Zum 35. Geburtstag von C.S.E. Cooney

Bibliotheka Phantastika gratuliert nachträglich C.S.E. Cooney, deren 35. Geburtstag fast schon wieder zwei Wochen zurückliegt. Die am 12. Dezember 1981 in Phoenix, Arizona, geborene Claire Suzanne Elizabeth Cooney zählt zu den vielen jungen SF- und Fantasy-Autorinnen, die seit der Jahrtausendwende die englischsprachige Phantastikszene betreten haben – und sie ist ein echtes Multitalent. Denn sie schreibt nicht nur längere und kürzere Erzählungen, sondern auch Gedichte (die sie gelegentlich mit den Banjo Apocalypse Crinoline Troubadours auf der Bühne performt), komponiert und singt und ist als Hörbuchsprecherin aktiv.
Ihre erste professionelle Veröffentlichung war die Story “Stone Shoes” in der Sommerausgabe von Subterranean Online (2007), auf die inzwischen knapp zwei Dutzend weitere Geschichten in Kleinverlagsanthologien oder Online-Magazinen wie Strange Horizons und Apex Magazine folgten. Einige Erzählungen sind auch als Einzelveröffentlichungen – sogenannte chapbooks – erschienen: Den Anfang machte The Big Bah-Ha (2010), in der es um Kinder geht, die in einer post-apokalyptischen Welt ums Überleben kämpfen; die zwölfjährige Beatrice, die gerade eben noch die Anführerin der Barka-Gang war, hat diesen Kampf jetzt hinter sich, denn sie wacht tot in der titelgebenden Nachwelt auf, die sich – trotz der Clowns, die hier herumlaufen – als längst nicht so tröstlich erweist, wie man es ihr immer erzählt hatte – ganz im Gegenteil … Mehr in Richtung eines Märchens (nicht im Sinne der Grimmschen Volksmärchen sondern im Sinne der Fairy Tales) geht Jack o’ the Hills (2011), die aus den Episoden “Stone Shoes” (s.o.) und “Oubliette’s Egg” bestehende Geschichte von Jack Yap (dem seine Mutter einst den Mund zugenäht hat, weil er zu viel gequatscht hat), seinem Bruder Pudding, der Steinschuhe tragen muss, dem Ei eines skinchangers und Prinzessin Oubliette. Bei The Witch in the Almond Tree (2014) und “Witch, Beast, Saint: an Erotic Fairy Tale” (2014, nur online in Strange Horizons) handelt es sich um die ersten beiden Teile einer Reihe erotischer Fairy Tales, die unter dem Obertitel The Witch’s Garden läuft. Und in The Breaker Queen (2014) und The Two Paupers (2015), die beide nur als eBook erschienen sind und zusammen mit einem geplanten dritten Teil einen Zyklus mit dem Titel Dark Breakers bilden, geht es um Elliot Howell, einen jungen begabten Maler, der ins Breaker House eingeladen wird, das in drei Welten gleichzeitig existiert, und um Nyx, die in der einen Welt ein Dienstmädchen und in der anderen eine Königin ist …
Dass viele von Claire Cooneys Geschichten an Märchen erinnern (wobei man nie vergessen sollte, dass Fairy Tales auch durchaus düster und grausam sein können), hat einerseits damit zu tun, dass sie sich stilistisch stark an mündlichen Erzähltraditionen orientiert, andererseits damit, dass sie manchmal auch Märchenstoffe direkt aufgreift und neu interpretiert (man könnte auch sagen, dass sie sie auf den Kopf stellt und kräftig durchschüttelt). Die Themen und Inhalte ihrer Geschichten weisen dabei eine erstaunliche Bandbreite auf; das belegt z.B. der erst vor kurzem in der Kategorie Best Collection mit dem World Fantasy Award ausgezeichnete Sammelband Bone Swans (2015), in dem fünf längere Erzählungen – teils als Erstveröffentlichung, teils als Nachdruck – enthalten sind.
Bone Swans von C.S.E. CooneyBei zwei davon handelt es sich um Neuinterpretationen von Märchen: “The Bone Swans of Amandale” wird von Maurice erzählt, einer Ratte, die sich in einen Menschen verwandeln kann; außerdem spielen eine böse Bürgermeisterin, aus den Knochen von Schwänen hergestellte Flöten, eine Schwanenprinzessin und ein Rattenfänger mit einer magischen Flöte eine wichtige Rolle (die – allerdings um neue Elemente ergänzte und “durchgeschüttelte” – Vorlage dieser für den Nebula Award nominierten Geschichte ist natürlich Der Rattenfänger von Hameln). In “How the Milkmaid Struck a Bargain With the Crooked One” (bereits im November 2013 in GigaNotoSaurus erschienen) kriegt die Milchmagd Gordie in einer Welt, in der das Leben für die einfachen Leute eh schon ziemlich schwierig ist, weil sich Menschen und Feen bekriegen, erst so richtig Probleme, als ihr Vater – ein Trinker – behauptet, sie könne Gold aus Stroh spinnen. Auch wenn diese Geschichte enger an den Ursprungsstoff – na, wie heißt der wohl? – angelehnt ist, schafft Claire Cooney es, ihr ein ebenso überraschendes wie überzeugendes Ende zu verpassen. “Life on the Sun” (EV: Black Gate, Februar 2013) ist zwar die Fortsetzung einer ebenfalls in Black Gate veröffentlichten Geschichte (“Godmother Lizard”, November 2012), die man allerdings nicht kennen muss, um sich in der wüstenartigen Welt mit ihren fliegenden Teppichen und Prophezeiungen zurechtzufinden, in der Kantu gerade eine Schlacht überlebt hat – und in der Opfer eine wichtige Rolle spielen. “Martyr’s Gem” (EV: GigaNotoSaurus, Mai 2013) wiederum ist eine Rachegeschichte, die auf einer Insel spielt, die das letzte Überbleibsel eines einst großen Reiches darstellt. Den Abschluss des Sammelbandes bildet “The Big Bah-Ha”, die bereits erwähnte Erzählung mit den nachweltlichen Clowns (und Spinnen mit Appetit auf Seiltänzerinnen – und dem Flabberghast). Den Geschichten vorangestellt ist eine Einleitung von Claire Cooneys Mentor, bei dem es sich um keinen geringeren als Gene Wolfe handelt, der sinngemäß schreibt, er hätte seiner Schülerin eigentlich gar nichts mehr beibringen können …
Dessen ungeachtet, inwieweit das stimmt, erweist sich Claire Cooney in ihren längeren und kürzeren Geschichten immer wieder als versierte, ungemein stilsichere Erzählerin, die früher oder später über den Status als Geheimtipp hinauskommen wird. Und der Gewinn des World Fantasy Award wird ihr dabei vermutlich mehr helfen als der Gewinn des Rhysling Award für das lange Gedicht “The Sea King’s Second Bride”, das auch in der Gedichtsammlung How to Flirt in Faerieland and Other Wild Rhymes (2012) enthalten ist.
Da ein Großteil von Claire Cooneys Geschichten und Gedichten zuerst online erschienen ist, sind die meisten davon – über die in diesem Beitrag verlinkten Beispiele hinaus – immer noch online. Die entsprechenden Links gibt es auf ihrer Homepage – genauer gesagt hier –, auf der auch einige Videos von ihren Auftritten mit den Banjo Apocalypse Crinoline Troubadours und Trailer zu ein paar Geschichten und ihrem ersten, in Arbeit befindlichen Roman Miscellaneous Stones: Assassins zu finden sind. Nicht – oder nur nach einer längeren Suche – dort zu finden sind die beiden EPs Alecto! Alecto! und Headless Bride, die sie als imaginärer Rockstar namens Brimstone Rhine aufgenommen hat – sie ist eben ein echtes Multitalent –, aber die kann man sich hier ansehen und anhören und herunterladen.

Ein Kommentar zu Zum 35. Geburtstag von C.S.E. Cooney

  1. Pogopuschel sagt:

    Kannte ich noch gar nicht. Danke für den Tipp.

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