World Without End

Cover von World Without End von Sean RussellDie Zeit der Magier ist vorbei und all ihre Geheimnisse sind mit ihnen verloren gegangen. Es ist der Beginn einer neuen Ära, ein Zeitalter der Wissenschaft und der Entdeckungen, und Tristam Flattery ist einer der vielversprechendsten jungen Wissenschaftler. Er wird an den königlichen Hof von Farrland gerufen, um eine geheimnisvolle Pflanze wieder zum Blühen zu bringen, die das Leben des Königs retten soll. Dort erkennt Tristam schnell, dass er direkt zwischen die Fronten eines langjährigen politischen Konfliktes geraten ist. Er muss sich zum Ende der bekannten Welt aufmachen – eine Reise, die mehr mit Magie zu tun hat als mit Wissenschaft …

-The drama unfolding in the field below seemed so improbable that it could have been nothing more than two groups of players preparing a performance – the duel that would bring down the curtain on the first act.-
One

Wer aufgrund der Inhaltsangabe ein Übermaß an Magie oder magischen Elementen erwartet, wird wohl bitterlich enttäuscht werden. Die Welt, von der Sean Russell hier schreibt, hat wenig mit den allgemein bekannten “magischen” Ländern anderer Bücher gemein: Die Vernunft und die Wissenschaft gelten als höchste Instanz, Wissenschaftler haben die Magier ersetzt und es werden Entdeckungsfahrten rund um den Globus gemacht, um neue Länder und Spezies zu entdecken. Ganz offensichtlich bedient sich Russell dabei an unserer eigenen Geschichte: Farr gleicht in fast allen Einzelheiten Großbritannien im 18. Jahrhundert, angefangen von der sozialen Struktur bis hin zu den großen Entdeckungen dieser Tage, so z.B. taucht der automatische Webstuhl ganz nebenbei mit auf. Und selbst der Dauerkonflikt mit anderen Ländern wie z.B. Frankreich wird adoptiert, hier heißt das Land dann “Entonne” und man spricht zufällig eine Sprache, die für unsereins unter den Begriff “französisch” fallen dürfte. Daher hatte ich zwischendurch oft das Gefühl, einen historischen Roman und kein Fantasy-Buch zu lesen. Man kann Russell jedenfalls nicht vorwerfen, dass seine Welt daher “platt” sei. Nach und nach wird ein sehr differenziertes Bild der Welt gezeigt, das nicht nur die Vorteile der großen Entdeckungen, sondern auch die Nachteile – Arbeitslosigkeit und Umweltverschmutzung – zeigt. Und auch Russells Schreibstil passt sich dem “alten England” an, er kopiert perfekt den Stil des 18. Jahrhunderts. Man hat also wirklich das Gefühl, man stehe am Beginn der Industrialisierung, zwar nicht in England, sondern in Farr, das aber bis auf die Ortsnamen keine großen Unterschiede aufweist.

Auch die Handlung präsentiert sich weniger fantastisch, als zunächst erwartet. Die erste Hälfte spielt noch am Hofe des Königs bzw. in Farr selbst. Die Hofintrigen und der Kampf um gesellschaftliche Akzeptanz der Hauptperson stehen noch im Vordergrund, Magie wird wenn überhaupt nur sehr am Rande angesprochen. Der zweite Teil – die Reise ans Ende der bekannten Welt – präsentiert sich auch nicht sonderlich anders. Zwar verstärken sich jetzt die merkwürdigen Ereignisse und der Autor lässt mehr oder weniger Andeutungen fallen, was aber bei weitem nicht ausreicht, ein klares Bild zu erzeugen, wo das ganze denn nun hinführen soll. Genauso wie Tristam wird auch der Leser das ganze Buch über im Unklaren gelassen, worauf alles nun hinausläuft. Auf Seite 600 ist man in Bezug auf Magie nicht sehr viel weiter als auf Seite 1, kein sonderlich guter Schnitt.
Ich kann zwar nicht gerade behaupten, dass mich die Handlung gefesselt hat, aber immerhin passiert immer genug, um weiterzulesen. Das aber auch nur, weil man bis zum Ende nicht eindeutig weiß, wer denn nun auf wessen Seite steht und ob derjenige zu den Guten oder den Böse gehört. Zwar erkennt man die konkurrierenden Parteien untereinander, aber weder Tristam noch der Leser erfährt mehr als nötig über deren Absichten. Und da darf man sich nicht zu sicher sein, ob es auch wirklich stimmt, was einem da erzählt wird.
Bleibt einem nur zu hoffen, dass der zweite Teil die Andeutungen des ersten umsetzt und uns ein bißchen mehr Magie präsentiert.

Stand: 27. Oktober 2012
Erscheinungsjahr: USA 1994
Verlag: DAW
ISBN: 0-88677-624-4
Seitenzahl: 606
Titel der Übersetzung: Welt ohne Ende