane” haben im neuen Jahrtausend dafür gesorgt, dass man sich in deutschen Lektoraten wieder an McKiernan und Mithgar erinnert hat. Und so sind seit 2004 inzwischen fast alle seine Romane auf Deutsch erschienen. Lustig – man könnte auch sagen bezeichnend – ist, dass dabei aus Drachenkampf Zwergenkrieger (2005) wurde, und aus den drei Bänden um den eisernen Turm Halblingsblut, Halblingszorn und Halblingsbund (alle 2009) – und das, wo wir es hier doch eindeutig mit Wurrlingen zu tun haben. Auch die weiteren deutschen Ausgaben exerzieren sowohl in der stark an die Peter-Jackson-Filme angelehnten Aufmachung als auch in den Buchtiteln “Völkerroman”-Ästhetik nach Strich und Faden durch, was man sich durchaus einmal auf der Zunge zergehen lassen kann: Auf Zwergenzorn und Zwergenmacht (2004/05, Übersetzung von The Silver Call) folgte das oben erwähnte Zwergenkrieger, dann Elfenzauber, Elfenkrieger, Elfenschiffe, Elfensturm (alle 2006; das sind die Romane der 1. Epoche). Weiter ging es mit den Hel’s-Crucible-Bänden als Magiermacht, Magierschwur, Magierkrieg, Magierlicht (alle 2007), um 2008 dann bei den Drachen zu landen (mit Drachenbann, Drachenmacht, Drachenbund, Drachenkrieg, das sind die Romane der 5. Epoche) und 2009 zu den Elfen zurückzukehren (Elfenjäger, das ist City of Jade), womit die Mitghar-Romane auf Deutsch komplettiert wären, und das trotz einer Verpackung, die auch schon zum Zeitpunkt der Veröffentlichung antiquiert gewirkt hat.

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